Piratenakademie/Lehrgänge/Piraten-Promotion-Team
Auftreten und Sprache
Quelle: http://forum.piratenpartei.de/viewtopic.php?t=3143
Jeder, der sich je hinstellen und etwas erklären musste, weiß, dass es einen gewaltigen Unterschied ausmacht, einen Standpunkt zu haben oder diesen einem Publikum zu präsentieren. Und sei dieses Publikum auch nur eine einzige Person, die fragt: "Was macht ihr denn eigentlich?" Ich würde jedem, der sich mit dem Gedanken trägt, im Bereich ÖA tätig zu sein/werden - oder es bereits ist - ans Herz legen, Sprache und Sprechen zu trainieren, genauso wie Formulierungen und Punkte aus dem Parteiprogramm der PIRATEN zu üben.
Dies hat NICHT mit dem Herunterleiern von Parolen zu tun, sondern wird jedem, der sich nachher einem ihm unbekannten Publikum stellt, zumindest rudimentär auf das vorbereiten, was ihn dann erwartet. Nichts ist schlimmer, als plötzlich festzustellen, dass man seine Gedanken (und Gefühle) erst einmal sortieren und zusammenklauben muss, damit man jemandem eine Frage beantworten kann. Ausser natürlich, keine Antwort zu haben oder in hektisches Geblättere zu verfallen. Fragen und Antworten müssen "sitzen". Dies bewirkt einerseits, dass man sich selbst explizit mit der Materie auseinander setzen muss, andererseits, dass man sich selbst trainiert. Darüber hinaus sollte jedem klar sein, dass Reden Arbeit sein kann und es in der Regel auch ist. Im natürlichen Umfeld, wenn man zum Beispiel einfach zusammensitzt, gelten völlig andere Spielregeln, als wenn man sich einem fremden Publikum präsentiert. Einem Fremden klopft man in unserem Kulturkreis auch nicht gleich auf die Schulter oder lacht ihn offen an (menschliche Ethologie etc. ).
Wenn wir zum Beispiel an einem politischen Infostand stehen, ist dies etwas völlig anderes, als ein Gespräch in der U-Bahn zu führen, weil uns jemand auf ein T-Shirt hin anspricht. Man steht hier automatisch etwas im Rampenlicht oder auf dem Präsentierteller: Immerhin will man die Aufmerksamkeit der Leute erregen und stellt eye-catcher und sonstiges Material auf, um dies zu tun. Hält man sich nicht an bestimmte Regeln, bleiben viele Chancen ungenutzt. Egal, wie man sonst wirkt, drei Dinge muss man aufweisen:
1. Charme, Charisma, zündender Funke, Freundlichkeit, das je-ne-sais-quoi, das die Aufmerksamkeit des Gegenübers erregt und ihn dazu veranlasst, aus seiner Beobachterrolle in die Rolle eines Handelnden, eines Partizipierenden und Fragenden zu treten. Hat man diese Hürde überwunden, muss man aber unbedingt über
2. Kompetenz verfügen. Ohne geht es nicht. Das heisst, man muss in der Lage sein, Fragen zu beantworten, man muss natürlich frei reden können, einen Sachverhalt schildern können, sodass auch ein Laie folgen kann, man muss natürlich auch in der Lage sein, sich auf sein Gegenüber einstellen zu können. Auch Nervosität ist hier fehl am Platze. Und selbstverständlich muss man auch genug Energie und Souveränität mitbringen, dass man sich im Notfall weder provozieren lässt, noch sich vom Gegenüber verbal mobben lässt - manche Menschen haben nun einmal Spass daran, andere ausgerechnet in so einer Situation in die Ecke zu drängen. Eine Sache fehlt hier natürlich noch, und das ist
3. Ausdauer. Ausdauer bedeutet, dass einem nicht nach 30 Sekunden "stehend reden" die Puste ausgeht. Es bedeutet auch, dass man in der Lage sein muss, trotz Straßenlärm laut genug und artikuliert zu sprechen, ohne den vordersten Zuhörer niederzuschreien oder den hintersten angestrengt lauschen zu lassen. Dazu gehört auch, dass man zumindest ein wenig im Hinterkopf behält, was man mit seinen Armen und Beinen gerade anstellt und welche Körperhaltung man einnimmt - und natürlich welches Gesicht man dabei macht.
Es gibt nur sehr wenige Menschen, die dies von Natur aus perfekt beherrschen. Alle anderen müssen dies lernen. Müssen deshalb, weil sie damit meist etwas erreichen wollen - in unserem Fall (Infostand) Aufmerksamkeit und Informationsvermittlung.
Wer sich nun fragt: "OK, und was genau soll man jetzt tun", dem rate ich, sich das Parteiprogramm der PIRATEN auszudrucken, es in die Hand zu nehmen, sich gerade hinzustellen und es laut zu lesen, als würde man es jemandem vorlesen. Eine Steigerung wäre es, dabei ein wenig auf und ab zu gehen. Spiegel helfen um zu sehen, wie man dabei wirkt. Freunde natürlich auch.
Als leichte Übung für den Anfang tut es auch ein kurzer Artikel aus einer Zeitung. Wer es etwas schwerer haben will, macht leichte Musik in den Hintergrund oder lässt einen Film laufen. Ihr solltet in der Lage sein, 5 Minuten durchzuhalten, ohne dass euch die Puste ausgeht. Längere "Monologe" werdet ihr in absehbarer Zeit nicht halten - immerhin will man ja ins Gespräch kommen.
Stufe zwei wären dann Gespräche mit einem Trainigspartner: Einer ist der Pirat am Infostand, einer ist der interessierte Passant. Oder der desinteressierte. Ihr werdet vor allem bei dieser Übung schnell merken, wo Defizite liegen - seien sie technischer Natur (Luftholen, konzentriert bleiben) oder inhaltlicher Natur (Antworten haben, Fakten kennen, verständlich erklären)