NRW-Web:Wahlprogramm Landtagswahl NRW 2010
Das Wahlprogramm 2012 findet Ihr hier: https://www.piratenpartei-nrw.de/landtagswahl-2012/wahlprogramm/
Diese Version wurde von der LMV 2010.2 bestätigt und vom Vorstand korrekturgelesen und am 29.03 verabschiedet. Hier auch als PDF: Datei:NRW Programm 2010 A5.pdf
Inhaltsverzeichnis
- 1 Liebe Bürgerin, lieber Bürger!
- 2 Die Piratenpartei
- 3 Bildungspolitik
- 3.1 Präambel
- 3.2 Frühkindliche Bildung
- 3.3 Schule
- 3.4 Hochschule
- 3.5 Erwachsenenbildung
- 3.6 Finanzierung
- 4 Innenpolitik
- 4.1 Für Menschenrechte kämpfen
- 4.2 Das Grundgesetz bewahren, Bürgerrechte verteidigen
- 4.3 Verfassungsschutz
- 4.4 Hilfspolizisten
- 4.5 Virtuelle Streife
- 4.6 Öffentliche Überwachung
- 4.7 Automatisierte Kennzeichenerfassung
- 4.8 Jugendkriminalität
- 4.9 Biometrische Daten
- 4.10 Entwurf zum "Transparenzgesetz"
- 4.11 Leistungsgerechte Beurteilung von Beamten
- 4.12 Ausländer-, Asyl- und Flüchtlingswesen
- 4.13 Unabhängige Kontrolle für Polizeibehörden
- 4.14 Identifikationsnummer für Polizisten
- 4.15 Pauschale Mindestentschädigung bei rechtswidrigen Maßnahmen von Behörden
- 4.16 Videoüberwachung auf Demonstrationen
- 5 Verbraucherschutz
- 5.1 Verbraucherschutz als neues Kernthema
- 5.2 Stärkung der Verbraucherpolitik
- 5.2.1 Verbraucherschutz als NRW-Landesverfassungsziel
- 5.2.2 Verbraucherpolitische Programmatik
- 5.2.3 Lobbyistenverbot bei Gesetzesentwürfen
- 5.2.4 Kompetenzzentrum Verbraucherforschung
- 5.2.5 Standardisierte Beobachtungsinstrumente
- 5.2.6 Am Bedarf orientierter Ausbau des Beratungsangebotes
- 5.2.7 Ausrichtung des Beratungsangebotes auch an den Bedürfnissen von Verbrauchern mit Migrationshintergrund
- 5.3 Gesunde und sichere Ernährung Verbesserung der Lebensmittelsicherheit
- 5.4 Transparenz im Gesundheitswesen durch Erweiterung des Informationsfreiheitsgesetzes
- 5.5 Versorgungssicherheit und Transparenz auf den Energiemärkten
- 5.6 Transparenz beim Konsum durch klare Energiekennzeichnung aller Verbrauchsgüter
- 5.7 Ausbau der Verbraucherrechte in der digitalen Welt
- 5.8 Die Förderung selbstbestimmter Verbraucher durch Transparenz, Information und Bildung
- 5.9 Kollektive Rechtsdurchsetzung stärken durch Einführung des Verbandsklagerechts im Verbraucherbereich
- 6 Bürgerbeteiligung & Direkte Demokratie
- 6.1 Wahlrecht
- 6.2 Bürgerentscheid
- 6.3 Volksentscheid
- 6.3.1 Verbesserungen bei Volksinitiativen
- 6.3.2 Zulassung von finanzwirksamen Volksbegehren
- 6.3.3 Unterschriftenhürden senken
- 6.3.4 Freie Unterschriftensammlung für Volksbegehren
- 6.3.5 Die Sammelfrist verlängern
- 6.3.6 Abstimmungshürden abschaffen
- 6.3.7 Obligatorische Volksabstimmungen zu Verfassungsänderungen
- 6.4 E-Government
- 7 Medienpolitik
- 8 Open Access
- 9 Bauen und Verkehr
- 10 Kultur
- 10.1 Rundfunk und Medien
- 10.2 Museen und Kunstsammlungen
- 10.3 Bibliotheken/ Literatur
- 10.4 Förderung von Laiengruppen und Nachwuchskünstlern
- 10.5 Nachwuchsförderung
- 10.6 Freie Lizenzen fördern
- 10.7 Spiele
- 10.8 Kulturelle Förderung für Suchtgefährdete und Suchtkranke
- 10.9 Kulturelle Förderung von Clubkultur und Nachtleben
- 10.10 Neuregelung des Tanzverbotes
- 11 Umwelt
- 11.1 Nachhaltigkeit als piratiges Prinzip
- 11.2 Naturwissenschaftliche Grundlagenforschung
- 11.3 Mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung
- 11.4 Regionalisierung
- 11.5 Energiepolitik
- 11.6 Szenario 2015
- 11.7 Verbandsklagerecht
- 11.8 Transparenz und Rechtsstaatlichkeit statt Lobbyismus und Korruption – Lex E.ON
- 11.9 Naturschutz
- 11.10 Mobilität und Umweltbelastung
- 12 Wirtschaft und Finanzen
- 13 Gesundheitspolitik
- 14 Drogenpolitik
- 15 Arbeit & Soziales
Liebe Bürgerin, lieber Bürger!
Am 09. Mai tritt die Piratenpartei das erste Mal zu einer Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen an. Gegründet hat sich die Piratenpartei vor fast vier Jahren und ist seitdem stetig gewachsen. In NRW sitzen bereits Piraten in zwei Stadträten, bei der Bundestagswahl haben wir 2% der Stimmen erhalten. Unsere Kernthemen
- Bürgerrechte, Privatsphäre und Demokratisierung
- Datenschutz, Transparenz und Verbraucherschutz
- Infrastrukturmonopole, Bildung und Open Access
- Kultur, Urheber- und Patentrecht
beeinflussen nahezu alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Wir wollen unsere Kernthemen in die politische Diskussion einbringen und unsere Standpunkte mit der nötigen Sachlichkeit vertreten. Wir haben Ansichten, die in allen Politikbereichen relevant sind. Für die Landtagswahl in NRW haben wir uns weitere Themenfelder erschlossen und in Arbeitskreisen an unseren Inhalten gefeilt. Auf den folgenden Seiten werden wir zu vielen landespolitischen Themen klar Stellung beziehen und Ihnen zeigen, wie wir die Politik in NRW mitgestalten wollen. Wir hoffen, dass wir Sie mit unseren Inhalten überzeugen können, uns am 09. Mai bei der Landtagswahl NRW Ihre Stimme zu geben.
Die Piratenpartei ist eine Mitmachpartei! Reden, diskutieren und streiten Sie mit uns und helfen Sie uns dabei, Politik zu machen. An unseren Infoständen, bei unseren Stammtischen und anderen Treffen, die alle öffentlich sind, stehen wir dazu bereit. Beeinflussen Sie die Politik in NRW und gehen Sie am 09.Mai zur Wahl.
Klarmachen zum Ändern!
Die Piratenpartei
Die PIRATEN sind Teil einer weltweiten Bewegung der Informations- und Wissensgesellschaft. Wir sind engagierte Frauen und Männer aus vielen Bereichen der Gesellschaft und stehen auf dem Boden unseres Grundgesetzes. Wir sind nicht links oder rechts, wir sind vorne. Wir wollen eine Politik frei von ideologischen Scheuklappen und setzen auf den sachlichen, wissenschaftlichen Diskurs, um eine moderne Demokratie zu erreichen, in der Ihre Grundrechte vor Eingriffen des Staates und der Wirtschaft sicher sind. Die PIRATEN sind echte Demokraten und stehen für Freiheitsliebe, gegen Überwachung und Bevormundung und für Selbstbestimmung. Wir sind motivierte Piraten und wollen viel bewegen, denn...
- PIRATEN sind frei, unabhängig und selbstbestimmt. Das beinhaltet auch, dass wir Parteizwang ebenso wie jeden anderen Verhaltenskodex als blinden Gehorsam ablehnen und auf unserer Entscheidungsfreiheit bestehen. PIRATEN handeln nur freiwillig.
- PIRATEN fragen nach und denken selbst. Wir sind neugierig und nehmen nichts als gegeben hin. Wir hinterfragen und bedienen uns unseres eigenen Wissens, um zu vernünftigen Ergebnissen zu kommen. PIRATEN sind kritisch.
- PIRATEN fördern freies Wissen, Bildung und Kultur. Wissen ist für uns ein hohes Gut. Es zu teilen ist der Schlüssel zu unserem gesellschaftlichen Erfolg. Daher setzen wir uns für freies Wissen, freie Bildung und freie Kultur ein, um allen Mitgliedern unserer Gesellschaft die gleichen Chancen zu geben. PIRATEN teilen Wissen, denn Wissen ist Macht.
- PIRATEN machen die Klappe auf. Wir beteiligen uns aktiv an der politischen Willensbildung in der Gesellschaft. Wir vertreten unsere Meinung freundlich aber bestimmt und stehen für unsere Standpunkte ein. PIRATEN zeigen Zivilcourage.
- PIRATEN sind friedlich. Wir verzichten auf Gewalt und haben Achtung vor dem Leben. Todesstrafe, Tötung von Tieren aus Spaß und die Zerstörung von Natur und Umwelt, Krieg und Tyrannei lehnen wir daher ab. PIRATEN sind keine Seeräuber.
- PIRATEN denken auch an andere. Wir wissen, dass wir Teil einer komplexen Gesellschaft sind, die nur gemeinsam funktioniert. Wir sind tolerant und gegen Diskriminierung. In der Politik wollen wir, dass jeder die Spielregeln versteht. PIRATEN sind offen für andere.
- PIRATEN sind ehrlich. Was wir sagen, meinen wir auch so. Wir setzen uns für Transparenz und Offenheit in der Politik ein, um zu zeigen, dass wir Vertrauen verdienen. PIRATEN sind unbestechlich und spielen mit offenen Karten.
- PIRATEN übernehmen Verantwortung. Wir sehen unsere Freiheit auch als Verpflichtung, uns selbst und anderen gegenüber. Politik ist für uns kein Selbstzweck. Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. PIRATEN wollen die Gesellschaft zum Besseren verändern.
- PIRATEN zerschlagen gordische Knoten. Wir verstehen Probleme, sehen neue Lösungen und lassen uns nicht von alten Mustern einnehmen. Wir pflegen eine klare Begriffssprache und sind daher verständlich. PIRATEN arbeiten und diskutieren lösungsorientiert.
Bildungspolitik
Präambel
Bildung ist die Basis unserer Gesellschaft
Kommunikation, Information, Wissen und Bildung formen die Grundlage unserer Gesellschaft. Ihr Gesicht wird durch Bildung geprägt. Bildung ermöglicht den wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt, auf dem unser materieller und geistiger Wohlstand beruht. Sie setzt die Standards für unser Zusammenleben. Sie gibt Orientierung in einer komplexen Welt und schützt die Gesellschaft vor irrationalen Ängsten und leichtfertigen Vorurteilen. Sie versetzt uns in die Lage, Herausforderungen zu meistern, Problemlösungen zu finden und wenn nötig den Kurs zu ändern. Wer die Bildung vernachlässigt, zerstört die Grundlage, auf der unsere Gesellschaft aufgebaut ist.
Durch den Wandel der Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft in eine global vernetzte Wissensgesellschaft ist Bildung die wichtigste Ressource der deutschen Volkswirtschaft geworden. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands und damit die sozialen, kulturellen und persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten der Bürger basieren auf dem allgemeinen Bildungsniveau sowie der persönlichen Qualifizierung jedes Bürgers. Die großen Herausforderungen der Zukunft, wie zum Beispiel der Klimawandel, sind nur durch technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Innovationen, also durch ein sehr viel höheres allgemeines Bildungsniveau, zu bewältigen.
Wir wollen die Zahl der Abschlüsse im tertiären Sektor vervielfachen
Die NRW-Piraten stellen die Bildungspolitik deshalb ins Zentrum ihres politischen Handelns. Wir wollen die absolute Zahl der Abschlüsse im tertiären Sektor sichtbar erhöhen und gleichzeitig die Qualität aller Abschlüsse steigern. Aufgrund des demografischen Wandels sinkt die Zahl der schulpflichtigen Personen. Daher muss die Quote der Abschlüsse im tertiären Sektor innerhalb eines Jahrgangs in den kommenden zwei Jahrzehnten vervielfacht werden, um den Bedarf der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Gesellschaft an gut und sehr gut ausgebildeten Personen zu decken.
Dies wollen wir erreichen, indem mehr Schüler zur Hochschulreife gebracht werden und ein Hochschulstudium beginnen. Auch soll die Abbrecherquote massiv gesenkt werden. Darüber hinaus gilt es, die Qualität und Flexibilität beruflicher Ausbildungswege zu erhöhen. Diese sollen, wo immer es sinnvoll ist, zu einem Fachhochschul- oder Universitätsstudium ausgebaut werden. Letzteres ist vor allem für die Berufe notwendig, in denen eine wissenschaftlich fundierte Qualifikation immer wichtiger wird.
Wir bekennen uns zu einem umfassenden Bildungsbegriff
Die basisdemokratische Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen, wie sie von der Piratenpartei gefordert wird, ist nur mit mündigen, selbstbestimmten und aufgeklärten Bürgern möglich, die sich kritisch, lernfähig und solidarisch in die Willensbildung einbringen wollen. Die Piratenpartei NRW bekennt sich deshalb zu einem umfassenden Bildungsbegriff in der Tradition Humboldts. Wir sehen in einer besser gebildeten Bevölkerung einen Gewinn für eine demokratische und soziale Gesellschaft, der weit über quantifizierbare Effekte hinausgeht.
Die soziale und kulturelle Herkunft sowie die wirtschaftlichen Voraussetzungen des Elternhauses dürfen keinen Einfluss auf den individuellen Zugang zu Bildung haben. Dieser Einfluss soll bis zum Jahr 2030 soweit minimiert werden, dass sich die soziale Zusammensetzung der Hochschulabsolventen nicht mehr vom gesellschaftlichen Durchschnitt unterscheidet. Kein Schüler soll ohne Schulabschluss bleiben. Die NRW-Piraten setzen dabei auf das Prinzip der Förderung des Einzelnen. Nur wenn alle Schülerinnen und Schüler die richtige individuelle Förderung erhalten, können sich die Potenziale jedes Einzelnen entfalten.
Die NRW-Piraten sprechen sich für eine Beibehaltung der bestehenden allgemeinen Schulpflicht aus. Die Teilnahme am Schulunterricht sichert, dass Kinder und Jugendliche die Grundlagen einer gleichberechtigten, demokratischen und pluralistischen Gesellschaft kennenlernen. In Form von Mitschülern, Lehrern und sonstigen Betreuern können die Kinder und Jugendlichen Ansprechpartner für Fragestellungen und Probleme finden, die durch die Lebensentwürfe der Eltern oder dem sozialen Umfeld abgelehnt oder tabuisiert würden. Im Rahmen des Schulbesuchs ist den Kindern und Jugendlichen transparent zu machen, wie sie ihren eigenen Bildungsweg gegebenenfalls auch unabhängig von den Elternwünschen gestalten können. Zur besseren Integration von Zuwanderern soll ein interkulturelles Bildungsangebot geschaffen werden. Alle Bildungsinstitutionen sollen barrierefrei sein. Das mehrgliedrige Schulsystem in NRW muss durchlässiger werden.
Bildung ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag
Um unsere Ziele zu erreichen, sind gewaltige Anstrengungen vonnöten. Diese dürfen nicht dem Einzelnen aufgebürdet werden, sondern stellen einen gesamtgesellschaftlichen Auftrag dar. Der Staat hat die Aufgabe, entsprechende räumliche, personelle und finanzielle Ressourcen bereitzustellen und eine auf jeden Einzelnen ausgerichtete Förderung zu garantieren. Der Zugang zu Bildung ist auf allen Ebenen kostenfrei zu gewährleisten und vollständig durch die Gemeinschaft zu finanzieren. Bei der Finanzierung des Bildungssystems sind grundsätzlich neue Prioritäten zu setzen. Der Bildungsetat muss deutlich ausgeweitet werden.
Selbstverwaltung der Schulen
Die NRW-Piraten lehnen von oben diktierte Reformen des Bildungswesens vehement ab. Selbst die besten Reformvorschläge scheitern, wenn sie nicht von allen Beteiligten getragen werden. Die NRW-Piraten setzen daher auf die Prinzipien Selbstverantwortung, Selbstverwaltung, Subsidiarität und Transparenz. Die Schulen sollen selbstverwaltete Einheiten werden, die auf demokratischem Wege über die Verwendung ihrer finanziellen und personellen Ressourcen sowie ihre Methodik und Unterrichtsplanung selbst entscheiden. Die zu vermittelnden Grundkompetenzen sowie bestimmte Standards sind für alle Schulen verbindlich.
Eine Schule kann die Entlassung in die Selbstverwaltung bei der zuständigen Schulbehörde beantragen. Dem Antrag muss eine Gründungssatzung beigelegt werden, die von der Schulversammlung beschlossen wurde. Die Schulleitung wird auf der Schulversammlung von allen anwesenden Lehrern, Eltern und volljährigen Schülern für fünf Jahre gewählt und nach Ablauf ihrer Amtszeit auf Basis ihres Rechenschaftsberichts entlastet. Um die Selbstverwaltung im Schulsystem zu verwirklichen, setzen sich die NRW-Piraten dafür ein, Lehrkräfte ab sofort nicht mehr zu verbeamten.
Die Finanzierung der Schulen erfolgt auf Basis einer Kopfpauschale pro angemeldetem Schüler. Die Höhe der Pauschale richtet sich nach dem Leistungsstand des Schülers beim Schuleintritt. Für lernschwache Schüler erhält die Schule eine höhere Kopfpauschale, da der Aufwand zur Erzielung der gewünschten Ergebnisse entsprechend höher ist. Die Erfolge der Schulen werden transparent kommuniziert, so dass Eltern und Schüler vor der Anmeldung ihre Schule beurteilen können. Ziel der Selbstverwaltung ist, dass individuelle Schulkonzepte vor Ort von den Betroffenen selbst entwickelt und umgesetzt werden. In der Summe entstehen so mehrere parallel auswertbare Lösungswege. Außerdem wird Bürokratie abgebaut.
Frühkindliche Bildung
Der frühkindlichen Bildung kommt bei der Verwirklichung unserer Ziele eine zentrale Bedeutung zu. Ihre Aufgabe ist es, die bestehenden Unterschiede in den persönlichen Kompetenzen der Kinder so weit auszugleichen, dass alle Kinder unabhängig von ihrer sozialen und kulturellen Herkunft mit möglichst guten Grundvoraussetzungen ihre Schullaufbahn beginnen. Die NRW-Piraten fordern deshalb, dass eine kostenlose Ganztagsbetreuung in wohnortnahen Kindertagesstätten mit flexiblen Öffnungszeiten für Kinder ab dem ersten Lebensjahr flächendeckend angeboten wird. Das Recht darauf ist gesetzlich festzuschreiben. Die Jugendämter sind verpflichtet, alle Eltern, deren Kinder im vierten Lebensjahr nicht in einer Kindertagesstätte angemeldet sind, durch verständliche Informationen nachhaltig über die Vorteile des KITA-Besuchs aufzuklären.
Eltern können die Kindertagesstätte für ihre Kinder frei wählen. Konfessionelle, soziale, kulturelle oder sonstige Zugangsbeschränkungen sind in Einrichtungen, die ganz oder teilweise öffentlich finanziert werden, nicht zulässig. Der Besuch von Kindertagesstätten sowie die Verpflegung in Kindertagesstätten sind kostenlos. Bei der öffentlichen Finanzierung von Einrichtungen sind alle Träger gleich zu stellen. Kommunen, die aus eigener Kraft die notwendige Zahl von Plätzen in Kindertagesstätten nicht bereitstellen können, werden vom Land finanziell unterstützt. Die Landesmittel sind entsprechend aufzustocken.
Alle Kinder werden im Alter von vier Jahren durch entsprechend geschultes Personal in ihrer sprachlichen und motorischen Entwicklung bewertet. Förderbedürftige Kinder erhalten in der Kindertagesstätte eine intensive sprachlich-motorische Förderung, um Defizite bis zum sechsten Lebensjahr auszugleichen. Die Zusammenarbeit mit den Eltern muss dabei aktiv gefördert werden. Die fachliche Qualifikation der Erzieherinnen und Erzieher soll verbessert werden, indem die Ausbildung zukünftig in einem pädagogischen Hochschulstudium absolviert wird.
Schule
Für jeden Schüler ist eine Ganztagsbetreuung mit Mittagessen und individuellen Lerngruppen oder einer Hausaufgabenhilfe am Nachmittag vorzusehen. Die NRW-Piraten setzen sich dafür ein, dass die schulische Ganztagsbetreuung von Kindern nicht die Familien in der Gestaltung ihrer Lebensentwürfe und Freizeit unangemessen einschränkt. Ein Ganztagsschulangebot soll ein echtes Angebot sein, das Familien Raum für Familienleben, Vereine, Hobbies, Hausaufgaben im Familienkreis oder ungeplante Kinderfreizeit lässt. Die Lehrer sind in ihrer Arbeit durch nicht-lehrendes Personal, wie Assistenten, Psychologen oder Sozialpädagogen, soweit zu unterstützen, dass sie sich auf die Vermittlung des Unterrichtsstoffes konzentrieren können.
Im Sinne der Menschenrechte und einer Kultur des sozialen Miteinanders muss das Ziel einer jeden Schulpädagogik sein, Aus- und Abgrenzungen weitestgehend zu vermeiden. Daher streben die NRW-Piraten einen kontinuierlichen Rückbau der Förderschulen in NRW an. Schülerinnen und Schüler mit speziellen Förderbedürfnissen sollen nach den Prinzipien der Inklusionspädagogik weitestgehend in die allgemeinbildenden Schulen eingebunden werden. Bestehende bauliche Barrieren in Grundschulen und weiterführenden Schulen werden zügig beseitigt.
Primarstufe
Die vierjährige Primarstufe soll in Zukunft wesentlich mehr Kinder auf einen schulischen Bildungsweg vorbereiten, der mit dem Abitur abgeschlossen wird. Sie hat daher die Aufgabe, wesentlich mehr Kinder mit den dafür notwendigen Grundkompetenzen auszustatten. Dies kann nur durch eine individuelle Förderung der Schüler geschehen, deren Ziel es ist, insbesondere die herkunftsbedingten Leistungsunterschiede auszugleichen. Um diese individuelle Förderung zu gewährleisten, darf die Klassengröße 15 Schüler nicht überschreiten.
Sekundarstufen I und II
Eingliedriges Schulsystem
Die TIMSS-Studie, die DESI-Studie und die PISA-Studien stellten für die Sekundarstufe I in Deutschland fest, dass sich die mathematischen und literarischen Kompetenzen von Hauptschülern, Realschülern und Gymnasiasten zu einem großen Prozentsatz überschneiden. Das bedeutet, dass es in allen Schulformen sehr gute, mittlere und schwache Schüler gibt, nur in unterschiedlichen Prozentanteilen. Hieraus schließt die UNICEF-Studie "Disadvantages In Rich Nations", dass die Kinder in Deutschland zu früh und falsch sortiert werden. Die Studie fasst die Situation in Deutschland unter dem Titel: "Germany: Children Sorted For A Life" (Deutschland: Kinder für ihr ganzes Leben einsortiert) zusammen, um zu verdeutlichen, dass diese frühe Einsortierung kaum rückgängig zu machen ist. Die PISA-Sonderstudie zu Erfolgschancen von Migrantenkindern kritisiert ebenfalls das deutsche Bildungssystem. Migrantenkinder der zweiten Generation, also Schülerinnen und Schüler, die in Deutschland geboren sind, aber ausländische Eltern haben, erbringen noch schlechtere Leistungen als Migrantenkinder der ersten Generation. 40% von ihnen erreichen nicht die zweite von fünf Kompetenzstufen.
Da sich die eingliedrigen Schulsysteme der PISA-Spitzenreiter Finnland und Kanada in der Vergangenheit als leistungsfähiger erwiesen haben und wir das Ziel verfolgen, die Zahl der Abiturienten pro Jahrgang zu vervielfachen, schlagen die NRW-Piraten ein eingliedriges Schulsystem vor. Dessen vorrangiges Ziel ist es, möglichst viele Schüler zur Hochschulreife zu bringen. Das bisherige viergliedrige System, bestehend aus Hauptschule, Realschule, Gymnasium und Gesamtschule, selektiert zu früh und fördert zu wenig. Alle Schüler sollen grundsätzlich die Möglichkeit haben, ohne Schulwechsel das Abitur anzusteuern. Ein derart tiefer Eingriff in die Schulrealität kann nicht von heute auf morgen umgesetzt werden. Die NRW-Piraten wollen daher eine schrittweise Umsetzung unter Einbeziehung aller Beteiligten.
