Positionspapiere/Europapolitik der Piratenpartei Deutschland

Aus Piratenwiki
Wechseln zu: Navigation, Suche
Application-certificate.svg Dieser Artikel ist eine offizielle Aussage der Piratenpartei und daher gesperrt. Willst Du etwas ändern, so musst Du entweder den Verantwortlichen für diese Seite ansprechen oder gar einen Änderungsantrag auf dem nächsten Parteitag stellen.

Inhaltsverzeichnis

Präambel

Dies ist das Positionspapier der Europapolitik der Piratenpartei Deutschland zur Wahl des Europäischen Parlaments 2019. Es wurde von vielen engagierten Menschen geschrieben und zusammengestellt und soll helfen, unser gemeinsames Zusammenleben in der Europäischen Union zu verbessern. Es dient aber auch dazu, Aufmerksamkeit zu schaffen und Lösungsvorschläge anzubieten für die wirtschaftlichen und politischen Missstände, fortlaufend intensivierte Überwachung und die Gefahr von Cyberattacken.

Wir entwickeln Ideen zur Integration der zu uns geflüchteten Menschen. Wir setzen uns für die Vertiefung der europäischen Integration ein, um Frieden, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit auf dem gesamten Kontinent zu stärken und berücksichtigen dabei auch, dass aufgrund der globalen Vernetzung aller Lebensbereiche die Möglichkeiten nationaler Politikgestaltung abnehmen werden.

Die Zukunft der EU darf nicht an Einzelinteressen der Mitgliedstaaten scheitern, sondern sollte sich an den gemeinsamen Interessen der Menschen ausrichten. In diesem Sinne zu handeln und die Europäische Union auf ein solides demokratisches Fundament zu stellen, ist unser Ziel. Als Teil einer transnationalen politischen Bewegung sehen wir uns in einer besonderen Verantwortung für die europäische Idee. Wir wollen sie unter Einbeziehung der historisch gewachsenen kulturellen Vielfalt Europas weiterentwickeln. Dabei sehen wir unsere europäischen Nachbarn als Mitglieder einer Familie. Europapolitik ist keine Außenpolitik!

Demokratie-Upgrade für das Europa von heute

Innovative politische Partizipation

PIRATEN wollen, dass die Bürger sowohl in der politischen Debatte als auch im Entscheidungsprozess direkter und umfassender mitwirken können. Das Europäische Parlament muss ein Instrument für die E-Partizipation einrichten. Bürger sollten in der Lage sein, Gesetzesvorschläge öffentlich zu diskutieren, Änderungsvorschläge zu unterbreiten und online zu unterstützen (oder dagegen zu stimmen). Wir möchten die Europäische Bürgerinitiative reformieren. Der Datenaufwand muss reduziert werden. Die Europäische Kommission sollte sich auch mit erfolglosen, aber interessanten Initiativen auseinandersetzen. Petenten mit einer erheblichen Anzahl von Befürwortern haben das Recht, persönlich angehört zu werden. Das Europäische Parlament sollte seinen Bürgern regelmäßig seine Türen öffnen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Vorschläge und Anliegen direkt einer gemeinsamen Plenartagung mit Mitgliedern des Europäischen Parlaments und Mitgliedern der Europäischen Kommission vorzulegen. An diesen Sitzungen sollten auch die Teilnahme über das Internet und soziale Medien möglich sein.

Initiativrecht für das Europaparlament

Der gegenwärtige EU-Gesetzgebungsprozess wird von der vollziehenden Gewalt, insbesondere der Europäischen Kommission, auf Kosten der gesetzgebenden Gewalt, dem Europäischen Parlament, dominiert. Obwohl das Europäische Parlament im Laufe der Zeit immer mehr Rechte und Kontrollmöglichkeiten hinzugewonnen hat, fehlt ihm immer noch das grundlegende Recht, selbst Gesetzesvorlagen einzubringen. Das Parlament kann lediglich die EU-Kommission dazu auffordern, eine bestimmte Gesetzesvorlage einzubringen. Dies kann die Kommission aber ablehnen. Wir werden uns daher dafür einsetzten, dass das Europäische Parlament das Initiativrecht erhält, damit es seine Aufgabe als Vertretung der EU-Bürger besser wahrnehmen kann.

Transparenz und demokratische Kontrolle des ESM

Der ESM-Vertrag verstößt gegen die fundamentalen Rechtsprinzipien und Grundsätze einer demokratischen Staatsordnung (wie den Parlamentsvorbehalt und das Rechtsstaatsprinzip), sowie gegen die Transparenz-Grundsätze der PIRATEN.

Wir fordern:

  1. Entscheidungen des europäischen Gouverneursrates zur Verwendung der Mittel und zur Vergrößerung der Rettungsschirme sollen durch die demokratisch gewählten Volksvertreter des Europäischen Parlaments beschlossen und kontrolliert werden.
  2. Alle Kreditvergaben sollen transparent sein. Der Jahresabschluss und der Jahresbericht des ESM sollen öffentlich und maschinenlesbar zugänglich gemacht werden.
  3. Die Prüfungsberichte des Ausschusses sollen öffentlich gemacht werden.
  4. Jede Erhöhung des Stammkapitals soll von den demokratisch gewählten Volksvertretern der jeweiligen nationalen Parlamente beschlossen werden.
  5. Das Europäische Parlament soll die Befugnis erhalten, die Immunität der Mitglieder des europäischen Gouverneursrates und des Direktoriums aufheben zu können.
  6. Die Gehälter der Mitglieder des Gouverneursrates und des Direktoriums, sämtliche Nebeneinkünfte, Zulagen sowie geldwerte Vorteile und die gültigen Steuersätze sind vollständig offenzulegen.

Gesetzgebung in der EU transparenter machen und Einflussnahme auf politische Entscheidungen offenlegen

Der europäische Gesetzgebungsprozess ist weiterhin geprägt von Intransparenz, Partikularinteressen und Hinterzimmer-Deals. Das gilt insbesondere für die Entwicklung von Legislativvorschlägen in der Kommission sowie im Rat. Wir fordern daher die Offenlegung jeglicher Korrespondenz mit und Einflussnahme von Interessenverbänden und Lobbyisten auf den europäischen Gesetzgebungsprozess. Ziel ist es, somit den demokratischen Prozess zu schützen und die Grundlagen von Entscheidungen transparent zu machen.

Zukunft Europa - Europa in 20 Jahren

Der Weg zu einem Europa der Regionen unter dem Dach eines europäischen Bundesstaates

Ziel der Piratenpartei ist, den derzeitigen Staatenbund der Europäischen Union zu einem pro-europäischen Europa der Regionen zu entwickeln. Unter dem Dach eines europäischen Bundesstaates werden die Regionen in den EU-Mitgliedsländern gefördert und in ihrer regionalen Eigenständigkeit unterstützt.

Zwischen den Mitgliedstaaten sind Solidarität und Eigenverantwortlichkeit garantiert. Die besonderen Kennzeichen dieser Union sind gesicherte Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit, Glaubens- und Gewissensfreiheit, Freiheit der Kunst und Wissenschaft. Gleichzeitig wird die Vielfalt in der Einheit gewahrt. Nur so ist Frieden und Wohlstand garantiert und gleichzeitig ein positives Entwicklungspotenzial durch hohe Diversität gesichert.

Europäischer Verfassungskonvent

Wir fordern die Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung (Verfassungskonvent) für die Europäische Union. Ziel des Verfassungskonvents ist es, das politische System der EU und ihre Beziehung zu den Mitgliedstaaten und Regionen neu zu strukturieren und auf eine demokratische Basis zu heben. Der Prozess der Ausarbeitung einer europäischen Verfassung muss transparent geschehen und die europäischen Bürgerinnen und Bürger umfassend beteiligen. Die Mitglieder dieser Versammlung sollen demokratisch gewählt werden und gleichzeitig die Vielfalt innerhalb der Union repräsentieren. Über den erarbeiteten Verfassungsentwurf stimmen die Bürger unionsweit und zeitgleich ab.

Mögliche konstitutionelle Verfasstheit eines Vereinten Europas

Unsere Vision für eine konkrete Ausgestaltung beruht auf der konsequenten direkten Einbindung der Bürger (Direkte Demokratie), der Repräsentation der europäischen Bürger in ihrer Gesamtheit (Europaparlament) und der föderalen Elemente (Länder- oder Regionen-Kammer). Direktdemokratische Elemente sollen auf allen Ebenen der EU die repräsentativen Institutionen dieser Föderation ergänzen. Wir verstehen die Bürger dabei sowohl als den Souverän Europas als auch seiner Teile.

Das direkt von den Bürgern gewählte europäische Parlament soll gemeinsam mit einer zweiten Kammer, in der die föderalen Elemente ihre Interessen vertreten können (dem heutigen Europäischen Rat und dem Ministerrat), die Kompetenzen auf gesetzgeberischer Ebene, bei der Wahl einer europäischen Regierung und der Kontrolle wichtiger Staatsorgane erhalten. Das europäische Parlament soll eine Regierung wählen. Ob dies nach einem Mehrheitsprinzip oder einem kooperativen (Konkordanz) Modell geschieht, soll in dem verfassungsgebenden Prozess diskutiert und entschieden werden. Dort soll auch die Frage geklärt werden, ob der Regierungschef direkt vom Volk oder vom Parlament gewählt wird oder ob mehrere gleichberechtigte Mitglieder (nach Schweizer Vorbild) die Regierung kooperativ bilden.

Es ist unser Ziel, dass die Europäer gemeinsam entscheiden, welche Politikfelder sie auf welcher Ebene angesiedelt sehen wollen. Dieses Europa muss auf klaren Prinzipien aufgebaut sein wie Achtung der Menschenrechte, Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit, Subsidiarität und Bürgerbeteiligung.

Die letzten Jahre haben uns in Europa vor Augen geführt, dass es sich im Kern um eine institutionelle Krise handelt. Deutlich wird dies an dem Sachverhalt, dass die Europäische Zentralbank in der Eurokrise die einzige wirklich handlungsfähige Institution in Europa war. Da sie jedoch nicht demokratisch legitimiert ist, kann nicht sichergestellt werden, ob ihre Maßnahmen dem Gemeinwohl in Europa oder nur den Interessen einer Minderheit zugutekommen. Wenn man dies anerkennt, wird man zu dem Urteil gelangen, dass wir legitimierte Institutionen benötigen, die wirklich im Interesse des Gemeinwohls in Europa handeln. Wir PIRATEN sehen diese Situation als Chance und wollen konstruktiv daran mitwirken, das europäische Projekt auf demokratischem Wege weiterzuentwickeln.

Open Government

Die Europäische Union soll dem „Open Government Partnership“ beitreten, einer multilateralen Initiative, die auf der Open Government Förderung, einer Stärkung der Bürger, die Bekämpfung der Korruption und die Nutzung neuer Technologien zur Verbesserung der Regierungsführung abzielt.

Wirtschaft

Transparenz der Vergabe öffentlicher Aufträge

Rechtsgeschäfte der öffentlichen Hand müssen transparent sein. Der Staat und seine ausführenden Organe sind Verwalter der Steuermittel der Bürgerinnen und Bürger. Eine Einsichtnahme in Verträge der öffentlichen Hand ist aus Sicht der PIRATENPARTEI ein grundsätzliches Recht aller Menschen. Die Verwendung der Haushaltsgelder muss für jeden nachvollziehbar und überprüfbar sein. Die Ausschreibungskriterien sind deshalb einfach zugänglich direkt im Internet zu veröffentlichen, so dass der Entscheidungsprozess nachvollzogen werden kann. Die PIRATENPARTEI fordert die Veröffentlichung abgegebener Angebote nach Abschluss der Angebotsphase. Die öffentliche Auftragsvergabe und durch Steuermittel geförderte Projekte und Organisationen sind in einer zentralen Datenbank zu speichern und auf einem Online-Portal zu veröffentlichen.

Banken in die Schranken

Die PIRATENPARTEI fordert die Einführung des Trennbankensystems für alle Banken, deren Bilanzsumme über 30 Milliarden Euro oder 20 Prozent der Wirtschaftsleistung des entsprechenden Landes ausmacht. Finanzielle Probleme von Banken dürfen nicht wie bisher zu Lasten der Steuerzahler gehen. Die Piratenpartei fordert eine deutlich in ihren Rechten bestärkte Bankenregulierung, die Schieflagen durch scharfe Eigenkapitalvorschriften vermeidet. Eigentümer und Gläubiger müssen die Verluste mittragen. Ausgenommen sind hier die durch den Einlagensicherungsfonds abgesicherten Anlagen. Echte Insolvenzen sowie Abwicklungen müssen ebenso möglich sein. Auf europäischer Ebene muss die Bankenaufsicht aus der EZB ausgegliedert und auf eine unabhängige Organisation übertragen werden. Bankenaufsicht und Geldpolitik dürfen nicht vermischt werden.

Transparenzvorgaben für Rettungskredite

Wir PIRATEN fordern Transparenz im Staatswesen als Voraussetzung für außergewöhnliche Stabilisierungs- und Konsolidierungsmaßnahmen für Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Maßnahmen wie zum Beispiel Kredite oder Schuldenschnitte sind an die Verabschiedung umfangreicher Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze in den betreffenden Staaten zu koppeln. Nur so kann sichergestellt werden, dass Finanzmittel im Sinne und unter Aufsicht der Bevölkerung der jeweiligen Länder eingesetzt werden. Wir gehen davon aus, dass zusätzliche Transparenz dazu führt, dass tatsächlich in Maßnahmen investiert wird, die langfristig die ökonomische Stabilität im jeweiligen Land fördern.

Spekulation mit Nahrungsmitteln und Agrarrohstoffen verbieten

Nahrungsmittel und Agrarrohstoffe sind die Lebensgrundlage aller Menschen. Die Verfügbarkeit und ein bezahlbarer Preis entscheidet über Menschenleben. Die PIRATENPARTEI fordert daher ein Verbot der Spekulation mit Nahrungsmitteln und Agrarrohstoffen sofern die Geschäfte nicht der Produktion, der verbrauchsbestimmten Verteilung oder der Bereitstellung dienen. Details sollen durch internationale Abkommen geregelt werden. Warentermingeschäfte müssen zwingend zu einer physischen Erfüllung führen und jegliche Differenzgeschäfte, Optionen und Leerverkäufe sowie weitere Derivate dessen müssen ausgeschlossen werden.

Kampf gegen Menschenhandel und Sklaverei in Zulieferketten

Wir setzen uns dafür ein, Menschenhandel, Sklaverei, Zwangsarbeit, Schuldknechtschaft und ausbeuterische Kinderarbeit in Zulieferketten effektiv zu bekämpfen. Berichtspflichten haben sich in diesem Bereich als wenig tauglich erwiesen, da diese für kleine Firmen nicht umsetzbar sind und internationale Konzerne oft Wege finden, diese zu unterlaufen. Unternehmen mit Sitz in der EU und mehr als 100 Millionen Euro Jahresumsatz sind deshalb zu verpflichten, öffentlich und verbindlich nachzuweisen, dass in ihren Zulieferketten die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) eingehalten werden. Für Produkte soll ein europäisches Qualitätssiegel entwickelt werden.

Steuern und Haushalt

Zusammenbruch des Gesellschaftsvertrags

Es ist eine gängige Praxis, dass Unternehmen von ihren Aktionären beauftragt werden, so wenig Steuern wie möglich zu zahlen. Die Nationalstaaten benötigen die erhobenen Steuern jedoch, um ein Umfeld zu schaffen, in dem die Unternehmen erfolgreich sein können. Den Unternehmen werden Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit, Durchsetzbarkeit von Forderungen, Rechtsschutz, Infrastruktur und Bildung gewährt. Es liegt daher in ihrem eigenen Interesse, dieses Umfeld durch Zahlung ihrer Steuern zu unterstützen.

Es gibt viele Instrumente zur Steuerhinterziehung und PIRATEN werden sich bemühen, sie so weit wie möglich einzuschränken. Zahlen des IWF weisen darauf hin, dass Steuerhinterziehungsprogramme uns fast 500 Milliarden Euro pro Jahr kosten, während sie 1990 noch unter 100 Milliarden Euro pro Jahr lagen. Dies ist ein alarmierender Trend. Um das Ausmaß des Problems zu veranschaulichen: 500 Milliarden Euro machen fast die Hälfte der EU-Mittel für 2014-2020 aus, etwa 20% mehr als das weltweite Spendenaufkommen oder 3-5% der weltweiten Steuereinnahmen.

PIRATEN schlagen vor, im Rahmen des OECD-Projekts "Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung" und der EU-Richtlinie zur Bekämpfung der Steuervermeidung dagegen vorzugehen, um die Gewinnverschiebung in ein Niedrigst- oder Nicht-Steuerland und die virtuellen Übertragung nicht vorhandener Waren und Dienstleistungen zu verhindern.

