MV:Landesmitgliederversammlung 2013.1/SÄA06

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Satzungsänderungsantrag SÄA 06 (Präferenzwahl nach Schulze)

Antragsteller: Niels Lohmann

Antragstext

§ 10a - Bewerberaufstellung für die Wahlen zu Volksvertretungen

(1) Die Aufstellung von Bewerbern für die Wahlen zu Volksvertretungen richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften, der Bundessatzung und nach dieser Satzung.

(2) Die Aufstellung von Landeslisten erfolgt in einer Versammlung der im Zeitpunkt ihres Zusammentritts in Mecklenburg-Vorpommern wahlberechtigten Piraten. Die Aufstellung von Wahlkreisbewerbern erfolgt in einer Versammlung der im Zeitpunkt ihres Zusammentritts im Wahlkreis wahlberechtigten Piraten. In Kreisen und kreisfreien Städten, die mehrere Wahlkreise umfassen, können die Bewerber für diejenigen Wahlkreise, deren Gebiet die Grenze des Kreises oder der kreisfreien Stadt nicht durchschneidet, in einer gemeinsamen Mitgliederversammlung gewählt werden (gemeinsame Wahlkreisversammlung). Die Aufstellung von Wahlvorschlägen zu Kommunalwahlen erfolgt in einer Versammlung der im Zeitpunkt ihres Zusammentritts im Kreis oder in der kreisfreien Stadt wahlberechtigten Piraten.

(3) Die Einladung zu den Aufstellungsversammlungen erfolgt durch den Landesvorstand, sofern im Falle einer gemeinsamen Wahlkreisversammlung oder der Aufstellung von Wahlvorschlägen zu Kommunalwahlen ein Kreisverband besteht, durch den Kreisvorstand. Die Einladung erfolgt durch E-Mail, sofern ein Pirat keine E-Mail-Adresse angegeben hat, durch einfachen Brief. Die Einladung gilt als bewirkt, wenn sie an die letzte bekanntgemachte Adresse gerichtet wurde. Die Einladungsfrist beträgt vier Wochen ab Verschicken der Einladung.

(4) Aufstellungsversammlungen zur Landesliste sind beschlussfähig, wenn mindestens zehn stimmberechtigte Piraten teilnehmen. Alle anderen Aufstellungsversammlungen sind beschlussfähig, wenn mindestens drei stimmberechtigte Piraten teilnehmen.

§ 10b - Wahlverfahren

(1) Wahlen zur Aufstellung von Wahlvorschlägen sind geheim.

(2) Über Verfahren zur Aufstellung von Wahlkreisvorschlägen (Direktkandidaten) entscheiden die jeweiligen Gebietsversammlungen.

(3) Listen werden mittels eines Präferenzwahlverfahrens in einem Wahlgang aufgestellt. Hierbei stehen die Kandidaten einzeln zur Wahl. Jeder Kandidat muss einzeln abgelehnt werden können.

(4) Weitere Regeln und Durchführungsbestimmungen zur Präferenzwahl finden sich in Anlage A zur Satzung.

(5) Gebietsversammlungen können abweichende Wahlverfahren zur Listenaufstellung beschließen.

Anlage A

Die Begriffe Kandidat werden im Folgenden synonym verwendet. An die Stelle von Kandidaten können andere Arten von Wahloptionen treten.

Stimmzettel

Jeder Stimmberechtigte erhält einen Stimmzettel auf dem er/sie jeden Kandidaten in eine von drei Kategorien einordnet:

- Ja - Enthaltung - Nein

Kandidaten, die auf dem Stimmzettel bezüglich der Zustimmung mit Ja oder in der Ablehnung mit Nein bewertet werden, sind außerdem vom Wähler auf dem Stimmzettel in eine persönliche Präferenzreihenfolge zu bringen. Hierzu sieht der Stimmzettel für die Kandidaten, die mit Zustimmung "Ja" oder Ablehnung "Nein" markiert wurden eine Reihe an Präferenzstufen vor. Jeder Kandidat kann durch ein Kreuz auf eine solche Stufe gestellt werden. Hierbei ist es möglich, mehrere Kandidaten mit gleicher Präferenz zu markieren, also mehrere Kandidaten auf die gleiche Stufe der Präferenzreihenfolge zu stellen, wodurch der Wähler zum Ausdruck bringt, dass er bezüglich dieser Kandidaten untereinander keine Präferenzen hat.