Fließende Schullaufbahn
Jeder Schüler soll die Möglichkeit haben, seine Schullaufbahn individuell zu planen und zu absolvieren. Auch bei einer umfassenden Beseitigung von herkunftsbedingten Leistungsunterschieden wird es immer Unterschiede im Leistungsniveau der Schüler geben. Dies gilt es in der Sekundarstufe I zu berücksichtigen. Die NRW-Piraten schlagen deshalb eine Schule mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten vor. Dazu werden die Klassenverbände nach einer zweijährigen Orientierungsstufe zugunsten eines flexiblen Kurssystems aufgelöst.
Ein flexibles Kurssystem löst zahlreiche Probleme des existierenden Klassensystems. Mangelhafte Leistungen in einer bestimmten Zahl von Fächern haben nicht mehr die Wiederholung der ganzen Klasse zur Folge, sondern lediglich die Wiederholung der mangelhaft abgeschlossenen Kurse. Umgekehrt werden besonders leistungsfähige Schüler nicht mehr unterfordert oder zum Überspringen einer ganzen Klasse gezwungen, sondern können Kurse wählen, die ihrer Leistungsfähigkeit entsprechen. Der Übergang in die Sekundarstufe II erfolgt fließend, sobald die entsprechende Zahl von Kursen der Sekunderstufe I erfolgreich abgeschlossen wurde. Damit wird auch die Problematik von G9 und G8 vermieden. Wenn mehrere Kurse derselben Leistungsstufe angeboten werden und der Schüler den Kurs und damit auch den Lehrer frei wählen kann, werden überdies viele Probleme vermieden, die daraus entstehen, dass die Schüler keinen Einfluss darauf haben, welche Lehrkraft sie unterrichtet.
Schulabschlüsse wie der Hauptschulabschluss, die Fachoberschulreife oder das Abitur werden durch den erfolgreichen Abschluss einer bestimmten Zahl von Kursen mit einer besonderen weiteren Prüfung erlangt. Um das Leistungsniveau innerhalb einer Schule und landesweit vergleichbar zu machen, müssen während der gesamten Schullaufbahn bestimmte Kurse durch eine zentrale Prüfung abgeschlossen werden. Ein Curriculum mit Pflicht- und Wahlkursen gewährleistet dem einzelnen Schüler ein hohes Maß an Freiheit bei der inhaltlichen Differenzierung seiner Schullaufbahn. Gleichzeitig wird garantiert, dass wichtige Grundkompetenzen im Sinne eines umfassenden Bildungsideals an alle Schüler vermittelt werden.
Die NRW-Piraten sind sich bewusst, dass ein eingliedriges, kursbasiertes Schulsystem nur auf Basis eines breiten gesellschaftlichen Konsens und nicht von oben herab erfolgreich eingeführt werden kann.
Individuelle Förderung
Durch den Aufbau eines schulinternen Fördersystems sollen Schüler, deren Leistung nicht befriedigend ist, individuell unterstützt werden. Die dafür zusätzlich benötigten Lehrkräfte sind sofort einzustellen. Die Unterstützung der Lehrerinnen und Lehrer durch nicht-lehrendes Personal ist eine wesentliche Voraussetzung für die Umsetzung der individuellen Förderung. Um einen Unterricht zu gewährleisten, der allen Schülern gerecht wird, darf die Klassen- beziehungsweise Kursgröße in den Sekundarstufen I und II maximal 15 Schüler betragen. Dort wo es pädagogisch notwendig ist, wie beispielsweise in speziellen Fördergruppen, muss diese Zahl entsprechend niedriger sein.
Benotung und Bewertungskriterien
Die Aussagekraft einer Note außerhalb der Rahmenbedingungen, in der sie erhoben wurde, ist sehr gering. Eine Bewertung der Leistung kann nur als Orientierungshilfe für Schüler, Eltern und Lehrer innerhalb der Schullaufbahn dienen. Um diesen Zweck zu erfüllen, sollte die Bewertung von Schülern differenzierter als durch Noten erfolgen. Dazu gibt es zahlreiche Ansätze, die in der täglichen Praxis stärker umgesetzt werden müssen. Insbesondere in einem künftigen Kurssystem sind detailliert aufgeschlüsselte fachliche Bewertungen wünschenswert, um darauf aufbauend die weitere Kurswahl gezielt vorzunehmen. Kopfnoten lehnen die Piraten grundsätzlich ab.
Unterstützende und flankierende Maßnahmen für das Schulsystem - IT und Lernmittel
Die Ausstattung mit digitalen Arbeitsmitteln und ein Internetzugang für alle Lernenden ist eine Grundvoraussetzung für den Zugang zur Informations- und Wissensgesellschaft und einer aktiven Teilhabe an dieser. Das erhebliche Ungleichgewicht zugunsten der papiergebundenen und nicht-netzwerkfähigen Bereitstellung von Lernmitteln ist historisch bedingt und stellt eine Momentaufnahme der aktuellen Entwicklung dar. Die NRW-Piraten regen eine deutliche Verschiebung dieser Verhältnisse an. So werden zudem Innovationsprozesse in den entsprechenden Branchen, etwa Schulbuchverlagen, Anbietern von Digitalmedien und IT-Dienstleistern, stimuliert.
Digitale Medien
Unterrichtsmaterial für Lehrer und Schüler sollte unter einer freien Lizenz zugänglich gemacht werden. Das vereinfacht den Lehrkräften die Erarbeitung von eigenen Unterrichtsmaterialien. Die Erstellung und Freigabe qualitativ hochwertiger Materialien durch Lehrer und Fachbuchautoren wird durch das Land entsprechend vergütet.
Die kommunalen Gesamtinvestitionen der Städte und Landkreise für audiovisuelle Digitalmedien betragen jährlich rund eine Millionen Euro beziehungsweise 0,48 Euro pro Schüler. Der aktuell aufgewendete Betrag stellt 0,8 Prozent des Umsatzes mit Lehr- und Übungsbüchern im Jahr 2008 dar. Die Digitalmedien werden über die Verleihsysteme der kommunalen und Landesmedienzentren sowie über das gemeinsam betriebene landesweite Online-Distributionssystem für alle allgemein- und berufsbildenden Schulen kostenlos bereitgestellt. Die NRW-Piraten wollen den Betrag von einer Millionen Euro auf 5,52 Millionen Euro beziehungsweise 2,50 Euro pro Schüler anheben. Dies entspricht dem Betrag, der in Finnland jährlich für Digitalmedien investiert wird.
IT für Schulen
Die Bereitstellung von Computern für allgemein- und berufsbildende Schulen erschöpft sich zurzeit in stationären Desktop-Geräten und gegebenenfalls Notebooks, die in der Schule ausgeliehen werden können. Die Geräte kommen hauptsächlich in Computerräumen und Medienecken zum Einsatz. Hier entfällt im Landesdurchschnitt ein Computer auf acht bis zwölf Schüler. Die Nutzungskultur von Desktop-Geräten für die Unterrichtsvorbereitung, die Hausaufgaben sowie allgemeine Bildungsaspekte ist stark abhängig von der jeweiligen sozialen und wirtschaftlichen Situation der Elternhäuser.
In einigen Städten und Landkreisen betreiben die kommunalen Rechenzentren Unterstützungssysteme für Schulen, zum Beispiel Dateiablageserver mit zentral verwalteten Zugangsberechtigungen. Der Einsatz von Lernmanagementsystemen mit virtuellen Klassenzimmern, auf die auch von zuhause aus zugegriffen werden kann, bleibt der Initiative einzelner Schulen und Kommunen überlassen. Lediglich die Stadt Hennef im Rhein-Sieg-Kreis und die Regio-IT der Stadt und des Kreises Aachen haben zurzeit den Einsatz von virtuellen Klassenzimmern flächendeckend umgesetzt. Auch der erfolgreiche Einsatz von Mobile Computing in der Schule hatte bislang nur Modellprojektcharakter und ist, ebenso wie die digitale Schulmappe, nur in einigen Evaluationsprojekten realisiert.
Die NRW-Piraten regen daher eine landesweite "IT-Initiative Bildungsinnovation" an. Diese beinhaltet, die Bereitstellung personalisierbarer standardisierter multimediafähiger Notebooks oder Netbooks für alle Schülerinnen und Schüler ab dem fünften Schuljahr stetig auszubauen. Die Anschaffung soll über Leasingverträge mit Versicherung und 24-Stunden-Supportservice stattfinden. Die notwendige Standardsoftware kann zu neunzig bis hundert Prozent aus Open-Source-Angeboten bestehen. Außerdem ist vorgesehen, das Angebot serverbasierter virtueller Lernumgebungen oder Lernmanagementsysteme für alle Schulformen auszubauen. Die Bereitstellung der IT-Serverdienstleistungen kann über das Netzwerk der kommunalen IT-Dienstleister erfolgen. Die finanzielle Belastung beträgt etwa 2,50 Euro pro Schüler und Jahr.
Finanzierung der landesweiten IT-Initative
Die landesweiten Ausgaben für Schul- und Übungsbücher liegen aktuell bei 56 Euro pro Schüler und Jahr. Diese werden zu zwei Dritteln vom Land und zu einem Drittel von den Eltern der Schüler getragen. Auf die öffentliche Hand entfallen also 82 Millionen Euro, die Eltern der Schüler zahlen 41 Millionen Euro. Auf Antrag können die Schulbuchkosten für Kinder von Hartz-IV-Empfängern von den Sozialämtern übernommen werden. Hinzu kommen eine Millionen Euro für Digitalmedien und Online-Lizenzen, die zu hundert Prozent von den Kommunen getragen werden. Die Kosten für papiergebundene Zusatzlektüre und Fotokopien von derzeit etwa 44 Millionen Euro werden vollständig von den Schülereltern aufgebracht und sind nicht erstattungsfähig. Außerdem geben die Eltern in Nordrhein-Westfalen zusätzlich etwa 260 Millionen Euro für private Nachhilfe aus, um die unzureichende staatliche individuelle Förderung zu ergänzen. Hieraus ergibt sich eine Gesamtinvestition von 428 Millionen Euro, von denen die öffentliche Hand lediglich 82 Millionen Euro, die Schüler und ihre Eltern aber 346 Millionen Euro beisteuern.
Die "IT-Initiative Bildungsinnovation für Schulen" sieht Ausgaben für Digital- und Online Medien, sowie für Lernmanagmentsysteme oder virtuelle Klassenzimmer von 11 Millionen Euro pro Jahr vor. Für eine flächendeckende Versorgung mit Multimedia-Notebooks für jeden Schüler ab der 5. Klasse ergeben vorsichtige Rechnungen zusätzliche 151 Millionen Euro jährlich. Die Gesamtbelastung beträgt folglich 162 Millionen Euro pro Jahr. Der Betrag für Digitalmedien soll sofort im ersten Jahr in voller Höhe bereitgestellt werden. Von den weiteren Mittel sollen im ersten Jahr ein Fünftel, im zweiten Jahr zwei Fünftel usw. bereitgestellt werden, bis im fünften Jahr die volle Höhe erreicht ist.
Die NRW-Piraten streben eine vollständige Übernahme der Schulbuchkosten durch die öffentliche Hand an. Demgegenüber soll ein moderater Elternbeitrag von 25 Euro pro Jahr erhoben werden. Mit diesem sollen die Digitalmedien und die Lernplattformen vollständig und die Notebooks zu einem Drittel finanziert werden. Zwei Drittel der Kosten für die Notebooks sollen aus Landesmitteln stammen. Der Elternbeitrag kann für Hartz-IV-Empfänger auf Antrag durch die Sozialämter erstattet werden.
Lehrkräftefortbildungen
Die NRW-Piraten regen an, den Umgang mit Lernmanagementsystemen und Online-Medien im Rahmen der IT-Initiative in die reguläre Lehrerfortbildung zu übernehmen. Hierzu ist es erforderlich, landesweit insgesamt 100 medien- und IT-affine Lehrkräfte und Dozenten zur Durchführung dieser Fortbildungen frei- oder einzustellen. Die zusätzlich notwendigen Investitionen sind in der jährlichen Steigerungsrate der Bildungsinvestitionen enthalten.
Die NRW-Piraten wollen die verpflichtende Lehrkräftefortbildung auf zehn Tage pro Jahr ausbauen. Drei Tage der Lehrkräftefortbildung sollen in universitärer Verantwortung liegen und an universitären Pädagogik- oder Fachseminaren durchgeführt werden. Dies dient einem schnelleren und effizienteren Transfer universitärer Erkenntnisse in die berufliche Praxis. Außerdem werden die entsprechenden Fachbereiche der Universitäten dazu angehalten, sich stärker in der beruflichen Fortbildung zu engagieren. Sie bereiten sich durch entsprechende Fortbildungsangebote auf eine allgemein anzustrebende Kultur des lebenslangen und berufsbegleitenden Lernens vor und sind in diesen Prozess aktiv eingebunden. Die Lehrkräfte entscheiden selbst, welche Fortbildungsangebote sie aus dem universitären Portfolio wahrnehmen möchten. Die Fortbildungen sind nachweispflichtig.
Schulkultur
Schulkultur bedeutet für die NRW-Piraten den vertrauensvollen und partnerschaftlichen Umgang aller Beteiligten. Das schließt neben Schülern, Lehrern und Eltern auch das nicht-pädagogische Personal der Schulen und Kooperationspartner mit ein. Toleranz und gegenseitiger Respekt sind Grundvoraussetzungen für das Gelingen von Inklusionspädagogik. Hier müssen die Schulen gestärkt und zeitliche, finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
Die Schüler verbringen durch die Ganztagsbetreuung immer mehr Zeit in der Schule. Daher ist die Umgestaltung der Schulen von einem bloßen Lernraum zu einem echten Lern- und Lebensraum zentraler Punkt der Schulkultur. Mensa, Aufenthaltsräume, Ruhezonen, Sportbereiche, Bibliotheken und gestaltete Außenbereiche sollen weiter ausgebaut werden. Schule kann auf diese Weise zu verschiedensten Aktivitäten von Schülern, Eltern und anderen einladen, die damit positiv auf das Lernklima zurückwirken. In der unterrichtsfreien Zeit und in nichtgenutzten Räumen können Veranstaltungen von der Schulgemeinschaft und für die Schulgemeinschaft stattfinden.
Das Thema Schulkultur muss in der Aus- und Fortbildung von Lehrern mehr Berücksichtigung finden. Teamstrukturen müssen in der Schule weiter gestärkt werden. Vor allem in großen Systemen ist es notwendig, für alle Schüler überschaubare Strukturen zu schaffen, die ein positives Lernklima begünstigen. Hilfreich sind hier verschiedene feste Lehrerteams, die sich austauschen und koordinieren und dem Schüler als Ansprechpartner zur Seite stehen. Neben den äußeren Strukturen wird die soziale Kompetenz der Schüler durch den Einsatz von vielfältigen Unterrichtsformen gefördert. Gemeinsame Aktivitäten, zum Beispiel Fahrten und Feiern, müssen wieder einen höheren Stellenwert erlangen. Internationale Themenprojekte, auch in Kooperation mit Ländern außerhalb Europas, können mit Hilfe der neuen Medien verstärkt Eingang in den Unterricht finden und die Orientierung in einer globalisierten Welt erleichtern.
Hochschule
Der Wandel unserer Gesellschaft in eine Informations- & Wissensgesellschaft lässt sich, wie in der Präambel dargelegt, nicht aufhalten. Daher sehen die NRW-Piraten die Gesellschaft in der Pflicht, jedem Menschen und Bürger Chancen auf eine Hochschulbildung zu eröffnen.
Studiengebühren führen neben vielen anderen Faktoren dazu, dass viele junge Menschen von einer Laufbahn an den Hochschulen absehen. Das stellt nicht nur eine Einschränkung des Menschenrechts auf Bildung dar, sondern ist auch im Hinblick auf die soziale und wirtschaftliche Zukunft Deutschlands unverantwortlich. Die bisherige Praxis führt zu einer finanziellen und sozialen Selektion der Studierwilligen. Daher fordern wir den freien Zugang zum Hochschulstudium und die Abschaffung der zurzeit in Nordrhein-Westfalen erhobenen Studiengebühren. Die Bildung und Ausbildung von Studenten ist Aufgabe der Gemeinschaft, welche von gut ausgebildeten Akademikern profitiert. Daher ist auch die Finanzierung dieser Bildung und Ausbildung von der Allgemeinheit zu tragen.
Durch den Bologna-Prozess wurden die Studienzeiten der meisten Studiengänge drastisch verkürzt, ohne dass dabei auch der zu vermittelnde Stoff verringert wurde. Diese Stoffverdichtung führt zu einer deutlich höheren Arbeitsbelastung der Studierenden. Deshalb ist es mit den Bachelor- und Master-Studiengängen kaum noch möglich ist, neben dem Studium zu arbeiten und dieses so zu finanzieren. Das BAföG rückt daher deutlich stärker in den Mittelpunkt der Studienfinanzierung. Der BAföG-Höchstsatz von 643 Euro ist jedoch keineswegs ausreichend, um den Bedarf eines Studenten wirklich decken zu können. Auch die Anforderungen um Bafög zu beziehen sind zu hoch.
Die NRW-Piraten fordern folglich, das BAföG auf einen Satz anzuheben, welcher jedem Studenten ein vernünftiges Leben ohne den Zwang zu einem Nebenverdienst ermöglicht. Weiterhin fordern wir, das BAföG elternunabhängig zu gestalten. Die aktuelle Situation führt oftmals dazu, dass Kinder im Zweifel ihre Eltern auf Zahlung von Unterhalt verklagen müssten. Das ist offensichtlich nicht praktikabel. Jeder Student sollte unabhängig vom Einkommen der Eltern sein BAföG beziehen können.
Der Bologna-Prozess, der in der Erklärung von Bologna seinen Anfang nahm, hatte eigentlich nur ein Ziel: Die Internationalisierung und Vergleichbarkeit der Studienabschlüsse herzustellen. In jedem unterzeichnenden Land sollte so klar sein, was ein Studierender studiert hat und was er innerhalb dieses Studiums geleistet hat. Heute wird der Bologna-Prozess jedoch mit Anwesenheitspflicht in Vorlesungen, Überlastung der Studenten und hohen Abbrecherquoten gleichgesetzt. Die Hochschulen scheinen mit der Reform vollkommen überfordert zu sein. Aus diesem Grund fordern die NRW-Piraten, dass die Hochschulen sich auf die Kernaufgabe des Bologna-Prozesses konzentrieren.
Bildung muss mehr als eine reine Ausbildung sein. Die absolute Verschulung der Studiengänge ist grundsätzlich abzulehnen. Es soll jedem Studenten wieder ermöglicht werden, ein Studium Generale durchzuführen. Wir werden die Hochschulen wieder selbst festlegen lassen, wie lange ein Bachelor-Studium dauern soll. Außerdem setzen die NRW-Piraten sich dafür ein, dass jeder Student nach qualifiziertem Abschluss seines Bachelors ein Anrecht auf einen Master-Platz hat.
Hochschulen sollen Körperschaften des öffentlichen Rechts sein, die sich selbst demokratisch verwalten. Die Hochschulen haben jedoch seit einiger Zeit kaum noch Einfluss auf ihre eigene Entwicklung. Stattdessen entscheidet der Hochschulrat über ihre Belange. Nach aktueller Gesetzeslage soll sich der Hochschulrat zu mindestens 50 Prozent aus Externen und maximal zu 50 Prozent aus Hochschulmitgliedern zusammensetzen. Es ist aber auch möglich, den Hochschulrat komplett aus Externen zu bilden. In diesem Fall entscheiden häufig allein Führungskräfte der Wirtschaft über die Belange einer Hochschule. Für Studierende, die immerhin die mit Abstand größte Gruppe an der Hochschule darstellen, ist dagegen keine Mitwirkungsmöglichkeit vorgesehen.
Der Hochschulrat wählt unter anderem das Präsidium der Hochschule und kann so die Entwicklungs- und Wirtschaftspläne der Hochschule im eigenen Interesse mitbestimmen. Die NRW-Piraten wollen dieses undemokratische Gremium abschaffen und die demokratischen Strukturen innerhalb der Hochschule wieder herstellen. Weiterhin setzen wir uns für eine Änderung der Zusammensetzung der Senate der Hochschulen ein. Aktuell stellen die Professoren an den meisten Hochschulen mindestens 50 Prozent der stimmberechtigten Mitglieder des Senats. Die Studenten und die Mitarbeiter der Universität sind zumeist deutlich in der Minderheit. Jede der Gruppen sollte ein Drittel der stimmberechtigten Mitglieder stellen dürfen, wobei die wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter jeweils zur Hälfte vertreten sein sollten. Ziel ist die Gleichberechtigung von Mitarbeitern, Studenten und Professoren.
In einigen Bundesländern mit CDU-Regierungen wurden die verfassten Studierendenschaften stark eingeschränkt oder sogar komplett abgeschafft. Diesem Trend stellen sich die NRW-Piraten entschieden entgegen. Die verfasste Studierendenschaft ist als Interessenvertretung der Studenten unverzichtbar. Sie versetzt zudem die heranwachsenden Bürger unseres Landes in die Lage Demokratie zu erlernen, zu gestalten und aktiv zu erleben. Wir setzen uns deshalb für eine Erhaltung dieser demokratischen Strukturen ein.
Erwachsenenbildung
Die Erwachsenenbildung ist ein weites Feld. Sie reicht von Alphabetisierungskursen und Sprachkursen im Rahmen der Integration von Zuwanderern über die betriebliche Fortbildung und privatwirtschaftliche Qualifizierung bis hin zu einem Zweit- oder Drittstudium an einer Hochschule. Die Landesregierung sollte den Aufbau von frei zugänglichem Lehr- und Unterrichtsmaterialien in diesen Bereichen finanziell fördern, um den Zugang zu Bildung auch für Erwachsene zu vereinfachen. Dem lebenslangen und berufsbegleitenden Lernen fällt eine zunehmend wichtige Rolle in Gesellschaft und Wirtschaft zu. Es ist wichtig um die Wettbewerbsfähigkeit, Kreativität und Innovationskraft unserer Volkswirtschaft zu erhalten und auszubauen. Hierzu ist es vonnöten, geeignete Maßnahmen für den schnelleren Wissenstransfer aus den Hochschulen in die berufliche Praxis festzulegen und umzusetzen.
Die Piratenpartei regt daher an das System der Volkshochschulen durch den Ausbau zertifizierter Fortbildungsmöglichkeiten zu stärken. Dies kann parallel zu den existierenden privatwirtschaftlich geführten Bildungsunternehmen und -initiativen vonstatten gehen. Dazu sollen die Volkshochschulen durch die Einführung von Summerschools, Kursen und Curricula in Kooperation mit den Berufsakademien, Fachhochschulen und Universitäten noch effizienter als bisher in unsere Bildungslandschaft integriert werden. Hierzu ist die Bereitstellung von Online-Werkzeugen, die ein orts- und zeitunabhängiges Lernen fördern und ermöglichen, unerlässlich. Angeregt wird daher die staatlich finanzierte beziehungsweise staatlich geförderte Bereitstellung von Lernplattformen zum integrierten Lernen als flankierende Maßnahme.
Erwachsenenbildung geht als Teil des lebenslangen Lernens weit über Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen hinaus. Die NRW-Piraten sehen die Bundesregierung und die Landesregierungen in der Pflicht, lebenslanges Lernen durch Bereitstellung von kostenfrei zugänglichem Lehrmaterial für Standardabschlüsse und Zertifizierungen sowie dem Angebot von modularen Prüfungen zu fördern. Die Materialien sind gleichzeitig als Ergänzung zum Schulunterricht für Schüler nutzbar. Die NRW-Piraten unterstützen außerdem den Ausbau und die Förderung von Projekten für Offene Bildung, bei denen Bildungsinhalte kostenlos und allgemein verfügbar gemacht werden.
Die NRW-Piraten sehen einen wesentlichen Aspekt für eine Steigerung der allgemeinen Bildung in der Fehlertoleranz von Bildungssystemen. Personen in einer finanziell angespannten Lage müssen die Möglichkeit haben, Fehler zu machen beziehungsweise Fehlentscheidungen zu treffen. Systeme, die nur eine Chance für alle bieten, bestrafen gerade diejenigen, die sich zusätzliche Kurse oder Prüfungen nicht leisten können. Eine Kostenexplosion lässt sich durch den verstärkten Einsatz von modernen Medien und staatlichen Selbstlernangeboten, ergänzt durch regelmäßige öffentliche Prüfungstermine, verhindern.