Mehr Kooperation statt Steuerwettbewerb zwischen Mitgliedsländern

Es ist mit der Idee eins vereinten Europas nicht vereinbar, dass Mitgliedsländer in der Europäischen Union über niedrige Unternehmenssteuern europaweit hohe Steuerausfälle verursachen und Unternehmen durch aggressive Steuerplanung zum Beispiel über Lizenzgebühren Unternehmensgewinne in Länder mit niedriger Besteuerung verlagern können. Statt über Steuersätze zu konkurrieren, sollten die Länder Europas in den Bereichen zusammenarbeiten, die die Standortbedingungen in allen Regionen Europas für Unternehmer und Arbeitnehmer verbessern, beispielsweise bei der Vervollständigung des Binnenmarktes, der Stärkung von Bildung und Forschung, einer europaweit vernetzten Infrastruktur und einer europaweit geltenden Rechtssicherheit. Wir werden uns deshalb dafür einsetzen, dass die Mitgliedsländer ihre Unternehmenssteuersätze annähern, einheitlichere Besteuerungsgrundlagen schaffen und in den genannten Bereichen kooperieren.

Unterbietungswettlauf

Viele Staaten neigen dazu, Steuererleichterungen oder andere steuerliche Anreize anzubieten, um Niederlassungen großer internationaler Unternehmen anzuziehen. Diese produzieren oft nichts Greifbares und dienen damit nur dazu, die Steuerbelastung ihrer Muttergesellschaften zu reduzieren. In vielen Fällen lag der effektive Steuersatz für Unternehmen, die diese Möglichkeiten nutzen, unter 1% der Steuerbemessungsgrundlage. Das Ergebnis des zwischenstaatlichen Wettbewerbs um Unternehmensansiedlungen ist ein Unterbietungswettlauf bei den Steuereinnahmen.

Die Europäische Kommission versucht, gegen den Unterbietungswettlauf vorzugehen, indem sie Regeln für den Binnenmarkt erlässt. So kam beispielsweise eine Untersuchung nach Artikel 107 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) zu dem Schluss, dass das irische Steuersystem eine rechtswidrige staatliche Subvention für Apple darstellt und dass Apple verpflichtet ist, 14 Milliarden Euro Steuerschulden nachzuzahlen.

Unsere Lösungsvorschläge sind eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) und eine verstärkte Aufsicht durch die EU-Kommission über die Steueroasen in der EU. Die gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage berechnet die Besteuerung einer multinationalen Gesellschaft in jedem Land der EU auf der Grundlage von Umsatz, Kapital und Arbeit in jedem Land. Dadurch werden Ungleichgewichte zwischen den nationalen Systemen, den Präferenzregelungen und versteckten Steuerregelungen, die von den Steuerhinterziehern ausgenutzt werden, beseitigt. Es wird die Notwendigkeit von Verrechnungspreisen überflüssig machen und der Gewinnverschleierung entgegenwirken, die der Hauptweg für Gewinnverlagerungen ist.

Digitale Wirtschaft

Das Internet ist ein globales Medium, das geografische Grenzen überschreitet. Da der bestehende Rechtsrahmen mehr oder weniger territorial ist, übersieht er oft die Komplexität der digitalen Wirtschaft.

Unser Ziel ist es, die Finanzen der digitalen Wirtschaft unter demokratische Kontrolle zu bringen und ihre Ziele mit denen der Gesellschaft in Einklang zu bringen.

Lösungsvorschlag: Änderung der derzeitigen Regeln der so genannten "Betriebsstätte" und Besteuerung bestimmter digitaler Dienstleistungen am Ort ihrer Entstehung mit einem Satz von 3% des Umsatzes. Dies gilt für Unternehmen, die aufgrund ihrer Jahreseinnahmen oder der Anzahl der digitalen Verträge mit ihren Kunden in einem Steuerjahr über eine steuerpflichtige digitale Präsenz verfügen. Letztendlich stellt das neue System eine echte Verbindung her zwischen dem Ort, an dem digitale Gewinne erzielt werden, und dem Ort, an dem sie besteuert werden.

Strukturfonds

Die Strukturfonds sind ein wichtiges Instrument zur Stärkung des Zusammenhalts Europas und ein Ausdruck der Solidarität in Europa, das immer noch durch die unterschiedlichen Leistungen der nationalen und regionalen Wirtschaften geteilt ist. Wir werden alle Bemühungen unterstützen, ihre Flexibilität zu erhöhen, damit sie rechtzeitig auf die aktuellen Entwicklungen der Wirtschaft oder der Sicherheitslage reagieren können. Wir werden auch alle Bemühungen unterstützen, den bürokratischen Aufwand für die Bearbeitung der Förderanträge zu verringern (z. B. durch die Differenzierung zwischen den Antragstellern nach den Ergebnissen ihrer früheren Anträge).

Die Fonds sollten transparent und effizient verwaltet werden, die EU-Kommission sollte eine wesentliche Kontrollfunktion bei der geteilten Verwaltung der Fonds behalten. Eine wichtigere Rolle des EU-Parlaments könnte in Zukunft in Betracht gezogen werden.

Es ist völlig legitim, die Finanzierung der Projekte als Reaktion auf den Missbrauch der Mittel und die betrügerische Verwendung der Subventionen zu begrenzen. Wir lehnen jedoch Schritte ab, die im Widerspruch zum ursprünglichen Sinn der Strukturfonds stehen, also jeden Versuch, die Beschränkung des Zugangs zu den Fonds als Druckmittel zur Lösung nicht damit zusammenhängender politischer Fragen der möglichen Empfängerländer zu nutzen.

Stärkung des Haushaltsrechts des EU-Parlaments

Wir PIRATEN möchten das Haushaltsrecht des EU-Parlaments stärken. Wir setzen uns dafür ein, dass das Parlament die alleinige Hoheit über das Budget der EU erhält und nicht wie bisher nur ein Mitbestimmungsrecht bei Haushaltsentscheidungen des Ministerrats. Wir möchten, dass an Stelle des bisherigen undurchschaubaren EU-Finanzierungssystems, mit in Korrekturmechanismen versteckten Rabatten für einzelne Länder, ein nachhaltiges und transparentes System tritt.

Antworten auf die Krise im Euroraum

Die Ausgangsposition

Die Europäische Union befindet sich noch immer in der schwersten Krise seit ihrer Gründung. Insbesondere in Südeuropa ist die Arbeitslosigkeit extrem hoch, die Staatsverschuldung in Kombination mit der Überschuldung vieler Banken weiterhin kritisch.

Unsere Lösungsvorschläge

Wir sind zu der Überzeugung gelangt: Um die Krise dauerhaft zu überwinden, müssen Geld- und Fiskalpolitik in der Eurozone koordiniert und im richtigen Mix eingesetzt werden. Die Lösungen werden von uns aus der Sicht des Nutzens für die gesamte Eurozone konzipiert. Sie erfordern daher auch hier eine Abkehr von kurzfristigen, nationalen (auch deutschen) Interessen hin zu einer gemeinsamen Vorgehensweise, die langfristig zudem auf demokratischen Fundamenten ruhen muss. Nur so wird die neue Ausgestaltung der Währungsunion als gerecht für alle Beteiligten empfunden werden. Die Europäische Union kann ohne Solidarität nicht bestehen. Wir PIRATEN fordern ein Aufbau- und Investitionsprogramm ("Marshall-Plan 2.0") für Europa, um das wirtschaftliche Gleichgewicht in der Eurozone wiederherzustellen und die wirtschaftlich angeschlagenen Eurostaaten auf die Beine zu bringen. Dieses soll nicht nur die kurzfristige Konjunkturentwicklung fördern, sondern auch langfristige Perspektiven eröffnen. Ziel ist der Umbau und die Modernisierung der europäischen Volkswirtschaften hin zu einer energieeffizienten und ressourcenschonenden Wirtschaftsstruktur. Es braucht außerdem eine koordinierte Wirtschaftspolitik auf europäischer Ebene. Die Löhne in der Europäischen Union sollten sich am gemeinsam vereinbarten Inflationsziel der Eurogruppe und dem jeweiligen Produktivitätswachstum orientieren. Wir fordern einen effektiven europäischen Aufsichtsmechanismus, der von der EZB unabhängig ist und der zukünftige Kreditexzesse frühzeitig erkennt und wirksam unterbindet. Um die Eurozone unabhängiger von US-amerikanischen Ratingagenturen und somit den internationalen Finanzmärkten zu machen, setzen wir PIRATEN uns für die Gründung einer unabhängigen europäischen Ratingagentur ein.

Arbeit und Soziales

Europäisches Bedingungsloses Grundeinkommen

Wir PIRATEN streben die europaweite Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens an, das jedem Bürger ein Existenzminimum und gesellschaftliche Teilhabe garantiert. Ein Mensch kann nur in Würde leben, wenn für seine Grundbedürfnisse gesorgt und ihm gesellschaftliche Teilhabe möglich ist. Die Wahrung dieser Menschenwürde in der EU sehen wir als zentrale Aufgabe an. Das bedingungslose Grundeinkommen soll einen individuellen Rechtsanspruch darstellen sowie ohne Bedürftigkeitsprüfung, ohne Gegenleistungen, ohne Antrag und damit ohne bürokratischen Aufwand ausbezahlt werden. Wir sind der Überzeugung, dass die überwältigende Mehrheit der Menschen eine sichere Existenz als Grundlage für die Entfaltung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Potenziale nutzen wird. Bis zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens setzen wir uns europaweit für Mindestlöhne ein, welche den Lohnwettbewerb eindämmen sollen, für menschenwürdige Arbeits- und Lebensverhältnisse sorgen und genauso wie das bedingungslose Grundeinkommen auch die Binnennachfrage steigern würden.

Europäischer Arbeitsmarkt

Wir PIRATEN begrüßen die Freizügigkeit für Arbeitnehmer, in einem frei gewählten EU-Land zu leben und zu arbeiten. Allerdings muss der gemeinsame, europäische Arbeitsmarkt der Förderung des Wohlstands und dem Nutzen aller dienen. Wir fordern weiterhin Maßnahmen, die Sozialdumping verhindern. Jugendarbeitslosigkeit wollen wir durch ein Gesamtkonzept aus Bildung, sinnvoller Infrastruktur und einem Programm zur Förderung einer modernen Wirtschaft bekämpfen.

Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer in Europa

Wir PIRATEN setzen uns für Chancengleichheit von Arbeitnehmern in Europa unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Geschlecht ein. Wir möchten erreichen, dass bei jeder Arbeit, die irgendwo in Europa verrichtet wird, niemand aufgrund seiner Herkunft oder seines Geschlechts niedriger bezahlt wird. Zudem wollen wir die in Kraft befindlichen arbeitsrechtlichen Vorschriften der Europäischen Union besser in den Nationalstaaten bekannt machen und durchsetzen.

Recht auf Gewerkschaftsvertretung

Wir PIRATEN bekennen uns zur Mitbestimmung in allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Dazu gehört auch das Arbeitsleben. Demokratie umfasst nach unserem Verständnis auch die Beteiligung an Entscheidungsprozessen im Arbeitsumfeld. Darum bekennen wir uns zu starken Gewerkschaften und wollen das Recht auf Gewerkschaftsvertretung in den arbeitsrechtlichen Vorschriften der EU verankern. Wir möchten erreichen, dass auch Leiharbeitnehmer dieses Recht im Entleihbetrieb wahrnehmen können.

Menschen mit Behinderungen

Wir PIRATEN fordern eine schnelle, vollständige und korrekte Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Wir setzen uns dafür ein, dass Menschen mit Behinderungen, auch wenn sie sozial schwächer gestellt sind als der Bevölkerungsdurchschnitt, durch eine angepasste europäische Gesetzgebung wirtschaftliche Gleichstellung und dadurch Gleichberechtigung erlangen.

Soziale Familienpolitik

Präambel

Wir wollen, dass die Menschen in Europa selbst die Form des Zusammenlebens bestimmen können und keine Familienform rechtlich benachteiligt wird - auch nicht bei Kinderwünschen. Wir wollen Familien mit Kindern fördern und kostenfreie Bildungsangebote schaffen. Die Piratenpartei steht für eine zeitgemäße und gerechte Familienpolitik, die auf dem Prinzip der freien Selbstbestimmung über Angelegenheiten des persönlichen Lebens beruht. Wir wollen, dass die Politik der existierenden Vielfalt gerecht wird. Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, die einseitige Bevorzugung traditioneller Rollen-, Familien- und Arbeitsmodelle zu überwinden. Echte Wahlfreiheit besteht erst, wenn längere berufliche Auszeiten oder Teilzeitarbeit unabhängig vom Geschlecht gesellschaftliche Normalität sind.

Freie Selbstbestimmung des Zusammenlebens

Wir Piraten bekennen uns zu allen denkbaren Formen des Zusammenlebens. Politik muss der Vielfalt der Lebensentwürfe gerecht werden und eine wirklich freie Entscheidung für die individuell gewünschte Form des Zusammenlebens ermöglichen. Eine ausschließlich historisch begründete Bevorzugung ausgewählter Familienmodelle lehnen wir ab. Wir Piraten setzen uns für die vollständige rechtliche Gleichstellung sämtlicher Lebenspartnerschaften ein, auch wollen wir alle Formen der homosexuellen, heterosexuellen und polyamore (Liebesbeziehung zu mehr als einem Menschen) Partnerschaften ermöglichen.

Kinderwünsche auch in nicht klassischen Familienbildern realisieren

Wir Piraten setzen uns für die gleichwertige Anerkennung von Lebensmodellen ein, in denen Menschen füreinander Verantwortung übernehmen. Lebensgemeinschaften, in denen Kinder aufwachsen oder Menschen gepflegt werden, verdienen einen besonderen Schutz und Unterstützung durch den Staat und die Gesellschaft. Wir setzen uns für den Abbau bestehender, geschlechtlicher Rollenzuschreibungen und gesellschaftlicher Erwartungshaltungen ein. Der Wunsch, eine Familie zu gründen, darf nicht am klassischen Familienbild hängen bleiben. Die geschlechtliche Identität oder die sexuelle Orientierung darf hierbei keine Rolle spielen.

Familienförderung dort, wo Kinder sind!

Menschen darf kein Nachteil entstehen, wenn sie einen Teil ihrer Lebenszeit Kindern oder Betreuungsbedürftigen widmen. Wir Piraten fordern besondere finanzielle Unterstützung für Familien, Trennungseltern bzw. Versorgungsgemeinschaften, in denen Kinder aufwachsen oder betreuungsbedürftige Menschen gepflegt und versorgt werden. Familienpolitisch halten wir die Realisierung eines Kindergrundeinkommens kurz- bis mittelfristig in den einzelnen Mitgliedsstaaten für sinnvoll.

Kostenfreie und flexible Betreuungs- und Bildungsangebote

Betreuungs- und Bildungsangebote der Mitgliedsstaaten sollen den Kindern kostenfrei zur Verfügung gestellt und entsprechende Angebote wohnort- oder wahlweise arbeitsplatznah realisiert werden - auch über kommunale, regionale oder EU-Binnengrenzen hinweg. Zu berücksichtigen sind bei allen Betreuungs- und Bildungsangeboten die sich ergebenden Bedarfsveränderungen der Eltern. Kinderbetreuung muss auch außerhalb der bislang üblichen Öffnungszeiten der Betreuungseinrichtungen gewährleistet sein.

Netzpolitik

Digitales Leben

Die digitale Revolution hat die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen in ganz Europa verändert. Freier und gleicher Zugang zum Internet ist heute eine Grundvoraussetzung für die zivilgesellschaftliche Teilhabe. Jeder Bürger sollte die Möglichkeit haben, auch anonym Zugang zum Internet zu erhalten.

PIRATEN wollen ein Recht auf "digitale Teilhabe" in die Europäische Charta der Grundrechte mit aufnehmen. Wir werden Maßnahmen unterstützen, die darauf abzielen, die Fähigkeit der repräsentativen Zivilgesellschaft zur Teilnahme an Multi-Stakeholder-Foren zu gewährleisten. Wir werden uns allen Versuchen von Unternehmen, Regierungen oder zwischenstaatlichen Behörden widersetzen, die Kontrolle über die Internet-Verwaltung zu übernehmen.

Schutz der Meinungsfreiheit im Internet

Die Meinungs- und Redefreiheit ist der Grundstein einer demokratischen Gesellschaft. Sie darf nicht in die Hände von Privatunternehmen oder Algorithmen gelegt werden. Die Entscheidung über die Entfernung von Inhalten muss einer unabhängigen öffentlichen Stelle vorbehalten sein, wie z.B. einem Richter.

