Bundestagswahl 2017/Wahlprogramm

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Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2017 der Piratenpartei Deutschland


Inhaltsverzeichnis

Freiheit und Grundrechte

Privatsphäre wahren, Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung stärken

Wir PIRATEN setzen uns für einen starken Datenschutz und das Prinzip der informationellen Selbstbestimmung ein. Dies umfasst nicht nur die sparsame Erhebung, zweckgebundene Verarbeitung und Nutzung sowie die eingeschränkte Weitergabe von personenbezogenen Daten, sondern ebenso die Stärkung der Rechte des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung personenbezogener Daten zu bestimmen. Im Sinne des Prinzips der Informationssicherheit muss die Vertraulichkeit bei Übertragung und Zugriff sowie die Integrität der gespeicherten Daten gewährleistet sein.

Wir lehnen die verdachtsunabhängige Durchleuchtung der Bürgerinnen und Bürger und die gläsernen Kundinnen und Kunden ab. Im digitalen Zeitalter liegen immer mehr personenbezogene Informationen in elektronischer Form vor, werden automatisiert verarbeitet und verknüpft oder weitergegeben – auch über Ländergrenzen hinweg und zwischen den öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereichen. Ohne Wissen der Betroffenen kann die wachsende Datenflut automatisiert zu Persönlichkeitsprofilen zusammengefügt und im schlimmsten Fall gegen sie verwendet werden – z. B. durch das so genannte Kreditscoring oder die Erstellung von Surf- und Bewegungsprofilen.

Damit auch in der Informationsgesellschaft die Privatsphäre gewahrt bleibt, streben wir die Umsetzung der folgenden Maßnahmen an:

Informationelle Selbstbestimmung stärken, Medienkompetenz fördern

Damit die effektive Anwendbarkeit des Grundrechtes auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG auch in Zukunft sichergestellt ist, fordern wir PIRATEN ein Datenschutzrecht, welches das im internationalen Vergleich hohe deutsche Schutzniveau nicht nur erhält, sondern ausbaut – auch nach der Überarbeitung des EU-Datenschutzrechtes.

Der Gesetzgeber muss den Einzelnen in die Lage versetzen, sich der Möglichkeiten, Chancen und Risiken der Informationsverknüpfungen im Internet bewusst zu werden und selbstbestimmt zu entscheiden, welche Daten er frei gibt – z. B. in sozialen Netzwerkdiensten oder über Treue- bzw. Bonusprogramme. Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich darauf verlassen können, dass Behörden und Unternehmen in der dem Grundrecht gebührenden Art und Weise, transparent und nachvollziehbar mit den personenbezogenen Daten umgehen und dass Verstöße und mangelnde Sorgfalt entsprechend sanktioniert werden.

Der Einzelne muss einen durchsetzbaren und unentgeltlichen Anspruch auf Selbstauskunft, Korrektur, Sperrung oder Löschung der eigenen personenbezogenen Daten haben und über ungewollte Datenabflüsse aus Unternehmen und Behörden unverzüglich und lückenlos informiert werden. Um das bestehende Auskunftsrecht zu einer Mitteilungspflicht weiterzuentwickeln, fordern wir die Einführung des Datenbriefes und die Verankerung desselben in den Bundesdatenschutzgesetzen des Bundes und der Länder. Firmen, Behörden und Institutionen, die personenbezogene Daten verarbeiten, übermitteln oder speichern, sollen dazu verpflichtet werden, die betroffenen Personen jährlich mit einem Datenbrief über die Art, den Zweck und – im Fall von Behörden und mit staatlichen Aufgaben beliehenen Institutionen – die rechtliche Grundlage der Speicherung zu informieren. Die Weitergabe von Daten an Dritte soll kommuniziert und begründet werden.

Um im Sinne der informationellen Selbstbestimmung eine echte Wahlfreiheit bei der Nutzung des Internets zu garantieren, müssen alle Produkte und Dienstleistungen, die für die Verarbeitung personenbezogener Daten vorgesehen oder geeignet sind, datenschutzfreundlich voreingestellt sein (Privacy-by-Default). Datenschutz soll darüber hinaus von Anfang an in die Entwicklung neuer Kommunikations- und Informationstechniken eingebaut werden (Privacy-by-Design). [[#Top|Zum Seitenanfang]

Datenschutzbehörden stärken

Wir PIRATEN setzen uns für eine Stärkung der Selbstständigkeit und der Kontroll- bzw. Sanktionsbefugnisse der Bundes- und Landesbeauftragten für Datenschutz sowie des Bundesamtes für Informationssicherheit ein, um gegenüber staatlichen und nicht-öffentlichen Stellen die Durchsetzbarkeit der Individuellen Datenschutzrechte zu verbessern, Missbrauch von personenbezogenen Daten zu verhindern und Schutzmaßnahmen vor Verlust oder Manipulationen sicherzustellen.

Zu diesem Ziel soll die völlige Unabhängigkeit der Kontrollstellen entsprechend der EU-Datenschutzrichtlinie und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) sichergestellt werden. Die Kontrollbehörden müssen entsprechend ihren Aufgaben ausgestattet werden, damit sie ihre Aufsichts- und Kontrollfunktion auch ausüben können.

Für Unternehmen sowie öffentliche Stellen fordern wir darüber hinaus rechtlich anerkannte freiwillige Datenschutz- und Datensicherheitsprüfungen (Audits) sowie Zertifizierungen durch die unabhängigen Behörden. [[#Top|Zum Seitenanfang]

Verantwortungsvollen Umgang mit Meldedaten sicherstellen, Datenhandel eindämmen

Wir PIRATEN fordern ein Melderecht, das der besonderen Sorgfaltspflicht des Staates gegenüber den zwangsweise erhobenen Daten gerecht wird. Persönlichkeitsrechte müssen über den privatwirtschaftlichen Interessen von Unternehmen stehen.

Die Meldegesetze sollen daher konsequent dahingehend überarbeitet werden, dass Meldedaten nicht ohne aktive Einwilligung der Bürgerinnen und Bürger an der Erhebungsquelle (Opt-in) an Dritte weitergegeben werden – dazu gehören z. B. Unternehmen, Adresshändler, Verbände oder Parteien. Eine automatisierte Abfrage lehnen wir ab. Dies gilt neben Melderegisterauskünften auch für die Korrektur von Bestandsdaten.

Die Verwendung personenbezogener Daten für Adresshandel, Werbezwecke oder Markt- bzw. Meinungsforschung darf nur mit Einwilligung der Betroffenen möglich sein. Daher fordern wir die ersatzlose Abschaffung des sogenannten Listenprivilegs, der zentralen Ausnahmeregelung im deutschen Datenschutzrecht für den Adresshandel. Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) muss entsprechend angepasst und um einem zwingenden Einwilligungsvorbehalt ergänzt werden.

Die Weitergabe von Meldedaten an den Beitragsservice der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten muss beendet und die im 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (RÄStV) enthaltene Klausel zur Durchleuchtung der „individuellen Lebenssachverhalte“ der Bürgerinnen und Bürger ersatzlos gestrichen werden.

Schluss mit Vorratsdatenspeicherung und Videoüberwachung

Wir PIRATEN lehnen eine verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten, auch bekannt als Mindest- und Höchstspeicherfrist sowie eine Ausdehnung der öffentlichen Videoüberwachung ab.

Auch andere Formen der verdachtsunabhängigen Datenerfassung, wie z. B. die Hotelmeldepflicht oder das Nachfolgeprojekt des elektronischen Entgeltnachweis-Verfahrens ELENA, OMS (Optimiertes Meldeverfahren in der sozialen Sicherung), beurteilen wir kritisch.

Wir lehnen die anlasslose Erfassung, Speicherung und den Abgleich biometrischer Daten aufgrund des hohen Missbrauchspotenzials ab. Grundsätzlich soll die Erhebung biometrischer Merkmale freiwillig erfolgen und durch unabhängige Stellen kontrolliert und bewertet werden. Der Aufbau zentraler Biometriedatenbanken für polizeiliche Zwecke oder die Versicherungswirtschaft muss unterbleiben. Ausweis- und Passdokumente müssen auch ohne biometrische Merkmale gültig sein – auch im Ausland.

Keine Einschränkungen beim Bargeldverkehr

Wir PIRATEN setzen uns sowohl auf Bundesebene als auch auf europäischer Ebene gegen Einschränkungen des Bargeldverkehrs ein. Wir sind der Meinung, dass alle Konsumentinnen und Konsumenten selbst entscheiden können müssen, ob und wo sie durch bargeldlose Zahlung Datenspuren hinterlassen und wo nicht. Die Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Schwarzarbeit halten wir für ein ebenso schwaches Argument, wie es die Terrorismusbekämpfung für die Ausweitung flächendeckender Überwachungsmaßnahmen ist.

Gegen Überwachungssoftware: Transparenz und Quellcode-Offenlegung

Wir PIRATEN sprechen uns deutlich gegen die Herstellung, Wartung, Betreuung und Erhaltung von Überwachungssoftware aus. Sie verurteilt den kommerziellen Handel mit Überwachungssoftware, einschließlich Dienstleistungen für Überwachungssoftware. Überwachungssoftware ist jede Software, die Dritten Zugang zu nicht-öffentlichen Daten, Kommunikationen und Aktivitäten eines Rechensystems verschaffen kann, ohne dass die eigentlichen Nutzer des Rechensystems darüber Kenntnis haben. Der Grund für diese Position ist, dass Überwachungssoftware sowohl im Inland wie weltweit eingesetzt wird, um Menschenrechte wie das Recht auf Privatsphäre auszuhebeln. Häufig werden die so erhaltenen privaten Daten genutzt, um Regimegegner zu verfolgen und sogar zu foltern, und um Bewegungen für mehr Demokratie zu bekämpfen.

Um aktiv gegen Überwachungssoftware vorzugehen, fordern wir eine gesetzliche Pflicht bei Herstellern und Dienstleistern von Überwachungssoftware, volle Transparenz über alle Produkte, und über alle Vertragspartner und Kunden, die Überwachungssoftware und Dienstleistungen nutzen, herzustellen. Des weiteren fordern wir die gesetzliche Pflicht zur Offenlegung des vollständigen Quellcodes von Überwachungssoftware. Die Offenlegung all dieser Informationen hat an die Öffentlichkeit zu geschehen, das bedeutet: nicht nur an ein parlamentarisches Kontrollgremium.

Keine PKW-Maut

Eine PKW-Maut lehnen wir ebenfalls ab. Durch viele bislang vorgeschlagene Systeme zur Mauterfassung droht eine umfassende anlasslose Überwachung aller Autofahrerinnen und Autofahrer, sei es durch ein Kennzeichenscanning oder die ständige Positionsbestimmung von Fahrzeugen mithilfe von Satelliten. Auch die unverhältnismäßig hohen Verwaltungskosten und Nachteile für Grenzregionen im Land sprechen gegen eine PKW-Maut.


Überwachung

„Digitale Netzwerke“ ins Grundgesetz

Wir PIRATEN setzen uns für die Erweiterung des Artikels 5 Abs. 1 GG um die zwei Worte „digitale Netzwerke“ ein. Demnach hieße der neue Artikel 5 (1): „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk, Film und digitale Netzwerke werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“

Betroffene von Überwachungsmaßnahmen müssen informiert werden

Verdeckte Überwachungsmaßnahmen laden zum Missbrauch ein. Deswegen müssen Betroffene von staatlichen Abhör- und Überwachungsmaßnahmen grundsätzlich benachrichtigt werden. Die derzeitigen Regelungen zur Benachrichtigungspflicht sind aufgrund der zahlreichen Ausnahmen wirkungslos. Wir PIRATEN setzen uns daher dafür ein, dass die überwachende Behörde ohne Ausnahme alle ihr bekannten Betroffenen einer Überwachungsmaßnahme innerhalb einer festen, nicht verlängerbaren Frist benachrichtigen und über die erfassten Daten informieren muss.

Keine Bundes- oder Staatstrojaner

Verdeckte Eingriffe in informationstechnische Systeme (z. B. Bundes- oder Staatstrojaner)

Für uns PIRATEN sind verdeckte Eingriffe in informationstechnische Systeme durch den Staat nicht mit Grundrechten und Rechtsstaat vereinbar. Wir setzen uns daher für die Abschaffung der Befugnisse für staatliche Behörden zum Verwanzen solcher Systeme ein.