Die Erwachsenenbildung der Zukunft wird sich durch einen nahezu formlosen Zugang zu öffentlichen und öffentlich anerkannten, kostenfreien, außerschulischen Lernprogrammen mit geringen Prüfungskosten auszeichnen müssen. Modulare Zertifizierungen erlauben dabei das Sammeln von Einzelzertifikaten auch über einen langen Zeitraum, die letztlich zu einem Abschluss zusammengefasst werden können. In der Folge ergeben sich flexible Anpassungsmöglichkeiten an individuelle Lebensumstände, sowie eine Motivation zur Steigerung der Bildung quer durch die Bevölkerung. Die Notwendigkeit einer Anmeldung mit langfristigen Verpflichtungen beziehungsweise Kosten entfällt somit. Dies kommt zum Beispiel den Lebensrealitäten von Familien, prekär Beschäftigten, Kurzarbeitern oder Erkrankten entgegen. Dennoch werden Möglichkeiten eröffnet, die erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse entsprechend zertifizieren zu lassen. Generell sind dabei Prüfungen, die sich an einen Kurs anschließen, auch für Selbstlerner offen.
Die NRW-Piraten setzen sich für eine stärkere Öffnung, Vernetzung, Kommunikation und Zusammenarbeit der bisher oft abgeschottet arbeitenden Bildungsinstitutionen ein. Den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten kommt eine wichtige Rolle als Produzent und Anbieter von Materialien zur Unterstützung von Lerninhalten, orientiert an den Lehrplänen staatlicher Schulen, zu. Gerade im Medienbereich ist verstärkt darauf zu achten, dass Mehrwert, der durch den Einsatz von Steuermitteln erzeugt wird, dem Steuerzahler unentgeltlich zur Verfügung steht. Dies gilt insbesondere für Medieninhalte, die über das Internet langfristig in Archiven verfügbar gehalten werden können.
Die NRW-Piraten sehen die Erhaltung und den Ausbau von staatlichen und privaten Förderprogrammen als wichtig an. Die zukünftigen Programme sollen allerdings nicht ausschließlich auf "Eliten" und "Top-Performer", die oft ohnehin schon gefördert werden, ausgerichtet sein. Als Zielgruppe solcher Programme sind vielmehr alle Lernwilligen zu begreifen, unabhängig von deren bisheriger Bildungsbiografie. In Schule und Medien soll daher verstärkt auf Bildungsangebote, Fördermöglichkeiten und die Vergabemodalitäten hingewiesen werden. Wesentlicher Bestandteil sinnvoller Bildungsförderung ist eine geringe Zugangsschwelle. Informationen über Bildungsmöglichkeiten müssen ohne Aufwand auffindbar sein und dürfen kein Herrschaftswissen darstellen.
Die NRW-Piraten sehen es im Rahmen des lebenslangen Lernens als konsequent an, auch Förderprogramme und Stipendien für Erwachsene anzubieten. Die NRW-Piraten betrachten neben berufsbegleitender Weiterbildung auch Bildungsurlaub als wichtigen Teil des Arbeitslebens und als wichtiges Element der Erwachsenenbildung zur Erweiterung des geistigen Horizonts.
Finanzierung
Die bildungspolitischen Aufgaben, die vor uns liegen, können durch eine Umschichtung der Landesmittel allein nicht finanziert werden. Schon die Reduzierung der Klassen- und Kursgrößen auf 15 Schüler innerhalb der nächsten zehn Jahren ist nur möglich, wenn die Zahl der Lehrkräfte und damit die Personalausgaben verdoppelt werden. Dies gilt selbst bei sinkenden Schülerzahlen. Die NRW-Piraten gehen davon aus, dass der Bildungshaushalt zur Realisierung der Aufgaben innerhalb von zehn Jahren vervielfacht werden muss. Das entspricht einer jährlichen Erhöhung der Bildungsausgaben um rund 8 Prozent. Um dies zu realisieren, muss gemeinsam mit dem Bund ein neuer Finanzierungsmodus vereinbart werden.
Durch die Verbesserung der Bildung wird die Grundlage für ein wirtschaftliches Wachstum in der Zukunft und damit für steigende Steuereinnahmen gelegt. Folgekosten in den sozialen Sicherungssystemen können nachhaltig eingespart werden. Die NRW-Piraten gehen davon aus, dass die höheren Bildungsausgaben kurzfristig durch Einsparung von Subventionen und mittelfristig durch Steuermehreinnahmen und Einsparungen bei den Sozialausgaben finanziert werden können. Da die Bildungshoheit der Bundesländer spätestens bei Einführung der schulischen Selbstverwaltung, wie sie von den NRW-Piraten gefordert wird, im Grunde obsolet wird, sollte die Bildung im Rahmen einer Grundgesetzänderung langfristig zur Aufgabe des Bundes erklärt werden.
Innenpolitik
Für Menschenrechte kämpfen
Die grundlegenden Rechte jedes Menschen sind das höchste Gut und Ausdruck unserer Menschlichkeit. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, beschlossen und anerkannt von den Staaten der Vereinten Nationen, stellt dabei die umfassende und allgemein anerkannte Sammlung dieser Rechte dar. Die dort genannten Rechte sind unteilbar und gelten für jeden Menschen gleichermaßen, unabhängig von seiner Herkunft, seiner Religion, seinem Geschlecht, seiner Kultur oder anderer Merkmale. Jeder Mensch muss sich frei entfalten können, ohne Repressalien befürchten zu müssen. Jede Diskriminierung ist abzulehnen. Die NRW-Piraten kämpfen dafür, die Menschenrechte national wie international durchzusetzen.
Das Grundgesetz bewahren, Bürgerrechte verteidigen
Gemeinsam mit den Menschenrechten bilden die Bürgerrechte die Grundrechte der Menschen, die sich zum deutschen Staat zusammengefunden haben. Die NRW-Piraten stehen hinter dem Grundgesetz in der ursprünglichen Form, wie es unsere Gründungsväter 1949 ausgearbeitet haben. Insbesondere lehnen wir Änderungen an dem die Grundrechte umfassenden ersten Abschnitt, den Artikeln 1 bis 19, ab. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass solche Änderungen immer nur zu einem Abbau von Bürgerrechten führen. Die Piratenpartei setzt sich für einen stärkeren Schutz und eine stärkere Beachtung der Grundrechte ein. Sie will die Bürgerrechte verteidigen, insbesondere auch gegenüber dem Staat, der sie bedroht, und dessen Einrichtungen.
Verfassungsschutz
Systeme und Methoden, die der Staat gegen seine Bürger einsetzen kann, müssen der ständigen Bewertung und genauen Prüfung durch gewählte Mandatsträger unterliegen. Dementsprechend ist es wichtig, dass an Stellen, die für die Grundrechte des Bürgers möglicherweise fatal sind, so offen, transparent und sorgfältig geprüft wird, wie es möglich ist.
Wir erkennen an, dass ein Geheimdienst naturgemäß nicht dazu in der Lage ist, seine Tätigkeiten umgehend und in vollem Umfang kontrollierbar und transparent zu gestalten. Dennoch wollen wir die Kontrolle und Transparenz so weit erhöhen, wie es im Rahmen der Handlungsfähigkeit des Verfassungsschutzes möglich ist. Die Fristen, innerhalb derer über die Tätigkeiten der Verfassungsschutzbehörde berichtet wird, müssen angepasst werden. Jede Tätigkeit, die potentiell die Grundrechte verletzt, muss noch vor Durchführung dem Kontrollgremium gemeldet und spätestens drei Monate nach ihrem Abschluss der demokratischen Kontrolle des Parlaments unterzogen werden. Nach geltendem Recht könnte dies im ungünstigsten Fall erst nach eineinhalb Jahren stattfinden.
Die Arbeit der G10-Kommission muss enger an die Arbeit des parlamentarischen Kontrollgremiums angebunden werden. Wir halten eine Prüfung, ob diese beiden Einrichtungen zum Zwecke eines schnelleren Informationsflusses kombiniert werden können, für sinnvoll. Ebenso sollte in diesem Zuge die Einhaltung nicht nur des Fernmeldegeheimnisses sondern sämtlicher Grundrechte zeitnah überprüft werden.
Hilfspolizisten
Die Polizei ist eines der wichtigsten Exekutivorgane unseres Landes. Sie ist die direkte, ausführende Kraft des staatlichen Gewaltmonopols und soll die öffentliche Sicherheit und Ordnung gewährleisten. Dies ist eine hochgradig verantwortungsvolle und anspruchsvolle Aufgabe. Bestrebungen, streifendienstliche Tätigkeiten der Polizei zukünftig verstärkt von schlechter ausgebildeten und schlechter bezahlten Hilfspolizisten durchführen zu lassen, lehnen die NRW-Piraten entschieden ab. Es ist für uns nicht akzeptabel, realen Bedrohungen für die öffentliche Sicherheit auf diese Weise schwächer zu begegnen, und gleichzeitig unter der Vorgabe, die innere Sicherheit zu stärken, die Grundrechte immer weiter zu beschränken.
Virtuelle Streife
Der Polizeidienst umfasst den Streifendienst im öffentlich zugänglichen Raum zur Gefahrenabwehr und zur Verhinderung von Straftaten. Da auch das Internet ein solcher öffentlich zugänglicher Raum ist, ist es begrüßenswert, wenn die Polizeibehörden dort auf Streife gehen. Ferner empfinden wir es als erfreulich, dass die Polizeibehörden beabsichtigen, sich mit dem Medium Internet vertrauter zu machen. Besorgnis erregt nur die Befürchtung, dass den Beamten an dieser Stelle Sonderrechte eingeräumt werden, die über jene eines normalen Internetnutzers hinausgehen.
Denn wie der Streifendienst nicht das Eindringen in private Wohnungen rechtfertigt, so lehnen wir auch verdachtsunabhängige Eingriffe in private Kommunikation, etwa das Mitlesen von Emails oder den Zugriff auf gesicherte Bereiche durch Hacking, ab. Um die Strafverfolgung im Netz zu verbessern, sollten vielmehr bestehende Möglichkeiten, den Polizeibehörden Gesetzesverstöße im Internet mitzuteilen, vereinfacht und verbessert werden.
Öffentliche Überwachung
Die Überwachung des öffentlichen Raumes durch Videokameras kann unter bestimmten Umständen die Aufklärung von Straftaten erleichtern. In der Regel wäre eine Aufklärung jedoch auch ohne das gewonnene Bildmaterial erfolgreich gewesen. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben außerdem gezeigt, dass eine solche Überwachung nicht zur Prävention von Straftaten geeignet ist.
Daher lehnen die NRW-Piraten den Ausbau der öffentlichen Überwachung strikt ab. Wir betrachten die Persönlichkeitsrechte hunderter unschuldig erfasster und gespeicherter Bürger als schützenswert. Darüber hinaus sind aktuelle Maßnahmen der öffentlichen Überwachung kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls rückgängig zu machen. Stattdessen wollen wir eine höhere Präsenz von Polizei- und Ordnungskräften an potentiellen Kriminalitätsschwerpunkten.
Automatisierte Kennzeichenerfassung
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. März 2008 hat eindeutig klargestellt, dass eine verdachtsunabhängige, flächendeckende und automatisierte Kennzeichenerfassung zwecks Abgleich mit Fahndungsdaten in diversen Belangen, dabei nicht zuletzt der Verhältnismäßigkeit, nicht mit der Verfassung vereinbar ist. Daher ist es den NRW-Piraten unbegreiflich, warum solche Maßnahmen erneut diskutiert werden. Einen solchen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte lehnen wir entschieden ab. Auch ein stichprobenhafter Abgleich automatisiert erfasster Autokennzeichen, so wie es das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zulässt, ist für uns nicht akzeptabel.
Jugendkriminalität
Im Bereich der Jugendkriminalität ist von Symptombekämpfung und weiterem Aktionismus Abstand zu nehmen. Die Antwort auf das Problem der Jugendkriminalität ist nicht, jeden jungen Menschen als potentiellen Straftäter von morgen zu behandeln und so die Nachfrage nach sicherheitspolitischen Maßnahmen künstlich zu steigern. Aufgrund einer seit Jahrzehnten verfehlten Bildungspolitik und einer finanziellen und beruflichen Perspektivlosigkeit muss man dieses Problem als hausgemacht bezeichnen. Dessen Bekämpfung muss an besagten Ursachen ansetzen, indem die Bildungs- und Berufsperspektiven konsequent verbessert werden.
Biometrische Daten
Es lässt sich derzeit der besorgniserregende Trend beobachten, dass in immer größer gefassten Bereichen die Speicherung und der automatisierte Abgleich von biometrischen Daten erfolgt. Es ist weder zu verhindern, dass die Grundrechte unschuldiger Bürger bei einem solchen Vorgehen verletzt werden, noch dass ein solches Vorgehen auf Basis existierender Daten immer häufiger angewendet wird. Daher lehnen die NRW-Piraten die Erfassung biometrischer Daten ohne Anfangsverdacht sowie deren Speicherung ohne erwiesene Straftat kategorisch ab.
Entwurf zum "Transparenzgesetz"
Die Piraten begrüßen diese Bestrebung zur Schaffung von mehr Transparenz. Dabei darf die Transparenz aber nicht nur finanzielle Aspekte aufgreifen, sondern muss auch bei Entscheidungsfindungen, Vertragsabschlüssen und bei Berichten zu politischen Themen angewandt werden. Der Landesrechnungshof NRW soll dafür Sorge tragen, dass die geschaffenen Transparenzhürden nicht durch Zersplitterungen von hundertprozentig öffentlichen Unternehmen in mehrere nicht- oder teilöffentliche Unternehmen umgangen werden.
Leistungsgerechte Beurteilung von Beamten
Das Beamtenrecht in NRW bedarf in vielerlei Hinsicht einer umfassenden Reform. Insbesondere ist hier das System der Beamtenbeurteilungen zu nennen. Im Bereich der Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes herrscht sicher nicht selten eine große Diskrepanz zwischen den tatsächlichen und den beurteilten Leistungen. Dies führt zu großen Frustrationen und einer verständlichen Demotivation, welche nicht zuletzt auch die Bürger zu spüren bekommen.
Derzeit werden die Beamten überwiegend durch Vorgesetzte beurteilt, die den zu beurteilenden Beamten häufig gar nicht bei der Arbeit sehen, sondern nur aus der Aktenlage heraus entscheiden. Auch werden bereits formulierte, gute Beurteilungen vom nächst höheren Vorgesetzten, welcher den Beamten meist nicht einmal persönlich kennt, aufgrund der Haushaltslage wieder zurückgenommen. Eine Beförderung, welche Geld kostet, ist von einer guten Beurteilung abhängig. Nicht selten hängen gute Beurteilungen und damit die Beförderung nicht mit der tatsächlichen Leistung des Beamten zusammen. Vielmehr zählt, wie lange der Beamte schon auf die nächste Beförderung warten musste, selbst wenn jüngere Beamte eine wesentlich bessere Leistung vorweisen können. Das führt zu Frustration bei den verbleibenden, motivierten Beamten, da sie für ihre gute Leistung keine Anerkennung finden.
Daher setzen die NRW-Piraten sich für eine umfassende Reform des Beurteilungsprozesses ein. Wir streben eine Anlehnung an die aus der Privatwirtschaft bekannte 360-Grad-Beurteilung an. Der Vorgesetzte soll nicht allein über die Beurteilung eines Beamten entscheiden dürfen. Vielmehr sind auch Einschätzungen der Kollegen und Bürger mit in die Beurteilung einzubeziehen. Der Einfluss des nächst höheren Vorgesetzten auf die Beurteilung muss auf ein notwendiges Minimum reduziert werden. Vor allem muss endlich die Qualität und nicht, wie zurzeit, die Quantität der Leistung als Beurteilungskriterium wieder in den Vordergrund rücken.
Ausländer-, Asyl- und Flüchtlingswesen
Die NRW-Piraten setzen sich für einen menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen und Migranten ein. Aus diesem Grund wollen wir eine Erleichterung der Anforderungen für den Übergang in einen dauerhaften Aufenthaltsstatus. Hierbei ist die Situation von langjährig geduldeten Flüchtlingen und Flüchtlingen, die ihren Lebensunterhalt nicht eigenständig sichern können, besonders zu berücksichtigen. Langfristig ist auf ein dauerhaftes Bleiberecht für geduldete Flüchtlinge, die sich länger als fünf Jahre in Deutschland aufhalten, hinzuarbeiten. Generell halten wir das Asyl- und Ausländerrecht Deutschlands für überarbeitungsbedürftig, da es die Menschenrechte nicht effizient schützt.
Unabhängige Kontrolle für Polizeibehörden
Auch in den Reihen der Polizeibeamten kann es dazu kommen, dass einzelne Beamte sich falsch oder gar rechtswidrig verhalten. Polizeibeamte, die ein Fehlverhalten ihrer Kollegen beobachten, Zeugen und Anzeige erstattende Bürger sind derzeit dazu gezwungen, sich mit ihrem Anliegen an die gleiche Behörde zu wenden, in der die beklagte Person ihren Dienst verrichtet. Dies führt nicht nur zu Hemmschwellen seitens des Beschwerdeführers, sondern kann auch zu Interessenkonflikten und dadurch zu Vertuschungsaktionen oder falsch verstandener Solidarität unter den Kollegen führen.
Es sollte eine unabhängige Kontroll- und Ermittlungsinstanz geschaffen werden, die sich solcher Beschwerden annimmt, ohne dass der Beschwerdeführer Tatenlosigkeit oder persönliche Konsequenzen fürchten muss. Zusätzlich kann diese Instanz auch ohne Anregung Dritter tätig werden.
Identifikationsnummer für Polizisten
Die NRW-Piraten erkennen an, dass die tägliche Polizeiarbeit, also vor allem die Durchsetzung polizeilicher Maßnahmen, ohne die Möglichkeit der Anwendung von Zwangsmitteln in vielen Situationen unmöglich wäre. Auch angemessene körperliche Gewalt stellt ein grundsätzlich legitimes und erforderliches Zwangsmittel dar. Jedoch hat gerade die Polizei als Träger des staatlichen Gewaltmonopols eine besondere Verantwortung, der sie leider nicht immer gerecht wird. Immer wieder gibt es Presseberichte von rechtswidrigen Übergriffen der Polizei auf Bürger. Häufig jedoch hat der Bürger dabei nicht einmal die Möglichkeit, den Namen des Beamten zu erfahren, da dieser ihn, trotz einer bestehenden Pflicht, nicht preisgibt. Der Bürger hat in diesem Moment keine Möglichkeit den Polizisten zur Preisgabe zu zwingen.
Aus diesem Grund fordern die NRW-Piraten die Einführung einer jederzeit deutlich erkennbaren, individuellen und für die Ermittlungsbehörde nachvollziehbaren Identifikationsnummer für jeden Polizeibeamten. Eine solche Nummer stellt den Informationsanspruch des Bürgers sicher. Sie wahrt aber auch das Persönlichkeitsrecht des Beamten, da auf direktem Wege keine Rückschlüsse auf seine Person möglich sind.
Pauschale Mindestentschädigung bei rechtswidrigen Maßnahmen von Behörden
Da auch in Behörden nur Menschen arbeiten, kann es dort zu Fehlern kommen. Nicht selten werden rechtswidrige Verwaltungsakte erlassen beziehungsweise rechtswidrige Maßnahmen getroffen, welche den Bürger in seinen Rechten und in seiner Persönlichkeit beeinträchtigen. Diese Beeinträchtigungen lassen immer irgendeine Art von Schaden entstehen.
Die NRW-Piraten wollen eine pauschale Mindestentschädigung beziehungsweise eine Wiedergutmachung für rechtswidrige Maßnahmen einführen. Hierdurch erwarten wir eine wesentliche Erhöhung der Hemmschwelle seitens der Behörden bei Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte des Bürgers und einen verbesserten Schutz vor Behördenwillkür. Selbst wenn durch Gerichte die Rechtswidrigkeit von Verwaltungsakten oder Maßnahmen festgestellt wurde, hat bei der derzeitigen Rechtslage der Bürger weitere, häufig hohe Hürden zu nehmen, um den Schaden ersetzt zu bekommen. Es gestaltet sich oft schwierig, einen entstandenen Schaden zu beweisen, gerade im immateriellen Bereich. Obwohl es eine Behörde war, die den Fehler gemacht hat, wird der Bürger durch eine schwierige Beweissituation eventuell noch mehr belastet. Damit dieser unhaltbare Zustand abgestellt wird, sollten Behörden für ihre Fehler uneingeschränkt haften.
Videoüberwachung auf Demonstrationen
Die Teilnahme an einer gesetzmäßigen und ordentlich angemeldeten Demonstration ist ein legitimes Mittel, um eine politische Meinung kundzutun. Es rechtfertigt keinesfalls, Demonstranten unter den Verdacht zu stellen, einen Gesetzesbruch begehen zu wollen. Daher lehnen die NRW-Piraten ausdrücklich den allgemeinen und präventiven Einsatz von Überwachungskameras während Demonstrationen ab. Die Polizei sollte in der Lage sein, die Situation einzuschätzen und die Kameras nur dann einzuschalten, wenn die Stimmung aggressiv wird. Dass aber friedlich demonstrierende Bürger als potentielle Verbrecher behandelt werden, nur weil sie ihr Recht auf Meinungsäußerung wahrnehmen, ist abzulehnen.
Verbraucherschutz
Verbraucherschutz als neues Kernthema
Die NRW-Piraten wollen den Verbraucherschutz als neues Kernthema erschließen. Damit tragen sie zwei Sachverhalten Rechnung. Die ganzheitliche Umsetzung mehrerer Kern- und Nebenthemen wie Datenschutz, Transparenz, der Freiheitsgedanke sowie stringente Lobbyismuskritik münden in logischer Konsequenz in Verbraucherschutz. Die NRW-Piraten, die Politik für und nicht gegen die Gesellschaft fordern, haben die gesamtgesellschaftliche Relevanz des Verbraucherschutzes erkannt. Wir wollen uns dieser Herausforderung stellen, der sich kaum eine andere Partei annimmt. Dabei sind sich die NRW-Piraten bewusst, gegen starke Lobbyverbände und Einflussnahme der Industrie und Anbieter angehen zu müssen.
Im Verhältnis zwischen Hersteller, Vertreiber und Verbraucher ist letzterer in der Regel strukturell unterlegen. Dieses Ungleichgewicht sinnvoll auszugleichen ist Anliegen und Aufgabe des Verbraucherschutzes. Die NRW-Piraten streben an, den berechtigten Interessen der Verbraucher, zum Beispiel Datenschutz und Transparenz, insgesamt mehr Geltung zu verschaffen. Ein fundamental wichtiges Ziel auf diesem Weg sehen wir in der Verankerung des Verbraucherschutzes in der Landesverfassung. Das soll Verbraucherschutz zum integralen Bestandteil jeglicher Politik machen, indem Auswirkungen und Folgen geplanter Gesetze für Verbraucher beachtet und berücksichtigt werden. Darüber hinaus streben die NRW-Piraten eine nachhaltige, konstruktive Zusammenarbeit mit entsprechenden Verbraucherschutz-Organisationen wie Verbraucherzentralen an.
In einem gesamtgesellschaftlichen Umfeld, das durch fortschreitende Privatisierung und Liberalisierung für Verbraucher zunehmend undurchsichtiger wird, ist der Verbraucherschutz nicht adäquat mitgewachsen. Verbraucherinteressen sind bislang nur teilweise gesetzgeberisch berücksichtigt worden. Immer wieder ist eine Unterordnung der berechtigten Interessen der Verbraucher unter kommerzielle Gesichtspunkte festzustellen. Diesen Trend gilt es umzukehren, zum Beispiel durch Modifizierung bestehender und Verabschiedung neuer Gesetze. Parlament und Regierung haben sich in erster Linie als Volksvertretung und nicht als Unternehmensinteressen-Vertreter zu verstehen und müssen entsprechend agieren. Dem Interesse des Gemeinwohls ist soweit der Vorzug gegenüber Unternehmensinteressen zu geben, wie es zur Herstellung einer Balance in dem strukturell- und mittelbedingten Ungleichgewicht erforderlich ist.
Von einem starken Verbraucherschutz profitiert auch die Wirtschaft. Eine Marktbereinigung durch Verschwinden der schwarzen Schafe aus dem Marktgeschehen ist ebenso willkommen, wie eine Stärkung der Unternehmen, die sich unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes bewähren. Diese werden sich auch im internationalen Wettbewerb besser positionieren. Datenschutz und Transparenz sind fundamentale Bestandteile des Verbraucherschutzes. Sie genießen seitens der NRW-Piraten besonderes Gewicht. Eine signifikante Stärkung eines allumfassenden Verbraucherschutzes ist Ziel der NRW-Piraten.
Konkret wird die Umsetzung folgender Maßnahmen angestrebt. Ist eine landespolitische Umsetzung nicht möglich wird eine Initiative im Bundesrat eingebracht.