Online-Dienste dürfen nicht für Handlungen ihrer Nutzer haftbar gemacht werden. Die Verwendung von automatisierten Upload-Filtern zur Erkennung und Blockierung von "terroristischen Inhalten" oder Urheberrechtsverletzungen im Internet muss verboten werden, da sie häufig zur Löschung von legalen Inhalten führt, einschließlich der Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen in Konfliktgebieten, und die Rechte der Nutzer auf Verwendung von Urheberrechtsausnahmen wie Zitaten oder Parodien beeinträchtigt.

Netzneutralität

Das Prinzip der Netzneutralität ist die entscheidende Grundlage für die Freiheit im Internet. PIRATEN werden keinerlei Einschränkungen zulassen, insbesondere keine Beschränkungen bezüglich des Inhalts oder Dienstes. Maßnahmen zum Management des Internetdatenverkehrs sollen nur aus technischen Gründen in besonderen Ausnahmefällen gestattet werden. Sie müssen zudem in einer nachvollziehbaren und transparenten Art und Weise durchgeführt werden.

Ausbau der Netzinfrastruktur

PIRATEN unterstützen nachdrücklich den europaweiten Ausbau modernster Kommunikationsinfrastruktur. Unser Ziel ist es, allen Menschen in der EU einen Breitband-Internetzugang zu ermöglichen. Beim Ausbau und Modernisierung der Netze muss aber die Schaffung von Infrastrukturmonopolen unbedingt vermieden werden.

Recht auf Daten-Interoperabilität von Sozialen Medien und Messenger Diensten

Kommerzielle Soziale Medien und Messenger Dienste sind dafür bekannt, ihre Nutzer auszuspionieren, Werbetreibenden zu helfen, Nutzer zu manipulieren und die Online-Kommunikation zu zensieren. PIRATEN fordern, dass Nutzer beim Verlassen solcher Plattformen das Recht haben, ihre Kontakte zu einem alternativen Dienst zu übertragen, um mit ihnen in Verbindung bleiben zu können. Soziale Medien und Messenger Dienste müssen interoperabel sein.

Sicherheit im digitalen Zeitalter

Mit dem Internet der Dinge beginnen Computer, die Welt auf direkte und physische Weise zu beeinflussen (z. B. Auto- oder Krankenhaustechnik). IT-Geräte, die unsicher und anfällig für Integritäts- und Verfügbarkeitsbedrohungen sind, gefährden zunehmend unser Leben und Eigentum. Wir können es uns nicht mehr leisten, dass sich regelmäßig Sicherheitskatastrophen ereignen.

PIRATEN wollen, dass Nutzer Kontrolle über die Technologie haben, die sie in ihrem täglichen Leben einsetzen. Benutzer brauchen das Recht, Geräte selbst zu modifizieren und zu reparieren.

PIRATEN wollen kommerzielle Hersteller von IT-Geräten verpflichten, regelmäßige Updates für einen angemessenen Zeitraum bereitzustellen. Werden Aktualisierungen zur Behebung von Schwachstellen nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach ihrer Entdeckung bereit gestellt, sollen kommerzielle Hersteller für die Folgen haftbar gemacht werden. Wenn ein Hersteller beschließt, ein Produkt aufzugeben, das noch weit verbreitet ist, sollten der Quellcode und die Entwicklungswerkzeuge veröffentlicht werden, damit die Community es pflegen kann.

Behörden müssen verpflichtet sein, alle Schwachstellen offenzulegen, die sie entweder erwerben oder von denen sie Kenntnis erlangen. Es darf keine Hintertüren in Verschlüsselungstechnologien geben, da dies die Integrität und Sicherheit aller Systeme schwächt und gefährdet.

Wir werden Rechtsvorschriften unterstützen, welche die Möglichkeit der Übertragung personenbezogener Daten von einem Internetdienst zu einem anderen gewährleisten und die Interoperabilität zwischen verschiedenen Internetdiensteanbietern maximieren.

Open Sensordata

Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, dass Datensätze durch Mess- und Sensorinstrumente der öffentlichen Hand der Staaten, über eine offene (Software-)Schnittstelle durch zur Verfügung gestellt werden. Die Piratenpartei setzt sich vor allem dafür ein, dass Privatleute und Firmen beim Generieren, Bereitstellen und Öffnen von Mess- und Sensordaten Unterstützung durch die EU, z.B. in Form von (Dach-)Flächen, fachlichen Expertisen, Ressourcen (Strom- und Datennetze), Ausstattung wie auch der oben genannten offenen (Software-)Schnittstelle erhalten können. Alle Datensätze müssen von personenbezogenen Daten bereinigt sein, bzw. muss sichergestellt werden, dass keine Daten erfasst werden, welche einen Rückschluss oder eine Identifikation einer Person zulassen könnten. Wenn nicht sichergestellt werden kann, dass die Datensätzen ausreichend von personenbezogenen Daten bereinigt werden können, sind diese Datensätze nicht zu veröffentlichen. Es wird jedes Jahr erneut eine Prüfung stattfinden, ob eine ausreichende Bereinigung der Datensätze von personenbezogenen Daten nun sichergestellt werden kann. Alle Datensätzen müssen der Allgemeinheit zur freien Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Die EU soll für das Anbieten der Datensätze keine monetären Gegenleistungen verlangen dürfen. Alle Datensätze sind zu jeden Zeitpunkt abrufbar – eine maximale Speicherdauer ist nicht vorgesehen.

Immaterialgüterrechte im Informationszeitalter

Immaterialgüterrechte neu bewerten

Es bedarf eines Umdenkens im Bereich der Immaterialgüterrechte und eine Abkehr von deren restriktiver Durchsetzung. Einer weiteren Monopolisierung von Information und Kultur muss Einhalt geboten werden. Die Schaffung von Gemeingütern (Commons), wie beispielsweise Freie Software, freie Kulturgüter, offene Patentpools und freie Bildungsangebote, muss durch geeignete rechtliche Rahmenbedingungen abgesichert und gefördert werden. Wir fordern europaweite Standards für das Urhebervertragsrecht, die die Position der Urheber gegenüber Verwertern stärken und mit dem Interesse der Allgemeinheit ins Gleichgewicht bringen. Umfassende Transparenz und gerechte Mitbestimmung durch ihre Mitglieder muss auch in den europaweiten Regelungen zu Verwertungsgesellschaften hergestellt werden.

Patentwesen umgestalten

Im Wandel vom Industriezeitalter zum Informationszeitalter entwickeln sich die weltweit herrschenden Patentregelungen teilweise vom Innovationsanreiz zum Innovationshemmnis. Sie stellen auch beispielsweise in den Bereichen der Patentierung von Erkenntnissen der Genforschung und Biotechnologie und im Bereich der Softwarepatente eine große Gefahr für die Gesellschaft von morgen dar.

Wirtschaftlicher Erfolg ist in der Informationsgesellschaft zunehmend von Wissen und Information und deren Erschließung abhängig. Das Bestreben, diese Faktoren ebenso mittels des Patentsystems zu regulieren, steht unserer Forderung nach Freiheit des Wissens und Kultur der Menschheit diametral entgegen. Wir lehnen Patente auf Lebewesen und Gene, auf Geschäftsideen und auch auf Software ab, weil sie unzumutbare und unverantwortliche Konsequenzen haben. Sie behindern die Entwicklung der Wissensgesellschaft, sie privatisieren gemeine Güter ohne Gegenleistung und ohne Not und sie besitzen kein Erfindungspotential im ursprünglichen Sinne.

Grundsätzlich wollen wir einen freieren Markt ohne die Beschränkungen der derzeitigen Patentpraxis erreichen. Wir fordern, dass das Patentsystem reformiert oder durch sinnvollere Regelungen ersetzt wird. Keinesfalls darf es durch innovationsfeindliche Regelungen ergänzt werden.

Urheberrecht reformieren

Der uralte Traum, alles Wissen und alle Kultur der Menschheit zusammenzutragen, zu speichern und heute und in der Zukunft verfügbar zu machen, ist durch die rasante technische Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte in greifbare Nähe gerückt. Wie jede bahnbrechende Neuerung erfasst diese vielfältige Lebensbereiche und führt zu tief greifenden Veränderungen. Es ist unser Ziel, die Chancen dieser Situation zu nutzen und vor möglichen Gefahren zu warnen. Wir wollen faire und ausgeglichene Urheberrechtsgesetze, basierend auf den Interessen der ganzen Gesellschaft.

Wir fordern also, dass das Kopieren, Anbieten, Speichern und Benutzen von literarischen und künstlerischen Werken für nichtkommerzielle Zwecke nicht nur legalisiert, sondern durch das Gesetz geschützt und aktiv gefördert wird, um die öffentliche Verfügbarkeit von Wissen und Kultur zu fördern, weil dies die Voraussetzung für die soziale, technologische und wirtschaftliche Entwicklung unserer Gesellschaft ist. Jeder soll Kultur genießen und das kulturelle Erbe frei von Angst vor Verfolgung und Zensur teilen können.

Das durch das Copyright gegebene kommerzielle Monopol soll auf ein vernünftiges Maß zurückgesetzt werden. Abgeleitete Werke sollen immer erlaubt sein, Ausnahmen sollen sehr spezifisch im Gesetz aufgeführt werden und minimalen Spielraum für Interpretation bieten.

"Recht auf Remix"

Kultur ist die beständige Auseinandersetzung mit und die Weiterentwicklung von bereits Geschaffenem. Kreativität braucht das "Recht auf Remix" auch im digitalen Zeitalter!

Bildung und Kultur

Bildung

Bildung ist grundlegend um Teilhabe der Menschen in allen Bereichen zu ermöglichen und als die beste Investition in die Zukunft unseres Kontinents zudem unersetzlicher Bestandteil jeder sinnvollen Strategie zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa.

Freies Wissen

Der freie Fluss von Wissen und Information ist für uns PIRATEN essentiell und muss gerade im Bildungsbereich gefördert und gewährleistet werden. Der technische Fortschritt schafft neue Möglichkeiten, Wissen und Lernkonzepte international auszutauschen und gemeinsam weiterzuentwickeln. Um diese Möglichkeiten verstärkt zu nutzen, unterstützen wir freie und offene Lehr- und Lernmaterialien (OER). Wir setzen uns für die Entwicklung und den Einsatz solcher Materialien ein. Nationale und internationale OER-Projekte sind ein konkreter Weg, diese Vision in die Bildungsrealität zu übertragen.

Bildungsmobilität

Förderung von Bildungsmobilität im Speziellen trägt zur Wahrnehmung der EU als gemeinsamer politischer Raum bei und somit zur Festigung des innereuropäischen Zusammenhalts. Teilhabe an der Bildung darf deshalb, auch im Sinne der Freizügigkeit, nicht an Grenzen halt machen. Es muss den Lernenden ermöglicht werden ihre jeweilige Bildungslaufbahn in unterschiedlichsten Staaten, Ländern und Regionen fortzusetzen ohne Einschränkungen zu befürchten. Abschlüsse und andere bisher erreichte Leistungen müssen grenzüberschreitend anerkannt werden. Vereinheitlichung bietet hier Chancen, ihr sollte aber immer eine gesellschaftliche Diskussion unter Beteiligung aller Akteure und einer breiten europäischen Öffentlichkeit vorausgehen.

Sprachliche Vielfalt in Europa

Der kulturelle Reichtum Europas spiegelt sich auch in unterschiedlichen Sprachen wider. Sprachliche Vielfalt in staatlichen und verwaltenden Institutionen, in denen niemand durch sprachliche Barrieren diskriminiert werden darf, sollten eine Selbstverständlichkeit sein. Ebenso selbstverständlich ist für uns die Wertschätzung und Förderung von Mehrsprachigkeit.

Bürgerrechte und Innenpolitik

Menschenrechte im digitalen Zeitalter

Recht auf Selbstbestimmung

Das Recht jedes Menschen, sich selbst zu bestimmen, betrachten PIRATEN als eine Selbstverständlichkeit.

Recht auf Privatsphäre

Das Recht auf Privatsphäre schützt jeden machlosen Menschen vor der Willkür und dem Machtmissbrauch der Mächtigen und des Staates. PIRATEN glauben, dass alle Menschen in ihrem persönlichen Leben ein Recht auf Privatsphäre haben. Zur Privatsphäre gehört das Recht auf Vertraulichkeit und das Recht anonym zu bleiben. Anonymität entbindet niemanden von der Verantwortung für seine Handlungen.

Sicherheit in Freiheit

Der Ausbau der Bürgerrechte und der Schutz unserer Freiheit ist ein besonders wichtiger Antrieb für PIRATEN. Rechtswidrige und exzessive Überwachungsmaßnahmen inner- und außereuropäischer Staaten, sei es als Reaktion auf den Terrorismus oder andere Bedrohungen, stellen eine ernsthafte Gefahr dar. Es besteht ein sofortiger Handlungsbedarf, um den Generalverdacht gegen die eigene Bevölkerung aufzuheben und damit auch unser Recht auf Privatsphäre wieder herzustellen.

Privatsphäre und Massenüberwachung

Europäer blicken auf eine stolze Geschichte des Kampfes für ihre Grundrechte und für die Freiheit ihrer Mitbürger zurück.

Um unsere Rechte und Freiheiten zu bewahren und die Effizienz der Strafverfolgung sicherzustellen, fordern PIRATEN, dass nur solche Personen überwacht und deren Daten gespeichert werden dürfen, die unter dem konkreten Verdacht stehen, eine Straftat vorzubereiten oder begangen zu haben. Solche Maßnahmen dürfen nur von einem Richter angeordnet werden und müssen der gerichtlichen Kontrolle unterliegen.

Ein angemessener Schutz vor Kriminalität ist eine wichtige Aufgabe des Staates. Es muss dabei aber gewährleistet sein, dass diese Verantwortung durch eine intelligente, rationale und evidenzbasierte Sicherheitspolitik erfüllt wird.

PIRATEN wollen die gängige Praxis, automatisiert Daten zu sammeln, zu speichern und abzugleichen, ohne dass es hierfür einen rechtfertigenden Anlass gibt, abschaffen. Wir lehnen die flächendeckende und unterschiedslose Sammlung von Kommunikationsdaten (Vorratsdatenspeicherung), von Reisedaten (PNR) und von biometrischen Daten ab. PIRATEN sind gegen die automatisierte Bildung von Personenprofilen zur Einteilung in Risikokategorien ("Profiling") an Grenzen (Ein-/Ausreisesystem).

Der öffentliche Raum ist voll von Kameras, die die Bewegungen von Personen und Fahrzeugen überwachen, sowie Gesichter erkennen können und diese Informationen dann kombinieren, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, dass hierdurch das Recht auf Privatsphäre ausgehöhlt werden kann. Untersuchungen zeigen, dass das Vorhandensein solcher Überwachungssysteme wenig Einfluss auf die Kriminalitätsrate hat und dass sich die Kriminalität bestenfalls an andere Orte verlagert. PIRATEN befürworten daher vorrangig Polizeikräfte von solchen Überwachungsaufgaben zu befreien, damit sie stattdessen auf Streife gehen können. PIRATEN sind dagegen, dass Personen verpflichtet werden, sich zu identifizieren, insbesondere wenn sie lediglich ihr Demonstrations- und Versammlungsrecht ausüben.

PIRATEN lehnen den Austausch personenbezogener Daten mit Ländern, die keinen wirksamen Grundrechtsschutz gewährleisten, grundsätzlich ab, außer es liegt ein lebensbedrohender Notfall vor.

Neue Überwachungspläne stoppen

PIRATEN wollen den fortschreitenden Abbau der Bürgerrechte, der in der jüngeren Geschichte dramatische Ausmaße angenommen hat, stoppen. Um unsere Sicherheit zu gewährleisten, brauchen wir keine neuen Gesetze. Die bestehenden Gesetze sind ausreichend.

Insbesondere stellen wir uns gegen

  • den Vorschlag, die Abnahme von Fingerabdrücken der Inhaber von Personalausweisen in der EU zur Pflicht zu machen
  • den Versuch, im Rahmen der ePrivacy-Verordnung es Anbietern zu ermöglichen, Kommunikationsdaten aus "Sicherheitsgründen" unterschiedslos auf Vorrat zu speichern
  • die Schaffung eines zentralen EU-Identitätsregisters mit Fingerabdrücken und Gesichtsbildern ("Interoperabilität")
  • einen unilateralen grenzüberschreitenden Datenzugriff von Strafverfolgungsbehörden unter Umgehung der Kanäle für Rechtshilfe ("E-Evidence-Verordnung")
  • die Überprüfung von Reisenden mithilfe von Lügendetektoren ("iBorderCtrl"-Projekt)

Grundrechts-TÜV für Sicherheitsmaßnahmen und Moratorium

PIRATEN unterstützen alle wirksamen Maßnahmen zur Gewährleistung unserer Sicherheit, die mit unseren Grundrechten vereinbar sind. Deshalb wollen wir, dass die Europäische Agentur für Grundrechte (FRA) alle aktuellen und zukünftigen Sicherheits-Programme der EU systematisch auf ihre Wirksamkeit, Kosten, nachteilige Nebenwirkungen, Alternativen und Vereinbarkeit mit den Grundrechten prüft.

