SH:Versammlungsgesetz

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Versammlungsfreiheit in Gefahr!

SPD, Grüne und SSW haben am 22. Mai 2015 ein schleswig-holsteinisches Versammlungsgesetz beschlossen, das die Versammlungsfreiheit im Vergleich zum geltenden Bundesversammlungsgesetz massiv einschränkt:

  1. Alle Teilnehmer an größeren Demonstrationen dürfen künftig per Hubschrauber, Mini-Drohne oder Kamerawagen videoüberwacht werden, selbst wenn nur bei einzelnen Teilnehmern Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen vorliegen.
  2. Schon bei Anhaltspunkten für den Einsatz verbotener Sichtschutzgegenstände ("Vermummung") ist die Durchsuchung sämtlicher Versammlungsteilnehmer zugelassen.
  3. Der "geplante Ablauf" ist schon bei der Anmeldung einer Demo verbindlich anzugeben, "wesentliche Änderungen" der Demoplanung sind "unverzüglich" nachzumelden. Bei Abweichungen drohen Bußgelder.
  4. Es wird möglich, Personen präventiv die Teilnahme an einer Demonstration zu verbieten.

Wir Piraten protestieren gegen diese Verschärfungen entschieden und fordern, die Versammlungsfreiheit zu stärken statt sie abzubauen.

Kritikpunkte im Einzelnen

Videoüberwachung größerer Demos

Erstmals in Schleswig-Holstein wird der Polizei erlaubt, alle Teilnehmer an größeren Demos videozuüberwachen, selbst wenn nur bei Einzelnen von ihnen vermutet wird, dass von ihnen eine erhebliche Gefahr ausgehen könnte. Überwacht werden dürfen somit auch friedliche Teilnehmer an friedlichen Demonstrationen. Anders als nach dem Bundesversammlungsgesetz dürfen nicht mehr nur Personen gefilmt werden, von denen mutmaßlich erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen, sondern unterschiedslos sämtliche Versammlungsteilnehmer. Bei Übersichtsaufnahmen wird die Demonstration von einem Hubschrauber, einer Mini-Drohne oder vom Dach eines Kamerawagens in Weitwinkeleinstellung gefilmt.

Die Zulassung solcher Totalüberwachung ist inakzeptabel. Die Videoüberwachung von Demonstrationen zu gestatten, schüchtert ein und hält Menschen vom Demonstrieren ab. In Berlin sind Piraten, Linke und die Grünen gegen das dortige Gesetz zur Gestattung von „Überblicksaufnahmen“ vor das Verfassungsgericht gezogen. Richter Starostik hat ausführlich erläutert, weshalb er Überblicksaufnahmen für unverhältnismäßig hält. In Bayern haben SPD und Grüne mit einer Verfassungsbeschwerde gegen das dortige Versammlungsgesetz eine "Beschränkung der Datensammlung auf Fälle, in denen tatsächlich Straftaten verübt werden und nicht auf Vorrat" gefordert. Begründung: "Auch offenes Abhören und Filmen von Versammlungen schüchtert ein". Tritt rot-grün nur für die Bürgerrechte ein, solange sie nicht an der Macht sind?

Wir Piraten lehnen eine Videoüberwachung von Demos komplett ab. Nach der Strafprozessordnung darf im Einzelfall bei Verdacht einer Straftat zu deren Aufklärung eine Beweissicherung per Foto oder Video erfolgen, das genügt vollkommen.

Teilnahmeverbote

Das "Versammlungsfreiheitsgesetz" von SPD, Grüne und SSW ermöglicht die Verhängung von Demonstrationsverboten gegen Personen, von denen nach Meinung des Staates "unmittelbar vor" Beginn der Versammlung eine "unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht" (§ 14). Wer trotzdem mitdemonstriert, soll bis zu 500 Euro zahlen müssen (§ 24).