Stärkung der Verbraucherpolitik
Verbraucherschutz als NRW-Landesverfassungsziel
Die NRW-Piraten wollen den Verbraucherschutz in die NRW-Landesverfassung aufnehmen. Maßgabe ist dabei, Auswirkungen und Folgen geplanter Gesetze für Verbraucher zu beachten und hinreichend zu berücksichtigen. Wir wollen also einen „Verbraucher-Check“ von Gesetzen.
Verbraucherpolitische Programmatik
Wir wollen eine neue verbraucherpolitische Programmatik, die den Status quo mit den Rechten und Anforderungen der Verbraucher abgleicht und die moderne Verbraucherpolitik als Motor zukunftsfähiger Politikfelder im Bereich der Wirtschafts-, Gesundheits- und Rechtspolitik definiert.
Lobbyistenverbot bei Gesetzesentwürfen
Für den Einsatz externer Beschäftigter, sofern es sich um Unternehmensinteressenvertreter oder Lobbyisten handelt, fordern die NRW-Piraten einen rechtsverbindlichen Verhaltenskodex. Dieser soll unter anderem die Mitarbeit an Gesetzesentwürfen und Vergabeverfahren gemäß der Forderung des Bundesrechnungshofes verbieten.
Kompetenzzentrum Verbraucherforschung
Wir wollen ein Kompetenzzentrum Verbraucherforschung schaffen, um durch die Vernetzung bestehender wissenschaftlicher Institutionen in NRW Synergieeffekte zu fördern. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen im Sinne der Transparenz vergleichbar aufbereitet der Allgemeinheit zur Verfügung stehen.
Standardisierte Beobachtungsinstrumente
Es sollen standardisierte Beobachtungsinstrumente eingerichtet werden, die regelmäßig und systematisch die Märkte auf ihr Funktionieren aus Verbrauchersicht durchleuchten. Von der EU wird das vergleichbare Verbraucherbarometer bereitgestellt.
Am Bedarf orientierter Ausbau des Beratungsangebotes
Die Verbraucherberatung soll ausgebaut werden, um ein flächendeckendes Basisangebot und eine an den Bedürfnissen der Verbraucher ausgerichtete unabhängige Beratungsstruktur dauerhaft auf hohem Niveau sicherzustellen.
Ausrichtung des Beratungsangebotes auch an den Bedürfnissen von Verbrauchern mit Migrationshintergrund
Für Verbraucher mit Migrationshintergrund soll es Netzwerker mit gleichem muttersprachlichen und kulturellen Hintergrund als Vermittler zu "deutschen" Beratern geben.
Gesunde und sichere Ernährung Verbesserung der Lebensmittelsicherheit
Die NRW-Piraten wollen die Lebensmittelsicherheit durch alle auf Landesebene möglichen Maßnahmen verbessern. Das bedeutet insbesondere die Lebensmittelkontrollen in dem Umfang auszuweiten, wie es zur Gewährleistung einer hinreichend gesicherten Versorgung der Bevölkerung mit gesunden Lebensmitteln erforderlich ist.
Transparenz im Gesundheitswesen durch Erweiterung des Informationsfreiheitsgesetzes
Im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes wollen wir klarstellen, dass Informationen über die Qualität von Leistungen und Einrichtungen, die bei der Behandlung von Patienten erhoben werden, ein öffentliches und für alle frei zugängliches Gut darstellen, sofern sie keinen Personenbezug aufweisen.
Versorgungssicherheit und Transparenz auf den Energiemärkten
Transparenz der Angebots- und Vertragsgestaltungen
Die NRW-Piraten setzen sich für eine Gesetzesinitiative ein, welche gewährleistet, dass der steigende Wettbewerb im Energiemarkt mit transparenten Angebots- und Vertragsgestaltungen einher geht. Dabei wird eine übersichtliche Vergleichbarkeit wesentlicher Unterscheidungskriterien, wie Vertragslaufzeit, Preis, Preisanpassungsklauseln, Strom-Zusammensetzung, Kündigungs- und Verlängerungsfristen angestrebt. Die Verbraucher sollen außerdem die Möglichkeit bekommen, ihren Energie-Dienstleister unkompliziert und mit wenig Aufwand binnen weniger Tage zu wechseln.
Gründung neutraler Netzgesellschaften und mehr Wettbewerb
Die NRW-Piraten möchten die Vorschläge der Monopolkommission aufgreifen. Daher setzen sie sich für mehr Wettbewerb bei der Strom- und Gasversorgung ein und unterstützen die Gründung neutraler Netzgesellschaften.
Transparenz beim Konsum durch klare Energiekennzeichnung aller Verbrauchsgüter
Das Land NRW soll im Bundesrat eine Initiative zur Einführung einer klaren Energiekennzeichnung für alle Verbrauchsgüter analog der Effizienzklassen von Haushaltsgeräten einbringen.
Ausbau der Verbraucherrechte in der digitalen Welt
Ausweitung der Befugnisse des NRW-Datenschutzbeauftragten
Die NRW-Piraten wollen die Befugnisse des NRW-Datenschutzbeauftragten ausweiten. Das kann zum Beispiel durch ein Vetorecht für Gesetze, die Datenschutz hinreichend missachten, geschehen.
Erforschung von sicheren Technologien
Wir wollen, dass sichere Technologien, Software und unternehmensinterne Abläufe erforscht werden. Datensparsamkeit und Datenvermeidung soll Ziel der Gestaltung und Auswahl von Datenverarbeitungssystemen sein.
Reform des Urheberrechts
Das Land NRW soll im Bundesrat eine Reform des Urheberrechts initiieren. Die verbraucherfreundliche Neugestaltung des Urheberrechts und die Verankerung der Rechte der Nutzer an legal erworbenen Inhalten soll festgeschrieben werden. Dabei ist vor allem die Verhältnismäßigkeit bei der Verfolgung von Urheberrechtsverstößen zu wahren. Das Recht auf Privat- und Sicherheitskopien ist gesetzlich zu verankern. Die Reform soll dazu führen, dass das generelle Verbot der Umgehung von Kopierschutzmechanismen gestrichen wird, soweit es Privat- und Sicherheitskopien betrifft.
Erweiterung des Datenschutzes
Das Land NRW soll im Bundesrat außerdem eine Initiative zur Erweiterung des Datenschutzes ergreifen, die zur angemessenen Anpassung an die Erfordernisse der digitalen Welt führt. Dabei sollen internationale Mindeststandards die effektive Durchsetzung gewährleisten.
Gesetzesnovelle zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung
Die NRW-Piraten setzen sich für eine Novellierung des Gesetzes zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung über eine Initiative im Bundesrat ein. Die Maßgabe soll dabei sein, dass Verträge, die im Rahmen eines unlauteren Werbeanrufs abgeschlossen werden, schriftlich bestätigt werden müssen, um Rechtswirksamkeit zu erlangen.
Die Förderung selbstbestimmter Verbraucher durch Transparenz, Information und Bildung
Verbraucherbildung von Kindern & Jugendlichen
Die NRW-Piraten wollen, dass Verbraucherbildungsangebote in der Nachmittagsbetreuung von Ganztagsschulen und in der offenen Jugendarbeit, zum Beispiel in Umwelt-AGs oder Schülerfirmen, eingerichtet werden.
Verbot von kostenpflichtigen Telefon-Warteschleifen
Wir setzen uns für ein Verbot von kostenpflichtigen Telefon-Warteschleifen ein. Trotz der über zwei Jahre alten Selbstverpflichtung der Industrie, bestehen die früheren Missstände weiter.
Reform und Ausbau des Verbraucherinformationsgesetzes
Die NRW-Piraten fordern eine Initiative des Landes NRW im Bundesrat für eine umfassende Reform und Ausbau des Verbraucherinformationsgesetzes. Dabei sollen die Ergebnisse der mit Steuergeldern finanzierten Lebensmittelkontrollen transparent gemacht werden. Der Anwendungsbereich des Verbraucherinformationsgesetzes soll auf alle Produkte und Dienstleistungen ausgeweitet werden. Behörden sollen verpflichtet werden, die Öffentlichkeit aktiv und obligatorisch unter Namensnennung über Verstöße zu unterrichten.
Verbraucherbildung allgemein
Eine koordinierte Bund-Länder-Initiative zur Förderung soll den selbstbestimmten Verbraucher durch Transparenz, Information und Bildung fördern. Zu den Kernaufgaben der Initiative gehören die bundesländerübergreifende Koordination der Verbraucherbildung und die Formulierung bundesländerübergreifender Mindeststandards für die Verbraucherbildung.
Kollektive Rechtsdurchsetzung stärken durch Einführung des Verbandsklagerechts im Verbraucherbereich
Die NRW-Piraten setzen sich für eine Initiative des Landes NRW im Bundesrat ein, die das Verbandsklagerecht für anerkannte Stellen auf den Bereich des Verbraucherschutzes erweitert. Das Klagerecht soll eine Musterfeststellungsklage durch Verbraucherverbände ermöglichen, um eine Rechtsfrage verbindlich für alle betroffenen Verbraucher zu klären.
Bürgerbeteiligung & Direkte Demokratie
Jeder Bürger und jede Bürgerin hat ein Recht, sich in die Politik einzubringen. Die NRW-Piraten stehen für eine Politik, bei der jeder mitmachen kann. Die NRW-Piraten setzen sich dafür ein, das Landes- und Kommunalwahlrecht zu modernisieren, damit die einzelne Bürgermeinung und -stimme wieder mehr Gewicht bekommt.
Die NRW-Piraten streben an, dass im repräsentativen demokratischen System NRW direktdemokratische Elemente wie Bürger- oder Volksentscheide vereinfacht und optimiert werden. Die Bürger sollen die Möglichkeit erhalten, über den Legislaturperiodenrhythmus hinaus jederzeit über politische Fragen abstimmen zu können. Wir stehen dafür ein, dass der Artikel 20 des Grundgesetzes konsequent umgesetzt wird, der besagt, dass die Staatsgewalt "vom Volke in Wahlen und Abstimmungen" ausgeht.
Wir setzen uns für eine Stärkung von Gesetzinitiativen aus der Bürgerschaft ein. Die Bürger sollen Gesetzes- und Beschlussvorlagen, die von ihnen selbst ausgearbeitet worden sind, auf Landes- und Kommunalebene zur Abstimmung bringen können. Der Einwohnerantrag nach §25 der Gemeindeordnung dient dazu, dass der Rat über eine bestimmte Angelegenheit berät und entscheidet. Die NRW-Piraten sind dafür, die Unterschriftenhürde auf ein vernünftiges Maß zu senken, um wirksame politische Partizipation zu ermöglichen. Das Ausmaß der Beteiligungsrechte darf zu keiner Zeit von der jeweils aktuellen finanziellen Haushaltslage abhängig sein. Gesellschaftliche Teilhabe und Verantwortung sind zu jeder Zeit ein Grundrecht aller Bürger. Deswegen muss eine stabile Finanzierung der Kommunen garantiert werden.
Das kommunale Ehrenamt stellt hohe Ansprüche, inhaltlich wie zeitlich. Um Kommunalpolitikern ein Engagement neben Beruf und Privatleben zu ermöglichen, setzen sich die NRW-Piraten für die Erweiterung von Fortbildungsmöglichkeiten und flexible Arbeitszeitregelungen ein.
Wahlrecht
Gegen Sperrklausel
Die NRW-Piraten stehen gegen die Wiedereinführung einer expliziten Sperrklausel im Kommunalwahlrecht. Jegliche Art von Wahlhürde richtet sich gegen den Gedanken der Demokratie. Wir befürworten aktiv eine Pluralität von Parteien, Wählergruppen und Einzelpersonen in den gewählten Gremien. Auch für kleine Parteien und Gruppen dürfen keine erheblichen Zugangshürden für den Einzug in die kommunalen Vertretungen geschaffen werden. Das Kommunalwahlgesetz darf keine Wählerstimme abwerten. Die NRW-Piraten treten zudem für eine deutliche Senkung der Sperrklausel bei Landtagswahlen ein.
Bürgermeister per Zustimmungswahl
Die NRW-Piraten setzen sich für eine Wahl der Bürgermeister per Zustimmungswahl ein. Bei dieser einfachen und leicht verständlichen Methode haben die Wähler die Möglichkeit, für beliebig viele Kandidaten zu stimmen. Wählbar sind alle Kandidaten, die dafür notwendige Grundvoraussetzungen erfüllen. Gewählt ist der Kandidat mit den meisten Stimmen. Die Vorteile der Zustimmungswahl sind vielfältig. Der beliebteste Kandidat gewinnt die Wahl und die strukturelle Benachteiligung von kleinen Parteien wird verringert. Konsensfindung und die Diskussionen an Sachthemen wird gefördert und mögliche Verzerrungen des Wählerwillens durch das Stichwahl-System werden ausgeschlossen. Eine aufwändige Stichwahl entfällt.
Bürgermeisterabwahl per Bürgerbegehren
Die Bürger in NRW können ihre Bürgermeister und Landräte wählen und abwählen. Allerdings kann ein Bürgerentscheid für eine Abwahl bisher nur auf Antrag einer Zwei-Drittel-Mehrheit des Rates oder des Kreistages herbeigeführt werden. Zukünftig sollen die Wählerinnen und Wähler selbst die Abwahl eines Stadt- oder Kreisoberhauptes einleiten können. Die Unterschriftenhürde für ein Bürgerbegehren zur Abwahl eines Bürgermeisters oder Landrats in NRW soll der bei Bürgerbegehren zu Sachfragen entsprechen. In Zukunft soll auf die Zustimmungshürden verzichtet werden, die bei Bürgerentscheiden über die Abwahl von Bürgermeistern und Landräten gelten.
Kumulieren & Panaschieren
Die NRW-Piraten streben den Einsatz des Wahlsystems Kumulieren & Panaschieren bei Landtags- und Kommunalwahlen an. Bei Kommunalwahlen erhalten die Wähler so viele Stimmen wie der Gemeinderat Sitze hat. Bei Landtagswahlen haben die Bürger drei Stimmen, die sie innerhalb der Parteilisten an Kandidaten vergeben können. Es können Mandatsbewerber aller antretenden Parteien und Wählervereinigungen angekreuzt werden. Jedem Kandidaten können dabei bis zu drei Stimmen gegeben werden. Weiterhin soll es möglich sein, nur einer Partei seine Stimme zu geben. Wird die von der Partei aufgestellte Liste durch das so genannte Listenkreuz bestätigt, werden die Stimmen der Listenreihenfolge entsprechend auf die Kandidaten verteilt, bis alle Stimmen vergeben sind. Dabei kann der Wähler auch Kandidaten auf der angekreuzten Liste durchstreichen. Diese erhalten dann keine Stimme. In den meisten anderen Bundesländern ist das Kumulieren & Panaschieren bei Kommunalwahlen bereits Realität. Es ermöglicht den Bürgern, ihrer Stimme mehr Gewicht zu verleihen. Die NRW-Piraten setzen sich dafür ein, das NRW sich dieser Praxis anschließt.
Wahlalter
Das Durchschnittsalter der Wahlberechtigten steigt. Dies führt dazu, dass diejenigen, die am längsten die Auswirkungen der politischen Entscheidungen zu tragen haben, in ihren politischen Verantwortungsmöglichkeiten eingeschränkt sind. Die NRW-Piraten wollen die politische Beteiligung von Kindern und Jugendlichen fördern. Das Wahlalter bei Landtagswahlen soll auf 16 Jahre gesenkt werden. Politisch interessierte Jugendliche sind sich der Verantwortung, die mit einer Wahl verbunden ist, bewusst.
Ausländerwahlrecht
Die NRW-Piraten engagieren sich für ein kommunales Wahlrecht für alle ausländischen Staatsbürger, die das erforderliche Wahlalter erreicht haben und die sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig in der Bundesrepublik aufhalten, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Wir streben an, dass das Bundesland NRW sich im Bundesrat um eine dahingehende Änderung des Grundgesetzes bemüht.
Senkung der Legislaturperiode auf vier Jahre
Die NRW-Piraten treten für eine Senkung der Legislaturperiode auf vier Jahre ein. Durch die kürzere Wahlperiode wird den Bürgern eine häufigere Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Landtages gewährleistet. Zudem ist die politische Arbeit der gewählten Parteien in einem Zeitraum von vier Jahren wesentlich leichter zu erfassen und somit deutlich transparenter.
Bürgerentscheid
Bürgerbegehren und Bürgerentscheide wirken sich positiv auf eine aktive Teilnahme der Bürger am politischen Geschehen in ihrer Stadt aus. Die NRW-Piraten streben eine Änderung der Gemeindeordnung an, die die Erfolgschancen für Bürgerbegehren entscheidend verbessert und überflüssige Hürden abbaut.
Streichung der Themensausschlüsse
Die NRW-Piraten sprechen sich für eine Streichung der Themenausschlüsse aus. Die Bürger müssen die wichtigsten stadtentwicklungspolitischen Fragen mitentscheiden dürfen. Hierzu gehören Angelegenheiten, die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens, eines förmlichen Verwaltungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung und eines abfallrechtlichen, immissionsschutzrechtlichen, wasserrechtlichen oder vergleichbaren Zulassungsverfahrens zu entscheiden sind. Ebenso umfasst dies die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen sowie Bürger- und Ratsbegehren über Abgaben und Gebühren.
Zwang zum Kostendeckungsvorschlag streichen
Bisher werden an Bürgerbegehren strengere Maßstäbe angelegt als an das Handeln der gewählten Vertreter im Rat. Die NRW-Piraten vertrauen den Bürgern auch in Finanzfragen und wollen den Zwang zum Kostendeckungsvorschlag streichen. Die Beteiligung der Wähler an der Ausgabenpolitik führt dazu, dass diese näher an den Präferenzen der Wähler ausgestaltet wird und dass eine geringere Verschuldung, eine effizientere Verwaltung und ein höherer Wohlstand erreicht werden können.
Sammlungsfristen für Unterschriften verlängern
Die Sammlung von Unterschriften sollte so lange gültig sein, wie in der Sache noch keine unveränderlichen Fakten geschaffen worden sind. Räte können noch nicht umgesetzte Beschlüsse jederzeit wieder aufheben, daher ergeben auch Sammelfristen für die Bürger keinen Sinn. Direkte Demokratie profitiert von Verfahren, die auf lange Zeiträume angelegt sind. Diese bieten größere Chancen auf eine ausreichende Diskussion um die besten Ideen und fördern Meinungsbildungsprozesse.
Gegen Zustimmungsquoren
Die NRW-Piraten sprechen sich gegen ein Zustimmungsquorum bei Bürgerentscheiden und für ein gestaffeltes Beteiligungsquorum aus. Eine niedrige Beteiligung liegt daran, dass es um eine einzige Sachfrage geht. Zur Teilnahme an der Abstimmung ist deshalb meist nur ein Bruchteil der an einer Wahl Teilnehmenden motiviert. Dies verringert aber nicht die Legitimation des Abstimmungsergebnisses. Bei einem Bürgerentscheid soll die gestellte Frage in dem Sinn entschieden sein, in dem sie von der Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen beantwortet wurde, sofern sich in Kommunen mit bis zu 100.000 Einwohnern mindestens fünfzehn von hundert oder mit mehr als 100.000 Einwohnern mindestens zehn von hundert der Stimmberechtigten an der Abstimmung beteiligt haben. Bei Stimmengleichheit gilt die Frage als mit Nein beantwortet. Bei Ratsbürgerentscheiden entscheidet allein die Mehrheit der abgebenden gültigen Stimmen.
Bürgerfreundliche Verfahren
Nur praktikable und bürgerfreundliche Verfahren liefern repräsentative Ergebnisse und sorgen für eine breite Akzeptanz der Abstimmungsergebnisse. Hierzu gehören ausreichende Informations- und Beteiligungsmöglichkeiten. Eine schriftliche Benachrichtigung der Bürger, eine ausreichende Anzahl von Abstimmungslokalen sowie die Möglichkeit zur Briefabstimmung sollen wieder Standards für lokale Abstimmungen in den Kommunen werden. Wahlen und Abstimmungen sind wichtige Bestandteile des Grundrechts der Bürger auf politische Selbstbestimmung, denen eine entsprechende Achtung und Wertschätzung gebührt. Der Urnengang ist für viele Bürger ein wichtiges demokratisches Ritual, dass niemandem vorenthalten werden sollte. Andernfalls droht Bürgerentscheiden eine geringe öffentliche Aufmerksamkeit und damit eine niedrige Abstimmungsbeteiligung. In der Praxis zeigt sich oft, dass jemand ein Bürgerbegehren grundsätzlich unterstützen will, aber nur eine Unterschrift leisten und aus Datenschutzgründen keine weiteren persönlichen Angaben machen möchte. Die NRW-Piraten schlagen vor, die Regelung bei der Sammlung von Unterstützungsunterschriften zur Wahlzulassung auch bei Bürgerbegehren anzuwenden. Durch offizielle Formblätter werden die potentiellen Unterstützer nicht verunsichert.
Obligatorische Referenden
Die NRW-Piraten wollen obligatorische Referenden über die Gründung oder Schließung von gemeindlichen Eigenbetrieben, die Mitgliedschaft in Zweckverbänden oder den An- oder Verkauf von Unternehmensbeteiligungen in der Gemeindeordnung verankern. Obligatorische Bürgerentscheide schaffen Transparenz, Vertrauen und Mitentscheidungsmöglichkeiten in wichtigen kommunalpolitischen Fragen.
Streit- und Sachentscheidungskultur
Bürgerinitiativen, Politik und Verwaltung sollen unabhängig voneinander über Verfahren von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid beraten. Eine Ombudsperson kann den vereinzelt konfrontativen Umgang von Gemeinden mit Bürgerbegehren entschärfen, indem eine gemeinsame politische Streit- & Sachentscheidungskultur gefördert wird. Die Erfahrungen vorangegangener Bürgerbegehren können landesweit an andere Initiativen weitergegeben und erfolgreiche Begehren im Sinne einer "best practice"-Kultur dokumentiert werden.
Volksentscheid
Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide wirken sich positiv auf die Beteiligung der Bürger am politischen Geschehen in ihrem Bundesland aus. Seit 1950 haben die Bürger in NRW die Möglichkeit, sich mit Hilfe von Volksbegehren und Volksentscheid in die Landespolitik einzubringen. Im Jahr 2002 ist die Möglichkeit zur Durchführung einer Volksinitiative hinzugekommen. Die Volksinitiative kann aktuell jedoch kaum politische Wirkung entfalten. Viele qualitativ hochwertige Volksentscheide scheitern an Formalitäten. Die NRW-Piraten streben eine Änderung der Landesgesetze an. Wir wollen die Erfolgschancen für basisdemokratische Abstimmungen entscheidend verbessern und überflüssige Hürden abbauen.
Verbesserungen bei Volksinitiativen
Die NRW-Piraten setzen sich für Verbesserungen bei Volksinitiativen ein. Es soll ausdrücklich erlaubt sein, Unterschriftenlisten der Initiatoren einer Volksinitiative an Interessenten zu verschicken, weiterzureichen oder im Internet zum Herunterladen bereitzustellen. Nicht nur von den Initiatoren benannte Berechtigte sollen Unterschriften sammeln dürfen. Die Volksinitiative soll zum Antrag auf die Durchführung eines Volksbegehrens gemacht werden können. Aktuell sind hierzu in NRW erneut 3.000 Unterschriften zu sammeln und diese als Zulassungsantrag zum Volksbegehren einzureichen. Zudem plädieren wir dafür, die Unterschriftenhürde bei Volksinitiativen auf 30.000 Unterschriften zu senken. Die NRW-Piraten befürworten die Förderung der politischen Bildung junger Menschen. Volksinitiativen sollen daher auch für Jugendliche ab 16 Jahren geöffnet werden.
Zulassung von finanzwirksamen Volksbegehren
Die NRW-Piraten wollen finanzwirksame Volksbegehren zulassen. Die Bürger sollen sich im Rahmen eines Volksbegehrens an der Ausgabenpolitik beteiligen dürfen. Sie haben somit die Möglichkeit, ihr Lebensumfeld bedürfnisorientiert mitzugestalten. Bislang sind Volksentscheide, die ausdrücklich Steuern, Kreditaufnahmen oder den Haushalt zum Thema haben, von vornherein unzulässig. Die meisten politischen Entscheidungen haben finanzielle Auswirkungen, die indirekt den Haushalt beeinflussen. Die NRW-Piraten streben an, dass Ausgaben ab einer bestimmten Höhe verpflichtend per Volksabstimmung bestätigt werden müssen.
Unterschriftenhürden senken
Das Unterschriftenquorum beim Volksbegehren stellt sicher, dass das Interesse an der Abstimmungsfrage ausreichend breit ist und der Aufwand eines Volksentscheids sich lohnt. Mit zunehmender Größe eines Bundeslandes verringert sich aber der Anteil der Betroffenen und Interessierten in der Regel erheblich. Daher wollen wir die Unterschriftenhürde für Volksbegehren auf zwei Prozent senken.