Zur Vereinfachung der Stimmzettel werden die unterschiedlichen Präferenzstufen im Bereich Zustimmung "Ja" oder Ablehnung "Nein" auf eine Anzahl von 10 beschränkt. Gemeinsam mit Enthaltungen ergeben sich 21 Präferenzstufen auf dem Stimmzettel. Auszählung

Kandidaten, die bezüglich der Frage der Zustimmung nicht mehr Ja- als Nein- Stimmen auf sich vereinigen können, scheiden aus und finden im nachfolgend beschriebenen Prozess keine Berücksichtigung mehr. Für die übrigen Kandidaten wird auf Basis der abgegebenen Stimmzettel mittels der im Folgenden beschriebenen Schulze-Methode ein Wahlgewinner bzw. eine Reihenfolge von Gewinnern ermittelt:

Jeder Kandidat wird mit jedem anderen Kandidaten verglichen und es wird für jeden Kandidaten ausgezählt, wieviele Wähler entsprechend ihrer Angaben auf den Stimmzetteln den einen Kandidaten dem jeweils anderen Kandidaten vorziehen. Kandidaten, die bezüglich der Frage der Zustimmung eine Ja-Stimme erhalten haben, gelten hierbei als präferiert gegenüber Kandidaten, bei denen die Frage der Zustimmung mit Nein oder Enthaltung beantwortet wurde. Weiterhin gelten Kandidaten, die bezüglich der Frage der Zustimmung eine Enthaltung erhalten haben, als präferiert gegenüber Kandidaten, bei denen die Frage der Zustimmung mit Nein beantwortet wurde. Ansonsten entscheidet die vom Wähler vorgegebene Präferenzreihenfolge.

Definition: Ein Kandidat A kann einen anderen Kandidaten B mit einem Gewicht von n schlagen, wenn sich eine Abfolge von insgesamt mindestens zwei Kandidaten konstruieren lässt, die mit Kandidat A beginnt und mit Kandidat B endet, bei der für alle Paare direkt aufeinanderfolgender Kandidaten dieser Abfolge der jeweils eine Kandidat gegenüber seinem Nachfolger von einer einfachen Mehrheit, mindestens jedoch von n Wählern, bevorzugt wird. Eine einfache Mehrheit ist dann gegeben, wenn mehr Wähler den einen Kandidaten gegenüber seinem Nachfolger bevorzugen, als es umgekehrt der Fall ist.

1. Es wird für jedes Kandidatenpaar X und Y ermittelt, wie das größtmögliche Gewicht ist, mit dem ein Kandidat X nach obenstehender Definition den Kandidaten Y schlagen kann. Hierzu müssen alle der obenstehenden Definition genügenden Abfolgen von Kandidaten berücksichtigt werden. Gibt es keine solche Abfolge wird jeweils ein größtmögliches Gewicht von Null (0) angenommen.

2. Ein Kandidat X ist dann Gewinner der Wahl, wenn für jeden anderen Kandidaten Y das größtmögliche Gewicht, mit dem der Kandidat X den Kandidaten Y schlagen kann, größer als das größtmögliche oder gleich dem größtmöglichen Gewicht ist, mit dem der Kandidat Y den Kandidaten X schlagen kann.

3. Gibt es mehrere Gewinner, findet eine Stichwahl statt.

Im Falle der Ermittlung mehrerer Gewinner, die in eine Reihenfolge zu bringen sind, wird Schritt 2 unter Ausnahme der bisherigen Gewinner wiederholt, um die weiteren Plätze zu besetzen. Gleichplatzierte Kandidaten werden im Anschluss an die Auszählung mittels einer Stichwahl untereinander in eine Reihenfolge gebracht.

Stichwahlen werden als Wahl durch Zustimmung durchgeführt. Es werden hierbei nur Zustimmungen gezählt und der Kandidat mit den meisten Stimmen gewinnt bzw. wird erstplatziert. Sind mehrere Kandidaten in eine Reihenfolge zu bringen, entscheidet die Anzahl der Zustimmungen über die Reihenfolge der Kandidaten. Ergibt die Stichwahl einen Gleichstand, dann entscheidet das Los.

Begründung

Gegenüber dem Satzungsänderungsantrag SÄA 01 wurde § 10b durch das in der Hamburger Satzung verwendete Wahlverfahren <http://wiki.piratenpartei.de/HH:Satzung#.C2.A73_Wahlmodus> ersetzt.

Das Schulze-Verfahren ist gemacht worden, um einen Wählerwillen optimal abzubilden und erschwert taktische Spielchen enorm.