PIRATEN befürworten ein Moratorium für weitere Eingriffe in unsere Grundrechte durch die Sicherheitsbehörden der EU im Namen der inneren Sicherheit, bis die systematische Überprüfung der bestehenden Befugnisse durch die FRA abgeschlossen ist.

Sicherheitsforschung

PIRATEN unterstützen generell die Finanzierung von Forschung durch die EU. Jedoch zeigt die häufige Beteiligung von Regierungsbehörden bei Unternehmungen im Bereich Überwachung und Internetzensur, wie z. B. bei INDECT und CleanIT, die klare Absicht, solche Technologien als öffentlich finanzierte Werkzeuge für die Demontage der Bürgerrechte zu nutzen. Wir fordern, dass die EU keine Technologien finanziert, die dazu dienen, die Grundrechte einzuschränken.

Schutz unserer Privatsphäre im Internet

Mit der vorgeschlagenen Verordnung über Privatsphäre und elektronische Kommunikation (ePrivacy-Verordnung) werden die Datenschutzbestimmungen für die elektronische Kommunikation überarbeitet. Wir lehnen Versuche ab, den Anbietern zu erlauben, Kommunikationsdaten aus "Sicherheitsgründen" wahllos aufzubewahren.

Die aktuell meist auf Einwilligung der Nutzer beruhende Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten für den Datenhandel, die Werbung oder die Markt- oder Meinungsforschung muss reformiert werden. Die langfristigen Auswirkungen einer Einwilligung für die Verwendung personenbezogener Daten kann von Nutzern nicht beurteilt werden. Darüber hinaus werden sie oft dazu verleitet, soziale Daten über Freunde und Familie zu verteilen, obwohl sie dies gesetzlich nicht zulassen dürfen, was zu einer Kultur des allgegenwärtigen Datenmissbrauchs führt. Letztendlich sind Kommunikations- und Nutzungsdaten sozialer Netzwerke ideal, um demokratische Verfahren und Ergebnisse vorherzusagen und zu manipulieren. Deshalb fordern PIRATEN, dass derartige Daten jederzeit geschützt werden müssen und niemals für kommerzielle, politische oder militärische Zwecke zur Verfügung stehen dürfen. Die Erfassung und Bewertung von Kommunikations- und Nutzungsdaten sozialer Netzwerke für Dritte technisch unmöglich zu machen, ist für die Aufrechterhaltung der Demokratie entscheidend und muss zur obersten Priorität europäischer Initiativen in der Forschungs- und Anwendungsentwicklung werden, mit dem Ziel, einen weltweiten Standard für die persönliche Kommunikation im Internet zu schaffen.

Zusätzliche Rechtsvorschriften zum Schutz der Privatsphäre im Internet sind erforderlich, um sicherzustellen, dass die Dienste der Informationsgesellschaft anonym genutzt und bezahlt werden können und dass unsere Online-Aktivitäten nicht wahllos erfasst werden. Wir beabsichtigen, den Überwachungskapitalismus durch eine anonyme Micropayment-Wirtschaft zu ersetzen.

Das Recht zur Verwendung der Daten-Verschlüsselung muss gewährleistet werden. Die Unterstützung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist Herstellern von Telekommunikationsgeräten obligatorisch vorzuschreiben. Telekommunikationsbetreiber, insbesondere Betreiber internationaler Kabel, sollen zur Transportverschlüsselung von Telekommunikation verpflichtet werden. Nationale und innereuropäische Kommunikation dürfen nicht mehr über Drittländer geleitet werden, um zu verhindern, dass ausländische Nachrichtendienste sie abfangen.

Exportkontrollen für Überwachungs- und Zensurtechnologie

Wir unterstützen Exportkontrollen für Überwachungs- und Zensurtechnologie. Wir werden die Weitergabe von in Europa hergestellten Überwachungs- und Zensurtechnologien in autoritäre Länder, die die Rechtsstaatlichkeit nicht respektieren, nicht durch Exportkredite oder andere staatliche Garantien unterstützen. Wir werden für die Wahrung der Privatsphäre von Journalisten, Aktivisten und Bürgern auf der ganzen Welt kämpfen, indem wir Rechtsvorschriften unterstützen, die verhindern, dass repressive Regime solche Technologien und Dienstleistungen von Unternehmen in der Europäischen Union erwerben.

Transparenz und Quellcode-Offenlegung gegen Überwachungssoftware

Wir PIRATEN sprechen uns, auch innerhalb der EU, gegen die Herstellung und Nutzung von Überwachungssoftware aus. Überwachungssoftware ist jede Software, die Dritten Zugang zu nicht-öffentlichen Daten, Kommunikationen und Aktivitäten eines Rechensystems verschaffen kann, ohne dass die eigentlichen Nutzer des Rechensystems darüber Kenntnis haben.

Um aktiv gegen Überwachungssoftware vorzugehen, fordern wir eine gesetzliche Pflicht bei Herstellern und Dienstleistern von Überwachungssoftware, volle Transparenz über alle Produkte, und über alle Vertragspartner und Kunden, die Überwachungssoftware und Dienstleistungen nutzen, herzustellen. Des weiteren fordern wir die gesetzliche Pflicht zur Offenlegung des vollständigen Quellcodes von Überwachungssoftware. Die Offenlegung all dieser Informationen hat an die Öffentlichkeit zu geschehen, das bedeutet: nicht nur an ein parlamentarisches Kontrollgremium.

Open Data stärken

Offene Verwaltungsdaten (außer dem Datenschutz und der Sicherheit unterliegenden Daten) müssen auch auf der EU-Ebene stärker als bisher gefördert werden. Wie setzen uns dafür ein, eine EU-Agenda zu offenen Daten ähnlich wie der Open Data Agenda des Landes Berlin zu schaffen. Auch in der EU gilt: Gebt die Daten frei (und säubert sie von persönlichen Daten). Unsere Definition von Open Data folgt der "Open Definition": frei zugänglich, beliebig nutzbar und verteilbar, und ausgerichtet auf eine voll umfängliche Teilhabe und Transparenz. Neben der Schaffung von Anreizen von mehr offenen Daten streben wir ein EU-Informationsfreiheitsgesetz mit niedrigeren Hürden an, das insbesondere die kritischen Aspekte der bisherigen EU-Regelung (Definition von "Dokument", Einspruchsfristen) beseitigt.

Politische Transparenz und Antikorruption, organisierte Kriminalität und deren Bekämpfung

Korruption im Wirtschaftsleben offenlegen und wirksam bekämpfen

Wir PIRATEN setzen sich uns auf europäischer Ebene für gesetzliche Grundlagen zur systematischen Korruptionsprävention und -verfolgung ein. Bestechung und Vorteilsnahme mindern das volkswirtschaftliche Wohlstandsniveau und führen jedes Jahr zu hohen materiellen und immateriellen Schäden – für die letztendlich die Steuerzahler und Verbraucher aufkommen.

=Offenlegung und Begrenzung der Einflussnahme von Interessengruppen

Um den demokratischen Prozess zu schützen und die Grundlage von Entscheidungen transparent zu machen, fordern PIRATEN die Offenlegung der Einflussnahme von Interessengruppen und Lobbyisten auf politische Entscheidungen. Lobbyaktivitäten sollen so transparent wie möglich sein.

Dies bereits bestehende Lobby-Register muss verpflichtend sein und mit einem transparenten Kalender im Internet verbunden werden. Jeder EU-Bürger sollte herausfinden können, mit wem sich der gewählte Vertreter traf, was der Zweck des Treffens war und was dort geschah. Der gesamte Prozess erfordert ein mehrstufiges Kontrollsystem, das für eine zuverlässige Demokratie erforderlich ist. Darüber hinaus soll ein "legislativer Fußabdruck" veröffentlicht werden: Alle an der politischen Entscheidungsfindung Beteiligten sollen ihre Zusammenkünfte mit Lobbyisten und schriftliche Unterlagen, die sie erhalten, veröffentlichen. Gesetzesentwürfe und Änderungsanträge müssen auf ihren ursprünglichen Verfasser zurückgeführt werden können.

Durchsetzbare Ethikregeln und ein Aufsichtsmechanismus sollen Lobbyisten daran hindern, übermäßigen Einfluss ausüben zu können.

Erweiterung und Verschärfung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung

Wir fordern ein wirksames Vorgehen gegen Abgeordnetenbestechung, um die UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) schnellstmöglich umzusetzen.

Einführung von Karenzzeiten für Spitzenpolitiker

Wir lehnen es ab, dass ausgeschiedene Spitzenpolitiker im Bereich ihrer ehemaligen Zuständigkeiten kurzfristig Tätigkeiten der politischen Interessenvertretung für Unternehmen und Verbände übernehmen. Damit Mandatsträger und Regierungsbeamte weniger Anreiz haben, ihr politisches Handeln von den Interessen möglicher zukünftiger Arbeitgeber abhängig zu machen, fordern wir PIRATEN die Einführung von Sperrfristen (sogenannter „Karenzzeiten“) für Mitglieder der Europäischen Institutionen und leitende EU-Beamte, sofern dem kein höherrangiges Recht entgegensteht. Sperrfristen müssen für die Politikfelder gelten, für die Entscheidungsträger in ihrer bisherigen politischen Funktion zuständig waren und bei denen es Zusammenhänge zwischen den im Amt getroffenen Entscheidungen und der nach dem Ausscheiden beabsichtigten Tätigkeit geben könnte.

Interessenkonflikte vermeiden

Beamte (einschließlich Sonderberater der Kommission) und gewählte Volksvertreter (einschließlich Berichterstatter) dürfen nicht unangemessen von privaten Interessen bei der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben beeinflusst werden. Interessenskonflikte können bei Nebentätigkeiten und früheren Jobs auftreten, aber auch durch Seitenwechsel von Parlamentsmitgliedern, Kommissaren oder Beamten, die neue Jobs im privaten Sektor annehmen.

Es müssen geeignete Regeln aufgestellt werden, um sicherzustellen, dass die betreffenden Amtsträger in keine Interessenkonflikte geraten, dass Interessen angegeben werden und dass Fehlverhalten sanktioniert wird. Die Verhaltensregeln des Europäischen Parlaments und der EU-Kommission müssen reformiert werden. Für Intergroups und andere fraktionsübergreifende Arbeitsgruppen, an denen Abgeordnete und Lobbyisten beteiligt sind, sind wirksame Transparenz- und Ethikregeln erforderlich. Eine unabhängige Stelle sollte die Einhaltung überwachen und erforderlichenfalls Sanktionen verhängen. Umfassende Regeln zur Begrenzung von Seitenwechseln (Drehtür-Effekt) sind festzulegen.

Demokratisierung des Beteiligungsprozesses

Sachverständigengremien dürfen nicht länger von Geschäftsinteressen dominiert werden. Die EU-Kommission soll wirksame Vorkehrungen dagegen treffen, dass Konzerne Experten- und Beratungsgruppen, Technologieplattformen und EU-Agenturen kapern. Zurzeit findet eine unverhältnismäßig hohe Anzahl der Lobbytreffen von EU-Beamten mit großen Unternehmen statt. Diese Treffen sollten reduziert und mehr Zeit für die Belange von Bürgern, kleinen und mittleren Unternehmen sowie anderen derzeit unterrepräsentierten Interessengruppen aufgewendet werden.

Finanzierung von Wahlkämpfen

Alle europäischen politischen Parteien sollen öffentlichen Einblick in ihre Bankkonten für Wahlkämpfe gewähren. Die Behörde, die die europäischen politischen Parteien beaufsichtigt, soll wirksame Kontroll- und Sanktionsinstrumente erhalten.

Whistleblower in der öffentlichen Verwaltung und im privaten Sektor gesetzlich schützen

Wir PIRATEN setzen sich uns für allgemeine, in allen Mitgliedsstaaten gültige und umfassende gesetzliche Regelungen zum Schutz von Personen ein, die Fälle von Korruption, Insiderhandel oder Ethikverstößen öffentlich machen (sogenannte „Whistleblower“). Das von Deutschland bereits unterzeichnete Strafrechtsübereinkommen über Korruption des Europarates muss inkl. des Zusatzabkommens ratifiziert und umgesetzt sowie Hinweisgeber im privaten Sektor durch eine gesetzliche Regelung geschützt werden. Im öffentlichen Sektor muss der im Beamtenrecht verankerte Schutz von Hinweisgebern auf Angestellte ausgeweitet werden. Der Gesetzgeber soll darüber hinaus Unternehmen und öffentliche Stellen verpflichten, Hinweisgebersysteme einzurichten, um einen vertraulichen Kommunikationskanal zur Meldung von Straftaten und Ethikverstößen zu öffnen.

Europäische Migrationspolitik

PIRATEN fordern eine gemeinsame europäische Einwanderungspolitik, die

  • die Menschenwürde von Migranten achtet
  • legale Zuwanderungswege in den europäischen Arbeitsmarkt eröffnet
  • Sprachkenntnisse und andere Kenntnisse der Bewerber positiv berücksichtigt
  • erworbene Zertifizierungen und Berufsqualifikationen in einem vereinfachten Verfahren anerkennt
  • es den Mitgliedsstaaten ermöglicht, ihre Anforderungen entsprechend ihrer Situation und ihren Bedürfnissen festzulegen

Europäische Asylpolitik

Europäische Asylpolitik

Zuflucht vor politischer Verfolgung und den Folgen von Krieg und Bürgerkrieg zu gewähren gehört zu den elementaren Verpflichtungen des Völkerrechts. Diese Pflicht ist eine europäische Gemeinschaftsaufgabe, für die wir PIRATEN uns einsetzen.

Asylanträge müssen auch außerhalb Europas gestellt werden können, um Schutzsuchenden eine sichere Einreise in die EU zu ermöglichen. Dabei ist zu gewährleisten, dass die Antragstellenden Rechtschutz auf dem Niveau genießen, wie es bei einer Antragstellung im Inland der Fall wäre.

Ausweitung der Asylgründe

Menschen, die vor Diskriminierung, der Verfolgung aufgrund ihrer geschlechtlichen oder sexuellen Identität beziehungsweise Orientierung, vor Klima- und Umweltkatastrophen, aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe oder wegen der Existenzbedrohung durch Armut und Hunger geflohen sind, müssen ebenfalls als asylberechtigt anerkannt werden. Auch diese Fluchtgründe sind mittelbar oder unmittelbar Folge politischer Entscheidungen. Eine Hierarchisierung von Fluchtgründen lehnen wir ab. Außerdem lehnen wir pauschale Kategorisierungen von Staaten als „sichere Herkunftsländer“ ab. Schutzsuchende haben ein Recht auf individuelle Prüfung ihrer Situation.

Europas Grenzen zu Brücken statt zu Mauern machen

Wir PIRATEN wollen die europäische Flüchtlings- und Asylpolitik einer grundlegenden Neuausrichtung unterziehen. Eine „Festung Europa“ ist nicht hinnehmbar. Die europäische Flüchtlings- und Asylpolitik muss auf der Achtung der Menschenrechte beruhen und die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention sowie der UN-Kinderrechtskonvention respektieren. Alle Mitgliedstaaten müssen gemäß ihren Kapazitäten Flüchtlinge und Asylsuchende aufnehmen. Eine von Solidarität geprägte europäische Flüchtlings- und Asylpolitik darf einzelne Mitgliedstaaten nicht mit dem finanziellen, logistischen und administrativen Aufwand alleine lassen. Statt die Abriegelung Europas weiter voranzutreiben, muss die EU Maßnahmen zur sicheren Grenzüberquerung von flüchtenden Menschen, besonders auf den Meeren vor Europa, treffen, um diesen die Möglichkeit zu geben, einen Antrag auf Asyl zu stellen.

Im Minimum muss zur Sicherstellung einer größeren Wahrscheinlichkeit zur Erreichung Europas eine, allerdings europäisch finanzierte, Seenotrettungsorganisation nach Aufbau der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger geschaffen werden. Die Kriminalisierung bis dahin aktiver privater Organisationen verurteilen wir als beabsichtigte Abschreckung gegenüber hilfeleisten wollenden Menschen.

Abschaffung von Agentur für Grenz- und Küstenschutz (ehemals als FRONTEX bekannt)

Die völkerrechtswidrigen Praktiken der EU-Agentur für Grenz- und Küstenschutz (ehemals als FRONTEX bekannt) sind Ausdruck einer menschenverachtenden Ausgrenzungspolitik der Europäischen Union. Wir PIRATEN fordern daher deren Abschaffung.

