RP:Antrag/2012.1/P14/Prinzipien-piratiger-Politik
Dies ist ein angenommener Grundsatzprogrammantrag für den Landesverband RLP.
- Grundsatzprogrammantrag Nr.
- 2012.1/P14
- behandelt bei
- LMV2012.1
- Beantragt von
- Oibelos
- Kurzbeschreibung
- Ziele und Methoden piratiger Politik abstrakt beschrieben
- Vermerk
- Der Antrag wurde angenommen
Antrag
Es wird beantragt im Grundsatzprogramm nach der Präambel einzufügen:
Prinzipien piratiger Politik
Wir Piraten wollen eine Gesellschaft, die sich als solidarische Gemeinschaft freier, gleichberechtigter Menschen begreift.
Vielfalt ist in einer Gesellschaft ein Ausdruck kulturellen Reichtums. Die Individualität ihrer Mitglieder ist es, der einer Gemeinschaft ihre Vielfalt und ihren kulturellen Reichtum verleiht.
Indem sich hier verschiedene Ideen vermischen und gegenseitig befruchten, entstehen neue Ideen, entsteht neues Wissen.
Die Freiheit eines jeden Menschen ist, als Teil seiner Menschenwürde, sein naturgegebenes Recht und Voraussetzung für ein erfülltes Leben. Die Gemeinschaft muss aber auch großes Interesse daran haben, dass sich jedes Ihrer Mitglieder frei entfalten und an der Gemeinschaft teilhaben kann. So kann jedes Mitglied den größtmöglichen Nutzen für die Gemeinschaft bringen.
Voraussetzungen für eine Gemeinschaft freier und gleicher Menschen
Abwesenheit von Zwängen
Die Freiheit des Einzelnen darf erst dort enden, wo die Freiheit des Anderen beginnt. Da diese Grenzen fließend sind, ist ein hohes Maß an gegenseitigem Verständnis, Wohlwollen, Toleranz und Rücksichtnahme in einer Gesellschaft notwendig.
Teilhabe an der Gestaltung
Jedes Mitglied der Gemeinschaft muss die gleichen, umfangreichen Möglichkeiten haben, die Gemeinschaft mitzugestalten. Dies kann auch beitragen zu mehr Gerechtigkeit und weniger Konflikten in der Gemeinschaft.
Plattformneutralität
Infrastrukturen, technische wie gesellschaftliche, müssen für alle gleichermaßen nutzbar sein. Die Hürden für ihre Nutzung müssen niedrig sein, ihre Funktion muss offen zugänglich und allgemeinverständlich dokumentiert sein.
Freiräume
Eine Gemeinschaft muss Freiräume schaffen und erhalten: Räume, die nicht für einen festen Zweck vergeben sind, sondern in denen Neues erfunden und ausprobiert werden kann.
Formbarkeit
Es ist notwendig, dass die Strukturen der Gemeinschaft nicht erstarren, sondern formbar bleiben. Nur so können die Mitglieder die Gemeinschaft mit gestalten, nur so kann sich die Gemeinschaft weiterentwickeln.
Gleiche Rechte und Pflichten
Alle Menschen müssen die gleichen Rechte und Pflichten haben. Ungleichbehandlung ist nur dann zulässig, wenn ihr Zweck der Ausgleich bereits vorhandener Ungleichheit ist.
Bildung
Bildung ist ein grundlegendes Menschenrecht, sie ist wichtig für die individuelle Freiheit. Bildung lässt jeden seine Möglichkeiten erkennen, gibt ihm die Fähigkeiten, sie zu nutzen, und verbessert das Wissen, um die Folgen seiner Handlungen abschätzen zu können.
Solidarität
Die Gemeinschaft soll die individuelle Entfaltung ihrer Mitglieder unterstützen. Dabei geht es um praktische Hilfe beim Nutzen von Freiheit, ideelle Hilfe (zum Beispiel durch das Vorbild des Nutzens von Freiheit) und um Hilfe, wenn man durch die Nutzung seiner Freiheit in Not geraten ist.