Wir Piraten lehnen es ab, Personen von vornherein von der Teilnahme an einer Versammlung auszuschließen, nur weil von ihnen eine Gefahr ausgehen könnte. Jeder hat das Recht und muss die Chance bekommen, friedlich an einer Versammlung teilzunehmen. Zum Schutz der öffentlichen Sicherheit genügt es, dass Personen ausgeschlossen werden können, bei denen anlässlich einer Kontrolle oder während der Versammlung eine tatsächliche Störung festgestellt wird.

Personendurchsuchungen

Schon bei Anhaltspunkten für den Einsatz verbotener Sichtschutzgegenstände ("Vermummungsverbot") wird die Durchsuchung von Versammlungsteilnehmern zugelassen. Und wenn verbotene Gegenstände vermutet werden, sollen sämtliche Personen durchsucht werden dürfen, auch wenn gegen sie kein konkreter Verdacht vorliegt.

Höhere Strafen bei Vermummungsgegenständen

Wer entgegen einer polizeilichen Anordnung verbotene Sichtschutzgegenstände wie Masken ("Vermummungsverbot") mit sich führt, muss künftig bis zu 1.500 Euro zahlen (bisher: 500 Euro).

Verbot von "Ersatzversammlungen"

Wird eine Demonstration aufgelöst, so sind "Ersatzversammlungen" am selben Ort künftig pauschal verboten, selbst wenn sie vollkommen friedlich verlaufen und Verbotsgründe nicht vorliegen. Was als "Ersatzversammlung" anzusehen ist, steht im Gesetz nicht.

Im Bundesversammlungsgesetz ist kein Verbot von "Ersatzversammlungen" vorgesehen. Wir Piraten lehnen die Einführung eines solchen Pauschalverbots ab. Ist eine Nachfolgeversammlung mit der aufgelösten tatsächlich identisch, kann die Auflösung auch ohne gesetzliche Regelung durchgesetzt werden.

Erweiterte Anzeigepflicht

Bei Anmeldung einer Versammlung musste bisher nur der "Gegenstand der Versammlung" und der Leiter angegeben werden, auf Anforderung auch die Zahl der Ordner. Nach dem Landesversammlungsgesetz muss außerdem angegeben werden

  • der geplante Ablauf der Versammlung nach Ort, Zeit und Thema,
  • bei Aufzügen auch der beabsichtigte Streckenverlauf
  • Name und Anschrift der anzeigenden Person und der Person, die sie leiten soll, sofern eine solche bestimmt ist,
  • die Zahl der einzusetzenden Ordner.

Ändert sich die Planung oder wird die Versammlung nicht durchgeführt, ist das unverzüglich mitzuteilen. Eine unterbliebene oder "in wesentlicher Hinsicht unrichtige" Anzeige kostet den Versammlungsleiter und Veranstalter bis zu 500 Euro, jede "wesentliche" Abweichung von der Anzeige bis zu 1.500 Euro.

Da all die genannten Angaben schon zu machen sind, bevor eine Versammlung überhaupt angekündigt werden darf, wird die Freiheit der Gestaltung der Versammlung gehemmt und diese bürokratisiert. Das schreckt von der Organisation von Versammlungen ab. Eine übermäßige Bürokratisierung kann auch dazu führen, dass Versammlungen schlichtweg nicht mehr angezeigt oder als „Spontanversammlungen“ veranstaltet werden, was die Informationsmöglichkeiten der Versammlungsbehörde und damit den Schutz der öffentlichen Sicherheit beeinträchtigen würde.

Wir Piraten lehnen die Erweiterung der Anzeigepflichten ab. Es reicht aus, dass Einzelheiten der geplanten Versammlung im Zuge auf die Anzeige folgender Kooperationsgespräche geklärt werden können, zumal diese Details im Zeitpunkt der Anzeige oftmals noch nicht feststehen oder sich kurzfristig ändern können.

Dokumente

Bündnisse für Versammlungsfreiheit