Ablehnung der Drittstaatenregelung

Die Drittstaatenregelung und deren Konkretisierung in der „Dublin II“-Verordnung lehnen wir ab. Durch diese Regelung drücken sich zentral gelegene Staaten wie Deutschland vor der Verantwortung den Schutzsuchenden gegenüber. Jedem Menschen muss das Recht auf freie Wahl seines Aufenthaltsortes gewährt werden. Daraus resultiert auch, dass jedem Menschen die Möglichkeit gegeben werden muss, in dem Land seiner Wahl Asyl zu beantragen. Die bevormundende und entwürdigende Verschiebungspraxis der EU lehnen wir ab. Alle Staaten der EU sollten Geflüchtete aufnehmen und andere Mitgliedstaaten dabei unterstützen.

Ablehnung der Inhaftierung von Asylsuchenden

Wir kritisieren die momentane Praxis, immer neue Straftatbestände und Inhaftierungsgründe zu konstruieren, um Schutzsuchende in Haft zu nehmen. Wir lehnen generell die Inhaftierung von Asylsuchenden ab. Flucht und die Möglichkeit auf Stellung eines Asylantrages sind ein Grundrecht. Wir wenden uns auch gegen Schnellverfahren an Landesgrenzen und auf Flughäfen.

Einhaltung der UN-Kinderrechtskonvention

Im Umgang mit minderjährigen Geflüchteten müssen alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur Einhaltung der UN-Kinderrechtskonvention gebracht werden. Die Abschiebung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten ist nicht hinnehmbar. Kindern und Jugendlichen, die geflüchtet sind, muss der Schutz und die Unterstützung zuteilwerden, die alle Kinder in den europäischen Staaten genießen. Dazu gehört insbesondere der Zugang zu Bildung. 7

Perspektiven für Menschen ohne Aufenthaltsstatus

Die Europäische Union soll eine Initiative anregen, Menschen ohne Papiere eine Perspektive für einen rechtmäßigen Aufenthalt und damit ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Abschiebungen sind den Mitgliedsstaaten zu untersagen und ebenso, konsequenterweise, die Abschiebehaft.

Recht auf ein menschenwürdiges Leben

Menschen, die in Europa Zuflucht suchen, haben das Recht auf ein menschenwürdiges Leben, auf Bewegungsfreiheit und die Teilhabe an der Arbeitswelt, an Bildung und Kultur. Das gilt bereits, wenn die Gründe der Flucht noch nicht anerkannt sind. Dies gilt auch, wenn eine Rückkehr in das Herkunftsland nicht möglich ist. Wir wenden uns insbesondere gegen eine Begrenzung der Bewegungsfreiheit (Residenzpflicht) für Asylsuchende in den europäischen Staaten. Zwischen den Mitgliedstaaten der EU soll es eine Angleichung der Standards für die Anerkennung, Unterbringung und Versorgung von Asylsuchenden und Geflüchteten auf einen deutlich humaneren Standard geben. Es bedarf aktiven politischen Handelns um Rassismus und Feindlichkeit gegenüber Schutzsuchenden europaweit entgegenzutreten. Aus unserem Verständnis einer offenen, freien, solidarischen, demokratischen und inklusiven Gesellschaft heraus lehnen wir eine Art des Umgangs mit Geflüchteten ab, die Menschen- und Grundrechte missachtet.

Keine Drohnen gegen Menschen

Bewaffnete Drohnen lehnen wir PIRATEN grundsätzlich ab, da deren Einsatz geeignet ist, Hemmschwellen zu Militäreinsätzen und Gewaltanwendungen noch weiter zu senken. Drohen dürfen aber auch nicht unbewaffnet zur anlasslosen Ausspähung von Zivilpersonen eingesetzt werden. Wir wenden uns ausdrücklich gegen die aktuellen Bestrebungen zum Drohneneinsatz durch Agentur für Grenz- und Küstenschutz )gegen Flüchtende an den Außengrenzen der EU und den Aufbau von drohnengestützten oder -unterstützten Überwachungsstrukturen im Inneren. Polizeiliche Drohneneinsätze kommen nur als gezielte Einzelmaßnahme bei konkreter Gefahr für Leib und Leben in Frage. Sie müssen unter einem Richtervorbehalt stehen und ausführlich begründet werden. Den Einsatz von Drohnen z.B. im wissenschaftlichen Bereich oder im Rettungswesen begrüßen wir PIRATEN hingegen ausdrücklich. Dafür muss ein förderlicher rechtlicher Rahmen geschaffen werden, der gleichzeitig den Missbrauch der Technologie und der so gewonnenen Daten nachhaltig verhindert.

EU-weite Normalzeit nach der Abschaffung der Zeitumstellung

Die PIRATEN begrüßen die Beschlussfassung der EU-Kommission zur Abschaffung der Zeitumstellung in der Europäischen Union. Die nach der Abschaffung gültige Zeit soll die Normalzeit sein.

Verbraucherschutz, Umwelt und Gesundheit

Schutz vor Verkehrs- und Industrielärmemissionen

Wir PIRATEN erkennen Verkehrs- und Industrielärm als Umweltbelastung und als Gesundheitsrisiko an. Das Recht der Bevölkerung auf Schutz vor Verkehrs- und Industrielärm ist Teil des Grundrechtes auf körperliche Unversehrtheit. Jeder Mensch hat das Recht auf Schutz vor Verkehrs- und Industrielärm unter Berücksichtigung des Standes der Technik. Aktiver Schutz (Vermeidung von Lärm an der Quelle) ist dem passiven Schutz (am Wirkungsort) vorzuziehen.

Europäische Drogen- und Suchtpolitik

Der Genuss von Rauschmitteln ist positiver Bestandteil jeder Kultur. Ebenso ist das Phänomen der Sucht im Wesen des Menschen angelegt. Die Verbotspolitik, bzw. der "Krieg gegen Drogen" ist weltweit gescheitert. Diese Tatsachen müssen wir anerkennen und die Drogenpolitik der letzten Jahrzehnte neu bewerten. Ohne Vorurteile respektieren wir die Entscheidung jedes Einzelnen zu verantwortungsvollem Genuss von Rauschmitteln. Um aus Missbrauch entstehende Schäden am Einzelnen und an der Gesellschaft abzuwenden, setzen wir auf Aufklärung. Nicht gegen Drogen, sondern für den Menschen setzen wir uns ein! Die "Europäische Drogenstrategie" zielt zurzeit auf Verbot und Abdrängung des Drogenkonsums in die Illegalität. Sie muss zu einer akzeptierenden und menschenwürdigen Europäischen Drogen- und Suchtpolitik umgestaltet und weiterentwickelt werden.

Für Aufklärung und Schadensbegrenzung

Ein Drogenkonsument darf niemals bestraft werden für Anbau, Herstellung, Erwerb oder Besitz von Rauschmitteln für den Eigenbedarf oder deren Konsum. Hauptziel der Drogen- und Suchtpolitik muss vielmehr die Vermeidung schädlichen Konsumverhaltens sein. Sie muss Hilfsangebote machen, wenn dies fehlschlägt.

Wir PIRATEN fordern daher einen Auf- und Ausbau einer vorurteilsfreien Aufklärung über Suchtstoffe und den Umgang mit ihnen. Diese Forderung bezieht sich ausdrücklich auch auf gesellschaftlich akzeptierte Drogen, wie Alkohol, Nikotin und bestimmte Medikamente. Einbezogen werden sollen auch Verhaltenssüchte, wie z.B. Kaufsucht, Spielsucht oder Arbeitssucht. Solange Drogen zu einem erheblichen Teil aus illegalen Quellen bezogen werden, müssen Maßnahmen zur Schadensbegrenzung (harm reduction) hinzukommen.

Wir PIRATEN fordern insbesondere, dass die breite Verfügbarkeit niedrigschwelliger Prüfmöglichkeiten für Suchtstoffe (drug checking) und von Empfehlungen zu risikoarmem Konsum europaweit verbessert wird. Dazu muss ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden, der dies ermöglicht.

Abhängigkeit muss europaweit einheitlich als Krankheit anerkannt werden. Auch suchtkranke Menschen haben Anspruch auf eine menschenwürdige Behandlung. Gemeinsame Standards für suchtspezifische Therapien bilden eine wichtige Grundlage dafür.

Für Bekämpfung der Drogenkriminalität durch legale Bezugsmöglichkeiten

Wir PIRATEN fordern einen Umgang mit Rauschmitteln, der ausdrücklich eine legale Versorgung der Konsumenten zulässt. Sie dürfen dazu nicht, wie heute, in Kontakt mit der organisierten Kriminalität gebracht werden. Jugendschutz und Qualitätskontrollen werden so erst ermöglicht. Suchtkranke Menschen werden vor kriminellen Milieus geschützt und können so wieder ins gesellschaftliche Leben finden.

Um speziell den weit verbreiteten Genuss von Cannabis aus der Illegalität herauszuführen, muss ein offener Umgang mit sogenannten "Cannabis Social Clubs" (Erzeugergemeinschaften) gefunden werden.

Für die Neubewertung internationaler Übereinkünfte

Internationale Abkommen müssen eine Entkriminalisierung von Drogenkonsumenten und die Bereitstellung legaler Bezugsmöglichkeiten erlauben. Nur so kann der organisierten Kriminalität wirksam begegnet werden. Abkommen, die dies nicht zulassen, sind zeitnah aufzukündigen und auch künftig nicht abzuschließen.

Europa muss hier eine Vorreiterrolle einnehmen.

Prävention statt Repression

Prävention ist der Schlüssel für den aufgeklärten und selbstverantworlichen Umgang mit Drogen. Insbesondere sind Jugend und Heranwachsende frühzeitig und niederschwellig über die Risiken des Drogenkonsums aufzuklären.

Die meisten internationalen Bestimmungen über die Herstellung, Handel und den Konsum psychoaktiver Substanzen sind veraltet und basieren nicht auf wissenschaftlichen Fakten. Entsprechende Empfehlungen hat die WHO bereits vor Jahren veröffentlicht. Die wissenschaftlichen Beweise zeigen, dass eine regulierte Freigabe von Drogen den Menschen und der Gesellschaft nützt - das Verbot schadet. Stigmatisierte Substanzen, deren Heilwirkung bereits nachgewiesen wurde, müssen unverzüglich dem Gesundheitssystem zur Verfügung stehen.

PIRATEN fordern, dass die EU:

  • eine flächendeckende und altersgerechte Prävention installiert. Damit wird ein selbstverantwortlicher Umgang mit Drogen ermöglicht.
  • die "Single Convention on Narcotic Drugs" der UN von 1961 über psychoaktive Substanzen ändert. Dabei sollen ausschließlich wissenschaftliche Fakten die Grundlage bilden.
  • einen Rahmen schafft, der den Handel, die Herstellung und den Konsum von psychoaktive Substanzen staatlich reglementiert und legalisiert. So wird der Konsument entkriminalisiert, der Schwarzmarkt ausgetrocknet und der Jugendschutz gestärkt.

Transparente Produkte und verbindliche Werbung

Wir fordern zum Schutz und zur Aufklärung der Verbraucher eine europäische „Stiftung Warentest“, die ihre Erkenntnisse frei zugänglich veröffentlicht. In einem von der Stiftung betriebenen Internetportal sollen umfassende Informationen und Tests zu allen Waren und Dienstleistungen ab einer bestimmten Verbreitung eingesehen werden können. Die Informationen sollen sich nicht nur auf den Gebrauchswert der Waren und Dienstleistungen beziehen, sondern auch über ökologische und soziale Produktionsbedingungen Auskunft geben. In Ergänzung zu diesen Informationen sollen Unternehmen für ihre Werbeaussagen haften. Entscheidend für die Bewertung der Aussage ist, welche Botschaft durch Text, Bild und Ton bei den Verbrauchern ankommt.

Gegen geplante Obsoleszenz

Die Piratenpartei Deutschland setzt sich dafür ein, dass im Rahmen der Fortentwicklung der Richtlinie 2009/125/EG ein "Mindestsupportzeitraum" definiert wird. Über diesen, für spezifische Produktkategorien nach wissenschaftlichen Kriterien zu definierenden, Zeitraum ist der Hersteller verpflichtet, sein Produkt mit Service, Ersatzteilen, Verbrauchsmaterialien und Softwareupdates zu unterstützen. Regelungen, wie in Fällen, bei denen der Hersteller schuldlos diesen Pflichten nicht nachkommen kann, zu verfahren ist, sind zu treffen.

Recht auf Reparatur

Die Piratenpartei Deutschland setzt sich für ein Europaweites Recht auf Reparatur ein. Reparierte Produkte schonen Ressourcen, schützen das Klima und stärken Verbraucher*innen. Deshalb muss Deutschland vorangehen und sich öffentlich für die Erweiterung der Richtlinie aussprechen und auch die anderen Mitgliedstaaten davon überzeugen, das Recht auf Reparatur politisch umzusetzen. Die Hersteller werden dazu angehalten, Bauformen zu wählen, welche es ermöglichen Produkte leichter zu reparieren.

Es sollen Siegel erarbeitet werden, welche bei jedem Gerät den Grad der Reparaturmöglichkeiten ausweisen. So, dass Verbraucher*innen schon vor dem Kauf Kenntnis darüber enthalten, wie gut sich ein Gerät in Zukunft reparieren lassen kann.

Die Unternehmen werden dazu verpflichtet für ihre Geräte freie Reparaturanleitungen bereit zu stellen, in der grundlegende Funktionen eines Geräts dokumentiert sind und detailliert beschrieben wird, wie ein Gerät demontiert und wieder zusammenfügt werden kann.

Die Unternehmen werden dazu verpflichtet Ersatzteile an freie Werkstätten und den freien Handel zu versenden. Ein Handelsembargo auf Ersatzteile ist nicht gestattet.

Softwareseitige Beschränkungen, welche verhindern, dass Ersatzteile Dritter eingebaut werden können, lehnen wir strikt ab.

Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisieren

Jeder Mensch hat das Recht, eine Schwangerschaft innerhalb bestimmter Fristen aus freien Stücken abzubrechen. Der Schwangerschaftsabbruch darf nur durch fachkundiges Personal durchgeführt werden. Vorher muss die schwangere Person vollumfänglich über das Verfahren, die Risiken und mögliche Alternativen aufgeklärt werden. Dies entspricht der allgemeinen Aufklärung vor elektiven medizinischen Eingriffen.

Der Schwangerschaftsabbruch darf bis zur Vollendung der 16. Schwangerschaftswoche ohne Angabe von Gründen durchgeführt werden. Ab der 16. Schwangerschaftswoche bis zur Vollendung der 24. Schwangerschaftswoche darf die Schwangerschaft legal abgebrochen werden, insofern eine beträchtliche Gefahr für die Gesundheit der Schwangeren durch die Schwangerschaft besteht. Ab der 25. Schwangerschaftswoche kann die Schwangerschaft unter besonderen Umständen abgebrochen werden: Unmittelbare Gefahr für das Leben der schwangeren Person, körperliche Schädigungen des Fetus' die mit dem Überleben nach der Geburt nicht vereinbar sind und/oder erhebliche psychische Belastung der schwangeren Person, die durch eine Geburt verschlimmert werden würden.

Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, Möglichkeiten der Beratung für Schwangere und werdende Elternpaare aufrecht zu erhalten. Jede schwangere Person, sowie der zweite Elternteil, hat das Recht, sich anonym über Geburt, Unterstützung von Familien, Schwangerschaftsabbruch und Adoptionsmöglichkeiten zu informieren. Diese Beratung soll auch nach dem Abbruch, der Geburt oder der Freigabe zur Adoption beiden Elternteilen zur Verfügung stehen. Die Beratung ist nicht Voraussetzung für einen Schwangerschaftsabbruch.

Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen

Schwangerschaftsabbrüche stehen derzeit in vielen Universitäten nicht auf dem Lehrplan. Die möglichen Verfahren werden derzeit nur auf Eigeninitiative der Studierenden gelehrt. Unsachgemäß durchgeführte Schwangerschaftsabbrüche bedrohen das Leben der schwangerer Personen. Daher sollten gängige Verfahren des Schwangerschaftsabbruchs an Universitäten in Lehrplänen für Medizin-Studierende enthalten sein. Für medizinisches Fachpersonal im Krankenhaus oder in gynäkologischen Praxen soll es Weiterbildungsmöglichkeiten geben. Teilnahme am praktischen Teil der Kurse kann aufgrund von ethischen Bedenken abgelehnt werden. Jede Stadt ab 100.000 Einwohnern hat mindestens zwei Einrichtungen vorzuhalten, in denen Schwangerschaftsabbrüche sicher durchgeführt werden können. Dabeit spiel es keine Rolle, ob dies in Kliniken oder ambulant geschieht. Schwangere, die eine solche Einrichtung suchen, sollen über Gesundheitsämter, Kliniken und gynäkologische und Hausarztpraxen unkompliziert und ohne Auflagen Kontaktdaten ausgehändigt bekommen, wenn sie danach fragen. Die Namen der Ärzt*innen, die Abbrüche durchführen, sollen ohne deren Einwilligung nicht öffentlich gelistet werden.

Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen sollen frei zugänglich sein

Da sich die Piratenpartei für frei zugängliche Informationen einsetzt, sollen auch Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen von vertraulichen Quellen seitens Gesundheitseinrichtungen und Berufsverbänden von Ärztinnen und Ärzten frei zugänglich gemacht werden. Die Informationen sollen einfach verständlich und barrierefrei zugänglich gemacht werden. Ärztinnen und Ärzte dürfen Schwangerschaftsabbrüche als Dienstleistung auf ihren Webseiten aufführen. Hintergründe der Verfahren dürfen im Einklang mit den jeweiligen Heilmittelwerbegesetzen erläutert werden.

Landwirtschaft und Fischerei

Europa nachhaltig

Wir sind Teil der Natur und abhängig von natürlich sauberen Stoffen wie Wasser, Luft, Böden, vielfältiger Flora und Fauna als Nahrungsquellen in unserer Nähe. Unser Ziel ist eine gesunde Nahrungsmittelgewinnung für alle, heute und morgen. Wir befürworten das starke Gewicht der europäischen Kommission für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, wenn sie als Anwalt für den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen eintritt, und Ausbeutung in natürliches Wachsen wandelt.

Gemeinsame Agrarpolitik (GAP)

Wir wollen eine gemeinsame Agrarpolitik, die die naturgegebene und kulturelle Vielfalt fördert. Wir sind überzeugt, dass Vielfalt in der Nahrungsmittelgewinnung, angepasst an örtliche Bedingungen, in der Hand von vielen unabhängig und selbstbestimmt Handelnden Ernährungssicherheit und Lebensqualität in den Städten und im ländlichen Raum sicherstellten wird. Die gemeinsame Agrarpolitik muss als Rahmen dienen für gleiche Rechte, Möglichkeiten und Pflichten. Die Rolle der Subventionen in der europäischen Landwirtschaftspolitik bedarf der Änderung, sie muss auf mehr Vielfalt und Gerechtigkeit ausgerichtet werden. Subventionen können nur im Einklang mit Nachhaltigkeitskriterien garantiert werden.

Aspekte der Landnutzung

Der Besitz von Grund und Boden ist stets zu verbinden mit der Verpflichtung zu sozialem und natürlichem Wohlergehen. Landbesitz zu rein spekulativen Zwecken lehnen wir ab. Boden ist weit mehr als der Träger unserer Ernährung, er besitzt wertvolle Puffer- und Speicherfähigkeiten. Humusaufbau im Boden betrachten wir als den Königsweg, nicht nur zur Wiederherstellung von Bodenfruchtbarkeit, sondern als die Chance, CO2 dauerhaft zu speichern und dem Klimawandel zu begegnen. Den Erhalt und die Entwicklung von kleinbäuerlichen Strukturen betrachten wir als einen Beitrag zu mehr Widerstandsfähigkeit (Resilienz). Urbane und suburbane Landwirtschaft und Gartenkultur vermindert Transportwege, dient direkt der Ernährung und Wissensvermittlung, erfüllt viele menschliche Bedürfnisse und ist daher zu fördern.

Nutzung biologischer Vielfalt

Wir treten ein für den Erhalt und die Weiterentwicklung der Sortenvielfalt samenfester Kulturpflanzen. Sie sollen unter Open-Source-Lizenz allen Erzeugern für den Anbau und die Weiterzucht zur Verfügung stehen. Der Grundsatz "KEIN PATENT AUF LEBEN” muss strikt umgesetzt werden. Die Fangquoten müssen durch ein wissenschaftlich erwiesenes Maß der Nachhaltigkeit festgelegt werden. Das europäische Programm zur Bekämpfung der illegalen Fischerei muss gestärkt werden. Der Export von Lebensmittelüberschüssen in Drittländer muss neu bewertet werden, wenn er den Markt für dort angebaute Nahrungsmittel zerstören kann. In Handelsvereinbarungen mit Drittländern muss die EU ungerechte Praktiken, die sie aufgrund ihrer Größe durchsetzen kann, verzichten.

Techniknutzen und digitale Lösungen

Wir betrachten es als eine Aufgabe der EU, den offenen Zugang zu digitalen Anwendungen und offene Schnittstellen zwischen verschiedenen Systemen durchzusetzen. Daten, die mit öffentlichen Mitteln erhoben und verwaltet werden, müssen der Öffentlichkeit leicht zugänglich bleiben und werden (z.B. Klima-und Wetterdaten, Bodendaten, Wasserverfügbarkeit, etc.). Die EU muss sicherstellen, dass diese nicht durch privatwirtschaftliche Nutzung beiläufig mit privatisiert werden.

Umwelt und Klima

Umwelt

Piraten unterstützen die von der EU erklärten Ziele und Prinzipien zum Schutz von Wasser, Luft, Boden, natürlicher Umwelt und Rohstoffen im Interesse unserer Gesundheit und unseres Wohlbefindens. Wir sind uns auch darin einig, dies nachhaltig zu tun, indem wir wirtschaftliche, soziale und regionale Aspekte berücksichtigen und verantwortungsvoll gegenüber zukünftigen Generationen und dem Tierschutz handeln.

Wir schätzen die Fortschritte, die dank EU-Umweltgesetzen erzielt wurden. Wo gesetzliche Lücken und Schwächen ausgenutzt werden, muss die Gesellschaft letzten Endes für die Umwelt- und Gesundheitsschäden aufkommen. Wir bemühen uns daher um eine wirksamere Umsetzung und Durchsetzung der Grundsätze der Vorsorge, der Vorbeugung, der Verursacherhaftung und des Anpackens von Problemen an ihrem Ursprung. Die Sanktionen bei Verstößen müssen konsequent durchgesetzt werden.

Um die Nachvollziehbarkeit und Zuverlässigkeit zu erhöhen, möchten wir einen wissenschaftlichen Ansatz in jedem umweltpolitischen Entscheidungsprozess verbindlich machen. Die Gesellschaft hat das Recht auf einfachen, zeitnahen und zuverlässigen Zugang zu Umweltdaten und die daraus resultierenden Entscheidungen. Diese Informationen sollten auch Monitoring- und Untersuchungsmethoden enthalten und jederzeit auf Webseiten öffentlicher Stellen verfügbar sein. Wissenschaftliche Beratung und Spezifikationen, welche die Grundlage für administrative und rechtliche Entscheidungen bilden, müssen von unabhängigen Experten eingeholt werden. Die Teilnahme an relevanten Konferenzen muss erschwinglich sein. Darüber hinaus muss eine Vielfalt von unabhängigen Wissenschaftlern aufrechterhalten werden. Dies kann nur durch eine angemessene Finanzierung der akademischen Forschung zu akuten und aufkommenden Umweltproblemen erreicht werden, anstatt zunehmend Forschung in Verbindung mit der Industrie zu fördern.

Die Umsetzung von Umweltgesetzen muss sich auf die Erreichung festgelegter Ziele konzentrieren und nicht nur zusätzliche Aufzeichnungen und Registrierungen erzeugen. Die Vorschriften sollen keine Registrierung in jedem einzelnen EU-Land erfordern. Eine zentrale Registrierung sollte ausreichen, um den Zugang zum gemeinsamen Markt für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) nicht zu behindern. Die Umweltauswirkungen jeglicher damit einher gehenden Bürokratie müssen bei der Entscheidung über die Eignung eines Ansatzes berücksichtigt werden.

Klima

Das Pariser Abkommen zur Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5° C über dem vorindustriellen Niveau muss umgesetzt werden. Die notwendigen Konzepte und Technologien zur Erreichung des Klimaschutzziels wurden entwickelt. Piraten fordern, die Voraussetzungen für den Einsatz dieser Technologien als rechtlich bindend festzuschreiben. Die CO2-Emissionen von grenzüberschreitend gehandelten Gütern wie Strom sollten den Importländern zuzurechnen sein. Die Ausweitung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien darf in den Ländern der Europäischen Union nicht gesetzlich eingeschränkt werden. Der Ausbau erneuerbarer Energiequellen muss sorgfältig im Hinblick auf Auswirkungen auf die Umwelt geprüft werden, und wir müssen ihren Nettonutzen für die Umwelt abwägen.

Energie

Wir PIRATEN stehen für den europäischen Energiemarkt. Seine Leitlinien sollen sein:

  • Nachhaltigkeit
  • Stark beschleunigter Ausbau der Erneuerbaren Energien in ganz Europa
  • Dezentrale Versorgungsstruktur und Versorgungssicherheit
  • Transparenz der Preisgestaltung und Erzeugungsstrukturen
  • Datenschutz im Energiesektor
  • Abbau von Subventionen für konventionelle Energieträger
  • Eine frackingfreie Zukunft in Europa

Nachhaltigkeit

Die PIRATEN stehen für eine nachhaltige Energieversorgung. Die nicht verbrauchte Strom- und Wärmeenergie ist die umweltfreundlichste und kostengünstigste. Deshalb sollte sie eingespart werden, soweit es sozial und für ein nachhaltiges Wirtschaften möglich ist. Die Piratenpartei strebt weiterhin eine schnellstmögliche, komplette Umstellung auf erneuerbare Energien an. Dies betrifft insbesondere die Stromerzeugung, den Verkehr und die Wärmeerzeugung. Der Verbrauch der fossilen Energieträger wie Kohle, Erdöl, Erdgas und auch Kernenergie belastet unsere Gesundheit und unseren Lebensraum zunehmend und führt zu hohen Risiken. Ein Umstieg auf Erneuerbare Energien ist ein dagegen ein großer volkswirtschaftlicher Gewinn und wird deshalb auch die Bürger finanziell entlasten. Die aktuellen Klimaziele der EU sind für uns Minimalziele. Wir setzen uns dafür ein, dass die EU bis zum Jahr 2030 mindestens 60% des Treibhausgasausstoßes im Vergleich zum Jahr 1990 reduziert. Um dieses Ziel zu erreichen, sollte wo immer möglich auch international und grenzüberschreitend im Sinne der Treibhausgasminderung und der Nachhaltigkeit zusammengearbeitet werden.

Stark beschleunigter Ausbau der Erneuerbaren Energien in ganz Europa

Wir PIRATEN fordern einen stark beschleunigten europaweiten Ausbau der erneuerbaren Energien. Insbesondere die Sonnenenergie muss in wesentlich stärkerem Maße zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt werden. Der Ausbau muss dabei immer umweltschonend erfolgen. Die Erzeugung und Nutzung von Biomasse darf nicht in Konkurrenz zu Nahrungsmitteln stehen oder die Biodiversität verringern.

Dezentrale Versorgungsstruktur und Versorgungssicherheit

Ebenso setzen wir PIRATEN uns für eine dezentrale Erzeugung und Versorgung in der Europäischen Union mit vielen mittelgroßen und kleinen bis hin zu kleinsten Energieversorgern ein. Dies ermöglicht den stark beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien und erhöht die Versorgungssicherheit. Außerdem muss bei einer dezentralen Stromerzeugung und einem zunehmenden Einsatz von Stromspeichern das Stromnetz viel weniger ausgebaut werden. Denn der Ausbau von Stromspeicherkapazitäten führt zur Steigerung des Eigenverbrauchs von selbsterzeugtem Strom und damit zur Stromnetzstabilisierung. Er ist europaweit zu fördern. Energienetze sollen weitgehend in öffentlicher Hand sein, um einen Markt mit nur wenigen Anbietern zu verhindern und die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher zu vergrößern. Auch ein freier Handel von - auch von Bürgern - selbsterzeugtem Strom und selbsterzeugter Wärme muss möglich sein.

Transparenz der Preisgestaltung und Erzeugungsstrukturen

Für einen funktionierenden Markt für Endverbraucher ist eine nachvollziehbare Preisgestaltung und Offenlegung des Anteils der Stromerzeugung aus fossilen Kraftwerken und Erneuerbaren Energien und des Stromtransportes notwendig. Nur so können die europäischen Verbraucher bewusste Kaufentscheidungen treffen. Wir PIRATEN fordern daher eine europaweite Verpflichtung der Energieversorger zu einer Kennzeichnung des Anteils der Stromerzeugungsarten und eine nachvollziehbare Darstellung der Kosten für den Ausbau und Betrieb der Stromnetze.

Datenschutz im Energiesektor

Bei der Umsetzung des europäischen Energiebinnenmarkts werden modernste internetgestützte Technologien (z.B. SmartGrids) eine Schlüsselrolle spielen. Dabei birgt zum Beispiel eine genaue Erfassung und Dokumentation des individuellen Energieverbrauchs erhebliche Missbrauchsgefahren. Zum Schutz aller Marktteilnehmer müssen deshalb höchste Datenschutzstandards eingehalten werden.

Abbau von Subventionen für konventionelle Energieträger

Öffentliche Subventionen zum Beispiel in Form einer sogenannten Sicherheitsbereitschaft für die fossile und nukleare Strom- und Wärmegewinnung laufen dem von uns angestrebten Wandel hin zu einer zukunftsfähigen, klimafreundlichen und möglichst autarken Energieversorgung in Europa zuwider. Wir PIRATEN fordern deshalb die Abschaffung jeglicher Subventionen und Beihilfen für fossile und atomare Energieträger. Dazu zählen insbesondere auch indirekte Beihilfen in Form von gesetzlichen Haftungsfreistellungen für Atomkraftwerke. Neben den direkten Subventionen stellt auch das Abwälzen von Kosten (z.B. für Erschließung und Rückbau von Kraftwerken, Bergschäden, Schadstoffemissionen, Grundwasserhaltung und –entnahme, Steuerbefreiungen) auf die Gesellschaft eine versteckte Subvention dar. Ein schneller Wandel ist nur möglich, wenn die Verursacher der gesellschaftlichen Kosten und Risiken auch den wahren Preis für ihr Handeln zahlen. Deshalb müssen auch Brennstoffe entsprechend ihrer gesellschaftlichen Kosten (z.B. für den CO2-Ausstoß) besteuert und sowohl der Emissionshandel als auch die EU-Energiesteuerrichtlinie überarbeitet werden. Auch der europäische Luftverkehr muss endlich vollständig in die Besteuerung von Brennstoffen einbezogen werden, um ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Verkehrsmitteln abzubauen. Deshalb fordern wir eine verbrauchsorientierte Luftverkehrsabgabe, die Ausweichverhalten minimiert.

Für eine frackingfreie Zukunft in Europa

Hydraulic Fracturing, kurz "Fracking", zur Gewinnung fossiler Energieträger ist eine Hochrisikotechnologie, die Wasser und Böden bedroht, lokale Erdbeben auslösen kann und zu nicht abschätzbaren Ewigkeitsschäden führt. Außerdem sind die CO2-Emissionen des auf diese Weise geförderten Gases insgesamt sogar höher als die bei der Verbrennung von Braunkohle. Daher fordern wir ein sofortiges ausnahmsloses EU-weites Verbot sämtlicher Formen von Fracking bei der Erforschung, Erkundung und Gewinnung fossiler Energieträger und ebenso ein Verbot für den Import und Handel von durch Fracking geförderten Energieträgern. Auch dann, wenn für das Fracken ungiftige Stoffe eingesetzt werden, gelangen Schadstoffe aus dem Untergrund an die Oberfläche. Solange Fracking noch eingesetzt wird, müssen anfallende schadstoffbelastete Flüssigkeiten gereinigt werden. Ihre Entsorgung in alte Bohrlöcher ist zu verbieten.

Verkehr und Infrastruktur

Mobilität in Europa

Mobilität ist eine Grundlage moderner Gesellschaften. Wir sehen in der Vernetzung der Verkehrsinfrastruktur einen unverzichtbaren Beitrag zum europäischen Einigungsprozess. Deshalb setzen wir uns für eine bessere Anbindung der Verkehrssysteme, die Vereinheitlichung technischer Standards sowie den Abbau von Reisebeschränkungen ein. Wir PIRATEN stehen für einen freien europäischen Verkehrsraum als Grundlage für gemeinsame Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft. Aus ökologischen Gründen räumen wir dem Schienen- und Schifffahrtsverkehr den Vorrang ein. Gleichermaßen setzen wir uns für Lärm vermindernde Standards beim Schienenverkehr ein. Hier muss eine europaweit geltende Regelung geschaffen werden. Für einen ungehinderten Personen- und Güterverkehr ist die Vereinheitlichung von technischen und tariflichen Standards in Europa unabdingbar.

Grenzüberschreitender ÖPV

Als Leitkonzept für Mobilität dient der grenzüberschreitende, öffentliche Personenverkehr (ÖPV) vor dem motorisierten Individualverkehr (MIV).