Verteidigung
Mitglieder einer Gemeinschaft müssen ihre Rechte gegen andere oder auch die Gemeinschaft in angemessener Weise verteidigen dürfen und können. Die Gemeinschaft muss jedem Mitglied helfen, seine Rechte zu schützen, auch gegen die Gemeinschaft selbst.
Kommunikationsfreiheit
Menschen müssen frei miteinander kommunizieren können. Sie müssen frei sein in der Äußerung ihrer Meinungen und darin, andere Meinungen aufzunehmen. Kommunikationsfreiheit ist auch nur dann gegeben, wenn man nicht nur frei in der Äußerung ist, sondern auch die Chance hat, angehört zu werden. Freie Kommunikation kann auch zu mehr Verständnis füreinander führen.
Informationsfreiheit und Transparenz
Informationen müssen für jeden frei zugänglich sein. So kann sich jeder über seine Möglichkeiten zur Nutzung seiner Freiheit inklusive der Teilhabe an der Gemeinschaft informieren. Ausgenommen hiervon sind personenbezogene Daten.
informationelle Selbstbestimmung
Wissen über Menschen kann Macht über diese Menschen bedeuten. Das Gefühl, überwacht zu werden, kann zu Verlust von Freiheit führen. Aus diesen Gründen ist jedem Mitglied der Gemeinschaft das größtmögliche Maß an Kontrolle über seine personenbezogenen Daten zu ermöglichen. Die wichtigste Maßnahme hierbei ist, ohne Zustimmung nur so viele personenbezogene Daten zu erfassen, wie unbedingt notwendig. Es steht aber auch jedem Menschen frei, seine eigenen personenbezogenen Daten zu veröffentlichen.
Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit ist notwendig, um die Freiheit kommender Generationen zu schützen. Technische und gesellschaftliche Systeme müssen stets so gestaltet werden, dass sie schon aufgrund ihrer Architektur für den Einzelnen Sicherheit durch Freiheit bieten und dies nicht z.B. davon abhängt, wer an der Macht ist und die Systeme bedient.
Offenheit nach innen
Die Mitglieder der Gemeinschaft müssen einander offen und mit Vertrauen begegnen. Nur so ist ein Austausch von Wissen und Ideen möglich.
Offenheit nach außen
Die Gemeinschaft und jedes ihrer Mitglieder muss es Außenstehenden einfach machen, Mitglied der Gemeinschaft zu werden. Eine Gemeinschaft darf sich nicht zu stark nach außen abgrenzen. Eine Gemeinschaft muss Impulse von außen aufnehmen. Kommunikationsfreiheit und Informationsfreiheit dürfen nicht durch die Grenze der Gemeinschaft beschränkt werden. Gemeinschaft muss immer auch global gedacht werden als Gemeinschaft aller Menschen.
Widersprüche
Eine vielfältige Gemeinschaft freier Menschen ist voller unterschiedlicher Meinungen und Widersprüche. Das ist keine Schwäche, sondern eine Stärke. Denn was heute noch falsch ist, kann morgen, unter veränderten Umständen, richtig sein. Was heute noch Minderheitenmeinung ist, kann morgen die Mehrheit hinter sich haben.
Macht und Verantwortung: Netzwerk statt Hierarchie
Jedes Mitglied einer Gemeinschaft trägt Verantwortung für sich selbst, die anderen Mitglieder der Gemeinschaft und die Gemeinschaft als ganzes.
Aus großer Macht entsteht auch große Verantwortung. Wir Piraten wollen extreme Machtkonzentrationen aber verhindern. Wir wollen Macht und Verantwortung auf mehr Schultern verteilen. Um so notwendiger ist es dann, dass sich jeder seiner Verantwortung bewusst ist. Möglich wird dies durch große Transparenz, offene Informationen, freie Kommunikation, ein möglichst hohes Bildungsniveau und klare, durchschaubare Strukturen.
Entscheidungen, die von vielen in Übereinstimmung getroffen wurden, haben eine größere Legitimation, als Entscheidungen die nur von wenigen getroffen wurden.
