AG Gesundheitspolitik/UG Psyche/Statements
Statement der AG Psyche zum Antrag X003 - "Modernisierung der Berliner Psychiatrie mitgestalten!" zur Berliner LMVDie AG Psyche begrüßt den Vorstoß zur Veränderung des in der Tat reformbedürftigen PsychKGs und den Versuch zur Stärkung der Patientenrechte. Bei diesem Antrag haben wir aber zu bemängeln, dass er einerseits gravierende inhaltliche Fehler aufweist und andererseits die darin enthaltenen Forderungen aus unserer Sicht teilweise nicht erstrebenswert sind. Deshalb lehnen wir große Teile des Antrags ab und raten dazu, ihn nicht anzunehmen. Zum Beispiel ist es inhaltlich falsch von einer "Unterbringung" bei „Patienten, die sich freiwillig in stationäre psychiatrische Behandlung begeben haben" zu sprechen, da eine Unterbringung gegen den Willen eines Menschen geschieht. Es ist auch nicht ratsam, ein Gesetz, das in erster Linie den Schutz von selbst- und/oder fremdgefährdenden Menschen ermöglichen soll, auch auf Patienten anzuwenden, die wegen eines persönlichen Leidendrucks auf eigenen Wunsch in einer stationären psychiatrischen Einrichtung sind (da man beide Gruppen einfach nicht vergleichen kann). Für Letztere sollen in erster Linie die selben Patientenrechte gelten, wie auch für Patienten mit körperlichen Erkrankungen. Ansonsten haben sie ja auch - im Gegensatz zu untergebrachten Patienten - die Möglichkeit ihren stationären Aufenthalt jederzeit zu beenden. Einen Anspruch von zwangseingewiesenen Patienten auf Psychotherapie festzuhalten ist schlichtweg nicht notwendig, das dieser aktuelle schon Gesetz enthalten ist (§1, Satz 2: „Die Behandlung schließt die dazu notwendigen Untersuchungen sowie beschäftigungs- und arbeitstherapeutische, heilpädagogische und psychotherapeutische Maßnahmen ein.“). Die Festlegung im Antrag auf die "kognitive Psychotherapie" ist fragwürdig, da diese nur eine mögliche zugelassene Therapieform ist. Es gibt auch aktuell keine harte wissenschaftliche Evidenz, dass Patienten von ihr mehr profitieren, als von anderen zugelassenen Psychotherapieformen. Dementsprechend sollte man die Wahl der Psychotherapieform auch den individuellen Besonderheiten und Präferenzen des Patienten und des Therapeuten überlassen. Was Zwangsmedikation betrifft, so ist dies wirklich ein heikles Thema, wo es Missbrauch zu verhindern gilt. Allerdings verfehlt ein gänzliches Verbot "Betäubende[r] Zwangsmedikation" auch das Ziel, trägt nämlich nicht zum Wohl des Patienten bei. Denn wenn die Gabe von Medikamenten, um einen akut selbst- und/oder fremdgefährdenden Patienten zu beruhigen, nicht erlaubt sein wird, wird in viel mehr Fällen zur mechanischen Fixierung - sprich Fixationsgurten - gegriffen werden, was die Patienten sehr oft als deutlich traumatischer empfinden. Die Frage danach, ob man Patienten mit ähnlichen Störungsbildern zusammen unterbringen oder aber eher "gemischte" (also nicht störungsbildspezifische) Stationen haben sollte, wird in der psychiatrischen Fachwelt viel diskutiert. Beide Vorgehensweisen haben ihre Vor- und Nachteile. Da es bisher keine dezidierten wissenschaftlichen Hinweise dafür gibt, dass eine der beiden Optionen deutlich besser für die meisten Patienten ist, sollten wir uns als politische Partei nicht in diese Fragestellung einmischen, sondern das der Fachkompetenz und den Arbeitspräferenzen des psychiatrischen Personals überlassen. Das Recht auf "Ausübung [der eigenen] Sexualität, soweit dies nicht durch andere Gesetze beschränkt ist" ist allgemeingültiges Recht und bedarf deshalb auch keiner gesonderten Erwähnung im PsychKG. Die Forderung bezüglich des Behaltens des persönlichen Mobiltelefons finden wir jedoch sinnvoll und würden einen solchen Antrag in leicht abgeänderter Form (s. unten) gerne unterstützen: „Sofern keine medizinischen Behandlungsgründe dem widersprechen, darf der Untergebrachte sein persönliches Mobiltelefon zur Selbsthilfe und Pflege seiner sozialen Kontakte behalten. Auf seiner Station hat er zur Recherche und Kommunikation ein frei zugängliches Internetterminal sowie einen öffentlichen Hotspot vorzufinden. Der Einrichtung übergebene Broschüren von Betroffenenorganisationen, Selbsthilfegruppen, Psychiatrie-Beschwerdestellen, Rehabilitationskliniken, Rechtsanwälten und Therapeuten sind dem Untergebrachten zugänglich zu machen. Werden dem Untergebrachten diese Möglichkeiten zeitweise verweigert, so ist die ärztliche Begründung in der Patientenakte festzuhalten. Allerdings muss man den Psychiatrien einen gewissen Zeitrahmen zugestehen, innerhalb dessen sie diese Forderungen durch die Einrichtung der notwendigen Technik erfüllt haben müssen." Abschließen ist auch noch anzumerken, dass die Ausgestaltung des PsychKG als Landesgesetze fragwürdig ist (v.a. wenn man bedenkt, dass es sich aus dem Polizei- und Ordnungsrecht entwickelt hat). Deshalb sehen wir eine einheitliche Bundesregelung in Anlehnung an das Gesetz zur betreuungsrechtlichen Unterbringung als eine wichtige Forderung, sodass man auch nicht auf der Ebene jedes Bundeslandes vereinzelte Reformen fordern muss. Erklärung der AG Psyche zu "Mehr Hilfen bei Computersucht"Die AG Psyche lehnt diese LQFB-Initiative aus folgenden Gründen ab, da in der Initiative auf unsere AG verwiesen wird: 1. Die LQFB-Initiative enthält die Definition einer medizinischen Diagnose, die wiederum als Forderung erhoben wird. Die AG Psyche lehnt politisch initiierte oder motivierte medizinische Diagnosen ab, da es nach Auffassung der AG nicht hinnehmbar wäre, dass ein Parteiprogramm oder das Wählervotum darüber entscheidet, was in unserer Gesellschaft als krank oder gesund gilt. 2. Das Thema wurde nicht in den Mumble-Sitzungen vorgestellt und auch nicht diskutiert, sodass es auch zu keiner Zustimmung oder Ablehnung kommen konnte, ob die Initiative ins LQFB eingestellt werden soll. Die AG Psyche distanziert sich deshalb insgesamt von der LQFB-Initiative "Mehr Hilfen bei Computersucht". Gleichwohl befürwortet die AG Psyche die Intention der LQFB-Initiative und lädt den Initiator herzlich zur Vorstellung, Diskussion und Verbesserung seiner Initiative ein. |
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