NRW-Web:News/2010-04-05 - Was ist ACTA
Kommentieren Was ist ACTA? Seit sich die Piratenpartei dem Bündnis STOP ACTA angeschlossen hat, kommt immer wieder die Frage auf, was ACTA eigentlich sei. Inhaltlich geht es bei dem ACTA Abkommen [1] um Pirateriebekämpfung und einen internationalen Standard zur zivil- und strafrechtlichen Durchsetzung der sogenannten Rechte am geistigen Eigentum. Es ergänzt damit schon bestehende Abkommen und Organisationen wie TRIPS [2], WTO Agreement [3], WIPO [4] und die WZO [5] und soll mit einer eigenständigen Organisation neben diese treten. Ziel ist die Bekämpfung von Produktpiraterie und Markenfälschungen sowie Verletzungen an sogenannten geistigen Eigentumsrechten wie Patenten und Urheberrechten. Details zu den getroffenen Absprachen zwischen den Regierungen sind bisher nicht öffentlich und geheim. Auch die Beratungen in den einzelnen Ländern sind auserlesenen Wirtschafts- und Lobbyistenvertretern vorbehalten. Die Zivilgesellschaft ist weitgehend ausgeschlossen. Insbesondere die Verweigerung, diese Informationen dem Europäischen Parlament weiterzuleiten, ist nach Einführung des AEUV [6] unter Anbetracht des Art. 218 i.Vm. Art. 207 AEUV höchst fragwürdig. Gemäß Art. 218 (10) ist das Europäische Parlament nämlich in allen Phasen eines Verfahrens unverzüglich und umfassend durch die Kommission zu unterrichten. Um Länder mit gegenläufigen Interessen auszuschließen, wird dieses Abkommen abseits der bereits existierenden Strukturen von WIPO [4] und WTO [3] ausgehandelt. Hierdurch sollen neue internationale Standards gesetzt werden und Entwicklungsländer später unter Druck gesetzt werden, diesen beizutreten. Bekannt geworden sind die Inhalte des geplanten Abkommens nur dank einiger couragierter Personen, die Dokumente aus den Verhandlungen trotz der Geheimhaltungsabsprache im Internet veröffentlicht haben. Dadurch wurde auch offensichtlich, dass die Europäische Kommission bei einem Meeting am 22. März 2010 in Brüssel, das nur aufgrund von Druck aus dem Europäischen Parlament und der Zivilgesellschaft stattfand, den Teilnehmern gefälschte Verhandlungsdokumente vorlegte. Entgegen den Beteuerungen der Europäischen Kommission war aus den durchgesickerten Dokumenten ersichtlich, dass auch Regelungen, die über bestehendes EU-Recht hinausgehen, ernsthaft diskutiert wurden. Hierzu zählt zum Beispiel die sogenannte "Three-Strikes"-Regelung [7], die das Europäische Parlament als unverhältnismäßig und eines Rechtsstaates unwürdig abgelehnt hat. Außerdem ist nicht gesichert, dass tatsächlich keine Laptops und MP3-Player von Urlaubern und Geschäftsreisenden an den Grenzen durchsucht und beschlagnahmt werden, da eine Ausnahme hierfür nicht konsequent in den Entwürfen befürwortet wird. Zudem sollen Straftatbestände für Unterstützungshandlungen bei Urheberverletzungen anderer eingeführt werden, sodass hierdurch die Haftung von Providern ausgedehnt werden würde. Eine Harmonisierung in diesem Bereich besteht derzeit im europäischen Recht nicht. Die theoretische Balance der Interessen im Urheberrecht wird hierdurch weiter zugunsten der Verwerter verschoben. Unsere Bürger- und Verbraucherrechte werden weiter eingeschränkt und die offene Struktur des Internets ist in großer Gefahr. Kein Wunder, dass das ACTA-Abkommen so intransparent verhandelt wird, geht es doch auch um Netzzensur und den Abbau der Netzneutralität. Es könnte sich ja jemand beschweren, dass die Rechte und Interessen Aller zugunsten weniger Wirtschaftslobbies abgebaut werden. Es wird Zeit, dass die ACTA-Verhandlungen gestoppt und von der EU-Kommission und der Bundesregierung transparent gemacht werden. Die Geheimverhandlungen sind einer demokratischen Debatte über die Zukunft der digitalen Gesellschaft unwürdig. Es ist Zeit zu handeln - ein erster Schritt ist das Mitzeichnen der Petition unter http://acta.junge-piraten.de.
Legende:
Autor dieses Artikels: Stephan Urbach Verantwortlich für den Inhalt dieses Artikels: Bundespressestelle der Piratenpartei Deutschland 06. April 2010 09:09 Uhr |