Diskussion:AG Geldordnung und Finanzpolitik/Was ist Geld?/Geldschöpfungsgewinn
Bedarf Zentralbankgeld
Im Abschnitt
"Geldterritorien: Claims zur Förderung des Geldschöpfungsgewinns"
führst Du auf:
"Sobald durch Überweisung oder Barabhebung das Geld das eigene Territorium verlässt, verliert sie die Möglichkeit zur Realisierung des Geldschöpfungsgewinns an die andere Geschäftsbank bzw. Zentralbank. Überweisungen auf ein Konto bei einer anderen Bank oder Barabhebungen muss eine Bank in Zentralbankgeld leisten. Das Zentralbankgeld hierfür müssen sich Geschäftsbanken von der Zentralbank oder Nichtbanken leihen oder kaufen."
Die Idee mit den "Geldterritorien" finde ich sehr gut. Selbst habe ich daran gedacht, jede Bank als eigenes Land zu betrachten. Dem Nachbarland bringe ich nur dann Vertrauen entgegen, wenn dieses auch mir Vertrauen entgegen bringt. Ist dieses nicht vorhanden muss ich auf die Weltbank, hier die Bundesbank zurückgreifen. Ist das gegenseitige Vertrauen indes vorhanden, benötige ich die Bundesbank eigentlich nicht. Ein Ausgleich kann dann über gegenseitige Kredite im Rahmen von Korrespondenzbank-Beziehungen erfolgen. Zu Korrespondenzbanken bin ich z. Zt. in Wikipedia mit dem ursprünglichen Artikelersteller etwas am kämpfen. Den unbedingten Bedarf an Zentralbankgeld bezweifle ich deshalb etwas.
Gruß---Mumken 21:16, 20. Jun. 2013 (CEST)
- Hallo Mumken, durch die Interbankenkredite versuchen ja die Geschäftsbanken die Zentralbank zu umgehen, damit sie und nicht die Zentralbank den Geldschöpfungsgewinn realisiseren können.
- Du siehst es völlig richtig, dass kein unbedingter Bedarf an Zentralbankgeld besteht - aber das ist nicht die entscheidende Frage. Die entscheidende Frage ist, ob es gerechtfertigt ist, dass ein Teil der Gesellschaft mit selbstgemachtem Geld seine Rechnungen bezahlt während der Rest hart für sein Geld arbeiten muss. Kreditgeld ist ein Produkt der Rechtsordnung und daher bin ich der Meinung, dass der Geldschöpfungsgewinn über den Staat der Allgemeinheit zusteht. Darüber hinaus besteht das Problem, dass wenn nicht von staatlicher Seite die Geldmenge gesteuert wird, ich keine Chance sehe, die Geldmenge und damit indirekt die Inflation in den Griff zu bekommen.
- Besten Dank für deine Rückmeldungen und wenn du möchtest, kannst du mich gerne per Email oder in den Mumble-Sitzungen der AG ansprechen. Am 25.6.2013 haben wir genau zu diesem Thema eine Diskussion im Mumble.
- Viele Grüße Arne.Pfeilsticker 22:56, 20. Jun. 2013 (CEST)
- Danke für Deine schnelle Antwort. Deinen Ausführungen kann ich soweit zustimmen, fand auf der Seite jedoch keinen Hinweis, dass hier ein Geldsystem beschrieben wird wie es sein sollte und nicht der jetzige Zustand festgehalten wird. Dass der Geldschöpfungsgewinn der Allgemeinheit zustehen sollte sehe ich auch so, bin jedoch bezüglich der Höhe des Betrages, welcher dann der Allgemeinheit zusätzlich zur Verfügung stehen könnte (20-40 Mrd.€ pro Jahr), skeptisch. Ein wesentlicher Anteil der Kosten einer Bank sind Personalkosten und andere Sachkosten. Entfällt für die Banken der Geldschöpfungsgewinn, müssen diese die Kosten für ihre Dienstleistungen anderweitig hereinnehmen und so Gebühren und Bearbeitungspauschalen erhöhen. Vom Grundsatz her sicher richtig, denn weshalb soll die Allgemeinheit die Dienstleistungen der Banken für ihre Bankkunden mitfinanzieren. Volkswirtschaftlich gesehen würde somit kein Gewinn entstehen sondern nur eine "gerechte" Verschiebung der Kosten für Bank-Dienstleistungen. Wie siehst Du das?
- Vor einigen Monaten hatten wir uns zum Thema "Geld ist ein Anspruch auf Geld" mittels Mail und Skype "Muellerrud" bereits ausgetauscht. Da meine Anmerkungen direkten Bezug zu Deiner Seite hier haben, denke ich, dass unsere Diskussion hier gut platziert ist, da wir sie zumindest leicht wiederfinden. Zu anderen Themen komme ich gerne auf Dein Angebot zurück.