Grundsätzlich sollten die Menschen, die die Folgen zu tragen haben, wenn eine Entscheidung getroffen oder nicht getroffen wird, bei der Entscheidungsfindung ausschlaggebenden Einfluss haben.
digitale, globale Gesellschaft
Die digitale Revolution und das Internet hat unsere Gesellschaft global werden lassen. Die Gemeinschaft der Menschen ist dabei enger zusammengerückt, lässt aber gleichzeitig jedem einzelnen Individuum mehr Freiheit zur Entfaltung seiner Persönlichkeit und Möglichkeiten zur Mitwirkung bei der Gestaltung der Gemeinschaft. Diese Entwicklung begrüßen wir ausdrücklich. Gegenteiligen Tendenzen treten wir entschieden entgegen.
endgültige Wahrheiten
Wir Piraten gehen davon aus, dass es endgültige Wahrheiten nicht gibt. Deshalb lehnen wir es ab, dass sich Politik allein daran orientiert, ob sie zu einer Religion oder Ideologie passt. Politik muss sich stattdessen an ihrer Zweckerfüllung orientieren.
Lösungen müssen immer wieder kritisch hinterfragt und bei Bedarf angepasst werden.
Fehler zu machen, ist nicht falsch. Sie nicht zuzugeben und nicht zu korrigieren, ist falsch.
Staat und Gesetz
Wir Piraten verstehen den Staat als organisatorische Infrastruktur einer Gemeinschaft oder eines Teils einer Gemeinschaft.
Seine Aufgabe muss es sein, die Freiheit jedes einzelnen in der Gemeinschaft, aber auch den Zusammenhalt der Gemeinschaft zu schützen.
Dazu gibt sich die Gemeinschaft freier und gleicher Menschen in Form des Staates allgemeingültige Gesetze. Sie bilden einen klaren Rahmen, auf den sich jeder Mensch ohne Unterschied verlassen können muss.
Diese Gesetze dürfen nicht allein danach ausgerichtet sein, dass sie zu einer Ideologie, Religion oder Tradition passen, sondern danach, dass sie ihren Zweck erfüllen.
Bei territorialen Staaten soll jeder Mensch, der auf Dauer im Territorium eines Staates lebt, Bürger dieses Staates sein können.
materielle Ungleichheit
Die Größe des Besitzes eines Menschen bestimmt mit, wie stark er an der Gesellschaft teilhaben kann. Ein großer Besitz verleiht Macht, besitzlose Menschen sind großer Macht ausgeliefert.
Gesellschaftssysteme, die alle Menschen materiell gleich stellen wollen, führen zu Unfreiheit, da Vielfalt negiert wird und große Machtkonzentration notwendig ist, um Gleichheit unter Zwang durchzusetzen.
Wir Piraten sehen, dass zu große materielle Ungleichheit zu Problemen führt. Wir wollen zum Teil bewährte, pragmatische, zum Teil neue Wege zur Lösung dieses Problems gehen. Dabei wollen wir Armut bekämpfen, nicht Reichtum.
Auch wir sehen in der sozialen Marktwirtschaft mit ihren Rahmenbedingungen für zum Teil selbstbestimmten Ausgleich sozialer Ungleichheiten ein bewährtes und geeignetes System, verschließen uns aber nicht neuen Ideen.
Darüber hinaus wollen wir die Chancen der digitalen, urbanen, globalen Gesellschaft stärker nutzen. Wir Piraten wollen Teilhabe unabhängiger machen von materiellen Möglichkeiten. Wir Piraten wollen, dass von Besitz weniger Macht ausgeht und wenig Besitz nicht machtlos macht.
Begründung
Unser Parteiprogramm ist nicht in einem Guss entstanden, sondern vom "Schwarm" formuliert worden. Ist es deshalb ein zusammenhangloses, widersprüchliches Sammelsurium? Haben wir keine in sich schlüssige Programmatik? Oder gibt es gemeinsame Nenner aller Programmpunkte?
„Freiheit“ ist ein zentraler Begriff bei vielen Programmpunkten der Piraten.
- Was verstehen wir unter „Freiheit“?