Wenn wir für die Abschaffung und Verhinderung solcher Eingriffe keine ausreichende parlamentarische Mehrheit finden, werden wir uns bei der gesetzlichen Umsetzung eines solchen Grundrechteeingriffs zusätzlich zu den Vorgaben des Bundesverfassungsgericht dafür einsetzen, diesen erheblichen Eingriff in bürgerliche Grundrechte durch folgende Maßnahmen streng zu reglementieren und zu kontrollieren:

  • Durch die Installation einer komplexen Software zur Durchführung des verdeckten Zugriffs werden informationstechnische Systeme prinzipbedingt nachhaltig verändert. Die Integrität der gespeicherten Daten ist so nicht mehr gewährleistet. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sind daher als Beweis vor Gericht völlig ungeeignet. Wir setzen uns deshalb für ein gesetzlich geregeltes ausnahmsloses Verwertungsverbot von Beweisen ein, die auf diese Art gewonnen wurden.
  • Eine Unterscheidung zwischen Quellen-TKÜ (Telekommunikationsüberwachung) und einem weitergehenden Eingriff ist lediglich ein realitätsfernes theoretisches Konstrukt. In der Praxis können wir keinen Unterschied in der Tiefe des Eingriffs in die Grundrechte der Betroffenen erkennen. Die Eingriffschwelle für die Quellen-TKÜ ist daher mindestens ebenso hoch wie für jeden anderen verdeckten Eingriff in ein informationstechnisches System.
  • Anordnungen für diese Eingriffe werden ausschließlich von Richtern beschlossen. Eine Anordnung im Falle einer Gefahr im Verzug durch die Exekutive (z. B. Staatsanwalt, Behördenleiter, Ministerien) schließen wir aus. Eine Anordnung darf nur erfolgen, wenn bereits andere mildere Maßnahmen durchgeführt wurden und erfolglos waren.
  • Durch Gesetz bzw. Verordnung werden technische Vorgaben – insbesondere bzgl. zwingend notwendiger Sicherheitsmechanismen – im Detail bundesweit einheitlich geregelt.
  • Die Einhaltung der technischen Vorgaben wird durch eine von den Ermittlungsbehörden vollständig unabhängige staatliche Stelle überwacht. Programme und Software, die von den Ermittlungsbehörden für den verdeckten Eingriff eingesetzt werden sollen, müssen vorab von dieser unabhängigen Stelle untersucht und für den Einsatz freigegeben werden.
  • Da die Umsetzung des Eingriffs nur in absoluten Ausnahmefällen – also als Ultima Ratio – erfolgen darf, wird diese in der Bundesrepublik auf sehr wenige gleichzeitige Fälle beschränkt sein. Diese Aufgabe wird daher zentral von einer kleinen Zahl sehr gut ausgebildeter Fachkräfte übernommen und in einer von den berechtigten Stellen unabhängigen Bundesbehörde gebündelt. Die berechtigten Stellen des Bundes und der Länder können diese Bundesbehörde im Wege der Amtshilfe mit rechtlich zulässigen Maßnahmen beauftragen. Diese Bundesbehörde wird einer strengen parlamentarischen Kontrolle unterworfen.
  • Das anordnende Gericht wird verpflichtet, innerhalb von 30 Tagen nach Abschluss einen ausführlichen Bericht über die durchgeführte Maßnahme zu erstellen. Mit der Erstellung des Berichts ist ein Richter zu betrauen, der bisher nicht an der entsprechenden Ermittlung beteiligt war. In diesem Bericht ist festzustellen, ob die Maßnahme ordnungsgemäß im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und nach den Bestimmungen der richterlichen Anordnung durchgeführt wurde. Ebenso obliegt es dem Richter zu bewerten, ob die gewonnenen Erkenntnisse letztendlich den schweren Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen rechtfertigen.
  • Ein parlamentarisches Kontrollgremium wird die Berichte der Richter sammeln, regelmäßig zusammenfassen und auswerten. Anhand der Auswertungen ist regelmäßig zu prüfen, ob diese Grundrechtseingriffe in der Praxis überhaupt gerechtfertigt sind und insgesamt benötigt werden.

Auch wenn alle diese Maßnahmen im Gesetz verankert werden, werden wir uns weiterhin konsequent für die Abschaffung und ein strafbewehrtes Verbot der verdeckten Eingriffe in informationstechnische Systeme einsetzen.

Schutz der Privatsphäre im Grundgesetz

Wir PIRATEN setzen uns für die bedingungslose Bewahrung der Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger gegenüber staatlicher Überwachung in jedweder Form ein. Um dies zu erreichen streben wir die Abschaffung des großen Lauschangriffs sowie die Abschaffung der Eingriffe in das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis durch eine Grundgesetzänderung an. Zur Abschaffung des großen Lauschangriffs sollen dazu konkret die Absätze 3 bis 6 des Art. 13 Grundgesetz (GG) wieder entfernt werden. Zur Abschaffung der Eingriffe in das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis soll dazu konkret der Absatz 2 des Art. 10 Grundgesetz (GG) entfernt werden. Die Erfahrungen z. B. mit dem „Staatstrojaner“ haben gezeigt, dass der Staat einen verantwortungsvollen Umgang mit Eingriffen in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger nicht gewährleisten kann und dass weiterhin kein Konzept für eine wirksame Kontrolle existiert.


Asyl und Migration

Für eine solidarische Asylpolitik – Menschenrechte gelten für alle!

Grundsätze

Wir PIRATEN stehen für eine offene, freie und pluralistische Gesellschaft ein, in der verschiedene Kulturen, Weltanschauungen und Religionen friedlich gemeinsam leben können. Wir setzen uns deshalb für eine solidarische und menschenwürdige Asylpolitik ein, die am Wohl und Schutz der asylsuchenden Menschen interessiert ist und auf Instrumente zur Abschreckung, Isolation und Diskriminierung ausnahmslos verzichtet. Asylpolitik muss immer an humanitären und nicht an nationalstaatlichen oder wirtschaftlichen Interessen ausgerichtet sein.

Ursachenbekämpfung, Konfliktprävention

Flucht- und Migrationsbewegungen und bewaffnete Konflikte haben Ursachen. Ziel unserer Politik ist es, frühzeitig Konfliktentwicklungen zu erkennen und diesen entgegenzuwirken. Nahrung und Wasser und andere, wichtige Ressourcen müssen zur Verfügung stehen, damit die Menschen nicht allein deswegen in andere Gegenden ziehen müssen, um zu überleben. Außerdem muss für diese Menschen vor Ort immer auch eine Lebensperspektive vorhanden sein.

Wird eine besiedelte Gegend insbesondere durch die klimatischen Bedingungen unbewohnbar, muss anderswo Raum zum menschenwürdigen Leben geschaffen werden.

Um bewaffnete Konflikte zu unterbinden, sind die Ursachen festzustellen, ist ein striktes Waffenembargo durchzusetzen und auf eine Entwaffnung der Streitparteien hinzuwirken. Militärisches Eingreifen lehnen wir grundsätzlich ab.

Ob in besonderen Einzelfällen wie organisiertem Völkermord ein Eingreifen unabwendbar ist, bedarf einer besonders sorgfältigen Abwägung und eines Beschlusses der Vereinten Nationen.

Migration, Wirtschaftsmigration

Wir erkennen an, dass Menschen aus den verschiedensten Gründen zu uns kommen und bei uns dauerhaft leben wollen. Den Umfang regelt ein Zuwanderungsgesetz, das auch angemessen berücksichtigt, dass die Ursachen für Migration unterschiedlich sind.

Insbesondere werden Menschen aus den Ländern bevorzugt, die durch die wirtschaftlichen Aktivitäten Deutschlands in der Vergangenheit besonders negativ betroffen sind. Ein angemessener wirtschaftlicher Ausgleich vor Ort ist generell zu leisten. Wenn in einem Land wieder eine ausreichende Lebensperspektive für die Menschen besteht, soll diese Art der Bevorzugung anderen zukommen.

Migrationspolitik handelt von Menschen. Darum muss die Politik so gestaltet sein, dass sie auf die Erwartungen und Probleme der Betroffenen eingeht. Migrantinnen und Migranten sollen daher in alle Prozesse eingebunden sein, die ihre Möglichkeiten, Rechte und Pflichten betreffen. Deutschland ist ein von Einwanderung geprägtes Land. Wir PIRATEN schätzen unsere pluralistische Gesellschaft, die von der Vielfalt der verschiedenen Menschen lebt. Migration und Mobilität bereichern unsere Gesellschaft. Mobilität umfasst dabei ein größeres Konzept als Migration alleine, denn sie betrifft auch Kurzzeit-Besucher, Touristen, Studierende, Forschende, Geschäftsreisende oder Familienmitglieder auf Besuch. Wir setzen uns daher für eine mobilitätsfreundliche Visapolitik ein, die z. B. Lernen und Arbeiten von Menschen aus Drittstaaten erleichtert. Dieses Konzept muss auch auf europäischer Ebene etabliert und nationale Regelungen harmonisiert werden.

Für ein liberales Aufenthaltsrecht

Erleichterung des Ehegattennachzugs

Die Familie steht laut Grundgesetz unter besonderem Schutz. Dennoch ist es für Ehegatten, die aus Nicht-EU-Ländern stammen, Pflicht, noch vor der Einreise nach Deutschland einen Sprachkurs Deutsch zu belegen und erfolgreich abzuschließen. Wir PIRATEN sehen hierin vor allem eine Abschottungsmaßnahme gegenüber Ehegatten, die finanziell nicht gut ausgestattet sind, da Deutschkurse im Ausland oft teuer und mitunter mit hohem Aufwand verbunden sind. Wir fordern die Abschaffung der verpflichtenden Deutschkenntnisse noch vor der Einreise. Es ist vollkommen ausreichend, wenn nachziehende Ehegatten hier vor Ort Deutschkurse belegen.

Legalisierung von Papierlosen

Wir brauchen eine intensivere Politik für Menschen, die sich ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland aufhalten, um deren Recht- und Perspektivlosigkeit zu beenden. Dabei ist es wichtig, dass sowohl langfristige Konzepte entwickelt als auch kurzfristige Maßnahmen durchgeführt werden. Betroffen sind zum Beispiel Migrantinnen und Migranten, die zwar als Arbeitskräfte im Haushalt, im Gastgewerbe oder in der Altenpflege sehr geschätzt sind, aber aus den verschiedensten Gründen (abgelehnte Asylanträge, abgelaufene Duldungen von Geflüchteten aus Bürgerkriegsgebieten, Entzug des Aufenthaltsrechts, abgelaufene Visa, nicht erneuerte Arbeitsgenehmigungen, Verlust des Aufenthaltsrechts durch Scheidung) keine gültige Aufenthaltsbewilligung mehr haben.

Für diese Menschen wollen wir den Bildungszugang und die medizinische Versorgung sicherstellen. Bremen hat hierbei bereits Vorbildprojekte auf den Weg gebracht. Zudem fordern wir eine Initiative zur Legalisierung von Menschen, die sich ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland befinden. Diese sollen eine unbefristete Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis erhalten, um einen geregeltes Leben in Würde führen zu können.

Staatsangehörigkeit – mehrfach und durch Geburt

Wir PIRATEN setzen uns für die Akzeptanz doppelter und mehrfacher Staatsangehörigkeiten ein, um die Hürde zur Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit und des damit verbundenen Wahlrechts zu senken. Der Zwang zur Entscheidung für eine Staatsangehörigkeit (Optionspflicht) entfällt. Menschen, die seit langem in Deutschland leben, sollen unabhängig von wirtschaftlichen Kriterien die Möglichkeit haben, die deutsche Staatsangehörigkeit anzunehmen. Dies ist Teil des Integrationsprozesses, nicht dessen Ziel. Wir setzen uns für ein bedingungsloses Recht aller in Deutschland geborener Menschen, egal welcher Abstammung, auf die deutsche Staatsangehörigkeit ein.

Wiederherstellung des Rechts auf Asyl, Asylgründe erweitern und Hürden für Aufenthaltserlaubnis senken

Wir PIRATEN fordern die Wiederherstellung des ursprünglichen Art. 16a Abs. 1 GG („Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“) und die Streichung von Art. 16a Abs. 2-5 GG, die dieses Grundrecht einschränken.

Hierzu gehört auch, die formelle Beantragung von Asyl bei den Botschaften und Generalkonsulaten Deutschlands zu ermöglichen. Auch Botschaften anderer Staaten, die sich um die Vertretung Deutschlands in einzelnen Staaten kümmern, sind hier mit einzubeziehen. Bei Annahme des Asylantrages sorgt Deutschland für den Transfer auf sein Hoheitsgebiet.

Darüber hinaus müssen Menschen, die vor Diskriminierung, der Verfolgung aufgrund ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität, vor Klima- und Umweltkatastrophen, aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe oder wegen Existenzbedrohung durch Armut und Hunger geflohen sind, hier ebenfalls als asylberechtigt anerkannt werden. Eine abgestufte Gültigkeit von Fluchtgründen lehnen wir ab. Außerdem lehnen wir pauschale Kategorisierungen von Staaten als „sichere Herkunftsländer“ ab. Schutzsuchende haben ein Recht auf individuelle Prüfung ihrer Situation. Bei der Prüfung, ob eine Berechtigung zum Asyl vorliegt, ist im Zweifel zu Gunsten der Asylsuchenden zu entscheiden. Dabei ist auf diskriminierende und inhumane Beweisverfahren zu verzichten.