Freie Unterschriftensammlung für Volksbegehren
Die NRW-Piraten wollen eine freie Unterschriftensammlung für Volksbegehren ermöglichen. In NRW kann ein Volksbegehren nur in amtlichen Eintragungsstellen mit einer Unterschrift unterstützt werden. Die deutsche Kommunalebene in allen anderen Bundesländern und auch die Schweiz und Italien kennen ausschließlich die freie Unterschriftensammlung bei kommunalen Bürgerbegehren.
Die Sammelfrist verlängern
Die Sammelfrist für Volksbegehren ist in NRW mit nur acht Wochen sehr knapp bemessen. Die NRW-Piraten regen an, die Sammelfrist für Volksbegehren auf mindestens sechs Monate zu verlängern. So wird einer umfassenden öffentlichen Debatte über das betroffene politische Thema genügend Raum zu geben.
Abstimmungshürden abschaffen
Damit ein Volksentscheid in NRW gültig ist, muss die Mehrheit der Abstimmenden mindestens 15 Prozent aller Stimmberechtigten betragen. Das sind fast zwei Millionen der gut 13 Millionen Stimmberechtigten. Die Beteiligung an Volksentscheiden ist meist niedriger als bei Wahlen. Daher sprechen sich die NRW-Piraten gegen eine Abstimmungshürde bei Volksentscheiden aus. Bei Wahlen geht es um eine Entscheidung über die Richtung der Gesamtpolitik in der nächsten Legislaturperiode, bei einem Volksentscheid lediglich um das "Ja" oder "Nein" zu einer einzigen Sachfrage. Zur Abstimmungsteilnahme ist daher meist nur ein Bruchteil der an einer Wahl Teilnehmenden motiviert. Bei Volksabstimmungen über verfassungsändernde Volksbegehren bedarf es einer Zwei-Drittel-Mehrheit der Abstimmenden und einer Abstimmungsbeteiligung von mindestens 50 Prozent aller Stimmberechtigten. Mindestens 6,6 Millionen NRW-Bürger müssten also an einem Volksentscheid über eine Verfassungsänderung teilnehmen. Zum Vergleich: Die Beteiligung an der letzten Landtagswahl im Mai 2005 betrug 63 Prozent.
Obligatorische Volksabstimmungen zu Verfassungsänderungen
Eine Verfassung regelt die Grundlage des Zusammenlebens aller Bürger. Sie schreibt die demokratischen Rechte der Bürger fest. Deshalb sollen die Bürger bei Änderungen ihrer Bürgerrechte die letzte Entscheidung treffen dürfen. Daher treten die NRW-Piraten für die Einführung obligatorischer Volksabstimmungen zu Verfassungsänderungen ein. Obligatorische Volksabstimmungen eröffnen die Möglichkeit einen besonders sachlichen und fruchtbaren öffentlichen Diskurs zu führen, da sie nicht unbedingt einer ideologischen Richtung oder Partei zugeordnet werden.
E-Government
E-Government ist der Einsatz von digitalen Informations- und Kommunikationstechniken in behördlichen Zusammenhängen. Es bietet die Möglichkeit der Vereinfachung und Durchführung von Prozessen der Information, Kommunikation und Transaktion innerhalb von Institutionen, zwischen staatlichen, kommunalen und sonstigen behördlichen Institutionen, zwischen Institutionen und einzelnen Bürger und zwischen Institutionen und privatwirtschaftlichen Unternehmen. Erst durch eine prozessorientierte Organisation gestaltet sich E-Government effizient. Der Datenschutz genießt dabei die höchste Priorität. Die NRW-Piraten regen an, Anwendungen zu entwickeln und den kommunalen Verwaltungen zur Verfügung zu stellen. Nach dem Motto "effizient - sicher - vernetzt" sollen Wirtschaftlichkeitsprüfungen einzelner Systeme vorangetrieben werden.
Open-Source im öffentlichen Dienst
In ausnahmslos allen Bereichen des öffentlichen Dienstes in NRW, in den kommunalen Verwaltungen der Gemeinden, Städte und Landkreise und der beiden Landschaftsverbände wie auch in Landesbehörden, werden jedes Jahr Kosten für Software-Lizenzen kommerzieller Hersteller fällig. Dies gilt sowohl für Serversysteme als auch für Clientsoftware. Der weitaus größte Teil betrifft Standard-Büro-Softwarepakete, Kommunikationssoftware und Betriebssysteme in Strukturen, die über die Jahre gewachsen sind. Aufgesetzt auf diese Software wurden in den Rechenzentren der öffentlichen Hand tausende Spezialanwendungen und Formularsysteme entwickelt. Open-Source-Anwendungssoftware und Betriebssysteme haben jedoch mittlerweile einen Stand erreicht, der in Zuverlässigkeit, Benutzerfreundlichkeit, Aktualisierungsfrequenzen, Serviceoptionen sowie Betriebs- und Datensicherheit den kommerziellen Produkten in nichts nachsteht. Eine Migration der Verwaltungssoftware hin zu Open-Source-Anwendungen scheint auf den ersten Blick erstrebenswert, ist jedoch ihrerseits mit Kosten verbunden. Durch eine solche Migration kann andererseits eine Stimulation des Arbeitsmarktes für IT-Fachkräfte erwartet werden. Die NRW-Piraten regen daher an, in einem Evaluationsprojekt Migrationsmöglichkeiten hin zu Open-Source-Lösungen im Hinblick auf ihre Durchführbarkeit eingehend zu untersuchen. Gegebenfalls können so Einsparpotentiale ermittelt und die Abhängigkeit der öffentlichen Hand von Anbietern kommerzieller Software reduziert werden.
Digitale Behördengänge
Die Bürger sollen die Möglichkeit haben, Dienstleistungen des Staates auch über digitale Behördengänge in Anspruch zu nehmen. Entbürokratisierung und transparent dargestellte Verwaltungsprozesse müssen hierbei im Vordergrund stehen.
E-Democracy
Die Willens- und Meinungsbildung der Bürger soll durch E-Democracy gefördert werden. Online-Beteiligungsmöglichkeiten bieten neue Formen der direkten Demokratie. Transparenz, Sicherheit und offene Schnittstellen sollen die Eckpfeiler dieser Systeme sein.
Transparente Gremien und Politiker
Die NRW-Piraten streben an, dass allgemeine Informationen, Entscheidungen aller Gremien und Politiker sowie Protokolle und Videoaufzeichnungen möglichst aller Gremiensitzungen kurzfristig, dauerhaft und barrierefrei für jeden zur Einsicht bereit stehen. Des Weiteren soll die vollständige Umsetzung des Rechts auf Informationsfreiheit gewährleistet werden.
Beteiligung der Bürger
Die NRW-Piraten setzen sich dafür ein, dass sich die Landesregierung verpflichtet, die Bürger aktiv über ihre Beteiligungsmöglichkeiten aufzuklären. Außerdem ist Medienkompetenz fokussiert zu fördern. Hemmungen und Bedenken der Menschen gegenüber neuen Technologien sind ernst zu nehmen. E-Government-Systeme sind Ergänzungen zu den klassischen Verfahren, es dürfen keine Hürden entstehen, niemand darf ausgeschlossen werden.
Politische Einflussnahme im Internet
Die NRW-Piraten streben an, dass Online-Petitionen auf Landesebene möglich sind und in der Verfassung verankert werden. Das Parlament darf die Fragen der Bürger und die aufgezeigten Missstände nicht unbeachtet lassen. Erfolgreiche Petitionen sollen in einer Sitzung im Landtag behandelt werden. Zudem soll ein Vetorecht für legislative Beschlüsse des Landtags gelten. Die NRW-Piraten stehen für die Schaffung von Möglichkeiten der effektiven Einflussnahme auf politische Entscheidungen über das Internet. Alle Bürger sollen in den Diskurs und die parlamentarische Arbeit einbezogen werden.
Die NRW-Piraten setzen sich dafür ein, dass Konzepte und Systeme zur internetbasierten Stimmabgabe bei Wahlen und Referenden evaluiert werden. Notwendiges Merkmal einer solchen Anwendung muss der uneingeschränkte und transparente Diskurs sein. Die NRW-Piraten lehnen den Einsatz von Wahlmaschinen bei einer allgemeinen geheimen Wahl entschieden ab.
Medienpolitik
Keine GEZ-Gebühr auf Computer und Handys
Die NRW-Piraten lehnen eine GEZ-Gebühr auf internetfähige Computer oder Mobilfunkgeräte ab. Mit den Angeboten im Internet drängen die öffentlich-rechtlichen Sender den Bürgern eine unverlangte Leistung auf, für die eine Gebühr berechnet wird. Eine Voraussetzung für Gebühren auf internetfähige Computer oder Mobilfunkgeräte ist also der Nachweis, dass der Computer für die Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Internet genutzt wird. Gebühren sind nur bei tatsächlicher Nachfrage denkbar. Der Nachweis muss dabei durch die GEZ erbracht werden, wie dies auch bei konventionellen Rundfunkgeräten, wie Fernsehern oder Radios, der Fall ist.
Parteipolitische Einflussnahme auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten minimieren
Die NRW-Piraten lehnen eine parteipolitische Einflussnahme auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ab. Laut Verfassung soll dieser unabhängig und staatsfern sein.
Vertreter politischer Parteien sind in Rundfunkräten entbehrlich
Die NRW-Piraten wollen Parteienvertreter in den Rundfunkräten, welche zur Gewährleistung der Programmvielfalt berufen sind, abschaffen. Insbesondere muss eine sachfremde Einflussnahme auf die Personalpolitik öffentlich-rechtlicher Sender über einen durch Parteien instrumentalisierten Verwaltungsrat ausgeschlossen werden. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender sind staatsferne Körperschaften. Sie werden durch einen Verwaltungsrat gesteuert, der überwiegend mit Vertretern verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, wie Kirchen, Gewerkschaften oder Verbänden, besetzt ist. Der Fall des Chefredakteurs des ZDF, Nikolaus Brender, der vom Ministerpräsidenten Roland Koch aus seinem Amt entfernt wurde, ist beispielhaft für die verfassungswidrigen Tendenzen. Die NRW-Piraten lehnen Parteipolitik im öffentlich-rechtlichen Rundfunk generell ab.
Öffentliche Kontrolle der Rundfunkräte
Die NRW-Piraten fordern die Transparenz der Entscheidungen von Rundfunkräten. Diese sollen künftig in öffentlichen Sitzungen tagen, was derzeit per Gesetz nicht der Fall ist. Für uns gibt es keinen guten Grund, warum solche Sitzungen nicht beobachtet werden sollten. Die Rundfunkräte bestimmen über die Verteilung öffentlicher Gelder und steuern die öffentlich-rechtlichen Medien. Daher müssen sie sich auch einer öffentlichen Kontrolle stellen.
Institutionelle Interessenvertretung der Netzgemeinde im Rundfunkrat
Die NRW-Piraten streben die Entsendung eines Interessenvertreters der Internetbenutzer in die Rundfunkräte an. Diese sind neben Parteivertretern überwiegend mit Vertretern gesellschaftlicher Gruppen, wie Kirche, Gewerkschaften oder Sportbund, besetzt. Die Nutzer der sogenannten "Neuen Medien", die sich technisch mit dem Rundfunk überschneiden, sind mittlerweile eine relevante gesellschaftliche Gruppe geworden. Deshalb sollten sie auch in den Rundfunkräten berücksichtigt werden. Als Interessenvertretung ist der Chaos Computer Club e.V. prädestiniert, der sich eine langfristige Kompetenz im Spannungsfeld zwischen Gesellschaft und IT erworben hat und einen verlässlichen Vertreter der Internetnutzer darstellt.
Medienkonzentrationsrecht
Die NRW-Piraten treten für Meinungsvielfalt und gegen Monopolbildung im Mediensektor ein. Die Neuregelung des Landesmediengesetzes lehnen wir ab. Sie ermöglicht Zeitungsverlagen die Kontrolle privater TV-Anbieter und begünstigt damit Informations- und Meinungskartelle. Wer im Printbereich lokal eine Meinungsmacht innehat, soll nicht gleichzeitig auch den lokal vorherrschenden Privatsender betreiben dürfen. So wird einer gleichgeschalteten Propaganda von marktbeherrschenden Unternehmen vorgebeugt und eine Vielfalt der Perspektiven und Meinungen in den Medien gesichert.
Internetsperren
Die NRW-Piraten lehnen Internetsperren ab. Das vom Bundestag beschlossene Zugangserschwerungsgesetz ist bereits wegen fehlender Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes formell verfassungswidrig. Daher muss damit gerechnet werden, dass nach einem entsprechenden Spruch des bereits angerufenen Bundesverfassungsgerichts ein Rundfunkstaatsvertrag auf Länderebene angestrebt werden wird. Wir werden uns dafür einsetzen, dass das Zugangserschwerungsgesetz nicht auf Länderebene eingeführt wird.
Verfügbarkeit von TV-Produktionen
Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten produzieren TV-Angebote, die von der Allgemeinheit bezahlt werden. Die Produktionen stehen der Allgemeinheit jedoch nur für eine begrenzte Zeit oder gar nicht zur Verfügung. Die NRW-Piraten fordern daher, dass Produktionen, die von der Allgemeinheit bezahlt wurden, auch permanent der Allgemeinheit zur Verfügung stehen.
Digitale Lernmittelfreiheit
Die NRW-Piraten wollen digitale Lernmittelfreiheit für Schüler und Studierende. Das Land NRW muss dazu insbesondere eine Gesetzesinitiative gegen die Einschränkungen zur Speicherung von Schulfunksendungen nach § 47 des Urheberschutzgesetzes einbringen. Dieser Paragraph greift in die Kulturhoheit der Bundesländer ein.
Open Access
Präambel
Nordrhein-Westfalen ist einer der zentralen Wissenschaftsstandorte in Europa. In dieser Position hat das Land auch eine wichtige Vorbildfunktion. Die NRW-Piraten sind der Überzeugung, dass aus öffentlichen Geldern geförderte wissenschaftliche Arbeit auch der Öffentlichkeit zugute kommen muss. Noch immer sind aber viele wissenschaftliche Erkenntnisse nur gegen Bezahlung bei Verlagen erhältlich, obwohl dank moderner Technologien die Reproduktion der Werke praktisch kostenfrei erfolgen kann.
Vielen Wissenschaftlern ist diese Problematik bewusst. Sie gehen daher zunehmend dazu über, ihre Arbeiten als so genannte Open-Access-Veröffentlichungen dauerhaft kostenfrei zugänglich zu machen. Die Piraten wollen Open-Access auch in Nordrhein-Westfalen unterstützen. Ein erleichterter Zugang zu Wissen führt zu einer erfolgreicheren Forschung sowie mehr Innovation und entfaltet somit eine den Wohlstand fördernde Wirkung.
Daher heißt Open Access für uns: Wissenschaftliche Arbeit, die im wesentlichen von der öffentlichen Hand finanziert wird und die daraus resultierenden Veröffentlichungen müssen für alle Menschen kostenfrei und einfach zugänglich sein.
Infrastruktur für Open Access
Um das zu ermöglichen, muss eine Infrastruktur geschaffen werden. Diese Aufgabe wird heute vorrangig von etablierten Verlagen übernommen. Für Open-Access-Veröffentlichungen entwickeln sich entsprechende Mechanismen erst langsam, meist in loser Kooperation von Bibliotheken und Universitäten. Diese Entwicklung wollen wir auch finanziell fördern. Ziel soll es sein, dass jede Universität und Fachhochschule in Nordrhein-Westfalen eine eigene, digitale Bibliothek für frei zugängliche Veröffentlichungen einrichtet, in der ihre Publikationen Platz finden. Das verhindert eine Zersplitterung in unübersichtliche Untereinheiten und gewährleistet gleichzeitig eine gute Informationsabdeckung.
Universitätsnahe Umsetzung
Um die Anwenderfreundlichkeit, die Akzeptanz sowie die Verwendungsmöglichkeiten der digitalen Bibliotheken zu garantieren, ist es unerlässlich, einheitliche Software-Schnittstellen zu schaffen. Das gewährleistet eine Vernetzung der Bibliotheken zwischen den einzelnen Universitäten und Fachhochschulen, um die Verfügbarkeit und Auffindbarkeit von Wissen vor Ort zu erhöhen. Solche freien Software-Lösungen existieren bereits. Jedoch sehen die NRW-Piraten noch viel Verbesserungsbedarf in Bezug auf die Standardisierung und Vernetzung dieser Bibliotheken. Daher setzen wir uns dafür ein, dass das Land NRW die Weiterentwicklung von Software für digitale Bibliotheken als Forschungsprojekt ausschreibt und dieses möglichst universitätsnah umsetzt.
Offene Dateiformate
Um die in den digitalen Bibliotheken gespeicherten Informationen nachhaltig verfügbar zu machen und die Unabhängigkeit von Interessengruppen sicherzustellen, sprechen sich die NRW-Piraten für eine Nutzung offener Datenformate aus.
Abbau von Zugangsbeschränkungen
Die NRW-Piraten wollen die Zugangsbeschränkungen für digitale Bibliotheken abbauen. Zurzeit finden sich in den digitalen Bibliotheken hauptsächlich Doktorarbeiten und vergleichbare Ergebnisse. Diplomarbeiten, Hausarbeiten und Ähnliches werden nicht gespeichert und stehen damit auch nicht für die Recherche zur Verfügung. Da die Veröffentlichung in diesen Bibliotheken praktisch kostenfrei ist, braucht hier nicht gespart zu werden. Dieses Vorgehen führt zu einem unnötigen Verlust an Wissen. Viele junge Wissenschaftler kommen zu spät mit den digitalen Bibliotheken in Kontakt. Daher setzen wir uns für die Öffnung dieser Bibliotheken ein.
Open Access und Mittelvergabe
Weiterhin wollen die NRW-Piraten die Verbreitung von Open Access bei der Beurteilung von Anträgen auf Forschungsgelder fördern. Wir setzen uns dafür ein, dass bei der Beurteilung von Mittelvergaben durch das Land solche Publikationen bevorzugt bewertet werden, die auch öffentlich verfügbar sind.
Bauen und Verkehr
Die Bedeutung des Themas Bauen und Verkehr für NRW
Eine nachhaltige Entwicklung des Verkehrs, des Bauens und der Städte hat angesichts der ökologischen, sozialen und ökonomischen Entwicklungen in Nordrhein-Westfalen einen hohen Stellenwert. Durch eine Zusammenarbeit aller Beteiligten müssen Folgen des demographischen Wandels und der wirtschaftsstrukturellen Entwicklung überwunden werden. Zu einer nachhaltigen Entwicklung gehören unter anderem die Bereitstellung eines klimafreundlichen Verkehrsangebotes sowie die Schaffung eines attraktiven Wohnumfeldes.
Die NRW-Piraten streben an, das in unserem Bundesland verfolgte Verkehrskonzept grundlegend zu ändern. Durch das steigende Verkehrsaufkommen, Baustellen und Fehlplanungen kommt es zu immer längeren Staus. Diese belasten die Umwelt und kosten Zeit, während der Ausbau und die Instandhaltung der Straßeninfrastruktur aufwändig und teuer sind. Das macht eine konsequente Fokussierung auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) unumgänglich.
Attraktivitätssteigerung des Öffentlichen Personennahverkehrs
Die Angebote des ÖPNV können durch vielfältige Maßnahmen attraktiver gestaltet werden. So kann die Ausnutzung der öffentlichen Verkehrsmittel verbessert werden. Die NRW-Piraten setzen sich daher für ein engmaschigeres Netz der Verkehrslinien sowie eine häufigere Bedienung der Linien ein. Verbesserte Verbindungen aus dem Umland der Städte in die Stadtzentren gehören ebenfalls dazu. Beispielsweise lassen sich regionale Eisenbahnverbindungen in das Straßenbahnnetz nach dem Vorbild der Region Karlsruhe einbinden. Gesicherte Umsteigeverbindungen an zentralen Plätzen und Vorrangschaltungen für den Öffentlichen Personennahverkehr an Signalanlagen sind anzustreben.
Zur Attraktivitätssteigerung trägt außerdem ein besserer Service auf den schienengebundenen Umland-Strecken bei, wie zum Beispiel das Rheinbahn-Bistro. Weiterhin sind die Haltepunkte, auch in ihrer baulichen Form zu überprüfen und anzupassen. Eine barrierearme Gestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs ist anzustreben.
Bis zur Einführung des angestrebten Nulltarifs erhöht ein einfach und übersichtlich gestaltetes Tarifsystem die Nutzungschancen. Es muss die Möglichkeit geschaffen werden, Einzelfahrscheine für einen bestimmten Zeitraum unabhängig von der Fahrtrichtung zu nutzen.
Die Weitergabe von Informationen über Störungen sollte so umgesetzt werden, dass diese den Interessenten auf den Medien erreichen, die er auch sonst nutzt. Beispiele wären hier die Veröffentlichung von Störungen per Twitter oder über RSS-Feeds. Außerdem können QR-Codes an den Haltestellen auf internetbasierte aktuelle Störungsmeldungen verweisen.
Die Einführung von Ruhezonen nach österreichischem Vorbild machen den öffentlichen Personennahverkehr auf der Schiene für Pendler attraktiver. Ein Verbot von lauten Gesprächen, mit oder ohne Handy, Musik aus Handys oder Kopfhörern und lauten Klingeltönen, kann angenehme Bereiche für ruhebedürftige Fahrgäste schaffen. Die Normen für das Verhalten in Bibliotheken können als Vorbild dienen. Der Lärmschutz sollte innerhalb der Bahnen gewährleistet werden. Hier geht es nicht darum Fahrgäste zu gängeln, sondern vielmehr den Bedürfnissen verschiedener Fahrgastgruppen gerecht zu werden.
Modellversuch für einen Öffentlichen Personennahverkehr zum Nulltarif
Die NRW-Piraten sind davon überzeugt, dass ein fahrscheinfreier ÖPNV nicht nur für die Gesellschaft sondern auch für die Wirtschaft langfristig einen Gewinn darstellt. Diese Maßnahme ermöglicht, mehrere Ziele zugleich zu erreichen. Die Städte als zusammenhängender Lebensraum werden aufgewertet, da in Ballungsräumen eine stärkere Nachfrage zu einem attraktiveren Angebot führen wird. Der öffentliche Personennahverkehr zum Nulltarif steigert die Anziehungskraft unserer Städte für auswärtige Besucher. Davon profitieren Staat und Wirtschaft gleichermaßen. In ländlichen Gebieten wird eine verstärkte Nutzung des ÖPNV dazu führen, dass vormals schwach frequentierte Strecken wieder sinnvoll bedient werden können. Einkommensschwache Verkehrsteilnehmer werden durch diese Maßnahme finanziell entlastet. Es entfallen Kosten für Fahrkartenverkauf und -kontrolle. Freiwerdende Mitarbeiter der Fahrkartenkontrolle werden überwiegend zur Verbesserung des Services eingesetzt. Wie das Vorbild der belgischen Stadt Hasselt zeigt, sind solche Projekte in der Praxis realisierbar. Zur Finanzierung dieses Konzeptes dienen zum Teil freiwerdende Mittel, die bisher für den Ticketverkauf aufgewendet wurden. Die restliche Finanzierung wird über Haushaltsmittel gedeckt.
Die NRW-Piraten streben an, die Machbarkeit eines fahrscheinfreien ÖPNVs zu analysieren. Im Erfolgsfall soll der Modellversuch landesweit ausgedehnt werden. Wir setzen uns dafür ein, in der anstehenden Legislaturperiode ein oder mehrere Pilotprojekte umzusetzen, die wissenschaftlich begleitet werden. Gut geeignet sind hierzu Städte wie Aachen, Paderborn oder Bielefeld, deren ÖPNV-Systeme aufgrund ihrer Insellage nicht mit anderen Großstädten vernetzt sind.
Vergabekriterien für ÖPNV
Da der ÖPNV ein wesentlicher und wichtiger Bestandteil der Mobilität in Nordrhein-Westfalen ist, wird dieser von der öffentlichen Hand finanziell gestützt. Diese Unterstützung muss zielgerichtet und transparent eingesetzt werden. Die Piratenpartei Nordrhein-Westfalen fordert deshalb, die Vergabekriterien wie folgt anzupassen.