- Beste Grüße Rudi --Mumken 07:49, 22. Jun. 2013 (CEST)
Geldschöpfung der Geschäftsbanken
Viele Auseinandersetzungen über die Geldschöpfung lassen sich auf die Frage reduzieren, sind Banken als Kreditvermittler oder aber als Kreditschöpfer tätig. Die ehrlich Antwort müsste m.E. lauten, sie sind beides. Die Theorie der reinen Kreditvermittlung ist tatsächlich nur eine Theorie, welche sich so in der Praxis nie oder nur ansatzweise gezeigt hat. Jedoch kann auch die "moderne Theorie der Geldschöpfung" keinen Alleinstellungsanspruch begründen, da immer noch Abhängigkeiten von vorhandenen Mitteln existieren. Die direkt oder indirekt einflussnehmenden Faktoren habe ich mal aufgelistet:
- Forderung einer Mindestreserve durch die EZB
- Kassenbestand zur Aufrechterhaltung des baren Zahlungsverkehrs
- Überschussreserven zur Durchführung von Überweisungen
- Anforderungen an das Eigenkapital der Bank gemäß KWG (Kreditwesengesetz KWG) § 10 Anforderungen an die Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen (http://www.gesetze-im-internet.de/kredwg/__10.html)
- Anforderungen an die Liquidität der Banken gemäß KWG (Kreditwesengesetz KWG) § 11 Liquidität (http://www.gesetze-im-internet.de/kredwg/__11.html)
- Genügend verschuldungsbereite Kreditnehmer (Schuldner) müssen gefunden werden
- Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit des Kreditnehmers muss vorhanden sein oder
- der Kreditnehmer muss beleihungsfähige Sicherheiten bieten, d.h. Eigentum muss vorhanden sein und der Kreditnehmer muss bereit sein dieses zu verpfänden
- Um sich für Kredit-Auszahlungen Bargeld bei der Zentralbank zu beschaffen, benötigt die Bank „notenbankfähige Sicherheiten“
Zum Kreditwesengesetz habe ich auf der Seite: AG Geldordnung und Finanzpolitik/Kreditwesengesetz einige Informationen zusammengefasst.
Von einer autonomen Kreditschöpfung der Geschäftsbanken kann deshalb m. E. nicht gesprochen werden. Ist die Bank, vielfach im Zusammenhang mit ihren Kreditgeschäften, auf Zentralbankgeld angewiesen, gleichgültig ob sie dieses von der Zentralbank selbst bezieht oder von Kunden als Einlage erhält, ist sie in Ihrer Kreditschöpfungstätigkeit nicht unabhängig. Das Kreditgeschäft kann nicht auf den reinen Akt der Buchgeldschöpfung reduziert werden.
Den ursprünglichen Einfluss der "goldenen Bankregel", welche von einer reinen Kreditvermittlung der Banken ausging, kann man heute noch indirekt aus der Liquiditätsverordnung erkennen. Anstelle der Einhaltung dieser Bankregel sind die Banken das Problem von der Seite der "Zahlungsfähigkeit" angegangen. Wenn sichergestellt werden kann, dass die Bank gegenüber ihren Kunden jederzeit zahlungsfähig ist, wird damit dasselbe Ziel wie mit der Einhaltung der "goldenen Bankregel" erreicht. Die Liquiditätsverordnung erlaubt es den Banken jedoch, mit einem viel größeren Hebel Kredite zu erzeugen. So müssen z.B. für 10 Mill.€ Sichteinlagen nur 1 Mill.€ an flüssigen Mitteln vorgehalten werden. Die Erfahrung zeigt offensichtlich, dass durchschnittlich bei den Sichteinlagen ein ständiger Bodensatz von 90% bei den Banken verbleibt. Banken können sich sogar ihre eigenen Liquiditätsverordnungen schreiben, müssen diese jedoch von der Bafin genehmigen lassen.
Zu starken Veränderungen führte auch ein Strukturwandel im Zahlungsverkehr. Mit Beginn der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts war eine merkliche Vermehrung der Girokonten und damit auch gleichzeitig ein Rückgang der Bargeldzahlungen in der Bevölkerung zu verzeichnen. Mit steigendem Verhältnis von Giralgeld gegenüber Bargeld benötigten die Banken immer weniger Zentralbankgeld. Die Möglichkeit der Geldschöpfung der Geschäftsbanken stieg kontinuierlich.
Zum Kassenbestand der deutschen Banken: " Die deutschen Banken hatten im Dezember 2012 noch 19,2 Mrd.€ in ihren Tresoren. Gegenüber dem Sichtguthaben der Kunden ein Anteil von 0,75 %" http://de.wikipedia.org/wiki/Kassenbestand
Fazit: Die Kreditvermittlung verliert beim Vorgang der Kredigewährung immer mehr an Bedeutung. Es dominiert die Kreditschöpfung. Was spricht gegen diese Einschätzung?
Beste Grüße--Mumken 22:03, 22. Jun. 2013 (CEST)