Grundrechte auf alle Menschen ausweiten

Das Grundrecht auf Asyl und die Inhalte der Genfer Konvention sind für uns nicht verhandelbar. Geflüchtete genießen den Schutz der Gemeinschaft und ihrer Institutionen. Auch die Familienzusammenführung ist ein Grundrecht.

Geflüchtete haben nach ihrer Registrierung und der Aushändigung eines Personaldokumentes Freizügigkeit im Land. Am Ort ihres dauerhaften Aufenthaltes ist eine menschenwürdige Lebensführung zu ermöglichen.

Aktuell werden Asylsuchende in einem nicht hinnehmbaren Maße vom gesellschaftlichen Zusammenleben ausgeschlossen und dadurch zu einem Leben in Isolation und Abschottung gezwungen.

Durch restriktive Vorschriften, wie z. B. die Residenzpflicht, wird ihre Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt und ein freizügiges, selbstbestimmtes Leben, ebenso wie die Beteiligung an politischen oder sozialen Veranstaltungen, nahezu unmöglich gemacht. Wir setzen uns dafür ein, dass Asylsuchenden die Möglichkeit gegeben wird, sich frei und unkontrolliert im gesamten Gebiet der Europäischen Union zu bewegen.

Offenere Grenzen statt der Festung Europa

An den Außengrenzen der Europäischen Union wird seit Jahren eine zunehmende Abriegelung angestrebt und umgesetzt, die Flüchtenden den Zugang nach Europa immer stärker versperrt. Durch nationale Polizeibehörden, das Militär und private Sicherheitsunternehmen sowie die EU-Agentur für Grenzschutz werden Menschen gewaltsam am Betreten der EU gehindert und damit der Chance beraubt, durch einen Asylantrag Schutz in Europa zu finden. Dabei wird eine Gefährdung von Gesundheit und Leben der Flüchtenden billigend in Kauf genommen. Die Berichte von sogenannten „boat people“, die mit Schiffen nach Europa fliehen wollen und dort ertrinken, obwohl Hilfe möglich wäre, machen uns betroffen und zeigen, dass hier unbedingt gehandelt werden muss.

Statt die Abriegelung Europas weiter voranzutreiben, muss die EU Maßnahmen zur sicheren Grenzüberquerung von flüchtenden Menschen, besonders auf den Meeren vor Europa, treffen, um diesen die Möglichkeit zu geben, einen Antrag auf Asyl zu stellen. Rettungsaktionen sollen staatlich organisiert werden. Sie durchzuführen ist nicht die Aufgabe der Zivilgesellschaft. Wo dies geschieht, dürfen Rettende für ihre Zivilcourage weder behindert noch kriminalisiert werden. Wir kritisieren die momentane Praxis, immer neue Straftatbestände zu konstruieren, um Schutzsuchende zu inhaftieren.

Freie Wahl des Aufenthaltsortes für alle Menschen

Durch vermehrte technische Überwachung an den Grenzen, zunehmende Datensammlungen über einreisende Personen (z. B. „smart borders“, EURODAC) und die Ausweitung polizeilicher Befugnisse wird deutlich, dass die Europäische Union nicht an der Aufnahme von schutzsuchenden Menschen interessiert ist, sondern auf Abschottung setzt.

Isolation beenden – menschenwürdige und dezentrale Unterkünfte schaffen!

Durch die Unterbringung in Lagern und Gemeinschaftsunterkünften, die zumeist einen maroden Zustand vorweisen und abgelegen von Stadtkernen liegen, sind Asylsuchende zu einem isolierten Leben gezwungen. Die prekäre Unterbringungssituation ist für die Betroffenen belastend und steht der Integration im Weg. Besonders schutzbedürftige Personen wie alleinstehende Frauen, Kinder, und Personen, die aufgrund ihrer sexuellen Identität bzw. Orientierung oder aus religiösen Gründen verfolgt werden, werden vermeidbaren Gefährdungen ausgesetzt.

Erschwert wird diese Situation dadurch, dass kein Anspruch auf den Zugang zu neuen Medien, wie dem Internet, besteht. Ein Internetanschluss bietet leichten Zugang zu Bildung und Kultur, bietet die Möglichkeit, während des laufenden Asylantrags Kontakt zur juristischen Vertretung zu halten, sich über die deutsche Rechtslage zu informieren oder Kontakt zu Familienmitgliedern, Freundinnen und Freunden zu halten.

Wir halten diesen menschenunwürdigen Zustand für nicht länger hinnehmbar und setzen uns dafür ein, Asylsuchenden ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung, ohne Kontrolle, Misstrauen und Isolation zu ermöglichen. Wohnungen müssen hierfür dezentral organisiert werden, eine Abkehr von der bestehenden Lagerpraxis ist unabdingbar. Der Zugang zu Bildung, Kultur, Sprachkursen und neuen, modernen Kommunikationsmedien wie dem Internet muss barrierefrei und kostenfrei sichergestellt sein.

Faires Asylverfahren schaffen – Behördengänge vereinfachen, rechtsstaatliches Asylverfahren sicherstellen

Allen Menschen, die in Deutschland einen Asylantrag stellen, muss genügend Zeit gegeben werden, die auf der Flucht und im Herkunftsland erlebten Geschehnisse zu verarbeiten. Dafür muss gewährleistet sein, dass Asylsuchenden eine psychologische Betreuung gestellt wird, die sie dabei unterstützt und begleitet.

Um faire Chancen und Grundlagen in einem Asylverfahren zu schaffen, muss sichergestellt werden, dass sowohl genügend Zeit als auch eine ausreichende Anzahl an qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorhanden ist. Zudem ist von hektischen Pauschalurteilen und der Hierarchisierung unter bestimmten Gruppen von Geflüchteten abzusehen, um eine echte Chancengleichheit zu schaffen. In Zeiten von erhöhtem Aufkommen an Asylsuchenden ist hierfür eine Aufstockung der Ressourcen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu gewährleisten, um unnötige und belastende Wartezeiten zu vermeiden. Hierbei darf es zu keinem Qualitätsverlust der Beurteilungen und Entscheidungen kommen, wie es im sogenannten „Schnellverfahren“ der Fall ist.

Wir PIRATEN setzen uns außerdem dafür ein, Asylsuchenden einen rechtlichen Anspruch auf eine juristische Vertretung sowie auf eine Dolmetscherin oder einen Dolmetscher zu gewährleisten, um diese nicht zusätzlich mit hohen Kosten, organisatorischen Schwierigkeiten und sprachlichen Barrieren zu belasten.

Wir PIRATEN lehnen in der Frage des Umgangs mit Geflüchteten Aktionismus in jeglicher Form ab. Wir halten Verschärfungen des Asylrechts angesichts wachsender fremdenfeindlicher Auswüchse für das falsche Signal. Wir finden es nicht hinnehmbar, dass Anhörungen wegen Personalmangels Monate auf sich warten lassen. Dieser Missstand ist ebenso schnell zu beseitigen wie personelle Engpässe bei der Polizei. Die Regierung hat sich in dieser Frage ihrer Verantwortung zu stellen und das Verschlafen einer vorhersehbaren Entwicklung zu erklären. Forderungen nach schnelleren Abschiebungen halten wir hingegen für gefährlichen Populismus. Der Rechtsweg muss für die Beteiligten ebenso gewahrt bleiben wie die Gründlichkeit des rechtsstaatlichen Verfahrens.

Für ein Ende von Abschiebungen und Abschiebehaft

Wir setzen uns für ein generelles Ende von Abschiebungen und der Abschiebehaft ein, insbesondere zwischen dem 15. November eines Jahres und dem 15. März des Folgejahres ein. Eine Rückführung zieht in vielen Herkunftsländern eine zusätzliche Gefahr für Leib und Leben nach sich. Abschiebungen in Krisenregionen und in Gebiete, in denen die Verhältnisse eine Gefahr für Gesundheit oder Leben darstellen können, sind generell abzulehnen. Abschiebung ist ein staatliches Mittel, welches nur mit Hilfe von Zwangsmaßnahmen durchgeführt werden kann, die mit den Grundrechten und Menschenrechten in Konflikt stehen und einer demokratischen Gesellschaft unwürdig sind. Die Konsequenzen einer Abschiebung führen für den betroffenen Menschen fast immer in aussichtslose Situationen und oft auch zu Gefahr für Leib und Leben.

Botschaftsvorführungen zur Identitätsfeststellung und Passersatzbeschaffung sind diskriminierend und werden daher ebenfalls von uns abgelehnt. Die Abschiebehaft ist sofort bundesweit auszusetzen. Inhaftierte Personen sind sofort zu entlassen.

Echte Existenzsicherung statt diskriminierender Sondergesetze

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum „Asylbewerberleistungsgesetz“ ist eindeutig und zeigt, dass es verfassungswidrig ist, Asylsuchende unter dem „Existenzminimum“ zu halten. Dies zeigt, wie stark Asylsuchende bereits durch die Gesetzgebung in ihrem Alltag diskriminiert und eines selbstbestimmten Lebens beraubt werden.

Wir setzen uns dafür ein, dass Asylsuchende Anspruch auf Sozialleistungen haben, ohne dabei diskriminierende Sondergesetzgebungen unterstellt zu werden. Das Recht auf sichere Existenz und Teilhabe muss für alle Menschen gelten – auch und besonders für Schutzsuchende.

Finanzierung zur Versorgung der aufgenommenen Geflüchteten

Wir PIRATEN lehnen eine zusätzliche steuerliche Belastung der Bevölkerung zur Finanzierung des erhöhten Aufkommens geflüchteter Menschen ab. Es ist nicht vermittelbar, dass deutsche Unternehmen am Waffenexport in Krisenregionen verdienen und damit Fluchtursachen schaffen, die Bürgerinnen und Bürger aber wie bei der Bankenrettung die Zeche zahlen müssen. Wir setzen uns daher für eine Zusatzbesteuerung aller in Deutschland hergestellten Waffen und anderer Kriegsmittel ein.


Migration

Für eine moderne, weltoffene Verwaltung

Um eine vernünftige Gesellschaftspolitik zu gewährleisten, müssen die zuständigen Akteure über finanzielle Ausgestaltung und ausreichende Unabhängigkeit verfügen.

Unabhängigkeit und Kompetenz für die zuständigen Akteure

Wir fordern eine Stärkung des für Migrationsfragen zuständigen Staatsministeriums oder die Schaffung eines eigenen Bundesministeriums für Integrationsangelegenheiten, um die derzeit fragmentierten integrationspolitischen Aufgaben zu bündeln. Dabei werden die Verantwortungsbereiche unter den Ministerien des Innern, Arbeit und Soziales und Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu einem Bereich zusammengeführt. Integrationspolitik muss stringent und kohärent in einer Hand liegen.

Abschaffung des Mehr-Klassen-Systems auf dem Arbeitsmarkt

Wir wollen eine Mehr-Klassen-Situation auf dem Arbeitsmarkt beenden. Diskriminierungsmaßnahmen jeder Art stellen unnötige und unangemessene Hürden für die Menschen dar, schaffen unnötige Bürokratie für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber und behindern die Entwicklung der Wirtschaft. Wir setzen uns dafür ein, die gesetzliche Schlechterstellung von Menschen aus Nicht-EU-Staaten auf dem Arbeitsmarkt abzuschaffen. Außerdem soll die europaweite Übertragbarkeit von Sozial- und Rentenleistungen gefördert werden.

Anerkennung ausländischer Berufs- und Schulabschlüsse und Fähigkeiten

Durch die mangelnde Bereitschaft, ausländische Abschlüsse anzuerkennen, werden zum Teil hochqualifizierte Menschen an der Ausübung ihres erlernten Berufes oder an der Durchführung notwendiger Weiterbildungsmaßnahmen gehindert. Wir setzen uns für die Erleichterung der Anerkennung ausländischer Diplome und Zertifizierungen ein. In vielen Ländern ist die hier traditionelle duale Berufsausbildung nicht üblich. Das ist vor allem problematisch für ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die schon mehrjährige fundierte Berufserfahrung haben. Für die Anerkennung von nicht formalisierten beruflichen Erfahrungen, Qualifikationen und besonderen Fähigkeiten aus anderen Ländern sollen geeignete Maßnahmen ergriffen werden. So könnte es zum Beispiel möglich sein, durch eine Prüfung vor den Industrie- und Handelskammern oder Handwerksinnungen eine der Berufsausbildung gleichwertige Zertifizierung zu erhalten. Wir setzen uns ein für diskriminierungsfreie Prüfinhalte, die interkulturelle Kompetenz und Mehrsprachigkeit wertschätzen.

Gegen Diskriminierung und für Toleranz

Wir sprechen uns dagegen aus, verschiedene gesellschaftliche Gruppen gegeneinander auszuspielen und dabei die Kriminalisierung von ganzen Volksgruppen mutwillig in Kauf zu nehmen. Toleranz muss gleichzeitig Grundlage und Ziel des politischen Handelns sein. Die Bundesrepublik Deutschland muss sich ihrer Rolle als ausgleichender Faktor in der Mitte Europas stellen und ihrer historischen Verantwortung gerecht werden.

