Bildungspolitische Illusionen/Coaching
FG Bildungspolitik - Bildungspolitische Illusionen |
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"to coach" meint "betreuen" bzw. "trainieren".
LehrerInnen als "Coaches"... hm...
Der Grundgedanke hier: Einmal pro Woche (in den unteren Klassen häufiger) ein Gesprächstermin pro Coach-Gruppe. Drei bis vier SchülerInnen und ein Lehrer oder eine Lehrerin. Oder ein Sozialpädagoge. Oder sonst jemand, der faktisch fit genug für diese Aufgabe ist. (Aber auch die Gruppenstruktur soll keine starre Vorgabe sein. Bei Bedarf müssen z.B. auch Einzelgespräche möglich sein).
In einem Raum, der dazu einlädt. Gerne mit Sofa und ner Tasse Tee. Vielleicht sogar Hintergrundmusik.
Ein Gespräch, das mit der Frage beginnt: "Wie geht es dir heute?". Nicht als Floskel, sondern aus aufrichtigem Interesse.
Dann kommt man natürlich auch zu anderen Themen: "Was hast du denn diese Woche Neues gelernt?" - "Gab oder gibt es irgendwo Probleme?" - "Hast du diesen Mathe-Test jetzt eigentlich schon platt gemacht?" - "Oder hat der dich platt gemacht?"
Ein Gespräch, das Lernen und Bildung thematisiert. Das Erfolge und Misserfolge reflektiert. Und das bei Bedarf Lösungen für Probleme sucht.
Ich will Schule mit vielen Freiheiten. Mit sehr unterschiedlichen Formen von Lernangeboten. Angeboten!
SchülerInnen sollten soweit möglich selbst entscheiden dürfen, welche Angebote sie nutzen.
Coaching soll in erster Linie beratend helfen. Es soll in gewissem Umfang auch kontrollierend wirken - eine Art Fallschirm für Notfälle. Ein fitter Coach sollte mitbekommen, wenn sich bei SchülerInnen längerfristig "zu wenig" tut und motivierend eingreifen. Er sollte mitbekommen, wenn sich SchülerInnen zu einseitig entwickeln. Ein Zwölfjähriger, der bereits gegen Integralrechnung kämpft... hm, das hat auf den ersten Blick schon was... Aber hier würde mich schon interessieren, wie es sonst aussieht: Wie sieht es in anderen Bereichen aus? Treibt der Schüler Sport? Hat er Hobbies? Hat er Freunde? Eventuell gibt es da gegenwärtig dringendere Baustellen als Mathe.
Im Prinzip sollte es möglich sein, dass SchülerInnen und Coaches einander nicht einfach zwangsweise zugeteilt werden, sondern sich quasi gegenseitig auswählen. Das beinhaltet das Recht eines Coaches, auch mal nen Schüler abzulehnen. (Wird jemand praktisch von allen abgelehnt, sollte sich das Kollegium mal Gedanken über mögliche Ursachen machen und gemeinsam an einer Lösung stricken).
Grundsätzlich können auch Coaching-Verträge abgeschlossen werden, in denen sich Coach und SchülerInnen auf Spielregeln und andere Bedingungen einigen (sowas kann bei problematischen Fällen wichtig werden. Und ja: Auch eine Schul-Utopie sollte sich darüber im Klaren sein, dass sich nicht automatisch alle möglichen Probleme in Wohlgefallen auflösen). Mir ist das Grundprinzip wichtig: Coaching soll SchülerInnen beim ihrem eigenständigen und selbstverantwortlichen Lernen unterstützen. Nicht es ersetzen.
Bei Bedarf könnte z.B. ein "Lern-Tagebuch" bei bestimmten SchülerInnen eine sinnvolle Unterstützung des Coachings sein. Bei anderen wäre es sicher kontraproduktiv. (Wie an anderer Stelle schon betont: Es gibt nicht DIE Methode für alle und alles.)
Hier müssen sich Menschen mit Menschen (statt mit "Klassen") auseinander setzen. Miteinander reden und miteinander nachdenken. Und gemeinsam maßgeschneiderte Strategien zur Lösung individueller Probleme entwickeln. Nicht bürokratisch. Nicht normiert. Sondern kooperativ und kreativ.
Als Coaches sind reine Fachidioten ungeeignet. Hier sind allgemeine pädagogische und psychologische Kompetenzen, vor allem aber Menschlichkeit, Authentizität und Offenheit gefragt. Und die Fähigkeit, nicht nur in einzelnen Fächern bzw. Schubladen zu denken. Viele der gegenwärtigen LehrerInnen verfügen über diese Fähigkeiten. Viele andere nicht. Das bestehende Lehramtsstudium KANN sie punktuell fördern, zielt aber nicht bewusst drauf ab. Anders gesagt: Die grundsätzliche Eignung als Coach wird sich nicht an irgendeinem Examenszeugnis festmachen lassen. Und auch wer grundsätzlich geeignet ist, wird nicht automatisch auch für alle SchülerInnen passen. Das alles stellt hohe Anforderungen an jede einzelne Schule und ihr Team.
Ich denke trotzdem, dass diese Anstrengungen alles andere sinnlos wären.