Kreative Lösungen für die Verkehrsnetze
Vor der Ausschreibung zur Vergabe von Verkehrsleistungen ist ein Planungs- und Gestaltungswettbewerb auszuloben. Der Wettbewerb soll die Verkehrsleistungen optimieren und die Vernetzung verschiedener Verkehrsträger in einem Verkehrsgebiet verbessern. Dabei ist ausdrücklich dazu zu ermutigen, dass neue Ansätze und Ideen für die Erschließung von Quartieren, die aufgrund ihres Verkehrsaufkommens mit den traditionellen Angeboten des öffentlichen Personennahverkehrs nur schlecht erschlossen werden können, gefunden werden. Hier ist Raum zu schaffen für Bürgerbus-Initiativen und für die Integration des Taxi-Gewerbes in ein bedarfsgeregeltes Angebot, etwa von Rufbus-Linien. Kriterien für die Bewertung der eingereichten Vorschläge sind beispielsweise die Direktheit der Verbindungen und die Maßnahmen zur Anschlusssicherung an Umsteigepunkten.
Voraussetzung für einen solchen Wettbewerb ist eine transparente Dokumentation des bestehenden Verkehrsangebots, der stationären Einrichtungen des ÖPNV und der realen Verkehrsströme aller Verkehrsträger einschließlich des Individualverkehrs. Dazu gehört auch die Bestandsaufnahme der bereits im ÖPNV tätigen Unternehmen und ihrer Angebote, um die Vorgaben für den Planungs- und Gestaltungswettbewerb daraus ableiten zu können.
In den Gestaltungswettbewerb kann weiterhin der Ausbau der Wartepunkte und Haltestellen mit einbezogen werden, da diese einen wesentlichen Einfluss auf die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehres haben. Eventuelle Bauliche Veränderungen obliegen weiterhin der öffentlichen Hand oder dem Eigentümer der Infrastruktur, wie beispielsweise beim Bahnnetz.
Wettbewerb der Verkehrsbetreiber im ÖPNV
Für den Betrieb des ÖPNV fordern die NRW-Piraten einen funktionierenden Wettbewerb unter den Verkehrsbetreibern. Um dies sicherzustellen, sind die Verkehrsleistungen entsprechend den Ergebnissen der Gestaltungswettbewerbe auszuschreiben und den Ergebnissen der Ausschreibung folgend zu vergeben. Ein Verzicht auf eine Ausschreibung ist nicht akzeptabel, genauso wie eine anschließende politische Entscheidung gegen den Gewinner der Ausschreibung. Derartige nachträgliche Einflüsse auf das Ausschreibungsverfahren führen zu Intransparenz und Lobbyismusvorwürfen. Zweifel an der fachlichen Qualifikation eines Bewerbers müssen frühzeitig angemeldet werden und bereits in die Bewertung des Angebots einfließen. Um die Monopol- und Oligopolstellung der dominierenden Verkehrsbetreiber zu verringern, ist bei vergleichbaren Angeboten der Verkehrsbetreiber mit dem geringeren Marktanteil zu bevorzugen.
Transparenz der Entscheidungsprozesse nach Ausschreibungen im ÖPNV
Es ist notwendig alle Angebote, die für eine Ausschreibung eintreffen, zu veröffentlichen um Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten. Die Anbieter wollen von der Öffentlichkeit beauftragt werden. Daher ist es ein generelles Recht der Öffentlichkeit, die Angebote einsehen zu können. Nach der Angebotsphase sind die Entscheidungs- und Abwägungsprozesse für die Öffentlichkeit nachvollziehbar zu gestalten.
Güterverkehr auf der Schiene
In den zurückliegenden Jahren hat sich die einseitig betriebswirtschaftlich ausgerichtete Unternehmensleitung der Deutschen Bahn AG verheerend auf den Schienengüterverkehr ausgewirkt. Die Reduzierung der vorgehaltenen Infrastruktur und die einseitige Bevorzugung des Personenverkehrs führen dazu, dass bei Anhalten dieser Tendenz der schienengebundene Güterverkehr nur noch aus dem Transport großer Volumina und Tonnagen bestehen wird. Die Güterzugunglücke dieses Jahres zeigen zudem, dass die mangelhafte Wartung des rollenden Materials zu einer Gefährdung von Fahrgästen, Personal und der übrigen Verkehrsleistungen führen kann. Die NRW-Piraten fordern daher, dem schienengebundenen Güterverkehr wieder eine stärkere Rolle im Verkehrsaufkommen zu geben. Im Einzelnen ergeben sich für Nordrhein-Westfalen:
Transversalstrecken
NRW ist Transitland für den Gütertransport in der Ost-West-Richtung von den Häfen Amsterdam und Rotterdam bis nach Mittel- und Osteuropa wie auch in der Nord-Süd-Richtung von Skandinavien und den Nordseehäfen ins Rhein-Main-Gebiet, in die Schweiz und nach Frankreich.
Dem muss mit geeigneten Schienenstrecken Rechnung getragen werden. Für den transversalen Güterverkehr bieten sich elektrifizierte Strecken an, die durch geringbesiedelte Gebiete führen und mit anderen Verkehrssystemen gebündelt sind. Die Streckenführung und die Ausstattung ist so zu wählen, dass der Verkehr die lokale Bevölkerung möglichst wenig beeinträchtigt und Gefahrguttransporte möglichst weit von besiedelten Gebieten entfernt. Eine Elektrifizierung scheint in Hinblick auf die knappe Ressource Öl und den wesentlich höheren Wirkungsgrad in der Energienutzung langfristig sinnvoll. Die Zweigleisigkeit sollte möglichst durchgängig gegeben sein, da sonst unnötig Zeit mit dem Warten auf Gegenzüge vertan wird. Wo dies nicht möglich ist, sollte eine Vielzahl an Kreuzungsmöglichkeiten den Verkehr flüssig halten. Der Streckenausbau und die ebenfalls die Strecke benutzenden anderen Züge sollten für den Transitverkehr eine gleichmäßige Fahrweise mit einer Transportgeschwindigkeit von ca. 120 km/h ermöglichen. Dabei sind Strecken des Hochgeschwindigkeits-Personenverkehrs und des Gütertransversalverkehrs zu entflechten.
Ost-West-Schienentransitgüterverkehr
Die vollständige Bündelung des auf drei Trassen aus den Niederlanden kommenden Verkehrs auf die Strecke Emmerich - Oberhausen als einzige Weiterführung in Deutschland führt zu übermäßigen Belastungen an dieser Strecke. Andere Verbindungen, die parallel dazu verlaufen und durch weniger besiedeltes Gebiet führen, liegen weitestgehend brach, wurden zurückgebaut und entwidmet. Die NRW-Piraten können sich daher vorstellen, die Verbindung Dorsten - Borken - Winterswijk - Zutphen wieder durchgängig befahrbar zu machen und zu elektrifizieren, um eine nördliche Entlastungsroute für den Verkehr Ruhrgebiet - Amsterdam zu erhalten. Eine Südliche Entlastung könnte nach unserer Ansicht ein zweigleisiger Ausbau zwischen Viersen und Venlo in Kombination mit einer direkten Überleitung von Krefeld kommend in Viersen bringen.
Für die Verbindungen östlich des Ruhrgebiets gilt: Trotz viergleisigen Ausbaus erwies sich die Strecke Hamm - Minden bei den Unglücken von Neubeckum und Vennebeck als überaus störungsanfällig. Alternative Strecken führen über Soest und Altenbeken nach Nordstemmen - Braunschweig beziehungsweise Northeim/Nordhausen bis Halle. Auch die Strecke von Löhne nach Hameln und Nordstemmen ist eine wichtige Ausweichroute, die ertüchtigt werden muss. Auch wenn die Strecken nicht nur auf dem Gebiet von NRW liegen, setzen wir uns dafür ein.
Nord-Süd-Schienentransitgüterverkehr
Der größere Planungs- und Ausbaubedarf existiert im Ost-West-Verkehr. Für die Nord-Süd-Strecken gibt es nur kleinere Punkte, die einer Verbesserung bedürfen. Links- und rechtsrheinischen Strecken sollten auf der Höhe von Bonn verknüpft werden, damit bei Problemen auf einer Rheinseite eine Wechselmöglichkeit gegeben ist. Eine gleichmäßigere Auslastung und somit eine Kapazitätserhöhung am Rhein wird dadurch möglich, wie auch eine Entlastung des Knotens Köln. Eine Nutzung durch den Nahverkehr bindet den Flughafen Köln-Bonn besser an oder schafft einen verbesserten Anschluss an den Fernverkehr über die Schnellfahrstrecke nach Frankfurt.
Güterverkehr in die Regionen
Für die Feinverteilung des schienengebundenen Güterverkehrs ist es erforderlich, auf den Regionalstrecken der Eisenbahn Fahrplantrassen für den Güterverkehr im längerfristigen Bedarfsfall zu schaffen. Die Begründung, dass Verkehr außerhalb der Streckendienstzeiten liegen würde oder mit dem Regionalverkehr kollidiere, darf unserer Ansicht nach nicht für eine Ablehnung von Verkehrsangeboten reichen. Die Reduzierung der Strecken auf ein betriebswirtschaftliches Minimum hat die DB Netz AG zu verantworten. Deshalb hat die DB Netz AG im Bedarfsfall in gleicher Schnelligkeit auch neue Möglichkeiten zu schaffen, die Verkehre abzuwickeln. Die Wiederherstellung von Schieneninfrastruktur liegt in der Baulast des Infrastruktur-Trägers. Dem Verkehrsbetreiber dürfen nur die Trassenbenutzungspreise abverlangt werden.
Bündelung von Transitverkehr auf der Schiene
Durch geeignete Angebote im europäischen Verbund muss der Transitverkehr auf der Schiene attraktiver werden als ein Transitverkehr per Lkw. Lkw-Verkehr benötigt übermäßig viel Platz, verursacht höhere Ausbau- und Wartungskosten, verstopft die Autobahnen und in den vorgeschriebenen Ruhezeiten der Fahrer Parkplätze. Lkw-Verkehr ist auch auf Erdöl angewiesen. Angesichts geopolitisch umkämpfter und begrenzter Vorräte von diesem Rohstoff, bietet der Lkw-Verkehr keine Verlässlichkeit im Hinblick auf Preis und Zukunftsfähigkeit.
Kultur
Rundfunk und Medien
Förderung des Bürgerfunks über Neue Medien
Der Bürgerfunk soll neben dem klassischen Modell der Sendezeit auf lokalen Rundfunksendern über neue Kommunikationswege gefördert werden. Das Internet bietet eine Möglichkeit, Sendungen zu verbreiten. Sendungen des Bürgerfunks sind somit über eine weitere Quelle verfügbar und einer größeren Zielgruppe zugänglich. Die NRW-Piraten wollen die Möglichkeit einer Realisierung überprüfen und bei Umsetzbarkeit eine zusätzliche Verbreitung von Bürgerfunk über das Internet anstreben. Das stellt eine Ergänzung zu den Bemühungen dar, Online-Streams anzubieten. Der Bürgerfunk erhält hierdurch eine neue Plattform, um auch Sendungen anderer Regionen zu bewerben und zu präsentieren.
Lockerung der regionalen Beschränkung für Bürgerfunkproduktionen
Seit Inkrafttreten der Änderungen am Landesmediengesetz, die von der derzeitigen Landesregierung beschlossen wurden, müssen Bürgerfunker im jeweiligen Sendegebiet wohnen. Dies schränkt unter anderem die Möglichkeiten für einen überregionalen Erfahrungsaustausch massiv ein. Außerdem müssen Beiträge einen Bezug zum Sendegebiet haben. Das ist zwar prinzipiell wünschenswert, schränkt aber die inhaltlichen Möglichkeiten erheblich ein. Die NRW-Piraten wollen daher die Beschränkungen lockern, um den Bürgerfunkern mehr Freiheit in der eigenen Programmgestaltung zu geben.
Förderung von Sprachkultur im Radio
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat den Auftrag, sich den Minderheiten in der Gesellschaft zu widmen. Hierzu zählen insbesondere Migranten und mehrsprachige Mitbürger. Diesem Auftrag kamen die öffentlich-rechtlichen Radiosender lange Zeit nach. Im Jahr 2010 jedoch hat der WDR, der mit dem Funkhaus Europa einen der wenigen aktiven, multilingualen Sender in Deutschland betreibt, beispielsweise die Sendezeiten in türkischer Sprache gekürzt. Im heutigen Angebot der Radiostationen finden sich bundesweit immer weniger mehrsprachige Programminhalte.
Die NRW-Piraten setzen sich dafür ein, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk den bisherigen Anteil an fremdsprachigen Inhalten nicht weiter einschränkt. So kann eine kulturelle und sprachliche Vielfalt gewährleistet werden. Diese ist in der EU-Grundrechtecharta festgelegt: "Die Europäische Union respektiert die sprachliche Vielfalt."
Museen und Kunstsammlungen
Museen und Kunstsammlungen dokumentieren in unverzichtbarer Weise unsere kulturelle Geschichte und sind elementar für den Erhalt zeitgenössischer Formen der Kunst. Die NRW-Piraten treten dafür ein, dass der Betrieb von Museen und Kunstsammlungen sowie der Erhalt historischer Gebäude auch weiterhin ein Politikziel in NRW bleibt. Der Strukturwandel im Ruhrgebiet hat gezeigt, dass eine lebendige Kunstszene essentieller Teil eines lebenswerten urbanen Raumes ist. Das Stadtbild verarmt, wo es nicht gelingt, historische Bausubstanz zu erhalten und zu restaurieren.
Zugang zu Kultur erleichtern
Museen bieten viele Möglichkeiten den eigenen kulturellen Horizont zu erweitern, Altes und Neues kennenzulernen, Spaß am Entdecken zu haben und zu lernen. Es ist daher von großer Bedeutung, dass Museen gefördert werden, da sie sowohl Bildung als auch Freizeit gestalten können. Jeder Bürger muss barrierefreien und erschwinglichen Zugang zu Museen, und damit zu Wissen, Geschichte und Kultur haben.
Erhaltung von Kulturgut in Museen und Kunstsammlungen
Um die Sammelung, Vermittlung und Erhaltung von Kulturgut dauerhaft leisten zu können, ist es erforderlich, langfristig die dazu benötigten Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.
Bibliotheken/ Literatur
Die NRW-Piraten betrachten gedruckte Bücher als eine wertvolle Kulturform. Literatur hilft uns, die Welt aus anderen als der eigenen Perspektive zu sehen. Sach- und Fachbücher sind unverzichtbar, wenn es darum geht, Wissen zu bewahren und zu verbreiten. Der freie Zugang zu Wissen und Informationen ist ein zentraler Bestandteil unserer Politik.
Zugang zu Bibliotheksmitteln erleichtern
In Bereichen ohne direkten Zugang zu Stadt- oder Stadtteilbibliotheken und in ländlichen Regionen sollen Möglichkeiten geschaffen werden, Bücher und Medien der nächstgelegenen Bücherei auf Bestellung auszuleihen und zurückzugeben. Hierzu bieten sich zum Beispiel die vorhandenen Bürgerbüros an.
Bessere Ausstattung von Bibliotheken
Die NRW-Piraten streben an, die Finanzmittel für Bibliotheken langfristig zu sichern und ein breiteres Spektrum an Werken bereitzustellen. Die Literatur ist eine wichtige Form der Kultur. Das kulturelle Angebot muss ständig aktualisiert und der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden.
Förderung von Laiengruppen und Nachwuchskünstlern
In den meisten Städten und Regionen gibt es Laientheater-Spielgruppen, Nachwuchsmusiker und andere kreativ engagierte Mitbürger. Für diese ist in der Regel keine staatliche Förderung vorgesehen. Lediglich einige Leuchtturmprojekte erhalten Förderung vom Land oder den Kommunen. Förderung muss nicht zwingend über ein finanzielles Budget geschehen. Stattdessen können für den kreativen Nachwuchs Präsentationsflächen und Proberäume in staatlichen und kommunalen Immobilien zur Verfügung gestellt werden.
Nachwuchsförderung
Die Nachwuchsförderung ist die Grundlage der zukünftigen kulturellen Entwicklung. Neue Kunstformen und kulturelle Beiträge müssen umfassend gefördert und gestärkt werden. Hierbei gilt es, ein möglichst breites Spektrum zu unterstützen und neue Wege, insbesondere durch Nutzung moderner Kommunikationstechniken, zu beschreiten.
Stärkung von kreativen Fähigkeiten
Die frühzeitige Förderung von künstlerischen Interessen bei Kindern und Jugendlichen ist derzeit nur in Ansätzen vorhanden. Gerade hier müssen Fähigkeiten frühzeitig erkannt und gefördert werden. Die NRW-Piraten wollen Konzepte nach Vorbild von "Jedem Kind ein Instrument" aufgreifen und auf andere künstlerische Themenfelder ausweiten. Wir setzen uns für die Verbesserung der Angebote für Kinder und Jugendliche ein. Insbesondere wollen wir die Förderung junger Talente und deren Fähigkeiten in Vereinen, Organisationen, Verbänden und Schulen verbessern.
Modellversuch: Förder- & Kulturzentren
Im Bereich der Breitenförderung gibt es in der Kulturpolitik gravierende Defizite. Angebote an Subkulturen und Jugendliche, die den kreativen Nachwuchs stellen, werden häufig nur als Beschäftigungsangebote in sozialen Brennpunkten betrachtet. Neue Ideen gehen oft verloren, unbekannte Künstler bleiben unbekannt. Gerade in diesen Bereichen müssen Talente frühzeitig erkannt und gefördert, Möglichkeiten ausgebaut sowie Rahmenbedingungen für eine künstlerische Entfaltung geschaffen werden.
Die NRW-Piraten haben daher das Konzept der "Förder- und Kulturzentren" erarbeitet, das wir als Modellversuch umsetzen wollen. Förderzentren des Landes NRW haben den Vorteil, dass sie unabhängig von der Mitgliedschaft in Vereinen oder Organisationen für jeden nutzbar sind. Die Leitung soll durch ehrenamtliche Mitarbeiter erfolgen, die die Einrichtung im Konsensprinzip führen. Die Förderzentren sollten ein Konzept nach Piratenvorbild sein: Es steht allen Interessierten offen. So ist auch eine Plattform zur Präsentation vorhanden. Außerdem können hier Treffpunkte zur Förderung von Interessenschwerpunkten, wie etwa Hackerspaces, eingerichtet werden.
Förderung von Offenen Arbeitsstrukturen
Co-Working-Spaces sind Orte der gemeinsamen Arbeit und Vernetzung zum Vorteil der Einzelnen und der Gemeinschaft. Sie sind offene Arbeitsräume, häufig mit Gastronomie verbunden oder auch offene Büro-WGs. Diese werden zum Beispiel für Homeworker oder Selbständige konzipiert, um durch gemeinsames Arbeiten und Netzwerken einen Mehrwert für jeden Einzelnen zu schaffen.
Die NRW-Piraten setzen sich für die Förderung von offenen Arbeitsstrukturen ein. Als Beispiel sind hier Konzepte wie Hackerspaces, Hallenprojekte aber auch Vereine aus dem Bereich der Freizeitgestaltung zu nennen. Eine Förderung, die primär durch die Überlassung von Räumlichkeiten aus öffentlicher oder privater Hand vonstatten geht, nutzt bereits vorhandene Mittel und verlangt daher nicht nach teuren Neuinvestitionen. Die so geschaffenen Möglichkeiten bieten ein enormes Innovationspotenzial, das sich aus der Vernetzung und der gemeinsamen Arbeit an Projekten ergibt. Das gibt dem Nutzer die Möglichkeit, seine Fähigkeiten zu spezialisieren und in Zusammenarbeit mit Anderen auszubauen. So werden soziale und berufliche Fähigkeiten gestärkt und erweitert.
Förderung von Nischenbereichen, neuen Kunstformen und jungen Künstlern
Die Kulturpolitik dreht sich nach dem Empfinden der NRW-Piraten stark um den sogenannten Mainstream. Gerade Künstler, die nicht bekannt sind oder abseits der anerkannten Kunstformen arbeiten, werden nicht ausreichend gefördert. Oft gibt es lediglich über Kunstvereine oder Mitgliedschaften in einschlägigen Organisationen Unterstützung. Neue Ideen gehen dabei verloren. Den Künstlern fehlt es nicht nur an finanziellen Mitteln, sondern auch an Möglichkeiten, praktisch zu arbeiten oder sich zu präsentieren. Auch sind Angebote für Subkulturen nicht ausreichend vorhanden. Gerade in diesen Bereichen müssen Talente frühzeitig erkannt und gefördert werden. Möglichkeiten sollen ausgebaut und somit Rahmenbedingungen für eine künstlerische Entfaltung geschaffen werden.
Die NRW-Piraten fordern deshalb eine Stärkung der Förderung neuer und unbekannter Kunstformen und die Schaffung eines breiteren kulturellen Spektrums. Die NRW-Piraten schaffen neue Möglichkeiten, um es jungen, unbekannten oder aufstrebenden Künstlern zu ermöglichen, sich zu verwirklichen. Hierzu sollen die Betreuungen auf kommunaler Ebene von Seiten des Landes finanziell bezuschusst werden. Außerdem soll eine Vernetzung von Künstlern auf Landes- und Bundesebene mit Hilfe moderner Kommunikationsmöglichkeiten geschaffen werden.
Angebote für Subkulturen
Insbesondere im Jugendbereich neigt die bisherige Politik dazu, alles in einen Topf zu stecken und Angebote auf soziale Brennpunkte oder den Mainstream auszurichten. Die NRW-Piraten fordern eine bessere Differenzierung und ein Angebot abseits des Mainstreams. Insbesondere die Förderung von Vereinen mit Bezug zu verschiedensten Formen von Kultur oder Subkultur muss ausgebaut werden. Als Beispiel sind hier selbstverwaltete Projekte, Jugendzentren- und Werkstätte sowie Kultureinrichtungen, die sich an junge Musiker richten, zu nennen. Auch lose Gemeinschaften mit einem gemeinsamen, kulturellen Interesse sollten durch die Schaffung von speziellen Angeboten gefördert werden.
Freie Lizenzen fördern
Freie Lizenzen bieten Künstlern eine alternative Möglichkeit, ihre Werke einfach, und flexibel und ohne bürokratischen oder finanziellen Aufwand nach eigenen Wünschen zu schützen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Creative Commons Modell, das sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Die NRW-Piraten wollen freie Lizenzen thematisieren und fördern.
Spiele
Spiele, ob in klassischer analoger oder in digitaler Form, sind Bestandteil unseres sozialen Zusammenlebens. Die NRW-Piraten erkennen den Vorgang des Spielens als wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung an. Insbesondere aus dem Bereich der Jugendkultur sind moderne Spiele wie Computer- und Actionspiele nicht mehr wegzudenken. Die NRW-Piraten halten es für falsch, Spieler zu kriminalisieren, statt die eigentlichen gesellschaftlichen Probleme zu lösen.
Förderung von Spielen als Kulturgut
Video- und Computerspiele, klassische Spiele wie Brett-, Karten- sowie Rollenspiele, das elektronisch unterstützte Geocaching und Sportspiele wie beispielsweise Paintball sind Kulturgüter und sollten als solche gefördert werden. Spielen fördert unabhängig vom Medium stets Lernprozesse und Kommunikation, Vernetzung und soziale Interaktion. Da sich viele Aufgaben im Spiel nur im Team lösen lassen, fördern sie mit Führungskompetenz und Teamfähigkeit die Qualitäten, die im Arbeitsleben des 21. Jahrhunderts von essentieller Bedeutung sind.
Spiele werden nicht nur von Kindern und Jugendlichen, sondern auch von Erwachsenen als Freizeitaktivität wahrgenommen. Sowohl Video- und Computerspiele als auch Actionsportarten sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Nutzung moderner Medien baut soziale sowie nationale Grenzen ab und fördert mit Online-Spielen das gegenseitige Verständnis. Video- und Computerspiele ermöglichen es Künstlern, neue Ausdrucksformen jenseits der klassischen Medien zu finden. Sie bedürfen daher der Anerkennung als Kunstform. NRW ist Vorreiter der Kreativ- und eSports-Branche und somit ein kultureller Innovationsmotor.
Aus diesen Gründen setzen sich die NRW-Piraten für die Anerkennung und Förderung der analogen und digitalen Spielkultur ein. Zensur- und Verbotsforderungen lehnen wir entschieden ab. Der verantwortungsbewusste Umgang mit dem Medium Video- und Computerspiel soll durch Aufklärung und Schaffung von Medienkompetenz und nicht durch Verbote erreicht werden. Dies gilt für Heranwachsende und für Eltern.