Freier Zugang zu Deutschkursen

Zur Zeit wird die Kursgebühr für die verpflichtenden Deutschkurse für Zuwanderinnen und Zuwanderer bis zum Sprachniveau B1 übernommen, wenn diese nicht in der Lage sind, die Kursgebühr aufzubringen (z. B. ALG II beziehen). Dieses Sprachniveau reicht gerade aus, um einfachen Berufstätigkeiten nachzugehen. Für ein Studium jedoch ist zum Beispiel das höhere Niveau C2 Voraussetzung. Wir fordern, dass die Sprachkurse generell kostenfrei sind, um Inklusionsbarrieren abzubauen oder dass zumindest die Kursgebühren für Bedürftige auch für weiterführende Kurse übernommen werden.


Sportpolitik

Piraten für Fanrechte

Wir PIRATEN setzen uns für die Wahrung der Rechte von Fans und für einen sachlichen Dialog auf Augenhöhe zwischen allen Interessengruppen beim Fußball und anderen Sportarten ein.

Der derzeitige Druck der Innenminister des Bundes und der Länder sowie der Polizeibehörden auf die Verbände, repressive Maßnahmen gegen große Teile der Fanszenen neu zu schaffen oder bestehende zu verschärfen, muss gestoppt werden. Die Verfolgung und Sanktionierung von Straftaten muss im gesetzlichen Rahmen von der Polizei durchgeführt werden, statt sie in das Vereinsrecht zu verlagern, wo Mittel und Verfahren rechtsstaatlichen Ansprüchen nicht genügen.

Gegen Kollektivstrafen

Die Praxis, Vereine oder Fangruppierungen für die Vergehen einzelner Anhänger in Sippenhaft zu nehmen und Pläne, dieses Vorgehen gesetzlich zu legitimieren, lehnen wir entschieden ab.

Ebenso sehen wir keine Rechtsgrundlage für die Versuche einiger Vereine, hohe Strafzahlungen, die die Verbände und Vereine miteinander vereinbart haben, an Dritte weiterzuleiten.

Ein friedliches und respektvolles Miteinander ist nur ohne solche Drohkulissen möglich, die für die überwiegend jugendlichen Betroffenen langfristig stark negative Folgen haben.

Gewalttäter Sport

Die Datei „Gewalttäter Sport“ ist eine von der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze geführte Datei, in der Informationen zu Personen gesammelt werden, deren Personalien im Rahmen von Sportveranstaltungen – meistens beim Fußball – erfasst wurden.

Die Art, wie diese Datei derzeit geführt wird, ist aus Sicht der PIRATEN datenschutzrechtlich bedenklich und stellt einen Verstoß gegen grundlegende juristische Standards dar.

Wir fordern daher die Abschaffung der Datei „Gewalttäter Sport“, mindestens aber die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien wie der Unschuldsvermutung.

Hierzu gehört, dass Eintragungen in die Datei „Gewalttäter Sport“ erst bei rechtskräftiger Verurteilung oder mindestens dringendem Tatverdacht, eine Gewalttat begangen zu haben, erfolgen dürfen. Derzeit liegt dies allein im Ermessen der Beamten, die den Vorgang bearbeiten. Bei Unschuld oder Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit muss der Eintrag unverzüglich gelöscht werden.

Um den Betroffenen das Beschreiten des Rechtsweges zu ermöglichen, müssen diese direkt nach der Eintragung schriftlich unter Angabe aller gespeicherten Daten informiert werden.

Keine Einschränkungen der Freiheit der Person

Wir PIRATEN sprechen uns gegen die Praxis vieler Polizeibehörden aus, Fans ohne richterliche Anordnung mit sogenannten Bereichsbetretungsverboten oder Ausreiseverboten zu belegen, sowie gegen Bestrebungen, dies bundesweit zu ermöglichen. Diese Einschränkung der Grundrechte der Betroffenen ist für uns nicht hinnehmbar.

Stadionverbote

Derzeit werden insbesondere vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) bundesweite Stadionverbote häufig auf Verdacht ausgesprochen, ohne dass die Betroffenen sich zur Sache äußern könnten. Dies hat nicht selten große soziale Folgen, gerade für jene Betroffenen, die im Stadion einen ihrer Lebensmittelpunkte haben.

Wir PIRATEN stehen für ein Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben ein und fordern daher die Vergabe von bundesweiten Stadionverboten einzelfallgerecht und unter Einhaltung rechtsstaatlicher Mindeststandards inklusive fairer, verpflichtender Anhörung des Betroffenen und seiner Vertreter zu regeln. Zusätzlich sind bei den Anhörungen auch immer die jeweils zuständigen Fanbeauftragten und Vertreter der Fanszene hinzuzuziehen.

Sinn dieses Vorgehens ist es festzustellen, ob von dem Fan akute Gefahr ausgeht oder ob man ihn nicht mit Hilfe geeigneter Maßnahmen auf den richtigen Weg zurückführen kann. Liegen die Ursachen des Fehlverhaltens des Fans außerhalb des Stadions, verlagert man mit einem Stadionverbot das Problem nur und verstärkt es unter Umständen sogar.

Hooligans und organisierte Gewalttäter werden durch Stadionverbote nicht von der Begehung von Straftaten außerhalb der Stadien abgehalten. Hier muss zur Gewaltprävention die Arbeit der Fanprojekte und Fanbeauftragten unterstützt werden, um zu verhindern, dass Jugendliche in die Hooliganszenen abdriften.

Einlasskontrollen

Bei den Einlasskontrollen zu den Stadien ist unbedingt darauf zu achten, dass die Würde der Stadionbesucher gewahrt bleibt. Vollkörperkontrollen sehen wir als menschenunwürdige Maßnahme, die in keinem Verhältnis zu den zu verhindernden Ordnungswidrigkeiten stehen und lehnen diese entschieden ab.

Pyrotechnik

Wir PIRATEN setzen sich dafür ein, den kontrollierten Einsatz von Pyrotechnik durch Fans, dort wo es die lokalen Gegebenheiten zulassen, zu ermöglichen.

Pyrotechnik ist für viele Fans fester Bestandteil der Fankultur und ein wichtiges Mittel, ihren Emotionen Ausdruck zu verleihen. Die bisherigen Versuche, den Einsatz von Pyrotechnik zu unterbinden, sind gescheitert und haben nur zu einer immer stärker werdenden Überwachung und Gängelung der Fans geführt.

Derzeit wird Pyrotechnik heimlich ins Stadion geschafft und dort verdeckt im Schutz der Masse gezündet. Das hierdurch entstehende Verletzungsrisiko ließe sich bei kontrollierter Nutzung innerhalb extra dafür vorgesehener Zonen erheblich reduzieren.

Dort wo der Einsatz von Pyrotechnik durch Fans möglich ist, z. B. in Norwegen oder Österreich, hat man sehr positive Erfahrungen damit gemacht und auch in Deutschland gibt es, z. B. beim Eishockey, bereits positive Erfahrungen.

Wir fordern daher, dass der DFB den 2011 begonnenen Dialog zur Legalisierung von Pyrotechnik wieder aufnimmt und die Politik parallel die rechtlichen Voraussetzungen dafür schafft, dies zu ermöglichen.


Demokratie wagen

Wahlrecht

Einführung von offenen Listen, Kumulieren und Panaschieren

Die Bürgerinnen und Bürger sollen bei Bundestagswahlen mehr Einfluss darauf erhalten, welche Personen und Parteien sie im Parlament vertreten.

Wir PIRATEN sind für „offene Listen“, damit die Wählenden mit ihren Zweitstimmen für konkrete Listenbewerber stimmen können. Die Reihenfolge der Kandidaten, die die jeweilige Partei zuvor bestimmt hat, soll nicht mehr unveränderlich sein.

Absenkung des Wahlalters

Das Durchschnittsalter der Wahlberechtigten steigt. Dies führt dazu, dass Diejenigen, die am längsten die Auswirkungen der politischen Entscheidungen zu tragen haben, in ihren politischen Teilnahmemöglichkeiten eingeschränkt sind. Wir PIRATEN wollen die politische Beteiligung von Kindern und Jugendlichen fördern. Das aktive Wahlrecht soll auf 14 Jahre gesenkt werden. Politisch interessierte Kinder und Jugendliche sind sich der Verantwortung bewusst, die mit einer Wahl verbunden ist.

Für die Teilhabe aller Menschen

Wir PIRATEN setzen uns für die Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen und politischen Leben ein. Dabei darf die Herkunft keine Vorbedingung für die Möglichkeit der Beteiligung spielen. Es ist wichtig, dass jeder Mensch auf die Politik, von der er direkt betroffen ist, Einfluss nehmen kann.

Wahlrecht und Bürgerbeteiligung für alle Menschen

Das Wahlrecht ist ein wichtiges Teilhaberecht. Wir PIRATEN setzen uns für das gleiche kommunale Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger wie für EU-Bürger ein, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Auch die Beteiligung an weiteren politischen Prozessen, zum Beispiel Volksbegehren, -initiativen und -entscheiden, sowie das Einbringen und Unterzeichnen von Petitionen, soll unabhängig von der Staatsangehörigkeit möglich sein.

Stärkung der Interessenvertretung aller Menschen

Solange Menschen vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, setzen wir uns für die Stärkung von demokratisch gewählten, mit ausreichenden Ressourcen ausgestatteten Kommunalen Ausländervertretungen zur Artikulation der eigenen Interessen ein. Auch die Ausländerbeiräte und Integrationsbeiräte auf allen Ebenen sollen als Interessenvertretung finanziell und personell gestärkt werden.


Bürgerbeteiligung

Direkte Demokratie

Wir PIRATEN wollen die direkten und indirekten Mitbestimmungsmöglichkeiten eines jeden Einzelnen steigern. Die Bürgerinnen und Bürger sollen in Volksabstimmungen direkt über Gesetze entscheiden können und so Verantwortung übernehmen:

  • Ein im Parlament beschlossenes Gesetz soll nicht in Kraft treten, wenn die Bürgerinnen und Bürger es in einer Abstimmung ablehnen (fakultatives Referendum).
  • Wichtige EU-Reformen und Verfassungsänderungen müssen immer durch die Bürgerinnen und Bürger in einer Abstimmung bestätigt werden (obligatorisches Referendum).
  • Wir sind für die Einführung von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden auf Bundesebene.
  • Wir unterstützen die Ergänzung der Europäischen Bürgerinitiative durch unionsweite Bürgerbegehren und Bürgerentscheide im Bereich der EU-Gesetzgebung.
  • Alle Verfahrenshürden müssen für die Bürgerinnen und Bürger bei angemessenem Aufwand überwindbar sein.

OPENANTRAG für den Bundestag

Wir PIRATEN treten für mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz an. OpenAntrag wird derzeit von vielen Mandatsträgern genutzt und unterstreicht diesen Anspruch. Die Beteiligung einer Fraktion der Piraten im Deutschen Bundestag an diesem Portal verdeutlicht den Bürgerinnen und Bürgern, dass ihre Ideen, Meinungen und Stimme nicht nur alle vier Jahre zur Wahl Bedeutung haben, sondern sie jederzeit ihre Anliegen einbringen können. In einer repräsentativen Demokratie hören ihnen die gewählten Abgeordneten zu und setzen sich für ihre Belange ein.

Eine offene Plattform zur Kommunikation mit den Vertretern im Parlament

Wir werden die Anliegen der Menschen ins Parlament transportieren. So werden wir Politik und Gesellschaft verzahnen und zur Erhöhung der Wahlbeteiligung (zur Stärkung des Interesses an der parlamentarischen Demokratie) beitragen. Dazu werden wir eine digitale Infrastruktur schaffen, mit der sich die Menschen direkt an die Politik wenden können. Auf dieser Plattform im Internet können Anträge an die Politik eingestellt, diskutiert und abgestimmt werden. Die Abgeordneten aller Parteien erhalten dann das Ergebnis und werden sich dazu äußern und ggf. Anträge ins Parlament einbringen.


Mitbestimmung

Bürgerhaushalt

Wir PIRATEN befürworten Bürgerbeteiligung in einer Vielzahl von geregelten und erprobten Formen: Bürgerinnen und Bürger sollen bundesweit ihre Meinung zur sinnvollen Verwendung von Investitionsgeldern sowie zu Einsparmaßnahmen im Bundeshaushalt äußern. Die Stellungnahmen sollen gewichtet werden und bei der Aufstellung des Haushalts durch den Bundestag Berücksichtigung finden.