- Welche Arten von Freiheit gibt es?
- Wozu ist Freiheit gut?
- Wie können wir Freiheit maximieren?
Die Freiheit des einen endet da, wo die Freiheit des anderen beginnt (geht zurück auf John Stuart Mill: „On Liberty“ (1859)). Das bedeutet, in Gesellschaft mit anderen Menschen gibt es zwangsläufig Konflikte.
- Wie könnten die Piraten das Spannungsfeld Freiheit und Gemeinschaft / sozial und liberal auflösen?
- Sind die Ziele Freiheit und Solidarität zwangsläufig Widersprüche, die nur über Kompromisse im Einzelfall gelöst werden können oder gibt es Prinzipien, mit denen sich beides in Einklang bringen lässt?
- Können wir als Piraten Lösungsprinzipien aus unserer Erfahrung in der Piratenpartei und aus unseren Erfahrungen mit dem Leben in einer digitalen, globalen, vernetzten Gesellschaft ableiten?
Viele unserer Programmpunkte und vieles in unserer Parteistruktur basiert bereits auf den Prinzipien, die versucht wurden für diesen Antrag in allgemeingültiger Form herauszudestillieren.
Dieser Antrag soll also nicht etwas neues festlegen, sondern die eigentlich schon vorhandenen Prinzipien so kurz und allgemeingültig wie möglich darstellen und erklären.
Der Antrag kann als Konkurrenzantrag zu Anträgen aus der Antragsgruppe Allgemeines piratiges Menschenbild des BPT 2011.2 gesehen werden, vor allem zu:
- PA040 Grundlagen und Ziele piratiger Politik (ist mir zuwenig sozial)
- PA094 Freiheit, Würde, Gerechtigkeit (ist sehr gut, aber mir zu allgemein, zu eklektisch und nicht genug Piraten-spezifisch)
Wichtige Quellen und weitereführende Informationen:
- Martin Haase: „Freiheit“ (Kurzfassung seines Vortrags auf der OpenMind 2010)
- Pavel Mayer: „Freiheit in den Grundsatzprogrammen der etablierten Parteien und im Grundgesetz“
- Marcel-André Casasola Merkle (zeitweise): „Die Piratenpartei im politischen Spektrum“
- Marcel-André Casasola Merkle (zeitweise): „Wir sind Forscher, keine Ideologen“
- Michael Seemann (mspro): „Das politische Denken der Piraten“
- Horst Kahrs: „Zu Erfolg und Perspektiven der Piraten-Partei Deutschland im Herbst 2011“
- Piotr Czerski: „Wir, die Netz-Kinder“
- Lisa Herzog: „Freiheit gehört nicht nur den Reichen“
- Wikipedia: negative und positive Freiheit
- Wikipedia: innere und äußere Freiheit
- Christopher Lauer: „Definitionsmacht Baby!“ „Im Kern dreht sich aber alles um die Frage, was wir als Partei in Deutschland verändern wollen und welche Prinzipien dieser Veränderung zu Grunde liegen sollen.“ „Was ist unser Gesellschaftsentwurf?“
weiteres Material:
Unterstützung / Ablehnung
Piraten, die vrstl. FÜR diesen Antrag stimmen
- Oibelos 22:10, 4. Mai 2012 (CEST)
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Piraten, die vrstl. GEGEN diesen Antrag stimmen
- DerBär 14:44, 17. Mai 2012 (CEST)
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Piraten, die sich vrstl. enthalten
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Diskussion
Bitte hier das für und wieder eintragen.
- Diesen Prinzipien stimme ich zu, sie entsprechen meinen persönlichen Grundüberzeugungen.
- Ich stimme dagegen, weil die Punkte noch besser ausformuliert werden müssen, insbesondere, was den Punkt "Nachhaltigkeit" angeht. Meiner Meinung hat das, was da steht, nicht sehr viel mit dem Nachhaltigkeitsbegriff zu tun - und schon gar nichts mit dem piratigen Nachhaltigkeitsbegriff. DerBär 14:44, 17. Mai 2012 (CEST)
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