Förderung von eSport
eSport ist die Kurzbezeichnung für 'Elektronischer Sport', einer modernen Form des sportlichen Wettkampfs, die mit Computerspielen über das Internet oder auf LAN-Turnieren ausgetragen wird. Im Zuge des weltweiten Bandbreitenausbaus hat der eSport sich zu einer Breitensportart, insbesondere der Jugendkultur, entwickelt. Das Land NRW nimmt mit einem der weltweit führenden Veranstalter eine tragende Rolle in dieser Sportart ein.
eSport schafft dabei ein soziales Netz für die zahlreichen, jugendlichen Konsumenten von Online-Spielen. eSport holt Jugendliche bei einer ihrer bevorzugten Freizeitaktivitäten ab. Er vermittelt die Werte von sportlicher Fairness und Teamgeist und lässt Jugendliche an sozialen Veranstaltungen teilnehmen, online wie vor Ort. Außerdem ermöglicht eSport körperlich beeinträchtigten Menschen in einem Sportverein aktiv zu werden. Die NRW-Piraten engagieren sich für die Förderung von eSport sowie dessen Vernetzung mit sozialen Projekten und der Vermittlung von Medienkompetenz bei Eltern und Schülern. Dazu werden Kooperationen mit Schulen und regionalen eSport-Veranstaltern angestrebt.
Kulturelle Förderung für Suchtgefährdete und Suchtkranke
Insbesondere Konsumenten illegaler Drogen sind häufig gefangen im Kreislauf der Drogenbeschaffung, des Drogenkonsums und der Bewältigung ihres Tagesablaufs. Ein Ausbruch aus diesem Kreislauf ist ohne fremde Unterstützung oft nicht möglich. Suchtberatungsstellen in den einzelnen Kommunen tragen bereits seit Jahren ihren Teil dazu bei, einen organisierten Tagesablauf zu ermöglichen. Dies geschieht beispielsweise durch Streetworker, in Szenetreffpunkten in Krankenhäusern oder JVAs und in Kontaktläden, in denen es den Abhängigen ermöglicht wird, ihren Alltag zu organisieren.
Einige kommunale Beratungsstellen gehen noch einen Schritt weiter. Sie bieten ihrer Klientel die Möglichkeit sich am kulturellen Austausch zu beteiligen. Es werden Lesungen mit anschließender Diskussion von und für Abhängige angeboten. Eigene Texte können präsentiert werden. Des Weiteren werden Ausstellungen von Werken Abhängiger, sei es Malerei oder Fotografie, in den Räumen der Beratungsstellen durchgeführt. Theaterprojekte sind nur ein weiteres Spektrum. Unterstützt werden Einrichtungen zudem durch lokale Kulturvereinigungen. Der Effekt dieser Maßnahme ist unbestritten. Den Abhängigen werden neue Wege aufgezeigt, das Selbstbewusstsein wird gestärkt und eine Resozialisierung wird vorangetrieben.
Kulturelle Förderung von Clubkultur und Nachtleben
Die Clubkultur und das Nachtleben tragen sich meist aus privaten Mitteln der Betreiber. Jedoch gibt es Ausnahmen. In staatlich geförderten Clubs oder anderen Lokalitäten mit dem Auftrag, lokale Musikkultur zu fördern, finden Künstler einen geeigneten Rahmen und eine Bühne, sich dem Publikum zu präsentieren.
Die NRW-Piraten wollen diese Fördermaßnahmen beibehalten oder durch die kostengünstige Bereitstellung von öffentlichen Räumlichkeiten und Gerätschaften, welche nicht mehr verwendet werden, erweitern. Eine günstige Anbindung an den Nachtbusverkehr bietet ebenfalls eine einfache aber effektive Möglichkeit die regionale Infrastruktur im Nahverkehr effektiver auf das Club- und Nachtleben auszurichten. Ein reichhaltiges kulturelles Angebot steigert die Attraktivität einer Region und fördert daher auch den Tourismus.
Neuregelung des Tanzverbotes
An den sogenannten "Stillen Tagen" sind in NRW fast alle Veranstaltungen die über "Schank- und Speisebetrieb" hinausgehen untersagt. Das betrifft, neben Tanz- und Sportveranstaltungen, auch Volksfeste, musikalische Darbietungen, Zirkus & Artistik, Freizeitanlagen, Theater und Filmvorführungen, sowie weitere gesellschaftliche Bereiche. Die NRW-Piraten regen an, die Beschränkungen zu überdenken und unter Beachtung gegenseitiger Rücksichtnahme neu zu regeln.
Umwelt
Nachhaltigkeit als piratiges Prinzip
Die NRW-Piraten stehen für das Prinzip der Nachhaltigkeit ein. Darunter verstehen wir generell die Entwicklung einer zukunftsfähigen Gesellschaft, die natürliche Ressourcen so nutzt und erhält, dass sie auch für nachfolgende Generationen zur Verfügung stehen und die Existenz der Menschheit auf unbeschränkte Zeit ermöglicht. Hierzu ist ein bewusster und verantwortungsvoller Umgang und eine faire Verteilung der Ressourcen erforderlich. Bei nachwachsenden Ressourcen müssen Verbrauch und Regeneration in einem Gleichgewicht sein. Bei nicht nachwachsenden Ressourcen wie Bodenschätzen muss die Einführung einer Kreislaufwirtschaft oberstes Ziel sein. Dazu ist es unbedingt notwendig, vorhandene umweltschonende Technologien bevorzugt zu nutzen, sowie die Entwicklung neuer Technologien voranzutreiben. Technologien, die unabsehbare und nicht zu verantwortende Folgen für nachfolgende Generationen haben, lehnen wir strikt ab. Ein Beispiel hierfür ist die derzeitige Stromproduktion durch Kernspaltung.
Naturwissenschaftliche Grundlagenforschung
Die NRW-Piraten wollen die naturwissenschaftliche Grundlagenforschung, die Forschung im Bereich der ökologischen Zusammenhänge und die Erforschung sauberer Technologien fördern. Forschungsergebnisse, insbesondere solche aus öffentlich finanzierten Programmen, müssen der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. Die Ergebnisse sollen für die Aufklärung der Bevölkerung in Fragen des Umweltschutzes genutzt werden. Die selektive Sicht auf ganzheitliche Zusammenhänge erfordert die Entwicklung von Methoden, die dem Prinzip "Gemeinnutz geht vor Eigennutz" zur Geltung verhelfen. Dem dient die allgemeine Aufklärung der Bevölkerung, der freie Zugang zu Wissen und Forschungsergebnissen und die Schaffung von Anreizen zum Umdenken, um zu besseren Verhaltensweisen zu gelangen.
Mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung
Viele der heutigen Probleme, beispielsweise die Asse in Deutschland, der weltweite Klimawandel oder das Artensterben, sind zu einem großen Teil das Resultat der Ohnmacht der Gesellschaft und der Bürger sowohl dem Staat als auch der Wirtschaft gegenüber. Daher ist auch beim Thema Umwelt mehr Transparenz im Handeln von Regierungen und Unternehmen und eine stärkere Beteiligung der Bürger an den Entscheidungsprozessen erforderlich.
Regionalisierung
Das Versagen der internationalen Politik einen Konsens zum Klimaschutz zu finden bedeutet, dass lokale und regionale Initiativen zum Umwelt- und Klimaschutz an Bedeutung gewinnen. Die NRW-Piraten werden diese Initiativen fördern und stärken.
Energiepolitik
Wettbewerb und Versorgungssicherheit in den Energiemärkten garantieren
Die folgenden Punkte gehen zum Teil über das Landesrecht hinaus und betreffen auch Bundes- und EU-Recht. Das Land soll auch dort durch geeignete Maßnahmen wie Gesetzesinitiativen seinen Einfluss geltend machen oder wo möglich, beispielsweise über das Ausschreibungsrecht, steuernd einwirken.
Die Netzinfrastruktur der Strom- und Gasnetze auf allen Netzebenen gehört überwiegend in öffentliche Hände. Dazu dient die eigentumsrechtliche Entflechtung der Netzinfrastrukturen. Eine deutliche Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien sowohl im Strom- als auch im Wärmemarkt sind notwendig. Bei der Stromerzeugung sind durch verstärkte Forschungsanstrengungen die Kosten für Photovoltaik und für Anlagen der dezentralen Kraft-Wärme-Kopplung deutlich zu senken. Die bisherigen Einspeisevergütungen für erneuerbare Energien müssen sich stärker als bisher an den jeweils effizientesten Anbietern orientieren, vergleichbar zu der Regulierung der Netzentgelte. Monopol- beziehungsweise Oligopolrenditen sind so lange abzuschöpfen, bis eine funktionierende Wettbewerbsordnung etabliert ist.
Nachhaltigen und klimafreundlichen Konsum erleichtern
Es müssen Mindeststandards für Effizienz festgelegt werden. Das Land NRW muss sich in Deutschland und Europa durch entsprechende Initiativen dafür einsetzen und wo möglich eine Vorreiterrolle übernehmen. Dazu gehören CO2-Grenzen für PKW ebenso wie Grenzen für den Energieverbrauch von Elektrogeräten. Produkte, die Standards nicht einhalten, dürfen nicht mehr vertrieben werden. Finanzielle Anreizstrukturen, die nachhaltigen Konsum belohnen, Prämienprogramme, Steuervorteile oder Zuschüsse müssen für den Klima- und Ressourcenschutz und sozial verträgliche Arbeits- und Produktionsbedingungen konsequent wirksam sein.
Die NRW-Piraten fordern eine klare Energiekennzeichnung für alle Gebrauchsgüter. Die Effizienzklassen von Haushaltsgeräten bieten dafür die Grundlage. Wir wollen den sukzessiven Ersatz fossiler Energiequellen durch erneuerbare Energie im Gebäudebestand und im Neubau voranbringen. Der sogenannte "ökologische Rucksack" eines Produktes sowie die Übernahme von sozialer Verantwortung durch die Hersteller müssen transparent gemacht werden. Die Landesregierung muss sich für die Schaffung hierzu geeigneter unabhängiger Plattformen einsetzen. Beispielsweise sollten die Corporate-Social-Resposibility-Tests der Stiftung Warentest ausgebaut werden.
Szenario 2015
Die NRW-Piraten unterstützen die verbraucherpolitische Agenda für die Legislaturperiode 2010 bis 2015 in NRW, „Szenario 2015“. Diese Agenda der Verbraucherzentrale NRW soll Wettbewerb und Versorgungssicherheit in den Energiemärkten garantieren. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen ihren Energie-Dienstleister unkompliziert und mit wenig Aufwand binnen weniger Tage wechseln können.
Wesentliche Unterscheidungskriterien eines Angebotes etwa die Laufzeit des Vertrags, der Preis, Kündigungs- und Verlängerungsfristen, Preisanpassungsklauseln, die Zusammensetzung des Stroms und weitere sollen auf einen Blick zu erkennen sein. Die Landesregierung soll durch eine Gesetzesinitiative sicherstellen, dass der zunehmende Wettbewerb im Energiemarkt durch transparente Angebots- und Vertragsgestaltungen gefördert wird.
Die Landesregierung soll die Vorschläge der Monopolkommission aufgreifen und sich für mehr Wettbewerb bei der Stromerzeugung und Gasversorgung einsetzen und die Gründung neutraler Netzgesellschaften unterstützen. Die Gemeindeordnung muss so geändert werden, dass es zu mehr Wettbewerb auf dem Energiemarkt und dem neuen Markt der Energieeffizienzdienstleistungen kommt. Ratsuchenden soll NRW-weit in einer Energieberatung der jeweilige Modernisierungsbedarf in den eigenen vier Wänden aufgezeigt werden. Die Beratung ist kostenlos, unabhängig vom Anbieter und findet beim Ratsuchenden zu Hause statt. Angeboten wird sie von den Verbraucherzentrale und anderen Kooperationspartnern einer Landesinitiative.
Sanierungswillige Hausbesitzer sollen auch für bestehende Gebäude eine finanzielle Förderung durch das Land erhalten, wenn sie erneuerbare Wärmequellen zum Einsatz kommen lassen. Dazu soll die Landesregierung das Bundesprogramm für den Einsatz erneuerbarer Wärme bei Neubauten um ein entsprechendes Landesgesetz und eine langfristige und berechenbare Förderung für den Gebäudebestand ergänzen. Wer seine Heizungsanlage erneuern will, soll ähnlich wie in Baden-Württemberg in die Pflicht genommen werden, mindestens zehn Prozent des Wärmebedarfs durch erneuerbare Energie, Kraft- Wärme-Kopplung oder Fernwärme zu decken.
Käufer und Mieter von Wohnungen oder Häusern sollen darauf vertrauen können, dass Verstöße gegen die Vorlagepflicht des Energieausweises durch die zuständigen Bauaufsichtsbehörden verfolgt und geahndet werden. Der Energieausweis wird damit zu einem wirkungsvollen Instrument. Durch ihn kann der künftige Energiebedarf von Immobilien beurteilt und bei der Entscheidung für ein Objekt einbezogen werden.
Die Energieverbrauchskennzeichnung auf Haushaltsgroßgeräten und Geräten der Unterhaltungselektronik soll eine transparente und verlässliche Richtschnur werden, um den künftigen Energieverbrauch der geplanten Anschaffung in die Kaufentscheidung einzubeziehen. Deshalb soll die Landesregierung sicherstellen, dass unabhängige Sachverständige die Umsetzung der Kennzeichnungsvorgaben im Handel regelmäßig kontrollieren und Verstöße ahnden.
Stromkunden sollen einen linearen Stromspartarif erhalten. Das bedeutet, dass wer wenig verbraucht auch eine geringe Stromrechnung hat. Ergänzend soll eine sozial orientierte Energieberatung dazu beitragen, dass sich die bislang große Zahl an Stromsperren in privaten Haushalten drastisch reduziert. Die Landesregierung soll diese Entwicklung im Dialog mit den Energieversorgungsunternehmen und der Verbraucherzentrale anstoßen und begleiten. Besitzer von Elektrospeicherheizungen, die zu einem anderen Heizungssystems wechseln wollen, werden durch ein Förderprogramm des Landes unterstützt. Neue Nachtstromspeicherheizungen dürfen nicht mehr angeschlossen werden.
Verbandsklagerecht
Naturschutzverbände müssen bei Klagen die gerichtliche Überprüfung aller für die Zulassung eines Vorhabens maßgeblichen Umweltvorschriften verlangen können. Das Verbandsklagerecht ist ein mühsam erkämpftes wesentliches kollektives Bürgerrecht, das nicht durch juristische Rabulistik ausgehöhlt werden darf. Es muss im Gegenteil im Interesse der partizipatorischen Demokratie weiter ausgebaut werden.
Transparenz und Rechtsstaatlichkeit statt Lobbyismus und Korruption – Lex E.ON
Im Zusammenhang mit einem Gerichtsurteil gegen den Bau des umstrittenen Steinkohlekraftwerks in Datteln, wurde § 26 des Gesetzes zur Landesentwicklung im Dezember in einer Eilaktion aus dem Gesetz gestrichen. Er verpflichtet im Einklang mit Bundes- und EU-Recht zur ausreichenden, sicheren, umweltverträglichen und möglichst preisgünstigen Energieversorgung, zur Energieeinsparung, zum Einsatz einheimischer und regenerierbarer Energieträger, zur Verbesserung des Energienutzungsgrades und zur Entwicklung lokaler und regionaler Energieversorgungskonzepte. Er muss umgehend wieder eingeführt werden.
Naturschutz
Biodiversität schützen
Die Sicherung der Vielfalt an Arten und Ökosystemen, die sogenannte Biodiversität, ist die vorrangige Naturschutzaufgabe. Verluste von Arten und Habitaten sind grundsätzlich zu vermeiden.
Schutz in der Fläche
Die NRW-Piraten setzen sich für die Ausweisung von Nationalparks und Biosphärenreservaten in NRW ein. Die Schutzkategorie „Biosphärenreservat“ oder gleichbedeutende Kategorien sollen im Landschaftsgesetz verankert werden.
Biotopverbund
Der Biotopverbund soll in der Raumordnung stärker verankert werden. Ansprüche der geschützten Arten müssen in die Entwicklung der Verbundplanung des Landes integriert werden. Die vielfach verinselten Schutzgebiete müssen mittels Verbundkorridoren zu einem Schutzgebietsnetz entwickelt werden.
Anpassung des Landesnaturschutzrechts an das neue Bundesnaturschutzrecht
Am 01.03.2010 trat das neue Bundesnaturschutzrecht in Kraft. Zur Rechtsklarheit muss das Landesgesetz angepasst werden. Die Inaktivität der Landesregierung verursacht Rechtsunsicherheit. Die Verwaltung wird die anzuwendenden Vorschriften mühsam durch einen Abgleich von Bundesnaturschutzgesetz, Landschaftsgesetz und Verfassung zusammensuchen müssen. Die NRW-Piraten regen an, stattdessen in der Neufassung des Landesrechts Anforderungen an den Biotopverbund, die Gebietsschutzvorschriften und die Landschaftsplanung zu formulieren. Diese sollen das Bundesrecht gemäß den regionalen Voraussetzungen und Notwendigkeiten mit Leben erfüllen.
Mobilität und Umweltbelastung
Die Landesregierung muss sich beim Bund für Änderungen bei der Mobilität zugunsten einer geringeren Umweltbelastung einsetzen und sie wenn möglich im Lande selbst durchführen. Dabei ist die Qualität im Eisenbahn-Fernverkehr zu verbessern. Oberzentren sind mindestens halbstündlich, Mittelzentren stündlich zu verbinden. Hierfür ist eine Optimierung der Geschwindigkeiten und Anschlüsse im gesamten Fahrplannetz erforderlich. Die Netzknoten müssen ausgebaut werden, um den Umsteigeverkehr zu sichern. Bereitgestellte Regionalisierungsmittel müssen auf ihre Effizienz überprüft werden. Ein zukunftsfähiges integriertes Verkehrskonzept muss entwickelt werden. Es soll die Effizienzpotentiale aller Verkehrsträger optimal ausnutzen und vernetzen. Dazu zählt zuvorderst die quantitative und qualitative Optimierung des Schienenverkehrs. Dazu zählen aber auch die Förderung energiesparender PKW, Strategien zur Emissionsminderung im Flugverkehr sowie der Ausbau der Infrastruktur für den Radverkehr. Auf nutzerfreundliche Schnittstellen und Informationssysteme ist besonders Wert zu legen. Regionale Schlichtungsstellen sollen eingerichtet oder ausgebaut werden.
Wirtschaft und Finanzen
Ausstieg des Landes aus der WestLB
Seit vielen Jahren sorgt die WestLB für eine Kette von immer neuen Skandalen. Für die finanziellen Folgen hatten die Steuerzahler und Bürger zu haften. Die NRW-Piraten befürchten, dass die bisher zutage getretenen Bilanzlöcher in Milliardenhöhe nur die Spitze des Eisbergs darstellen und das Land NRW und damit seine Bürger für weitere Verluste der WestLB haften müssen.
Die NRW-Piraten setzen sich daher dafür ein, dass die Bürger über die tatsächliche wirtschaftliche Lage der WestLB transparent informiert werden. Dazu muss eine unabhängige Sonderprüfung durch ein Team von Wirtschaftsprüfern und Finanzexperten erfolgen. Dabei muss sichergestellt werden, dass in die Affäre verwickelte Politiker keinen Einfluss auf diese Sonderprüfung nehmen können. Außerdem wollen die NRW-Piraten aufklären, wie es möglich war, dass Verantwortliche bei der WestLB jahrelang unter dem Schutz der Politik zum Schaden des Steuerzahlers agieren konnten. Die Bürger des Landes NRW haben einen Anspruch zu erfahren, wer für das Versagen der Aufsichtsgremien verantwortlich ist.
Nach Ansicht der NRW-Piraten ist entscheidend, wie der EU-Beschluss umgesetzt wird, an den die Eigentümer der WestLB gebunden sind. Dieser sieht zwei Alternativen zum Ausstieg der jetzigen Eigentümer bis Ende 2011 vor: einen Verkauf oder eine Fusion der WestLB mit einem anderen Institut. Letzteres würde die Gefahr von teuren Skandalen wie bei der WestLB lediglich auf eine andere Ebene verlagern. Die NRW-Piraten fordern daher den Verkauf, um die Beteiligung des Landes NRW an der WestLB zu beenden. So kann sichergestellt werden, dass die Bürger nicht länger in Haftung genommen werden.
Bürokratie-Abbau für Unternehmen
Zwangsmitgliedschaft in Kammern und Verbänden
Die Zwangsmitgliedschaft in Kammern und Verbänden in Deutschland wie in der Industrie- und Handelskammer (IHK) oder den Handwerkskammern ist ein Beispiel für unnötige Bürokratie. Viele Unternehmer und Selbständige haben kein Interesse an deren Leistungen und kennen diese oftmals nicht einmal. Trotzdem ist jeder Gewerbetreibende und jeder Gründer einer Firma ab dem ersten Tag zur Beitragszahlung an die IHK verpflichtet. Zwar kostet die Zwangsmitgliedschaft in der IHK nicht viel, dieser Beitrag ist jedoch nach Ansicht vieler Unternehmer der sinnloseste Beitrag für die Verwaltung. Diese Zwangsregelung trifft besonders kleine Gewerbetreibende oder Handwerker hart, die keine Leistungen in Anspruch nehmen. Selbst inaktive Firmen oder Betriebe, die sich in Auflösung befinden, sind zu dieser Abgabe verpflichtet. Für Selbständige kommt erschwerend hinzu, dass deren private Einkünfte an die IHK beziehungsweise die Handwerkskammer übermittelt werden, da sich nach deren Höhe die Abgabenhöhe an die Kammern bemisst. Dies stellt nach Auffassung der NRW-Piraten eine eklatante Verletzung der Privatsphäre von Selbständigen dar. Die vielfach praktizierte Zwangsmitgliedschaft in Kammern und Verbänden in Deutschland schränkt Unternehmer und Betriebe in ihrer Freiheit ein und bieten nicht durchgängig für den Zwangsbeitrag äquivalente Leistungen.
Die NRW-Piraten fordern daher, die Zwangsmitgliedschaft mit Zwangsbeiträgen in Kammern und Verbänden abzuschaffen und durch eine freiwillige Beitrittsmöglichkeit zu ersetzen. Damit würde auch die Übermittlung der privaten Einkünfte von Selbständigen an die IHK beziehungsweise die Handwerkskammern beendet.
Service von Ämtern bei Genehmigungsverfahren
Für Anträge, Erlaubnisse und Genehmigungen verlangen Ämter regelmäßig die Vorlage von Schriftstücken wie Handelsregisterauszug, Eintrag in Schuldnerverzeichnis und Insolvenzregister, Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts oder andere Daten zur betreffenden Firma. Das Zusammentragen dieser Schriftstücke ist für Unternehmer zeitraubend und kostenaufwändig, obwohl die Daten größtenteils ohnehin in öffentlichen Registern verfügbar sind.
In solchen Fällen brauchen Unternehmer nicht mit Ämtergängen behelligt werden. Stattdessen soll für diese Anträge ein Sammelformular online bereitgestellt oder zugeschickt werden. Auf diesem können Unternehmer mit einer einzigen Unterschrift einem Amt die Erlaubnis einräumen, bei anderen Ämtern notwendige Daten abzufragen. Auf diese Weise wird der bürokratische Aufwand von den Ämtern erledigt.
Letztlich muss jeder Unternehmer selbst entscheiden dürfen, ob er diesen Service der Behörde nutzen will oder nicht. Er muss auch die Möglichkeit haben, Behördengänge selber zu erledigen, wenn er der Auffassung ist, nur so Herr über seine Daten bleiben zu können.
Anmeldung eines Mitarbeiters
Die NRW-Piraten wollen, dass die Anmeldung eines Mitarbeiters vereinfacht wird. Die Schaffung neuer Arbeitsplätze muss von den Behörden gefördert und nicht behindert werden.
Strategische Ausrichtung statt Adhoc-Politik
Es ist speziell in der Wirtschaftspolitik eine verheerende Grundtendenz, dass die Regierung ihre Entscheidungen immer häufiger auf kurzfristige Aspekte richtet. Da "langfristig“ für Politiker jedoch bedeutet, auf den Termin der nächsten Wahl zu schielen, droht das Land NRW entscheidende Weichenstellungen für die Zukunft zu versäumen. Die NRW-Piraten setzen sich für ein Umdenken von einer re-aktiven Wirtschaftspolitik zu einer strategischen pro-aktiven Steuerung des Landes in die Zukunft ein.
Ausstieg aus Cross-Border-Leasing und Verbot von ähnlichen Konzepten
Cross-Border-Leasing, kurz CBL, bedeutet vereinfacht, dass Unterschiede in den Steuersystemen unterschiedlicher Staaten ausgenutzt werden. Deutsche Kommunen können so kurzfristige finanzielle Vorteile auf Kosten des amerikanischen Steuerzahlers erlangen. Hierbei bestehen neben der moralischen Fragwürdigkeit eines solchen staatlich ausgenutzten Steuersparmodells diverse Probleme aus Sicht der Bürger. CBL-Geschäfte sind hoch komplex und überfordern daher oftmals die beteiligten Kämmerer beziehungsweise Finanzpolitiker. Die Risiken aus diesen Geschäften liegen beim deutschen Steuerzahler. Aufgrund ihrer Komplexität und der teilweise nicht-öffentlichen Verträge sind CBL-Geschäfte jedoch kaum von den Bürgern zu überblicken.