Einführung bundesweiter Volksentscheide

Es ist längst Zeit, das Versprechen des Artikels 20 des Grundgesetzes auch auf Bundesebene zu erfüllen, wonach die Bürgerinnen und Bürger die Staatsgewalt nicht nur in Wahlen, sondern auch in Abstimmungen ausüben. Die direkte Demokratie kann die Politik erheblich bereichern und die Politikverdrossenheit eindämmen. Grundsätzlich sollen die Bürger das Recht erhalten, neue, eigene Vorlagen in einem dreistufigen Verfahren bis zur Volksabstimmung zu bringen (Recht auf Gesetzesinitiative). Darüber hinaus soll es die Möglichkeit geben, Gesetze, die vom Parlament verabschiedet wurden, noch zu stoppen, bevor sie in Kraft treten (Fakultatives Referendum). Schließlich sollen Volksabstimmungen bei der Abgabe von Hoheitsrechten und bei Grundgesetzänderungen automatisch vorgesehen sein (Obligatorisches Referendum). Diese drei Varianten, zu einer Volksabstimmung zu kommen, werden in der Schweiz seit vielen Jahren mit großem Erfolg angewandt. Die beschriebenen Unterschriftenzahlen, Fristen und Eintragungsmöglichkeiten orientieren sich an bewährten Hürden im In- und Ausland.

Einführung eines dreistufigen Verfahrens bei Initiativen aus dem Volk

Volksinitiative

  • 100.000 Stimmberechtigte unterschreiben in freier Sammlung für einen Gesetzentwurf oder eine Vorlage zu einem anderen Gegenstand der politischen Willensbildung (z. B. Handlungsaufforderung an die Bundesregierung).
  • Vertreterinnen und Vertreter der Volksinitiative haben das Recht auf Anhörung im Bundestag, im Bundesrat und in deren Ausschüssen.
  • Lehnt der Bundestag die Volksinitiative ab, kann ein Volksbegehren eingeleitet werden.

Volksbegehren

  • Halten die Bundesregierung oder ein Drittel der Mitglieder des Bundestages das Volksbegehren für grundgesetzwidrig, können sie das Bundesverfassungsgericht anrufen.
  • Ein Volksbegehren ist zustande gekommen, wenn es innerhalb von sechs Monaten mindestens eine Million, bei Grundgesetzänderungen mindestens zwei Millionen Stimmberechtigte unterzeichnet haben. Die Eintragung kann auf dem Amt und in freier Sammlung erfolgen.

Volksabstimmung

  • Der Bundestag kann (gegebenenfalls mit Zustimmung des Bundesrates) eine eigene Vorlage beim Volksentscheid zur Abstimmung stellen.
  • Jeder Stimmberechtigte bekommt im Vorfeld eine Abstimmungsbroschüre mit den Stellungnahmen der Vertreter des Volksbegehrens sowie denen des Bundestages und Bundesrates.
  • Es entscheidet, wie bei Wahlen, die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
  • Gesetze, die der Zustimmung der Länder bedürfen, kommen zustande, wenn zusätzlich die Zahl der Bundesratsstimmen jener Länder, in denen eine zustimmende Mehrheit im Volksentscheid erreicht wurde, der im Bundesrat erforderlichen Mehrheit entspricht (bei Grundgesetzänderungen: Zweidrittel-Mehrheit).

Fakultatives Referendum

Hat ein Volksbegehren ein parlamentarisch zustande gekommenes, aber noch nicht gegengezeichnetes und vom Bundespräsidenten ausgefertigtes Gesetz zum Gegenstand, so ist es zustande gekommen, wenn es 500.000 Stimmberechtigte innerhalb von drei Monaten unterschreiben. Ein solches Gesetz kann nur vorbehaltlich einer Annahme in dem so beantragten Volksentscheid in Kraft treten.

Obligatorisches Referendum

Die Übertragung von Hoheitsrechten (auf die EU oder andere zwischenstaatliche Einrichtungen) sowie Grundgesetzänderungen bedürfen der Zustimmung durch einen Volksentscheid.

Spendentransparenz

Analog zum Parteiengesetz sollen Spenden oberhalb einer Bagatellgrenze, die zu Gunsten einer Initiative erfolgen, zeitnah offengelegt werden.

Information

Eine ausgewogene Information der Öffentlichkeit über die Inhalte von Volksbegehren und Volksentscheiden ist zu gewährleisten. Vor dem Volksentscheid erhält jeder Stimmberechtigte eine Informationsbroschüre, in der die Initiative, der Bundestag und der Bundesrat ihre Auffassungen erläutern. Zur Förderung der öffentlichen Diskussion und zur Information der Öffentlichkeit im Vorfeld eines Volksentscheids erhält die Initiative eine staatliche Kostenerstattung.


Jugendparlament auf Bundesebene

Wir PIRATEN setzen uns für die dauerhafte Verankerung eines Kinder- und Jugendparlaments auf Bundesebene ein. Die gewählten Jugendlichen und deren Beschlüsse müssen konkreten Einfluss auf laufende Beratungsprozesse im Bundestag haben können. Die Kinder- und Jugendparlamente sind Beratungsgremien mit Rede-, Antrags- und aufschiebendem Vetorecht, welche die Interessen der Kinder und Jugendlichen gegenüber den bei Bundestagswahlen gewählten Mandatsträgern vertreten. Die Kinder- und Jugendparlamente werden demokratisch durch alle im jeweiligen Wahlgebiet lebenden Kinder und Jugendliche, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gewählt.


Internet, Netzpolitik und Artverwandtes

Netzneutralität stärken und gesetzlich verankern

Wir PIRATEN setzen uns für eine gesetzliche Festschreibung des neutralen Charakters der Datendurchleitung im Internet ein (Prinzip der Netzneutralität), um Informations-, Presse- und Meinungsfreiheit zu sichern und die Innovationsfähigkeit des Netzes zu erhalten. Die Netzneutralität muss bedingungslos ermöglicht werden!

Wir setzen uns für einen freien Zugang zu Wissen und digitalen Informationen ein. Das Internet ist eine Technologie, die für jeden Gestaltungs- und Teilhabemöglichkeiten, sowie eine stärkere, direkte soziale Vernetzung bietet, die räumlich, zeitlich und kulturell unabhängig ist. Der Zugang zum Netz ist jedoch von technischen und finanziellen Voraussetzungen abhängig, so, dass eine flächendeckende Beteiligung der Menschen am kulturellen Austausch und Wissen der Gesellschaft gewährleistet ist. Wir sehen es im Rahmen der Daseinsfürsorge als eine essenzielle Aufgabe Deutschlands an, ein niederschwelliges Angebot an Internetzugangsmöglichkeiten zu verwirklichen und zu fördern. Zugang zum Internet ist im 21. Jahrhundert entscheidend für die Teilhabe des Einzelnen an der Gesellschaft und deren Mitgestaltung.


Mauer der digitalen Spaltung überwinden

Die immer schneller werdende technische Entwicklung hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass alltägliche Geräte und Technologien immer komplexer geworden sind. Diese erhöhte Komplexität führt zu einer immer größer werdenden digitalen Spaltung der Gesellschaft hinsichtlich des Verständnisses von Technik. In einer modernen Gesellschaft ist es notwendig, dass Menschen der Technik selbstbewusst gegenüberstehen. Nur so können sie ihre Grundrechte im 21 Jahrhundert wahrnehmen und an der Gesellschaft teilhaben. Wir PIRATEN setzen uns für kostenfreie, durch Deutschland geförderte Schulungsmöglichkeiten für alle interessierten Menschen ein, die die Möglichkeit bieten, die digitale Spaltung zu überwinden. Wir werden in Zusammenarbeit mit öffentlichen und gemeinnützigen Trägern sowie gemeinnützigen Vereinen flächendeckende Schulungsmöglichkeiten schaffen.


Bereitstellung von Internetzugängen

Wir PIRATEN sorgen dafür, dass in Verantwortung Deutschlands in allen öffentlichen Einrichtungen flächendeckend mittels WLAN ein freier Internetzugang angeboten wird. Mit diesen Zugängen werden nicht nur die Informationsmöglichkeiten im öffentlichen Bereich verbessert, sie leisten auch einen Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands als Bildungs-, Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort. Über die Bereitstellung hinaus ist die Vernetzung der Zugangspunkte untereinander umzusetzen und nach Möglichkeit in örtliche Freifunknetze einzubinden, um die Interaktion, den Wissens-, Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen den Menschen zu ermöglichen. Telekommunikationsprovider werden dahingehend reguliert, dass die Datenvolumenbegrenzung von mobilen Internetverträgen ungültig ist.


Infrastruktur

Freie, rechtskräftige digitale Signaturen und E-Mail-Verschlüsselung für alle

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, ein staatlich finanziertes Trustcenter einzurichten, das jedem Menschen unabhängig vom Einkommen die Möglichkeit gibt, Dokumente und E-Mails für eine abhörsichere Korrespondenz zu verschlüsseln und rechtskräftig digital zu signieren.

Die dafür notwendigen Zertifikate sollen deshalb für Privatpersonen (nicht juristische Personen) kostenlos zu erwerben und zu verwenden sein und dazu dienen, jedermann abhörsichere Kommunikation und rechtssichere Geschäfte bzw. Vertragsabschlüsse über das Internet zu ermöglichen.

Die Erstellung der Zertifikate hat so zu erfolgen, dass der Staat technisch nicht in der Lage ist, mit diesen Zertifikaten verschlüsselte Inhalte zu entschlüsseln (d. h. er darf keine Kenntnis der geheimen Schlüssel besitzen).

Gesetzliche Garantie für den anonymen, sowie autonymen und pseudonymen Zugang zu Netzdiensten

Einen Zwang zur Verwendung von amtlich erfassten Namen lehnen wir ab. Diese Praxis ist bereits nach entsprechender Gesetzgebung in Südkorea gescheitert. Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, den Benutzerinnen und Benutzern von sozialen Netzwerken und ähnlichen Diensten den pseudo- sowie autonymen Zugang gesetzlich zu garantieren. Genauso muss der anonyme Zugang zum Netz unmissverständlich gesetzlich garantiert sein. Die freie Meinungsäußerung und die Selbstdefinition eines Menschen darf nicht aus Gründen etwaiger Sicherheit beschnitten werden.

Abschaffung des „Hackerparagraphen“ § 202c StGB

Wir PIRATEN setzen uns für die vollständige Abschaffung des sogenannten „Hackerparagraphen“ § 202c StGB ein, da er für erhebliche Rechtsunsicherheit sorgt und Tür und Tor für willkürliche Verfolgung im IT-Sicherheitsbereich tätiger Personen öffnet.


Schutz der Freiheit und Privatsphäre im Internet

Der unzureichende Datenschutz im Internet führt immer wieder zu Datenverlust, Datendiebstahl und Datenmissbrauch. Gleichzeitig gefährden Überwachungs-, Filter-, Sperr- und Löschmaßnahmen, die Internet-Diensteanbieter im Interesse privater Rechteinhaber einsetzen, den freien Meinungs- und Informationsaustausch im Internet. Um Abhilfe zu schaffen, wollen wir die „Störerhaftung“ endgültig abschaffen. Wir werden uns für ein Gesetz einsetzen, das die Haftbarkeit für Handlungen im Internet grundsätzlich nur auf die Verursacher beschränkt. Betreiber aller Formen offener und anonymer Netzzugangssysteme dürfen nicht mehr für den Datenverkehr zur Verantwortung gezogen werden, der durch Dritte über den freigegebenen Netzzugang erzeugt wird. Anbieter von Internetzugängen (z. B. WLAN-Anbieter) und von Internet-Speicherdiensten sollen künftig nicht mehr verpflichtet sein, Rechtsverletzungen anderer Personen nach Art einer Privatpolizei präventiv zu verhüten. Auch eine Überwachung der Internetnutzung durch Internet-Zugangsanbieter zur Versendung von Warnhinweisen oder Sperrungen des Internetzugangs („Three Strikes“) lehnen wir ab. Rechteinhaber sollen die Löschung angeblich rechtswidriger, von Nutzern eingestellter Inhalte künftig nur mit richterlichem Beschluss verlangen können. Zur Stärkung des Datenschutzes und der Datensicherheit im Internet soll das Fernmeldegeheimnis um ein „Telemediennutzungsgeheimnis“ für Internet-Diensteanbieter ergänzt werden. Die Internetnutzung soll vor staatlichen Einblicken ebenso gut geschützt werden, wie Telefone vor Abhören geschützt sind. Wir fordern außerdem, dass die Erstellung von Nutzerprofilen nur mit Einwilligung des Nutzers zugelassen werden darf, dass die Speicherfristen jedes Internetanbieters veröffentlicht werden und dass Nutzer besser vor unangemessenen, seitenlangen Datenverarbeitungs-Einwilligungsklauseln geschützt werden.


Freier Zugang zu öffentlichen Inhalten

Jahr für Jahr investiert die Allgemeinheit viele Milliarden Euro in die Erzeugung und Aufbereitung von Texten, Daten und Medien. Beispiele dafür sind die Ergebnisse der staatlich geförderten Forschung, die Produktionen der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten und die Erzeugnisse von Kulturbetrieben und Bildungseinrichtungen sowie der öffentlichen Verwaltung. Die Bürgerinnen und Bürger haben zu einem Großteil dieser Inhalte keinen oder nur sehr eingeschränkten Zugang, obwohl sie bereits für deren Herstellung bezahlt haben.