- Vorteile: Der Wählerwillen wird optimal abgebildet. Gemäßigte Kandidaturen sind bevorteilt. Deals zwischen den Kandidaten, wie sich bei den Altparteien üblich sind, sind bis auf den 1. Platz, ausgeschlossen.

- Nachteil: Der Nachteil ist, das eine Auszählung relativ lange dauert. Dies ist der Preis für ein Wahlverfahren, welches demokratischer ist, als alle anderen Vorschläge.

Für bestimmte Wahlen oder Abstimmungen besteht der Wunsch nach einem möglichst fairen Wahlverfahren. Die Tatsache, dass die Schulze-Methode eine recht aufwendige Auszählung nach sich zieht, ist den Antragstellern und Unterstüzern des Antrags bewusst. Einfachere Wahlverfahren (z.B. Approval-Voting oder Instant-Runoff-Voting) weisen jedoch eine Reihe von Nachteilen auf:

Bei der Verwendung von Approval-Voting, so wie es bisher auf Landesmitgliederversammlungen praktiziert wurde, kann folgendes Problem entstehen: Um einen bestimmten Kandidaten oder Antrag zu verhindern, könnten Stimmen für ein "geringeres Übel" abgegeben werden. Diese Stimmen würden aufgrund fehlender Präferenzen genauso gewertet werden, wie die Stimmen, die dem eigentlichen Wunschkandidaten zu Gute kommen sollen. Die Folge ist, dass beim Approval-Voting dieses "geringere Übel" die meisten Stimmen auf sich vereinigen kann, obwohl es eine ganz andere Wahloption gibt, die mehrheitlich gegenüber allen anderen bevorzugt wird.

Eine Präferenzwahl schafft hier Abhilfe, da die Wähler ihre Präferenzen zum Ausdruck bringen können, und diese Präferenzen bei der Auszählung auch berücksichtigt werden. Für Präferenzwahlen gibt es zwar auch einfacherere Auszählungsmethoden als die Schulze-Methode, doch auch diese weisen eine Reihe von Nachteilen auf (siehe z.B. Abschnitt Paradoxes und Mängel des Wikipedia-Artikels zum Instant-Runoff-Voting <http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Instant-Runoff-Voting&stableid=75903239#Paradoxes_und_M.C3.A4ngel>). Deshalb schlägt dieser Antrag die Schulze-Methode als Auszählungsverfahren vor.

Da bei z.B. 30 Kandidaten, die für einen Listenplatz in Frage kommen, jeder dieser 30 Kandidaten mit jeweils 29 anderen Kandidaten verglichen werden muss, ergeben sich sehr viele durchzuführende Vergleiche (435 Vergleiche von jeweils 2 Kandidaten). Aus diesem Grunde bietet sich der Einsatz eines Computerprogramms für die Auswertung an. Damit die Wahl trotzdem überprüfbar bleibt, muss die Erfassung der Daten der Stimmzettel öffentlich erfolgen. Hierbei ist natürlich eine rege Beteiligung von Freiwilligen gewünscht, die die öffentliche Erfassung dieser Stimmzettel in der Rolle von Wahlbeobachtern überwachen und unabhängig dokumentieren.

Technisch wird die Auszählung mit Ausnahme der Stichwahlen unter Verwendung des in der Programmiersprache Lua 5.1 geschriebenen Computerprogramms "schulze-simple" <http://www.public-software-group.org/preftools> durchgeführt. Die Eingabedaten werden gemäß der Stimmzettel in einem öffentlichen Prozess erfasst. Eingaben und Ausgaben des Programms werden protokolliert und veröffentlicht.

Die Auszählung könnte z.B. folgendermaßen funktionieren: Die Abstimmenden werfen ihre Wahlzettel in eine Urne. Die Wahlhelfer erfassen die durch den Urnenwurf anonymisierten Abstimmungszettel anschließend in einem öffentlichen Prozess. Hierbei könnten die Wahlzettel beispielsweise von einer Person verlesen werden und von einer weiteren Person elektronisch erfasst werden. Wichtig hierbei ist, dass die Präferenzen der Stimmzettel unabhängig von der elektronischen Verarbeitung eingesehen werden können, damit kein unbemerkter Wahlbetrug möglich ist. Eine sofortige Veröffentlichung ermöglicht ein Nachrechnen der ermittelten Ergebnisse noch während der Versammlung.

- Beispielwahlzettel: <http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/b/b9/Schulze-simple.ballot.pdf>