Europäisches Semesterticket

Der jungen Generation gehört die Zukunft Europas. Die Freizügigkeit innerhalb Europas ist zur Stärkung ihres europäischen Selbstverständnisses als europäische Bürger und für den kulturellen Austausch unerlässlich. Ein gemeinsames Europa im 21. Jahrhundert lebt von bestehenden und neuen digitalen Bekanntschaften und Freundschaften. Damit daraus reale Bekanntschaften werden, bedarf es eines zusätzlichen und intensiven Austausches. Eine europaweit gültige Mobilitäts-Flat nach Vorbild des Semestertickets für jeden Schüler, Studierenden und Auszubildenden wird den individuellen Interessen und Wünschen nach Austausch und Kommunikation gerecht. Das Modell soll schrittweise um weitere Nutzergruppen und Altersklassen erweitert werden.

Freie Mobilität in europäischen Städten

Der Ausbau der Nahmobilität hat für die Städte und Regionen in Europa große Bedeutung. Städte sind dann lebenswert, wenn Einwohner und Pendler in einer gesunden Umwelt wohnen und arbeiten können. Eine schnelle und einfache Fortbewegung innerhalb der Städte erhöht sofort ihre Lebensqualität. Warte- und Pendlerzeiten sollen deshalb minimiert und der Verkehr modernisiert werden. Die Städte der europäischen Union sollen zur Erreichung dieser Ziele eine Prüfung ihrer Mobilitätskonzepte durchführen und Modellprojekte zur Innovationsförderung entwickeln. Die besten Projekte erhalten unter Berücksichtigung einer fairen Verteilung nach Mitgliedsländern und verschiedener Stadtgrößen Finanzmittel der EU. Auch kleinere Städte können an dem Wettbewerb teilnehmen. Diese Modellstädte sollen freie Mobilität, die Lärm- und Schadstoffverringerung und den internationalen Tourismus fördern. Die Beteiligung der Einwohner und offene Verfahren gehören zu einer modernen Städte- und Verkehrspolitik und sind Voraussetzung für eine Förderung.

Faire Bedingungen für Freizeit- und Geschäftsreisen in Europa

Wir PIRATEN wollen einfache Abläufe bei der Buchung und Durchführung von Freizeit- und Geschäftsreisen.

Bei Flügen und auftretenden Reisehindernissen gibt es auf dem Papier zwar starke Fluggastrechte, aber die Reisenden haben in vielen Fällen Schwierigkeiten, diese Rechte einzufordern. Um den Eindruck vorzubeugen, dass die Fluggesellschaften Informations- und Passagierrechte missachten, sollen diese gestärkt werden. Auch bei der Auswahl des Verkehrsmittels soll "Gleiches Recht für Alle" gelten.

Ebenso ist die Mehrwertsteuerbefreiung für Flüge im grenzüberschreitenden Personenverkehr ein Problem, weil sie Flugreisen subventioniert. Die Kunden anderer Verkehrsträger wie der Bahn müssen hingegen die Mehrwertsteuersätze des jeweiligen Abfahrtlandes zahlen. Sie sind nicht vollständig und europaweit von der Mehrwertsteuer befreit. Für mehr Gerechtigkeit und aus ökologischen Gründen müssen die Wettbewerbsbedingungen der verschiedenen Verkehrsträger angeglichen werden.

Transparenz und fairer Wettbewerb in der europäischen Verkehrspolitik

Die europäischen Bahnen müssen im Personenverkehr erhebliche Anstrengungen unternehmen, um den Bahnbetrieb attraktiv und wettbewerbsfähig zu gestalten, weil die verkehrstechnische Vernetzung eines so großen Gebiets wie Europa nicht allein durch den motorisierten Individualverkehr erfolgen kann. So muss ein geregelter marktwirtschaftlicher Wettbewerb innerhalb des Schienenverkehrs stattfinden. Auch in Deutschland gibt es Nachholbedarf. Die Verantwortung für die europäische Schieneninfrastruktur soll in öffentlicher Hand liegen. Die lobbyistische Interessenpolitik der Europäischen Kommission berücksichtigt aus unserer Sicht viel zu stark verkehrspolitische Einzelinteressen auf Kosten der europäischen Gemeinschaft. Die Marktabschottung durch staatliche Eisenbahnkonzerne wie der französischen SNCF oder der Deutschen Bahn, die Einführung von Gigalinern, die Befreiung von der Kerosinsteuer und die Aufweichung von CO2-Zielen beim Flottenverbrauch erfordern politisches Gegensteuern. Europaabgeordnete der PIRATEN werden sich deshalb für mehr Transparenz, Aufklärung und einen fairen Ausgleich der Interessen einsetzen.

Modernisierung des europäischen Transportwesens (Schwerpunkt Schiene)

Der Ausbau der transeuropäischen Eisenbahnkorridore und der Schifffahrtswege sowie die Schaffung einheitlicher technischer Standards sind wichtige wirtschaftspolitische Ziele. Wir wollen die Logistik-Verbände in Europa von verkehrspolitischen Innovationen überzeugen und den Güterverkehr auf der Straße, insbesondere den Schwerlastgüterverkehr, reduzieren. Zusätzliche Gebühren und die LKW-Maut allein verhindern keinesfalls die Überlastung der europäischen Straßennetze. Die digitale Vernetzung lässt zwar heute bereits viele materielle Transporte überflüssig werden und leistet so ihren Anteil für Umweltschutz und Nachhaltigkeit, aber der Güter- und Warenverkehr nimmt dennoch weiter zu. Die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene und auf Wasserwege löst viele Probleme. Deshalb müssen technische und organisatorische Hürden des transeuropäischen Verkehrs, auch die Bahninfrastruktur betreffend, abgebaut werden.

Europäische Konvention gegen Bahnlärm

Die Bahninfrastruktur durchzieht im Gegensatz zu Autobahnen häufig Wohnorte und Siedlungsgebiete. Dem Vorteil einer ortsnahen Bahninfrastruktur steht ein hochbelastender Bahnlärm gegenüber. Für die Akzeptanz der Europäer von Bahn und Schiene ist die Lärmreduktion sehr wichtig. Einheitliche europäische Standards zur technischen Bahnlärmreduzierung müssen europaweit angepackt werden. Während im Personenverkehr durch Leichtfahrzeuge bereits beträchtliche Erfolge zu verzeichnen sind, sind im Güterverkehr wie bei der LL-Sohle zwar „Anstrengungen“ erkennbar, aber bislang nicht ausreichend. Als konkrete Maßnahmen schlagen wir zur weiteren Lärmminderung den Einsatz von „Flüsterschienen“ oder lärmabsorbierenden Drehgestellen vor.

Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur

Wir PIRATEN stehen für einen europaweiten flächendeckenden Erhalt und Ausbau der Infrastruktur. Es besteht die Gefahr zusätzlicher Mittelkürzungen für unsere Infrastruktur durch die europäische Schuldenbremse, den Fiskalpakt. Das zukünftige Europaparlament soll sich dafür einsetzen, ausreichende Investitionen in den Erhalt der öffentlichen Infrastruktur zu gewährleisten. Die Verkehrswende in Europa braucht ein nachhaltig finanziertes Verkehrssystem, lebenswerte Wohnräume und einen höheren Schienenanteil um Umwelt und Klima zu schonen sowie den Personen- und Warentransport sicherzustellen.

Digitales Schienennetz

Damit Europa mehr zusammen wächst, muss es für die Menschen möglich sein, komfortabel mit dem öffentlichen Personenverkehr zu reisen. Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, dass die Auskunft und das Buchen von Verbindungen innerhalb Europas – auch anbieterübergreifend - umgesetzt wird. Dazu wird eine öffentlich betriebene, anbieterneutrale Datenplattform eingerichtet, an deren Schnittstelle die einzelnen Anbieter von Verkehrsdiensten Verbindungsauskünftige und Preisinformationen abrufen können und Buchungsinformationen anbieterübergreifend austauschen können. Gegenüber den Fahrgästen wird die Streckeninformationen und der Preis bei Flügen, Zug- und Busverbindungen summiert ausgewiesen und eine Buchung für die gesamte Reisekette ermöglicht. Dabei sind auch intermodale Reiseketten – also unter Nutzung verschiedener Verkehrsmittel auf Teilstrecken – in einem Ticket buchbar.

Die Piratenpartei setzt sich des Weiteren dafür ein, dass bei der Erneuerung der Flotten neue Fahr- und Flugzeuge mit modernen Telemetriesystemen mit Positionsbestimmung ausgestattet werden. Weiterhin stellen die Infrastrukturbetreiber die Ihnen vorliegenden Daten zur Infrastruktur und die Betreiber der Verkehrsmittel ihre Fahrplandaten zur offenen Nutzung bereit. Für diese Informationen wird eine einheitliche Plattform geschaffen, welche über eine Schnittstelle frei Abgefragt werden kann. Dadurch wird ermöglicht, dass Softwareanbieter Applikationen entwickeln können, welche den Reisenden Auskünfte über die Pünktlichkeit der Fahrten der Verkehrsmitteln geben.

„TTIP“ NEIN DANKE! - TRANSATLANTISCHE PARTNERSCHAFT GEHT ANDERS

Kommt es zum Wiederaufleben des TTIP-Projeketes, gelten für uns PIRATEN die nachfolgenden Zustimmungkriterien, genauso, wie bei gleichgelagerten Verträgen.

Die Regierungen Europas und der USA planen das »transatlantische Freihandels- und Investitionsabkommen« (TTIP). BMW und Monsanto freuen sich; auch Deutsche Bank und JP Chase Morgan, BASF und Google, Bertelsmann und ExxonMobil. Doch brauchen die Menschen in Europa, den USA und im Rest der Welt wirklich einen großen, deregulierten transatlantischen Markt? Eine Antwort auf die eigentlichen Fragen gibt TTIP nicht: Wie wollen wir leben? Was ist ‚gutes Leben‘ ohne die Ausbeutung von Mensch, Tier und Umwelt? Wie können wir in den ökologischen Grenzen des Planeten wirtschaften und dabei gute, fair bezahlte Arbeit sichern? Wie können wir Ernährungssouveränität für alle erreichen?

Mit dem TTIP-Abkommen versprechen Wirtschaftsvertreter in der EU und den USA mehr Wachstum. Sie wollen mehr Handelsströme und mehr Marktfreiheit für Unternehmen. In der Realität kann das aber bedeuten: Gentechnik-Lebensmittel und Hormonfleisch landen ungekennzeichnet auf unseren Tellern. Das geplatzte ACTA-Abkommen zum Urheberrecht kommt durch die Hintertür erneut − Meinungsfreiheit und Datenschutz bleiben auf der Strecke. Nur die niedrigeren Verbraucherschutz- und Umweltstandards bleiben übrig. Bundesregierung und EU-Kommission setzen auf Geheimverhandlungen unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit und der Parlamente.

Schon jetzt stecken wir in ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Krisen. Wir erleben viel zu wenig - nicht zu viel - Demokratie, soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz, Finanzmarktkontrolle. Wir erleben zu wenig - nicht zu viel - solidarisches Wirtschaften, Schutz kleinbäuerlicher und gemeinwohlorientierter (Land-)Wirtschaft sowie wirksamen Verbraucher-, Daten- und Rechtsschutz gegenüber den Geschäftsinteressen internationaler Konzerne.

WIR WOLLEN:

Demokratie und Transparenz:
Statt Geheimverhandlungen braucht es eine breite öffentliche Diskussion um ein soziales und ökologisches Verhandlungsmandat auf beiden Seiten. Hierzu müssten umfassende und aktuelle Informationen und der vollständige Einblick in alle Verhandlungsdokumente für die Öffentlichkeit und Parlamente gewährleistet sein. Zudem muss die Kommission eine umfassende Nachhaltigkeitsprüfung von unabhängiger Seite durchführen lassen.

Rechtschutz für Menschen – statt privilegierte Klagerechte für Konzerne:
Wir lehnen es ab, dass US-Konzerne Klagerechte gegen europäische Umwelt- und Sozialgesetze bekommen. Die besonders von der EU geforderten Sonderklagerechte für Unternehmen im Rahmen so genannter Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit unterlaufen grundlegende Prinzipien des Rechtsstaats.

Kernprinzipien des Klima- und Umweltschutzes,
so wie sie 1992 in Rio aufgestellt wurden, sind das Vorsorge- wie auch das Verursacherprinzip: Wenn von Produkten oder Technologien Risiken ausgehen können, dann müssen diese Risiken vorausschauend vermieden werden. Im TTIP aber sollen auf Druck von US-Exportinteressen bereits bestehende wie geplante Regeln, die diesen Prinzipien folgen, zum Handelshemmnis erklärt werden. Ein besonderer Dorn im Auge der US-Lobbygruppen sind v.a. die in ihren Augen zu langsame Zulassung und die Kennzeichnung von Gentechnik-Lebensmitteln in Europa und die europäischen Nachhaltigkeitsstandards von Biokraftstoffen. Aber auch die Weiterentwicklung der EU-Chemikalienrichtlinie REACH und der EURO-Norm für Auto-Emissionswertewie auch die EU-Strategie zur Begrenzung der von Kunststoffen ausgehenden Umweltgefahren laufen den US-Exportinteressen zuwider. Auch für neue Technologien muss das Vorsorgeprinzip gelten, etwa für die gefährliche Gewinnung von Gas mit Fracking. Wir brauchen eine klima- und ressourcenschonendere und gerechtere Wirtschaftsweise auf beiden Seiten des Atlantiks. Die niedrigsten Standards dürfen nicht zur Richtschnur werden. Verbote sind dafür genauso erforderlich wie Steuern und Zölle für besonders schädliche Verfahren. Das ist mit der TTIP-Freihandelslogik nicht zu vereinbaren.

Kleinbäuerliche und ökologischere Landwirtschaft schützen:
Bauern und Verbrauchern in Europa bringt TTIP keine Vorteile. In den USA ist der Verzehr von Klon- und Hormonfleisch sowie von Milch von mit gentechnisch erzeugten Wachstumshormonen gedopten Turbo-Kühen erlaubt. Geflügelfleisch wird mit Chlor behandelt, für gentechnisch veränderte Pflanzen gibt es weder ein durchgängiges, stringentes Zulassungsverfahren noch eine Kennzeichnungspflicht. Gentechnisch veränderter Lachs steht vor der Zulassung. Alles das wäre dann auch in Europa erlaubt. Auch das Patent- und Haftungsrecht unterscheidet sich in beiden Handelszonen an vielen Stellen. TTIP öffnet die Türen für Agrar-Exportschlachten zu Dumpingpreisen. Europäische Bauern gerieten unter noch mehr Wettbewerbsdruck. US-Exporteure würden verstärkt mit Soja und Milchprodukten auf den EU-Markt drängen und unsere Bemühungen, Soja durch einheimische Futterpflanzen zu ersetzen, unterlaufen. Statt noch mehr „Wachsen oder Weichen“ brauchen wir den Schutz kleinbäuerlicher und ökologischer Landwirtschaft.

Hohe Verbraucher- und Gesundheitsstandards:

Die strengeren europäischen Standards müssen Grundlage aller Verhandlungen sein. Zudem ist eine umfassende Kennzeichnungspflicht zwingend - auch für verarbeitete Produkte.

Arbeits- und Menschenrechte durch klare und durchsetzbare Regelungen verbindlich schützen:
Der Öffentlichkeit wird TTIP als Motor für die Schaffung von Arbeitsplätzen verkauft. Dabei haben bestehende Freihandelsabkommen wie der NAFTA-Vertrag zwischen den USA, Kanada und Mexiko eher das Gegenteil bewirkt. Gewerkschaften beklagen Arbeitsplatzverluste in der Industrie, sinkende Löhne, Unterlaufen vor Arbeitsmindeststandards und wachsende Einkommensunterschiede als Folge des Freihandels, indem Arbeitsstandards an das jeweils niedrigere Niveau nach unten angeglichen werden. In der EU sind Massenarbeitslosigkeit, Druck auf Löhne und die Ausweitung prekärer Beschäftigung die Folgen schwacher Sozialstandards im liberalisierten Binnenmarkt. Dies ist kein Modell für eine transatlantische Freihandelszone.

Internationale Solidarität und Kooperation
statt immer mehr Wettbewerbsdruck. Mit dem TTIP wollen EU und USA ihre globale Vormachtstellung absichern. Aufstrebende Schwellen- und Entwicklungsländer sollen durch das Abkommen Marktanteile verlieren.

Schutz und Ausbau öffentlicher Dienstleistungen statt weiterer Liberalisierungsoffensive.

Essentielle Dienstleistungen der Daseinsvorsorge - z.B. in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Wasser, Energie oder Verkehr - dürfen nicht privatisiert werden. Sie müssen für alle zugänglich sein und hohen qualitativen, sozialen und umweltpolitischen Standards genügen. Den dazu nötigen Gestaltungsspielraum auf nationaler und kommunaler Ebene drohen die TTIP Verhandlungen weiter zu beschneiden - mehr Druck in Richtung Privatisierung ist zu erwarten.