Wir PIRATEN schlagen dazu eine der beiden folgenden Lösungen vor:

  • Mit Anpassung im Urheberrecht: Das Urheberrecht ist entsprechend anzupassen, dass es bei öffentlich finanzierten Inhalten dahingehend geändert wird, dass die Urheber ihre Inhalte zwar selbst verwerten können, der Bevölkerung jedoch automatisch ein Verwertungsrecht zufällt.
  • Ohne Anpassungen im Urheberrecht: Der Staat verpflichtet sich dazu, bereits bei Auftragsverteilung (im Falle von (Hochschul)lehrern bei Abschluss des Arbeitsvertrages) sich von den Urhebern ein unbeschränktes, bedingungsloses Nutzungs- und Verwertungsrecht für alle Bürgerinnen und Bürger übertragen zu lassen. Verträge ohne diese Bedingung sollen nicht mehr abgeschlossen werden.

Wir setzen uns dafür ein, dass möglichst alle durch öffentliche Stellen erzeugten oder mit Hilfe öffentlicher Förderung entstanden Inhalte der breiten Öffentlichkeit frei zugänglich gemacht werden. Die Verfügbarkeit darf nicht durch Antragsverfahren, Lizenzen, Gebühren oder technische Mittel erschwert werden. Die Inhalte werden in offenen Formaten online zur Verfügung gestellt und archiviert. Weiterverbreitung sowie kommerzielle Nutzung sind ausdrücklich erwünscht.

Wir sehen die universelle Verfügbarkeit und Verknüpfbarkeit von Informationen als wichtigen Teil der öffentlichen Infrastruktur auf deren Basis neues Wissen entsteht und mit dessen Hilfe der öffentliche Sektor kontrollierbar und optimierbar wird.

In Ausnahmefällen können bestimmte Informationen vorübergehend oder dauerhaft von der Veröffentlichungspflicht befreit werden. Dafür müssen jedoch konkrete, schwerwiegende Gründe (z. B. der Schutz persönlicher Daten oder die Bewahrung sehr wichtiger Geheimnisse) vorliegen. Die Begründung muss in jedem Einzelfall explizit dargelegt und veröffentlicht werden und ist generell anfechtbar.

Im Bereich Wissenschaft wird die Publikation nach dem Open Access Prinzip so schnell wie möglich ein zentrales Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Fördermittel. Die öffentlich rechtlichen Sendeanstalten werden nicht mehr daran gehindert, sondern verpflichtet, ihre Produktionen dauerhaft online abrufbar zu machen. Das Informationsfreiheitsgesetz wird überarbeitet und die Spielräume zur systematischen Umgehung der Informationspflichten beseitigt.

Langfristig wird ein öffentlich zugängliches Bürgerinformations-Portal geschaffen. Behörden und andere Institutionen werden angewiesen, ihre öffentlichen Daten dort einzustellen bzw. die eigenen Datenbanken an das Portal anzubinden. Das System muss umfangreiche Kategorisierungs-, Such- und Exportfunktionen sowie geeignete Programmierschnittstellen für automatisierte Anfragen bieten.

Freie Bildung und Forschung

Im Bildungskontext muss die Mediennutzung für alle Bildungseinrichtungen frei von Urheberrechtsabgaben erfolgen können. Bildung ist ein viel zu wichtiges Gut, um es unnötig vielen Einschränkungen zu unterwerfen. Bildung ist Motor für Wissen, Wirtschaft, Innovation und Kreativität und unentbehrlich für die Weiterentwicklung einer Gesellschaft sowie die souveräne Teilhabe ihrer Mitglieder an dieser.

Zusätzlich muss die Position öffentlicher Bibliotheken gestärkt werden sowie die Digitalisierung und Archivierung von Werken und der Zugriff darauf ausgeweitet und erleichtert werden. So soll etwa die Absurdität entfallen, dass nur so viele digitalisierte Kopien eines Werkes verliehen werden dürfen, wie physische Exemplare vorhanden sind.

Auch für wissenschaftliche Forschungseinrichtungen werden wir eine möglichst freie Mediennutzung ermöglichen. Forschung sollte ebenso wie Bildung möglichst wenigen Beschränkungen unterliegen – sei es die naturwissenschaftliche Forschung oder Forschung im Rahmen der Zeitgeschichte.

Forschung und Wissenschaft

Forschung und Wissenschaft werden jährlich mit mehreren Milliarden Euro durch die öffentliche Hand gefördert und unterstützt. Deren Ergebnisse müssen somit im Anschluss auch der Öffentlichkeit in vollem Umfang zur Verfügung gestellt werden. Dies fördert die Verbreitung von Wissen und ermöglicht dessen konsequente Weiterentwicklung. Um wissenschaftlichen Verlagen ihre Arbeit weiter zu ermöglichen, könnte eine mögliche Sperrfrist hier höchstens ein halbes Jahr betragen.

Gemeinfreiheit aller amtlichen Werke

Um einen transparenten Staat und transparente Behörden sowie die Nachvollziehbarkeit von behördlichen Abläufen zu fördern und zu verbessern, müssen alle amtlichen und von Ämtern in Auftrag gegebene Werke in Zukunft für die Bevölkerung ohne Einschränkungen nutzbar sein und sollen vom Urheberrecht generell ausgenommen werden.

Nach unserem Willen soll dies auch für unveröffentlichte und behördeninterne Werke gelten, wenn wegen einer aktuellen politischen Situation ein besonderes öffentliches Interesse an diesen besteht. Auf diese Weise kann verhindert werden, dass das Urheberrecht bei behördeninternen Fehlern vorgeschoben werden kann, um missbilligte Dokumente zurückhalten zu können.


Bildung und Forschung

Präambel

Unsere Vision eines Bildungssystems baut auf einem positiven Menschenbild auf. Jeder Mensch hat das Recht auf freien Zugang zu Information und Bildung. Dies ist in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft notwendig, um allen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft ein größtmögliches Maß an gesellschaftlicher Teilhabe zu ermöglichen. Bildung ist unser wichtigstes Gut für den Erhalt, die Weitergabe und die Vermehrung von Wissen, Fortschritt und gesellschaftlichem Wohlstand. Das Bildungssystem darf nicht auf den Arbeitsmarkt und die ökonomische Verwertbarkeit von Bildung ausgerichtet sein. Unsere Gesellschaft braucht Menschen, die kompetent und kritisch ihr Leben und ihre Aufgaben meistern und sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst sind.


Finanzierung der Bildung

Die Ausgaben im Bildungssektor liegen, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, in der Bundesrepublik Deutschland seit Jahren unter dem OECD-Durchschnitt. Zu Recht wird diese Sparsamkeit an der falschen Stelle von der OECD gerügt. Wir PIRATEN fordern daher eine Anhebung mindestens auf den OECD-Durchschnitt. Bildung ist nicht nur Ländersache, sondern eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. Wir setzen uns für eine Aufhebung des Kooperationsverbotes ein. Der Bund muss öffentliche Bildungseinrichtungen finanzieren dürfen. Forderungen anderer Parteien, das Kooperationsverbot partiell zur Bevorzugung ausgewählter Bereiche wie der Exzellenz-Universitäten zu lockern, erteilen wir eine Absage: Wir bestehen auf einer Besserstellung des gesamten Bildungssystems. Der freie Zugang zu steuerfinanzierten Bildungseinrichtungen muss unabhängig von Religionszugehörigkeit, Geschlecht und Einkommen der Eltern gewährleistet sein. Wir lehnen Bildungsgebühren jeglicher Art für steuerfinanzierte Bildungseinrichtungen kategorisch ab, da sie den Zugang zu Bildung einschränken.


Bildung hat keine Grenzen

Um die Durchlässigkeit bei einem Wohnortwechsel, Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten und berufliche Chancen zu erhöhen, sollen Bildungsziele und Bildungsabschlüsse bundesweit einheitlich gestaltet und grundsätzlich gleichwertig sein.


Frühkindliche Bildung

Bildung beginnt mit der Geburt und hört nie auf, ein wichtiger Bestandteil des Lebens zu sein. Frühkindliche Bildung ist dabei von zentraler Bedeutung. Alle Kinder müssen ungeachtet bestehender Unterschiede so gefördert werden, dass sie mit möglichst guten Voraussetzungen ihre Schullaufbahn beginnen können. Dazu braucht es gebührenfreie, flexible, bei Bedarf ganztägig und gut erreichbare Angebote in Krippen, Kindergärten und bei Tageseltern. Wir PIRATEN setzen uns für gleiche Förderungsmöglichkeiten öffentlicher und freier Träger ein.


Zeit für Bildung

Persönlichkeitsentwicklung im frühkindlichen Bereich, in der Schule, aber auch in weiterführenden Bildungseinrichtungen braucht Zeit. Eine Einschulung im Primarbereich soll nicht vor Ende des 6 Lebensjahres erfolgen. Einen mittleren Schulabschluss sollen alle Schüler nach dem Abschluss der Klasse 10 erhalten. Die Sekundarstufe II (Oberstufe) soll nach einem Zertifikatssystem gestaltet werden. Sie soll 2 bis 4 Jahre dauern können und von den Schülerinnen und Schülern inhaltlich und zeitlich individuell gestaltet werden. Für die Weiterentwicklung des gymnasialen Bildungsganges fordern wir in den Ländern die Rücknahme des G8, wo dies noch durchgeführt wird. Erforderlich ist die Weiterentwicklung eines G9.

Die Förderhöchstgrenze für das BAföG muss wegfallen, um das lebenslange Lernen zu fördern.


Digitalen Lernraum gestalten

Die Lebens- und Arbeitswelt ist stark von Informationstechnologie geprägt. Um diese zu verstehen, nicht nur nutzen zu können, sondern sie auch aktiv mitgestalten zu können, sind Kenntnisse der Informatik erforderlich.

In der Primarstufe müssen verbindliche Angebote einer informatischen Allgemeinbildung verankert werden, für die Sekundarstufe I soll Informatik im Lernbereich Naturwissenschaften verpflichtendes Unterrichtsfach werden.

Lernorte sollen flächendeckend mit der notwendigen Infrastruktur ausgestattet werden. Dazu gehören die passende Hardware und ein Breitband-Anschluss an das Internet. Der Staat soll den kostenlosen Zugang zu allen öffentlichen Bildungseinrichtungen und Bildungsmaterialien sicherstellen.

Staatlich finanzierte Bildungsmaterialien sind gemeinfrei zu erstellen oder offen unter CC-BY-SA zu lizenzieren.


Teilhabe an Bildung

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, dass Kinder, Jugendliche und alle Beteiligten einer Bildungseinrichtung die Möglichkeit bekommen, sich an Entscheidungsprozessen aktiv zu beteiligen. Kinder und Jugendliche sollen vor allem in ihrer eigenen Lebenswelt, wie z. B. in Kita, Schule, Jugendzentrum oder Politik, mitbestimmen können.

Wir setzen uns für die Einführung der Kindergrundsicherung ein. Hier soll in Zukunft auch Geld für die Bildungsteilhabe als Budget enthalten sein.

Jedes Kind soll barrierefrei eine Schule seiner Wahl besuchen können. Das Recht förderbedürftiger Kinder und deren Erziehungsberechtigter auf freie Wahl der Schulart soll bundeseinheitlich in allen Bundesländern gesetzlich festgeschrieben werden. Kostenfreie Lehr-, Lern- und sonstige Hilfsmittel, qualifiziertes Personal für Unterricht und Assistenzleistungen sowie technische Ausstattung auf aktuellem Stand müssen gewährleistet sein.


Berufsschule und Duale Ausbildung

Die berufliche Ausbildung nach dem Dualen System ist seit Jahrzehnten ein Garant für Fachkräfte und weltweit ein Vorbild. Bestrebungen, dieses System von der breiten und qualifizierten Grund- und Fachausbildung hin zu firmenspezifischen Anlern-Ausbildungen umzubauen, lehnen wir PIRATEN ab. Die Berufsschulpflicht macht aus unserer Sicht nur im direkten Zusammenhang mit einer dualen Ausbildung Sinn. Daher fordern wir die Abschaffung der bisherigen Berufsschulpflicht, setzen uns aber für die Beibehaltung der Beschulung innerhalb einer Dualen Ausbildung ein. Wir PIRATEN fordern eine stärkere Kontrolle der Betriebe, damit Auszubildende nicht ausbildungsfremd als billige Arbeitskräfte missbraucht werden. Die Berufsschule muss sich neuen Unterrichtsmethoden stärker öffnen und muss auch junge Erwachsene ansprechen, die den Vermittlungsformen der Regelschulen den Rücken gekehrt haben. Berufsspezifische Kenntnisse und Fähigkeiten dürfen nicht als Voraussetzung zur Ausbildung verlangt werden. Sie müssen vielmehr im Rahmen der Ausbildung vermittelt oder aufgefrischt werden. Versuche der Wirtschaft, Forderungen nach einer Ausbildungsplatzabgabe mit dem Argument fehlender geeigneter Bewerber abzuwehren, sehen wir kritisch.