Der US-Kongress hat CBL-Geschäfte im Jahr 2008 verboten. Dennoch stehen diverse offene Fragen im Raum. So sind mit Fragen des Cross-Border-Leasing zusammenhängende strafrechtliche Fragen derzeit Gegenstand einer intensiven juristischen Diskussion. Insbesondere wird untersucht, ob sich die verschiedenen staatlichen und kommunalen Entscheidungsträger, die die Verantwortung für die geschlossenen Verträge tragen, wegen Untreue strafbar gemacht haben.
Die NRW-Piraten fordern, intensive Ermittlungen aufzunehmen, ob die handelnden Personen allein die Interessen des Allgemeinwohls verfolgt haben, oder ob der Straftatbestand der Untreue erfüllt ist. Sollte dies der Fall sein, sind die zugrunde liegenden Verträge anzufechten. Ferner wollen sich die NRW-Piraten intensiv dafür einsetzen, Ausstiegsoptionen aus den bestehenden Verträgen mit Nachdruck zu prüfen. Hierbei sollte den Kommunen und Städten ein Fachbeirat zur Verfügung stehen.
Unter dem Eindruck der Finanzkrise wurde das Konzept des CBL beendet. Die NRW-Piraten sehen aber die Gefahr, dass ähnliche, modifizierte Modelle in wirtschaftlich besseren Zeiten erneut auf der Agenda der internationalen Finanzwirtschaft stehen. Wir wollen daher erreichen, dass Finanzierungsmodelle in Zukunft kritischer geprüft und Modelle, die ähnliche Risiken aufweisen, gar nicht erst zugelassen werden.
Keine Steuermittel für Standorterhaltung
Die NRW-Piraten sind strikt gegen die Subventionierung von bedrohten Konzernen, um die dortigen Arbeitsplätze zu erhalten. Meistens betreffen solche "Rettungs-Pakete" Unternehmen aus wachstumsschwachen oder schrumpfenden Branchen. Zahlreiche Beispiele belegen, dass mit diesen Maßnahmen das unvermeidliche Ende meist nur hinausgezögert wird.
Die gesparten Mittel sollten in die Förderung von Firmen aus Zukunftsbranchen investiert werden, bei denen tatsächlich nachhaltig neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Hier sind insbesondere Investitionen in die IT-Infrastruktur zu nennen, von der Unternehmen aus traditionellen Branchen ebenfalls profitieren.
Transparenter Wirtschaftsstandort NRW
In einer globalen und damit schnelllebigen Wirtschaftswelt ist Lobbyismus und Korruption immer stärker zu einem Problem für den freien Markt und die Bürger geworden. Auch auf Landesebene sorgt die Bevorteilung einzelner Akteure und die Einflussnahme von Interessengruppen für undurchsichtige und oftmals einseitig geprägte Gesetzgebungen, Vergabeverfahren und Entscheidungsprozesse bei den politisch Verantwortlichen. Die NRW-Piraten setzen sich daher für eine Eindämmung des Einflusses von Lobbyistengruppen ein.
Sperrfristen für Politiker nach Auslaufen des Mandats
Jeder Mandatsträger muss für die Annahme einer Tätigkeit in der freien Wirtschaft, die direkt mit dem ehemaligen Ressort des Mandatsträgers in Verbindung steht, eine gewisse Wartezeit verstreichen lassen. Hierdurch können eventuelle Vorteilsnahmen beider Seiten eingedämmt werden. Nach Auslaufen der Amtzeit des Mandatsträgers darf dieser während der folgenden Legislaturperiode weder als Angestellter noch beratend für Unternehmen tätig werden, die in irgendeiner Weise mit dem ehemaligen Ressort in Verbindung stehen. Damit wird sichergestellt, dass Ämter als ehrenvolle Pflicht und nicht als Sprungbrett zu besseren Verdienstchancen verstanden werden.
Öffentliche Listen von Landesgeldern und den dazugehörigen Verträgen
Die Bürger sollen Vergabeverfahren und Vertragsgrundlagen sowie die Verwendung der Landesgelder nachvollziehen können. Der Staat, respektive das Land NRW, die Politik und die ausführenden Organe sind Verwalter der Steuermittel des Bürgers und nicht deren Eigentümer. Daher ist eine Einsichtnahme in Verträge des Staats aus Sicht der NRW-Piraten ein grundsätzliches Recht des Bürgers. Für alle Landesministerien soll verpflichtend sein, dass Auftragsvergaben sowie durch Steuermittel geförderte Projekte und Organisationen in einer zentralen Datenbank gespeichert werden. Die entsprechenden Unterlagen können dann auf einem Online-Portal für alle Bürger einsehbar gemacht werden. So hat die Öffentlichkeit zu jedem Zeitpunkt Zugriff auf diese Informationen, wodurch Transparenz in allen Arbeitsprozessen herrscht.
Offenlegung von großen Landesausgaben und -verträgen
In diversen Fällen liegt der Verdacht nahe, dass nicht das beste und günstigste Angebot für ausgeschriebene Bauvorhaben, Investitionen und andere Landesausgaben angenommen wird. Vielmehr scheinen oft undurchsichtige Entscheidungskriterien maßgeblich für den Zuschlag zu sein. Dies muss in Zukunft im Sinne der Landesfinanzen und der Bürgerinteressen verhindert werden.
Auch dies kann durch ein Online-Portal erreicht werden, auf welchem alle entscheidungsrelevanten Unterlagen veröffentlicht werden müssen. So können unabhängige Fachleute jederzeit nachprüfen, ob Entscheidungen im Sinne der Bürger getroffen wurden oder Nebenabsprachen zu vermuten sind. Jeder Vertrag mit einer Gesamtvertragssumme über zehn Millionen Euro, wobei die Vertragssumme über die Gesamtlaufzeit gilt, soll im vollständigen Wortlaut inklusive aller Anlagen im Internet für alle Bürger öffentlich einsehbar sein.
Gesetzestexte dürfen nicht von Lobbyisten und Wirtschaftsunternehmen geschrieben werden
Die Landesregierung unterhält einen großen Apparat mit Beamten und leistungsfähigen Ministerien. Es ist nicht einzusehen, dass diese Unterstützung bei der Erstellung von Textvorlagen für Gesetzgebungsverfahren benötigen. In den letzten Jahren zeichnet sich eine zunehmende Einflussnahme auf Gesetzestexte durch Wirtschaftsunternehmen und Lobbyisten ab, die nicht zuletzt auf Bundesebene in der Affäre um die Kanzlei Linklaters ihren öffentlichen Höhepunkt feierte.
Die NRW-Piraten fordern daher, die Übernahme von Gesetzesvorlagen und die unmittelbare Einflussnahme von professionellen Lobbyisten auf Gesetzgebungsverfahren unter eine strenge öffentliche Kontrolle beziehungsweise ein teilweises Verbot zu stellen. Die Vergabe von Beratungsaufträgen an Dritte zum Zwecke einer Formulierung eines Gesetzestextes muss generell verboten werden.
Gesundheitspolitik
Veröffentlichungspflicht für medizinische und pharmazeutische Studien
Die forschenden pharmazeutischen Firmen sind derzeit nicht zur vollständigen Veröffentlichung von Studien verpflichtet. Bisher existieren nur Selbstverpflichtungen und Absichtserklärungen der Industrie. Zur Zeit ist es gängige Praxis von einer klinischen Studie ungünstige Teilaspekte zu verschweigen oder durch nachträgliche Änderung des Studiendesigns die Studie positiver erscheinen zu lassen.
Im Sinne eines Gesundheitssystems, das auf das Wohl der Patienten ausgerichtet ist, muss es eine gesetzliche Verpflichtung zur Veröffentlichung aller Studiendaten geben. Dies soll auf frei zugänglichen Portalen geschehen. Forschungsergebnisse, die mit öffentlichen Mitteln finanziert wurden, müssen unter den offenen Lizenzen "CC-BY-SA" oder "CC-BY-NC" veröffentlicht werden. Die Ergebnisse müssen der deutschen Bevölkerung auf Anfrage zugänglich sein.
U-Untersuchungen für Kinder
Kinder werden ab der Geburt regelmäßig einem Kinderarzt vorgestellt, um mögliche Fehlentwicklungen des Kindes frühzeitig zu erkennen. Die regelmäßigen Untersuchungen enden mit der Einschulung. Deshalb wollen die NRW-Piraten, dass U-Untersuchungen zwischen dem fünften und vierzehnten Lebensjahr im jährlichen Rhythmus durchgeführt werden. Die U-Untersuchungen vor dem fünften Lebensjahr und die J-Untersuchungen nach dem vierzehnten Lebensjahr sollen nach der bisherigen Regelung beibehalten werden.
In einer nicht unerheblichen Zahl von Elternhäusern sind die Eltern nicht in der Lage, sich angemessen um ihre Kinder zu kümmern. Durch Überlastung und Überforderung entstehen Probleme wie Verwahrlosung und Gewalt gegen Kinder. Die Gesundheitsvorsorgeuntersuchung muss bis zum 18. Lebensjahr fortgeführt werden. Die NRW-Piraten wollen sicherstellen, dass die Untersuchungen wahrgenommen werden.
Erste Hilfe
Die NRW-Piraten planen ein Programm zur Förderung von Ersthelfermaßnahmen. Es reicht nicht, einmal im Leben an einer Schulungsmaßnahme in lebensrettenden Sofortmaßnahmen teilzunehmen. Wir wollen, dass Erste Hilfe in die Schulprogramme für Schülerinnen und Schüler zwischen zehn und sechzehn Jahren aufgenommen wird. Dies kann zum Beispiel im Rahmen von Projekttagen geschehen. Darüber hinaus setzen wir uns für die Einrichtung und Förderung von Schulsanitätsdiensten ein. Diese sollen freiwillig von den Schülerinnen und Schülern wahrgenommen werden und ihr Verantwortungsbewusstsein fördern. Die bereits bestehenden Angebote der Ersten Hilfe sollen für Interessierte kostenfrei angeboten werden.
Schule macht krank?!
Schüler und Lehrer in den allgemeinbildenden Schulen im Land sind täglich Belastungen ausgesetzt, die durchaus mit denen eines Arbeitnehmers im Büroumfeld zu vergleichen sind. Trotz der absehbaren Folge- und Spätschäden für die Gesundheit werden Probleme nicht gelöst und mit dem Hinweis auf die desolate Finanzlage abgewiesen. Einklagbare Vorgaben, wie sie bereits bei Arbeitnehmern existieren, gibt es nicht.
Das hat zur Folge, dass sowohl dem Gesundheits- als auch dem Sozialsystem in großem Umfang Lasten entstehen. Für die Schüler und Lehrer an den allgemeinbildenden Schulen sind daher verbindliche Vorgaben über die Arbeitsbedingungen zu erstellen. Diese sollen sich an den Arbeitsplatzrichtlinien für Arbeitnehmer im Büroumfeld orientieren, jedoch an die besonderen Bedürfnisse der Kinder angepasst werden. Das kann in Form einer Berufsgenossenschaft Lernen erfolgen, die dann sowohl Kontrollinstanz als auch Ansprechpartner im Konfliktfall ist.
Drogenpolitik
Gewährleistung des Datenschutzes in der Drogenpolitik
Die informationelle Selbstbestimmung ist auch im Bereich der Drogenpolitik zu gewährleisten. Besonders große Firmen und Konzerne führen immer häufiger Einstellungstests mit einer medizinischen Kontrolle auf Drogenkonsum ein. Diese Tests werden den Bewerbern, die sich hierzu schriftlich einverstanden erklären müssen, indirekt aufgezwungen. Bei Verweigerung haben die Bewerber keine Chance, die Arbeitsstelle zu bekommen. Interessanterweise wird in diesen Tests Alkoholmissbrauch nicht überprüft, obwohl dieser nachweislich große Probleme im Arbeitsleben produziert.
Die NRW-Piraten wenden sich strikt gegen die Praxis vieler Firmen, Drogentests zum Standard bei Einstellungsverfahren zu machen. Diese Grauzone gilt es gesetzlich zu regeln. Den Firmen muss diese Vorgehensweise, die immer weitere Verbreitung findet, verboten werden. Hierbei soll NRW ein Vorreiter sein. Damit sollen auch bundesweit die Bestrebungen der großen Firmen gestoppt werden, ihre Mitarbeiter völlig zu durchleuchten.
Amtsmitarbeitern mit Bürgerkontakt ist es, auch ohne jede fachliche Qualifikation, erlaubt, reine Vermutungen über einen möglichen Drogenkonsum in persönliche Akten einzutragen. Derartige Einträge werden in der Folge nicht mehr hinterfragt und können so zu enormen, ungerechtfertigten Hürden für die Betroffenen werden. Die Praxis ungeschulter Mitarbeiter in Behörden, reine Vermutungen bezüglich eines Drogenkonsums in persönliche Akten einzutragen und diese weiterzugeben, ist zu unterbinden.
Im Rahmen von Ermittlungen des LKA kommt es immer wieder dazu, dass Leute unschuldig des Konsums, Besitzes oder Verkaufs von illegalen Drogen verdächtigt werden. Eine erkennungsdienstliche Behandlung findet hierbei oft in rechtlich fragwürdigem Rahmen statt. Die so festgestellten, sehr persönlichen Daten müssen nach ergebnislos gebliebenen Ermittlungen umgehend wieder gelöscht werden. Dies wird heute nicht so praktiziert. Betroffene sind gezwungen mittels selbst bezahltem rechtlichen Beistand eine solche Löschung durchzusetzen. Die NRW-Piraten pochen auf Löschung personenbezogener Daten, wenn sich ein Verdacht nicht bestätigt. Eine weitere Verwendung der Daten und die Weitergabe hat auf jeden Fall zu unterbleiben.
In staatlichen Hilfsprogrammen, zum Beispiel bei der Methadon-Substitution, müssen teilnehmende Personen zur Erlangung der Krankenkassenleistung ihren behandelnden Arzt von jeder Schweigepflicht entbinden. Diese beispiellose und entwürdigende Vorgehensweise ist aufzuheben. Drogenkranke Menschen sind, wie alle anderen Bürger auch, als normale Patienten zu behandeln.
Präventionsunterricht an Schulen
Die Maßnahmen zur Drogenprävention an Schulen sind unzulänglich. Auch der Wissensstand des lehrenden Personals erweist sich oft als sehr gering. Einzelne Pilotprojekte haben gezeigt, wie wichtig und nachhaltig eine gute Prävention bereits im Grundschulalter ist. Jedweder Erstgebrauch, ob bei legalen oder illegalen Substanzen, nahm in den teilnehmenden Gruppen gegenüber den Vergleichsgruppen deutlich ab. Die erzielten Erkenntnisse und Erfolge tragen die Kinder wie selbstverständlich in die weiterführenden Schulen und ihren Freundeskreis. So wird für eine Multiplikation gesorgt, die Unterricht alleine kaum leisten kann.
Die NRW-Piraten regen an, auf der Basis solcher Beispiele mit Vorbildcharakter ein landesweit flächendeckendes Informations- und Aufklärungskonzept zu entwickeln. Hierbei soll besonderes Augenmerk auf einheitliches und sachliches Lehrmaterial sowie eine vorbereitende Schulung des Lehrpersonals gelegt werden. So wird an Bildungseinrichtungen ein kompetenter Unterricht ermöglicht. Auch externe Fachreferenten sollen Teil dieses Konzepts werden, um besonders in der Sekundarstufe das Wissen bei Lehrern und Schülern zu vertiefen. Grundgedanke und Ziel ist es Vorurteile gegen Wissen auszutauschen.
Freigabe von Cannabis zu medizinischen Zwecken
Die Cannabispflanze enthält eine Reihe von Wirkstoffen, die ein hohes Potential für die medizinische Nutzung haben. Von diesen Stoffen, den sogenannten Cannabinoiden, gibt es circa 60 verschiedene. Alle weisen ein unterschiedliches Wirkungsprofil auf. Diese Substanzen bieten Linderung und Heilung bei vielen schwerwiegenden Leiden und Krankheiten, wie beispielsweise Krebs, HIV, Tourette, Epilepsie, Rheuma, Arthritis, Multiple Sklerose oder in der Schmerztherapie. Für diese Krankheiten kennt die klassische Schulmedizin keine abschließenden Behandlungsmöglichkeiten. Während international ein deutlicher Trend in diese Richtung zu verzeichnen ist, wird in Deutschland jede sachorientierte Herangehensweise verweigert.
Die NRW-Piraten fordern ein Umdenken. Wir wollen medizinisches Cannabis von BtMG-Anlage I, nicht verkehrsfähige Stoffe, in Anlage III, verschreibungsfähige Stoffe, verschieben. Patienten, die auf die medizinische Nutzung von Cannabis angewiesen sind, soll der Zugang wie zu jeder anderen Arznei aus diesem Bereich ermöglicht werden. Außerdem werden so die Hürden, die eine zukunftsweisende Forschung in diesem Bereich verhindern, aus dem Weg geräumt.
Kennzeichnungspflicht von Medikamenten mit Sucht - bzw. Abhängigkeitspotential
Um auf die Suchtgefahr bei bestimmten Medikamenten aufmerksam zu machen, müssen die Pharmahersteller in die Pflicht genommen werden. Wie bei Zigaretten üblich, sollten vereinheitlichte Warnhinweise auf die Medikamentenverpackungen aufgedruckt werden. Aus diesen muss hervorgehen, dass es sich bei dem Medikament um eine Arznei handelt, die ein Suchtrisiko birgt. Diese Warnhinweise sollen Patienten sensibilisieren und auf die Gefahr einer Sucht hinweisen. Der Grund: Die oft sehr versteckt in der Packungsbeilage beschriebenen Hinweise werden allzu leicht nicht wahrgenommen. Darüber hinaus könnte vom Apotheker bei der Ausgabe des Medikamentes ein Informationsblatt zum Thema "Suchtgefahren bei Medikamenten" angeboten werden. Dieses soll ein Angebot mit weiteren Informationen darstellen und Hilfe beim Auffinden von geeigneten Stellen für Hilfesuchende bieten.
Missbrauch von AD(H)S-Medikamenten
Bei Medikamenten auf Methylphenidat-Basis häufen sich die Berichte über steigenden Missbrauch. Dies betrifft Schulen, Universitäten, aber auch Berufszweige, die hohe Ansprüche an die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit stellen. Diese eigentlich zur Behandlung von AD(H)S gedachten Mittel werden als Leistungssteigerungsdroge missbraucht und es entwickeln sich hier Schwarzmärkte oder existieren bereits.
Metylphenidat ist der Partydroge 'Speed' (Methylphenitylamin) chemisch ähnlich und weist bei entsprechend hoher Dosierung auch vergleichbare Wirkungen auf. Neben dem vom Nutzer gewünschten Konzentrations- und Fokussierungseffekt kann es hier schnell zu Wesensveränderungen, Stimmungsschwankungen, Aggressivität bis hin zu depressiven Episoden kommen. Besonders heikel ist, dass viele Nutzer die Tabletten zerstoßen und dann schnupfen. Dabei erweisen sich die Trägerstoffe in den Tabletten, beispielsweise Talkum, als hochgefährlich. Über die Nase aufgenommen, können diese Füllsubstanzen schnell zu Gefäßverstopfungen in Lunge und Hirn führen und Embolien und Schlaganfälle auslösen.
Diese Entwicklung, die in den USA schon weit fortgeschritten ist, gilt es zu stoppen. Neben der enormen gesundheitlichen Gefährdung der Nutzer ergibt sich hier auch eine starke Wettbewerbsverzerrung. Diese Reaktion von Schülern und Studierenden auf den stark gestiegenen Leistungsdruck birgt die Gefahr, Lernerfolge auch auf diesem Wege manipulierbar und abhängig vom finanziellen Hintergrund werden zu lassen. Zudem ist hier der Faktor Gruppenzwang nicht zu unterschätzen. Die NRW-Piraten wollen, dass das Land NRW eine Aufklärungskampagne in Leben ruft. Diese soll Vorbildcharakter für die Bundespolitik haben. Darüber hinaus sollen die Quellen derartiger Mengen eines verschreibungspflichtigen und bei Mißbrauch auch gesundheitgefährenden Medikaments auf dem Schwarzmarkt aufgedeckt werden. Eine denkbare Quelle hier sind die um mehrere hundert Prozent gestiegenen Verschreibungen von AD(H)S-Medikamenten in den vergangenen Jahren, wobei leider häufig keine ausführliche ärztliche Diagnose mehr zugrunde gelegt wird.
Arbeit & Soziales
Zurück zur sozialen Marktwirtschaft
Die Bundesrepublik Deutschland wurde als soziale Marktwirtschaft gegründet. In unserem Grundgesetz ist festgelegt, das "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." (Artikel 14, Absatz 2). Soziale Marktwirtschaft ist ein gesellschafts- und wirtschaftspolitisches Leitbild mit dem Ziel, wirtschaftliche Leistung und freie Initiative, die dem gemeinsamen sozialen Fortschritt dient, zu fördern.
Hierbei wird jedoch derzeit der soziale Fortschritt durch die technischen Veränderungen eingeholt, was zu einer hohen Erwerbslosigkeit führt. Die NRW-Piraten haben erkannt, das dadurch immer größer werdende Personengruppen von der sozialen Teilhabe ausgeschlossen werden. Einen Weg zurück in die klassische Produktionsgesellschaft wird es in diesem Land nach unserer Überzeugung nicht geben. Die Zukunft gehört der Wissens- und Kulturgesellschaft. Um die Teilhabe an dieser Gesellschaft zu gewährleisten, ist es nach Meinung der NRW-Piraten notwendig, eine allgemeine Grundsicherung einzuführen. Diese soll dem Artikel 1, Absatz 1 des Grundgesetzes "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt" gerecht werden.
Die grundlegenden Weichen dafür werden nicht auf Landesebene gestellt. Die Umsetzung wird jedoch durch die Landesregierung geleitet und auf kommunaler Ebene realisiert. Es ist daher wichtig, sich realistische und auf Landesebene umsetzbare Ziele zu stecken. Daher fordern wir kurzfristige, in NRW umsetzbare Veränderungen, um den Druck auf die Betroffenen und damit ihre Unzufriedenheit zu mindern. Durch die aktuelle Gesetzgebung, Hartz IV, ist das Recht auf individuelle Hilfe in sozialen Notlagen praktisch abgeschafft worden. Stattdessen wird, begründet mit wirtschaftlichem Druck, eine staatlich subventionierte Arbeit geschaffen, in die Hilfeempfänger durch Druck und Existenzängste hinein genötigt werden, ohne dafür entlohnt zu werden.
Lehrmittelfreiheit für ALG II Empfänger
Seit Einführung des Arbeitslosengeld II werden die Leistungen, die bis dahin durch das SGB XII, die Sozialhilfe, geregelt waren, fast alle durch das SGB II, Hartz IV, geregelt. Nach §96 und §97 des NRW-Schulgesetzes sind bis heute ausschließlich Empfänger von Leistungen nach dem SGB XII, der Sozialhilfe, nicht aber Empfänger von Leistungen nach dem SGB II, Hartz IV, von Zuzahlungen zu Lehrmitteln und Kosten für den Schulweg befreit. Die NRW-Piraten empfinden dies als einen Zustand, der sofortiger Korrektur bedarf. Sie setzen sich dafür ein, dass auch Empfänger von Leistungen nach dem SGB II, Hartz IV, umgehend von allen Zuzahlungen zu Lehrmitteln und Kosten für den Schulweg befreit werden.
Personalvertretungsgesetz
Im Herbst 2007 wurde das Personalvertretungsgesetz für NRW geändert. Elementare Schutzrechte wurden für die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst des Landes aufgehoben. Weitreichende Einschnitte in die Mitbestimmung wurden durchgeführt, insbesondere auch bei personellen Maßnahmen wie Versetzungen und Kündigungen. Damit wurden die Arbeitsbedingungen der Personalräte drastisch verschlechtert. Sie wurden entmündigt, um den geplanten Stellenabbau zu beschleunigen. Beschäftigte können ohne den Schutz der Personalräte im geplanten Personaleinsatzmanagement hin- und hergeschoben werden. Generell wurden Mitbestimmungs- und Informationsrechte drastisch beschnitten und teilweise abgeschafft. Das muss auch als Versuchsballon für geplante Eingriffe auf Bundesebene in die Mitbestimmung in der Wirtschaft allgemein, das Betriebsverfassungsgesetz, gesehen werden. Die NRW-Piraten treten für Informationsfreiheit, Transparenz und demokratische Mitbestimmungsrechte auch im Öffentlichen Dienst des Landes ein. Wir wollen den alten Status Quo wieder herstellen.