Schutz und Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen statt weiterer Liberalisierung.
Die UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen sichert beispielsweise Film-, Theater, Orchester- und weitere Kulturförderung sowie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit seinen Landesprogrammen. Dieser Gestaltungsraum wird durch die TTIP Verhandlungen zur Disposition gestellt.

Regulierung des Finanzsektors und Abbau ökonomischer Ungleichgewichte
statt mehr Deregulierung und Freihandel. Die Liberalisierung der Finanzmärkte und ökonomische Ungleichgewichte innerhalb der EU infolge von Lohnkonkurrenz sind eine wesentliche Ursache der europäischen Wirtschaftskrise. Mit TTIP sollen Finanzdienstleistungen noch weiter liberalisiert werden. Die politische Macht der Finanzindustrie würde gestärkt, Lohn- und Steuerdumping und damit sinkende Einnahmen der öffentlichen Haushalte wären die Folge.

Innovationen, Bildung und Informationsfreiheit
statt noch mehr Exklusivrechte an „geistigem Eigentum“ der Konzerne: Schützbares „geistiges Eigentum“ findet sich in vielen Sektoren - Technologien, Pharmaprodukte, Saatgut, Filme und Musik. Unter dem Vorwand, die Urheber zu schützen gängeln die großen Verlage, Labels und Medienkonzerne die Nutzer von Kultur und Information immer stärker. Wissenschaft und Bildung werden behindert, immer mehr Werke verwaisen und gehen endgültig verloren, weil ihre Digitalisierung nicht erlaubt wird. Wir brauchen einen fairen Interessenausgleich zwischen Urhebern, Nutzern und Verwertern! 2012 wurde das ACTA-Abkommen von einer Welle der öffentlichen Empörung gestoppt – der Medienindustrie hätte es umfangreiche Monopolrechte und die Kontrolle des Internets beschert. TTIP ist ein neuer Anlauf, diese Monopolrechte einzuführen.

Wir rufen daher alle interessierten Menschen und Organisationen auf, sich aktiv an der Debatte um dieses neue Abkommen zu beteiligen! Machen wir - zusammen mit unseren Freundinnen und Freunden in Europa und den USA - den Politikern und Wirtschaftskapitänen deutlich, dass Freihandels- und Investorenschutz-Rezepte aus dem 20. Jahrhundert keine Lösung für die aktuellen Herausforderungen sind. Eine transatlantische Partnerschaft für die sozial-ökologische Transformation, die wir im 21. Jahrhundert so dringend brauchen, sieht ganz anders aus! Auch in den USA und anderen Ländern Europas regt sich der Widerstand gegen dieses geplante Abkommen - gemeinsam werden wir es stoppen!

Internationales Handeln

Internationales Abkommen zur Freiheit des Internets und zur digitalen Abrüstung

Das Internet ist in seiner unterstützenden Rolle in der Verbreitung demokratischer Grundwerte unersetzlich. Es darf nicht zur Unterdrückung demokratischer Freiheitsrechte oder zu Angriffen auf Infrastruktureinrichtungen, wie zum Beispiel gesellschaftliche Versorgungsnetzwerke, missbraucht werden.

Offene und verdeckte Aktionen von staatlichen, privaten und anderen öffentlichen Organisationen, die den Cyberspace als Konfliktdomäne nutzen und die Zivilbevölkerung gefährden, lehnen wir entschieden ab. Deswegen fordern wir ein Internationales Abkommen zur Freiheit des Internets und zur digitalen Abrüstung. Darin soll der Schutz der Vertraulichkeit von Kommunikation ebenso festgeschrieben werden, wie der der Redefreiheit und der des freien Zugangs zu Kommunikation ebenso wie eine strikte Netzneutralität.

Des Weiteren muss für Software, die zur Ausforschung informationstechnischer Systeme geeignet ist, im öffentlichen Einsatz der Grundsatz gelten, dass technische Möglichkeiten sich den Grundrechten unterzuordnen haben. Systeme, die verdachtsunabhängig persönliche Daten erheben, lehnen wir PIRATEN ab.

Dem Wettrüsten der Staaten in der Überwachungstechnik und der elektronischen Kriegsführung ist durch eine Abrüstungsvereinbarung zu begegnen. In diesem Zusammenhang fordern wir ein Bekenntnis von allen Regierungen, aber im speziellen der EU-Mitgliedsstaaten, zu friedens- und freiheitserhaltenden Maßnahmen.

Überdies verlangen wir PIRATEN, dass die Regierungen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die globalen Informations- und Kommunikationsnetze und die Grundrechte ihrer Nutzer gemeinsam schützen und als ein hohes gemeinschaftliches Gut aller Menschen anerkennen.

Die Problematik des sogenannten geistigen Eigentums in internationalen Abkommen

Wir sind der Überzeugung, dass es, jenseits aller egoistischen und nationalstaatlichen Interessen, das wichtigste sein muss, alle Menschen weltweit von Fortschritt in Technologie und Wissenschaft profitieren zu lassen.

Internationale Abkommen, zu nennen sei hier zum Beispiel das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum ("TRIPS"), in denen, meist im Sinne der Industrienationen und deren Konzernen, die Rechte an sogenanntem geistigen Eigentum sichergestellt werden, behindern unserer Ansicht nach die erwünschte Verbreitung von Wissen. Abkommen dieser Art sollten unserer Überzeugung nach vielmehr dazu dienen die Verbreitung von Wissen zum Wohle aller zu fördern.

Um den Aufbau von Wirtschaft und moderner, umweltverträglicher Industrie in allen Ländern zu ermöglichen, ist der Zugang zu Patenten und die Möglichkeit dieses Wissen zu nutzen und weiterzuentwickeln, essentiell. Auch die Gesundheitsversorgung darf nicht darunter leiden, dass Medikamente wegen der Monopolstellung der Patentinhaber für viele Menschen in weniger entwickelten Ländern unerschwinglich sind.

Wir werden, auch im Zusammenschluss mit anderen Parteien im Europaparlament, darauf hinwirken, dass entsprechende internationale Verträge, vor allem im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) nicht mehr die Gewinninteressen einiger Konzerne schützen sondern die Verbreitung von Wissen als öffentliche, also problemlos vervielfältigbarer Güter, ermöglicht und fördert.

Wir sind uns bewusst, dass diese Forderung auf Vorbehalte stoßen wird. Auf Vorbehalte von mächtigen Industriekonzernen, aber auch auf Vorbehalte von Kräften, die den Anspruch erheben die eigene nationale Wirtschaft vor ausländischen Konkurrenten zu schützen. Wir lehnen solch eine egoistische und nur auf den eigenen kurzfristigen Vorteil bedachte Denkweise aber ab. Wir sind davon überzeugt, dass die Verbreitung von Wissen, seien es Bauanleitungen für Windräder, Rezepturen für Medikamente oder gar Informationen über biologische Systeme, zum Nutzen für viele Menschen sein wird. In diesem Sinn werden wir eine europäische Politik befördern, die nicht als Erfüller von Industrielobbyisten agiert, sondern als Vertreter der Menschen, die von einem Fluss der Informationen profitieren.

Wir erkennen die Leistung von Erfindern an, die auch ihren Lohn braucht. Künstliche Verknappung zur Sicherung von Monopolgewinnen ist für uns aber keine Lösung. Vielmehr müssen effektive Wege gefunden werden, die den Erfinder belohnen, wenn er Innovationen der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. Wir sind der Überzeugung: Wenn Wissen geteilt wird, gewinnen alle.

Rüstungsexportverbot

Wir PIRATEN fordern höhere Transparenz-Standards bei der Genehmigung des Exportes von Rüstungsgütern. Wir fordern außerdem, keine staatlichen Bürgschaften für Rüstungsexportgeschäfte zu gewähren. Die Vergabe von Produktionslizenzen für Rüstungsgüter an Unternehmen in Staaten außerhalb der Europäischen Union ist generell zu verbieten.

Langfristig streben wir ein Exportverbot von militärischen Rüstungsgütern in Länder außerhalb der EU an. Bis zum Erreichen dieses Zieles muss der Weiterverkauf der aus Deutschland exportierten Waffen an Drittländer unterbunden werden.

Für die Länder der Europäischen Union gibt es keine realistischen Gefahren, dass sie von außen angegriffen werden. Die Europäische Union soll unserer Meinung nach mit deutlichen Abrüstungsschritten weltweit richtungsweisend werden.

Manipulationssichere Kennzeichnung von Militärwaffen

PIRATEN fordern die Anwendung des UN-Instruments zur Kennzeichnung und Verfolgung von Militärwaffen (Kleinwaffen). Alle in der EU oder außerhalb der EU in Lizenz eines EU-Herstellers hergestellten militärischen Kleinwaffen müssen mit einer manipulationssicheren Methode gekennzeichnet werden, um sicherzustellen, dass jede Waffe eindeutig identifiziert werden kann.

Durch die manipulationssichere Kennzeichnung kann transparent nachverfolgt werden, wie Waffen illegal in kritische Regionen exportiert werden. Durch die Möglichkeit, die Waffen in ihre Herkunftsländer zurückzuverfolgen, werden Exporteure und Hersteller identifiziert, die an illegalen Verkäufen in verbotene Regionen beteiligt sind.

Europäische Außen- und Sicherheitspolitik

Wir PIRATEN fordern Transparenz bei europäischen Entscheidungen auch im Bereich der Außen- und Verteidigungspolitik. Gerade bei Militäreinsätzen bedarf es einer besonderen demokratischen Kontrolle. Da die derzeitigen Strukturen der EU weit von einer angemessenen demokratischen Einflussmöglichkeit entfernt sind, sind wir PIRATEN derzeit gegen eine aktive Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), insbesondere was den Einsatz von bewaffneten Kräften im Ausland betrifft. Wir sind davon überzeugt, dass ein Bundestagsbeschluss als notwendige Bedingung für Einsätze von Bundeswehrsoldaten im Ausland keinesfalls wegfallen darf.

Eine gemeinsame, auf demokratischen Fundamenten fußende, europäische Außen und Sicherheitspolitik muss den Menschen und Bürgerrechten verpflichtet sein. Sie soll sich nicht an nationalen Einzelinteressen orientieren, sondern die Bedürfnisse aller Menschen im Blick haben.

Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe

Die europäischen PIRATEN verpflichten sich, die "Agenda 2030" der Vereinten Nationen umzusetzen und die Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU voranzubringen.

Die Entwicklungszusammenarbeit muss auch weiterhin eine wichtige Rolle in der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU spielen. PIRATEN plädieren für die Stärkung der Beziehungen zu den Ländern des globalen Südens und setzen die Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit zum Nutzen dieser Länder ein. Wir betrachten die 0,33% des Bruttonationaleinkommen an Entwicklungshilfe, die für die „neuen EU-Mitgliedstaaten“ gelten, als einen realistischen Betrag, der der globalen Verantwortung dieser Länder entspricht, und wir werden sie dazu ermutigen, ihre Mittel weiter aufzustocken, bis dieses Ziel erreicht ist.

Wir raten dringend davon ab, Entwicklungshilfe als ein Mittel zu verwenden, um kurzfristige Ziele wie z.B. die Begrenzung der Wirtschaftsmigration zu erreichen. Programme und Partnerschaften für Entwicklungszusammenarbeit beruhen auf Vorhersehbarkeit und Langzeitwirkung. In dieser Hinsicht unterstützen wir die Überarbeitung des neuen EU-Konsenses über die Entwicklungspolitik von 2017.

PIRATEN bekennen sich zur Umsetzung der Agenda für Humanität als Ergebnis des Humanitären Weltgipfels 2016. Obwohl PIRATEN den Cluster-Ansatz für humanitäre Hilfe als wichtiges Mittel zur Koordinierung aller an Reaktionen beteiligten humanitären Akteure betrachten, setzen wir uns für einen bargeldbasierten Ansatz bei der Bereitstellung von humanitärer Hilfe für Menschen in Not ein.

Grundsätze für Handelsabkommen

Wir PIRATEN machen es zur Auflage, dass bei allen Verhandlungen der Europäischen Union über Handelsabkommen die folgenden Bedingungen erfüllt sein müssen:

  • Privatisierungen nur nach Einholung eines Referendums;
  • Keine Absenkung von Schutzstandards;
  • Einklagbare soziale, ökonomische und ökologische Mindeststandards;
  • Gewährung besonders günstiger Bedingungen für strukturell und wirtschaftlich schwache Handelspartner;
  • Ausländische Investitionen demokratiekonform und rechtsstaatlich schützen;
  • Kein Verbot der Regulierung von Finanzmärkten;

Verbot autonomer Waffensysteme

PIRATEN unterstützen die Aufnahme von Verhandlungen im Rahmen der UN-Konvention über bestimmte konventionelle Waffen (CCW) über ein Regulierungsinstrument zum Verbot von "Tödlichen autonomen Waffensystemen" oder von Waffen, die selbständig Ziele auswählen und ohne menschliche Kontrolle eingesetzt werden können.

Privatisierungen nur nach Einholung eines Referendums

Anstatt durch Handelsverträge Druck zur Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen auszuüben, sollte die Entscheidung darüber, ob eine bestimmte Dienstleistung öffentlich oder privat betrieben wird, der demokratischen Kontrolle der jeweiligen Bevölkerung überlassen werden. Wir PIRATEN lehnen dementsprechend Privatisierungsbestimmungen, die sich allein aus Handelsabkommen ergeben, ab und fordern hierfür zwingend die Durchführung eines Referendums.

Keine Absenkung von Schutzstandards

Wir PIRATEN fordern, dass durch ein Handelsabkommen bei keinem der Handelspartner Standards in den Bereichen Verbraucherschutz, Umweltschutz, Klimaschutz, Lebensmittelsicherheit, Tierschutz, Datenschutz, Arbeitsschutz und der sozialen Sicherungssysteme gesenkt werden dürfen.

Einklagbare soziale, ökonomische und ökologische Mindeststandards

Handelsabkommen sollen verbindliche und einklagbare soziale, ökonomische und ökologische Mindeststandards festlegen, deren Verletzung zur Erhebung von Strafzöllen und anderen Anti-Dumping-Maßnahmen berechtigt.

Wo schon internationale Standards der UN-Organisationen bestehen, wie beispielsweise die nach Wirtschaftsleistung abgestuften Arbeitsrechtrichtlinien der ILO (International Labor Organization), müssen sich beide Vertragspartner verpflichten, diese mindestens einzuhalten und als einklagbare Rechte vorzuhalten.

Gewährung besonders günstiger Bedingungen für strukturell und wirtschaftlich schwache Handelspartner

Handelsabkommen mit Entwicklungsländern müssen deren strukturelle und wirtschaftliche Schwäche durch besonders günstige Bedingungen beim gegenseitigen Handel berücksichtigen. Dies soll sich insbesondere in den Regelungen über den Handel mit landwirtschaftlichen Produkten und Rohstoffen und bei Patentregelungen widerspiegeln. Hierfür wollen wir uns einsetzen.

Ausländische Investitionen demokratiekonform und rechtsstaatlich schützen

Wir PIRATEN fordern, dass ausländische Investoren beim Zugang zur Gerichtsbarkeit und der Möglichkeit Schadensersatz gegen einen Staat geltend machen zu können nicht gegenüber inländischen Investoren bevorzugt werden sollen.

Sofern eine unabhängige, faire und in angemessener Zeit zu einer Entscheidung gelangende inländische Gerichtsbarkeit besteht, soll diese nach dem Prinzip des gesetzlichen Richters auch für Schadensersatzforderungen gegen den Staat zuständig sein.

Ist dies nicht der Fall, müssen Schiedsgerichte so besetzt sein, dass kein Interessenkonflikt bei den Schiedsrichtern entstehen kann. Alle Verhandlungen müssen öffentlich stattfinden und die Schiedssprüche müssen online frei zugänglich veröffentlicht werden. Es muss immer die Möglichkeit geben, die Entscheidung durch eine zweite Instanz überprüfen zu lassen.

Beruhen die Schadensersatzforderungen auf einer im öffentlichen Interesse getroffenen, demokratisch legitimierten Entscheidung des beklagten Staates, soll kein Anspruch auf entgangenen Gewinn und Strafschadensersatz bestehen, sondern nur auf eine angemessene Entschädigung bei Enteignung materieller Güter.

Kein Verbot der Regulierung von Finanzmärkten

Handelsabkommen dürfen keine Regelungen enthalten, die es den Handelspartnern verwehren, ungebührliche Spekulation zu beschränken und zu besteuern. Wir werden uns dafür einsetzen, dass es den Handelspartnern in Krisensituationen möglich bleiben muss, Kapitalabflüsse zu verhindern oder zu beschränken, wenn hierdurch die Stabilität des heimischen Finanzmarktes gefährdet wird. Das Gleiche gilt auch, wenn dies zur Sicherung der Erfüllung einer Steuerpflicht erforderlich ist.