Erwachsenenbildung

Im Zuge des Lebenslangen Lernens muss das Bildungssystem offen sein für den Erwerb neuer Kompetenzen und Fähigkeiten für alle Altersgruppen. Dabei sollte sich das Weiterbildungsangebot nicht primär an der besseren Verwertbarkeit auf dem Arbeitsmarkt ausrichten, sondern vor allem an den individuellen Bedürfnissen. Wir PIRATEN sehen daher die Pflicht, lebenslanges Lernen zu fördern: durch die Bereitstellung kostenfrei zugänglicher Lehrangebote, Lehrmaterials und der Möglichkeit, individuelles Coaching in Anspruch zu nehmen. Prüfungen und Kurse müssen sich flexibel an individuelle Lebensumstände anpassen, um mehr Menschen die Nutzung von Weiterbildungsangeboten zu ermöglichen.


Hochschule

Unter der Vorgabe der internationalen Vergleichbarkeit der Abschlüsse wurde die Studienlandschaft in den letzten Jahren im Rahmen des Bologna-Prozesses tiefgreifend umgebaut. Die Verkürzung der Studiengänge geht einher mit oberflächlichem und verschultem Lernen und einer nicht hinnehmbaren Zahl von Studienabbrechern. Die Reform war mit einem Qualitätseinbruch verbunden, ohne tatsächlich Vergleichbarkeit zu erreichen. Wir PIRATEN streben daher eine kritische Revision des Bologna-Prozesses an.

Die finanzielle Bevorzugung einzelner Forschungsfelder aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit, wie zum Beispiel bei der Exzellenzinitiative, gefährdet Freiheit und Vielfalt der Forschung. Innovation findet auch in den Bereichen statt, die nicht im Fokus des medialen (und ökonomischen) Interesses liegen. Aus diesem Grund lehnen wir PIRATEN kurzfristige Projektförderung ab und setzt sich für eine verbesserte langfristige Sockelfinanzierung der Hochschulen ein.

Wir PIRATEN fordern eine Anpassung des Urheberrechts: Lehrende und Lernende müssen den Spielraum und die Rechtssicherheit erhalten, mit urheberrechtlich geschütztem Material frei arbeiten zu können.


Unbegrenzte Arbeitsmöglichkeiten für Akademiker – Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG)

Wir PIRATEN sprechen uns dafür aus, § 2 Absatz 1 des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) zu streichen. Das WissZeitVG ist so zu überarbeiten, dass befristete Verträge mit nach oben offener Laufzeit für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf Haushalts- und Drittmittelstellen vergeben werden können, ohne eine Maximalbeschäftigungsgrenze zu benennen.

Freier Zugang zu Bildung und Wissenschaft

Wir PIRATEN setzen uns für einen freien Zugang zu Wissen ein. Dies betrifft insbesondere den Zugang zu Bildungsressourcen (OER) und wissenschaftlichen Publikationen im Internet (open access). Wir sehen in uneingeschränkten OER und open access eine Voraussetzung, allen Menschen unabhängig ihrer sozialen Herkunft, ein größtmögliches Maß an Bildung, Weiterbildung und gesellschaftlicher Teilhabe zu ermöglichen. Gerade die besten Bildungsressourcen und neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse müssen allen Menschen kostenfrei im Internet zugänglich sein. Darauf hat jeder Mensch ein Recht.

OER (Open Educational Resources)

Der technische Fortschritt schafft neue Möglichkeiten, Wissen und Lernkonzepte international auszutauschen und gemeinsam weiter zu entwickeln. Um diese Chance zu nutzen, unterstützen wir freie und offene Lehr- und Lernmaterialien (OER). Wir PIRATEN setzen uns für die Entwicklung und den Einsatz solcher Materialien ein. Nationale und internationale OER-Projekte sind ein konkreter Weg, diese Vision in die Bildungsrealität zu übertragen.

OER - Freie Bildungsmaterialien im Hochschulbereich

Bildungspolitik macht in einer globalisierten Welt nicht an Staatsgrenzen halt.Wir PIRAEN setzen uns für den Einsatz von frei zugänglichen und frei nutzbaren Bildungsressourcen (OER = Open Educational Resources) ein und spricht sich für eine Orientierung an den UNESCO-Richtlinien für die Hochschulbildung aus.

Die UNESCO-Richtlinien geben hierzu Eckpunkte vor, die eine Zusammenarbeit bei OER nicht nur zwischen verschiedenen Bildungseinrichtungen und Bundesländern, sondern auch international im akademischen Bereich erleichtern.

Wir fordern die Verwendung von OER in der Hochschulbildung, wobei sich die Rahmenbedingungen an den genannten UNESCO-Richtlinien orientieren sollen. Das Anliegen von OER soll grundsätzlich bekannter gemacht werden und die IT/Konnektivität sowie die Kooperation unter den Hochschulen gefördert werden. Wir fordern das Teilen von hochqualitativem Lern- und Lehrmaterial für eine nachhaltige Entwicklung von OER.

Wir PIRATEN setzen uns für die Schaffung einer offenen digitalen Plattform zur Information, Verwaltung und Lehre für Universitäten und Schulen beispielsweise unter Federführung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ein.

Freier Zugang zu allen aus Steuermitteln finanzierten Forschungsergebnissen (Open Access)

Förderung von Veröffentlichungen unter freier Lizenz

Zur Förderung von Veröffentlichungen wissenschaftlicher Ergebnisse nach dem Open-Access-Modell soll als Infrastrukturmaßnahme einer allgemeinen, nicht themenbeschränkten Open-Access-Zeitschrift nach dem Vorbild von PLOS One eine Anschubfinanzierung aus Bundesmitteln gewährt werden. Weiterhin soll ein Open Access-Fonds aus Bundesmitteln gebildet werden, der die von Forschern zu entrichtenden Publikationskosten in Open Access-Zeitschriften bis zu einem bestimmten Betrag übernimmt. Ziel dieses Fonds ist, Open Access-Veröffentlichungen aus der Nutzenabwägung innerhalb des Budgets von Forschern herauszunehmen. Wir PIRATEN setzen uns für eine Stärkung der Eigenarchivierungsrechte von Autoren (z. B. auf Homepages der Autoren) ein. Diese stellen neben Zeitschriften für die Bevölkerung eine weitere kostenfreie Zugangsmöglichkeit zu Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung dar.

Bezahlschranken und überteuerte Lizenzpakete von Großverlagen gefährden eine zeitnahe Debatte aktueller Veröffentlichungen, die wissenschaftliche Nachvollziehbarkeit und damit die Forschungsfreiheit. Ziel ist es daher, innerhalb von 5 bis 10 Jahren alle Bibliotheken und Hochschulen vollständig auf digitale Literaturversorgung umzustellen. Wir unterstützen die deutschland- und europaweite Open-Access-Bewegung und das in diesem Bereich bereits sehr engagierte und erfolgreiche Hochschul- und Bibliothekspersonal.

Die Literaturversorgung muss von den knappen Etats der wissenschaftlichen Einrichtungen entkoppelt werden. Um ein Gleichgewicht zwischen Bibliotheken, Forschenden und Großverlagen herzustellen, bedarf es einer entschlossenen, institutionellen Förderung offener Publikationsformen, zum Beispiel durch Publikationsfonds. Sowohl Erstveröffentlichungen in elektronischen Medien als auch die Bereitstellung bereits publizierter Verlagswerke in frei zugänglichen Datenbanken sollen gleichberechtigt gefördert werden.

Universitätsnahe Umsetzung

Um die Anwenderfreundlichkeit und die Akzeptanz sowie die Verwendungsmöglichkeiten der digitalen Bibliotheken zu garantieren, ist es unerlässlich, einheitliche Softwareschnittstellen zu schaffen. Das gewährleistet eine Vernetzung der Bibliotheken zwischen den einzelnen Universitäten und Fachhochschulen, um die Verfügbarkeit und Auffindbarkeit von Wissen vor Ort zu erhöhen. Solche freien Softwarelösungen existieren bereits. Jedoch sehen wir PIRATEN noch viel Verbesserungsbedarf in Bezug auf die Standardisierung und Vernetzung dieser Bibliotheken. Daher setzen wir uns dafür ein, dass die Weiterentwicklung von Software für digitale Bibliotheken als Forschungsprojekt ausgeschrieben und möglichst universitätsnah umgesetzt wird. Das Ergebnis des Forschungsprojekts muss unter einer freien Lizenz stehen.

Offene Dateiformate

Um die in den digitalen Bibliotheken gespeicherten Informationen nachhaltig verfügbar zu machen und die Unabhängigkeit von Interessengruppen sicherzustellen, sprechen wir PIRATEN uns für eine Nutzung offener Datenformate aus.

Abbau von Zugangsbeschränkungen

Wir PIRATEN werden die Zugangsbeschränkungen für digitale Bibliotheken abbauen. Zurzeit finden sich in den digitalen Bibliotheken hauptsächlich Doktorarbeiten und vergleichbare Ergebnisse. Diplomarbeiten, Hausarbeiten und Ähnliches werden nicht gespeichert und stehen damit auch nicht für die Recherche zur Verfügung. Dieses Vorgehen führt zu einem unnötigen Verlust an Wissen. Viele junge Wissenschaftler kommen zu spät mit den digitalen Bibliotheken in Kontakt. Da die Veröffentlichung in diesen Bibliotheken praktisch kostenfrei ist, braucht hier nicht gespart zu werden. Wir setzen uns für die Öffnung dieser Bibliotheken ein.

Open Access in der Entwicklungspolitik

Wir PIRATEN haben erkannt, dass der freie Zugang und Austausch von Wissen ein elementarer Bestandteil der deutschen Entwicklungsarbeit sein muss. Deshalb fordern wir, dass alle entwicklungspolitischen Akteure, sobald sie finanzielle Mittel vom BMZ (Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) beziehen, dazu verpflichtet sind, die Ergebnisse ihrer entwicklungspolitischen Projekte, deren Rohdaten sowie Gutachten, die sich auf die Effizienz und Effektivität der Projekte beziehen, gemäß den Maßstäben zur „Berliner Erklärung über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen“ (2003) zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung geschieht über eine vom BMZ zu erstellende kostenfreie Internetplattform, auf der sich sämtliche Veröffentlichungen, sowohl nach Ländern, als auch nach Stichworten, durchsuchen lassen.


Patente und Markenrecht

Konkrete Reformvorschläge für das Patentwesen

Grundlegendes

Patente sind Teil des gewerblichen Rechtsschutzes. Ihr Sinn besteht darin, dass Erfinder durch ein zeitlich begrenztes Monopol dazu ermutigt werden, ihre Erfindungen in einer Patentschrift zu veröffentlichen. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung, sind sie nicht geeignet als Innovationsanreiz zu dienen. Gerade aktuell werden Patente eher als »Waffen« genutzt um Konkurrenz aus dem Markt zu drängen, was Fortschritt deutlich hemmt. Einige Unternehmen – sogenannte »Patenttrolle« – haben sich gar darauf spezialisiert Unternehmen mit innovativen Produkten mithilfe von Patenten und überteuerten Rechtsstreiten regelrecht zu erpressen. Wir PIRATEN setzen uns für eine Reform des aktuellen Patentrechts zugunsten von mehr Innovation und Freiheit ein.

Patentierbare Erfindungen

Neben klassischen technischen Erfindungen, gibt es Bestrebungen durch neue Gesetze oder Auslegung vorhandener Gesetze neue Arten von patentierbaren Erfindungen zu erschließen. Darunter befinden sich drei problematische Patentgegenstände, deren Auswirkungen in einem starken Missverhältnis zum Ziel der Offenlegung der Erfindung stehen.

Zum einen seien hier Patente auf Leben genannt. Besonders die Gentechnik brachte hier eine Vielzahl von Patenten auf Verfahren zur Ermittlung und Erstellung von Gensequenzen hervor, was effektiv einer Patentierung von Gensequenzen entspricht. Solche Gensequenzen sind aber eine Entdeckung und keine Erfindung, wie etwa ein Naturgesetz. Ihr Schutz wirft die Innovation zu weit zurück. Aus diesem Grund muss das Patentrecht so gestaltet sein, dass auch über die Umwege der Patentierung von technischen Verfahren keine Gensequenzen patentierbar sind.

Aus den USA stammt der Trend der Patentierung von Geschäftsmodellen. Im Gegensatz zur Patentierung von technischen Erfindungen, die einen Wettbewerbsvorteil darstellen, führt die Patentierung von Geschäftsmodellen zur Monopolisierung ganzer Märkte. Das Patentrecht muss eine Patentierung von Geschäftsmodellen explizit ausschließen.

Zuletzt sind in den letzten Jahren politische Forderungen nach Patenten auf »computer-implementierte Erfindungen«, sogenannte Softwarepatente, aufgetaucht. Diese in einigen Ländern praktizierte Patentierung von einzelnen Aspekten von Computerprogrammen führt unweigerlich zum Sterben kleiner und mittlerer Softwareunternehmen, da Software besonders darauf angewiesen ist, bestimmte für den Nutzer leicht einprägsame und quasi-standardisierte Elemente zu nutzen. Software ist durch das Urheberrecht bereits ausreichend geschützt, ein Schutz durch Patente ist aus diesem Grund überhaupt nicht notwendig.

Kurzfristige Maßnahmen zur Verbesserung des Patentrechts

Patentlaufzeiten

Während die Produktlebenszyklen sich in der Vergangenheit immer weiter verkürzt haben, sind die Patentlaufzeiten unverändert geblieben. Wir fordern im Laufe der Patentreform belastbare Erhebungen der Produktlebenszyklen der unterschiedlichen Branchen und die Verkürzung der Patentlaufzeiten im entsprechenden Maße.

Gerichtskosten bei Patentstreitigkeiten vom Streitwert entkoppeln

Die Streitwerte bei Patentverletzungsverfahren können schnell enorme Summen annehmen. Dies treibt die Gerichtskosten in die Höhe, was nicht zuletzt dem Geschäftsmodell vieler Patenttrolle entgegen kommt. Diese benutzen das Kostenrisiko als Druckmittel um eine außergerichtliche Einigung ohne Überprüfung des Patents zu erreichen. Für diese Einigungen werden von den beklagten Firmen zwar nur Bruchteile des Streitwerts bezahlt, welche aber aufgrund der Höhe des Streitwerts immer noch entsprechend umfangreich sind.

Patente stellen als gesetzlich garantierte Monopole große Anforderungen an die staatlichen Organe. Wenn der Gesetzgeber ein Patent garantiert, dann sind Gerichte im besonderen Maße dazu verpflichtet, diese zu überprüfen. Aus diesem Grund fordern wir PIRATEN, dass die Gerichtskosten bei Patentstreitigkeiten ausschließlich auf die tatsächlich entstandenen Kosten beschränkt sein müssen um die gerichtliche Überprüfung von Patenten ohne großes finanzielles Risiko zu ermöglichen.

Nutzungsbindung von Patenten

Wir PIRATEN fordern, dass ein erteiltes Patent nur dann gegen ein auf dem Markt befindliches Produkt durchsetzbar sein soll, wenn der Patentinhaber oder ein Lizenznehmer ein Bemühen um eine der Erfindung angemessene wirtschaftliche Nutzung glaubhaft machen kann. Dies soll zum einen der Praxis der Patenttrolle begegnen, die ausschließlich Patente horten, ohne ein Interesse an der Fertigung entsprechender Produkte zu haben.

Zum anderen erleichtert es das Problem von Preisen für Patentlizenzen. Als Monopolist hat der Patentinhaber derzeit große Freiheiten bei der Preisgestaltung für Patentlizenzen, besonders wenn er das Patent nicht selbst wirtschaftlich verwertet. Durch die Nutzungsbindung ergibt sich ein spieltheoretischer Zustand, der einem nicht-monopolistischen Markt zumindest ähnelt.

Bekämpfung von wettbewerbswidrigem Patentmissbrauch

Neben ihrem legitimen Nutzen werden Patente auch auf grob wettbewerbswidrige Weise zum Zwecke der Marktbeherrschung durch wenige große Unternehmen eingesetzt. In der Praxis räumen sich diese die Nutzung ihrer jeweiligen Patente häufig durch sogenannte »Kreuzlizenzierung« gegenseitig ein, während besonders kleinen Unternehmen der Zugang zur Patentnutzung und damit zum Markt verwehrt wird.

In den Fällen, in denen große Teile des Marktes ein Patent nutzen, es aber einem kleinen Teil verwehrt wird, soll das Kartellamt die Möglichkeit haben, den Sachverhalt zu prüfen. Im Falle von marktbeherrschendem Missbrauch des Patents soll die Möglichkeit bestehen, das Patent vorzeitig auslaufen zu lassen.

Mittelfristige Demokratisierung des Patentvergabeprozesses

Die Bewertung, ob ein beantragtes Patent erteilt werden soll, fällt häufig sogar Fachleuten schwer. Dieses Problem kann dadurch abgemildert werden, dass nicht nur einzelne Fachleute sondern die gesamte »Gemeinde« über die Vergabe von Patenten entscheidet.


Mittelfristig soll deshalb jeder, der die entsprechenden überprüfbaren fachlichen Voraussetzungen hat, am Patentvergabeprozess mitentscheiden können. Dies fördert nicht nur die Transparenz der Patentvergabe, sondern wirkt auch der Vergabe von Trivialpatenten entgegen, deren Veröffentlichung keinen nennenswerten Nutzen, aber Probleme für die Volkswirtschaft bringen kann.

Langfristige Aufgabe des Patentsystems zugunsten des wettbewerbsgetriebenen Fortschritts

Die positiven Aspekte der Veröffentlichung von Erfindungen durch Patente sind durchaus erfreulich, aber es stellt sich die Frage ob sie die Innovationsbremsung durch die zeitlichen Monopole rechtfertigen. Eine Wettbewerbssituation wirkt sich dagegen deutlich positiver auf die Innovation aus, da alle Unternehmen sich kontinuierlich verbessern müssen, um ihre Marktposition zu erhalten bzw. auszubauen. Ein »Ausruhen« auf Patenten ist dann nicht mehr möglich.

Aus diesem Grund ist unser Ziel, das Patentwesen langfristig durch andere Mechanismen zur Offenlegung von Erfindungen zu ersetzen, die ohne gesetzliche Monopole auskommen. Die Entwicklung solcher Modelle soll durch Deutschland und die Europäische Union aktiv voran getrieben werden.


Umwelt, Landwirtschaft, Tier- und Verbraucherschutz

Nachhaltigkeit

Wir PIRATEN setzen uns für eine ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltige Entwicklung ein. Darunter verstehen wir einen verantwortungsvollen und generationengerechten Umgang mit den zum allgemeinen Wohlergehen notwendigen Ressourcen immaterieller oder materieller Art. Wir fordern die Erweiterung des Grundgesetzes um einen Artikel 20b, in dem das Nachhaltigkeitsprinzip als Staatsziel mit der Formulierung "Der Staat beachtet bei seinem Handeln das Prinzip der Nachhaltigkeit" verankert wird.


Einführung eines Umweltgesetzbuches und Abschaffung des Bergrechts

Fast 50 Jahre nach dem Erlass der ersten Umweltgesetze ist es an der Zeit, diese übersichtlich und transparent zusammenzufassen. Wir PIRATEN setzen uns für die Etablierung eines Bundesumweltgesetzbuches ein, in dem die relevanten Gesetze und Verordnungen analog zu den Sozialgesetzbüchern zusammengestellt werden.

Wir fordern die Abschaffung des Bergrechts. Das heute geltende Bergrecht steht in einer Tradition intransparenter, undemokratischer, obrigkeitsstaatlicher und autoritärer Gesetzgebungen, die bei Vorhaben wie Fracking, Braunkohletagebau und CCS (Carbon Capture & Storage) Grundrechte aushebeln und die ausstehende Neufassung der Umweltgesetzgebung verhindern. Die nötigen das Bergrecht ersetzenden Neuregelungen sollen in das zu schaffende Bundesumweltgesetzbuch aufgenommen werden.


Wasserwirtschaft

Trinkwasser

Wasser ist ein kommunales Gut und muss jeder Bürgerin und jedem Bürger zur Verfügung stehen. Wir PIRATEN stehen für die Rekommunalisierung der Wasserversorgung ein, da sie als Infrastruktur der Grundversorgung dient. Wir streben eine hohe Trinkwasserqualität an und wollen diese auch durch die Reduzierung von Schadstoffeintrag erreichen. Die Trinkwasserverordnung soll an aktuelle Erkenntnisse über Wasserinhaltsstoffe regelmäßig angepasst werden. Die Eigenwasserversorgung privater Haushalte soll grundsätzlich erlaubt sein. Sofern eine private Hauswasserversorgung möglich ist, lehnen wir einen Anschlusszwang an das kommunale Trinkwassernetz ab. Die Qualitätsprüfung ist eigenverantwortlich zu leisten.

Abwasser

Abwasser ist ein Wertstoff, und wir streben einen ressourcenschonenden Umgang mit den wertvollen Inhaltsstoffen an. Wir treten für die Abschaffung des Anschlusszwanges für häusliche Abwässer an das Abwassernetz ein, wenn die Einhaltung der Ablaufparameter nach der EU-Rahmenrichtlinie eigenverantwortlich sichergestellt wird. Industrielle und die von Krankenhäusern stammenden Abwässer sind geeignet vorzubehandeln. Vermischung mit häuslichen Abwässern ist zu vermeiden.

Gewässerschutz

Die Wasserressourcen sind von Beeinträchtigungen freizuhalten. In allen Bereichen müssen Eingriffe in den Boden auf ihre Verträglichkeit mit dem Gewässerschutz hin überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.


Landwirtschaft

Das Recht auf sauberes Wasser, saubere Luft, lebendige Böden und einen gemeinschaftlich organisierten Zugriff auf Naturressourcen ist Teil der universellen Menschen- und Bürgerrechte, in Deutschland auch abgedeckt durch Artikel 2 des Grundgesetzes. Dieses Recht ist der Maßstab, an dem gesellschaftliches Handeln zu bemessen ist.

Der Weg zur richtigen Entscheidung ist ein Prozess, zu dem die offen geführte, sachorientierte Diskussion und Beteiligung aller Interessengruppen zählt. Erfolgreiche Landwirtschafts- und Umweltpolitik muss sich ständig am Möglichen und Erwünschten messen und Impulse für die Zukunft geben.

Nachhaltigkeit ist unser Maßstab

Wir PIRATEN stellen im Umgang mit der Natur die Verbesserung und den langfristigen Erhalt der natürlichen Ressourcen Boden, Wasser, Luft und Artenvielfalt der Tier- und Pflanzenwelt in den Mittelpunkt. In der Land- und Forstwirtschaft, dem Gartenbau und in der Fischereiwirtschaft ist daher ein Wandel notwendig. Wo nachhaltige Bewirtschaftung in Ansätzen schon verwirklicht ist, muss sie unterstützt und weiter ausgebaut werden.

Darüber hinaus stellen wir die Frage, welche sozialen und wirtschaftlichen Strukturen in diesem Sektor zu fördern oder ganz neu aufzubauen sind, damit Nachhaltigkeit sich durchsetzt. Eingebunden in die EU und Weltwirtschaft sind Nachhaltigkeitskriterien europa- und weltweit zu beachten und dürfen nicht an der Landesgrenze ausgeblendet werden (z.B. durch Torfimporte, Futtermittelimporte).

Lebendige Böden - Wertschätzung erhöhen

Fruchtbare Böden sind die Grundlage für Land- und Forstwirtschaft, für unsere Nahrungsmittel. Über komplexe Umsetzungsprozesse ermöglichen sie das Pflanzenwachstum in ihrem Gefüge aus Mineralien, organischen Stoffen und Bodenorganismen, aus Poren und wassergefüllten Kapillaren. Im Boden wird das Grundwasser gefiltert, chemische Stoffe werden umgebaut. Böden sind Puffer in Wasser- und Nährstoffkreisläufen. Sie haben die tragende Rolle für unsere Siedlungen, Industrie und Infrastruktur. Wir PIRATEN setzen uns ein für die Wertschätzung von Böden mit ihren wichtigen Funktionen und deren Erhalt. Beeinträchtigungen (u.a. durch Schadstoffzufuhr, Überdüngung, Verdichtung, Humusverlust, Erosion, Torfabbau, Versiegelung, Spekulation auf Boden) sind keine Bagatellen, die einem kurzfristigen Wirtschaftserfolg untergeordnet werden können, sondern müssen aktiv ausgeräumt werden.

Saatgut - der Keim der Selbstbestimmung

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, dass Saatgut allen, die es nutzen wollen, als Gemeingut zugänglich wird. Wir treten ein für den Erhalt und Weiterentwicklung der Sortenvielfalt samenfester Kulturpflanzen. Die Zulassung von Saatgut ist nach dessen Nutzen als Feld- oder Gartenfrucht und für die Ernährung zu bemessen. Sie wird bundesweit entzogen, wenn nachweislich Risiken für den Erhalt der Artenvielfalt, für das Bodenleben oder das Grundwasser bestehen.

Vielfalt und kurze Wege

Wir PIRATEN setzen uns ein für eine Landwirtschaft der Vielfalt. Regionale Besonderheiten sollen in der Unterschiedlichkeit von Erzeugnissen, Anbaumethoden, Tierhaltungsformen, Betriebsstrukturen und Bewirtschaftungsformen ihren Ausdruck finden und sich entwickeln können. Einheitliche Standards werden dort festgeschrieben werden, wo sie für die Gesunderhaltung von Mensch, Tier und Umwelt unerlässlich sind. Wir unterstützen eine Landwirtschaftspolitik, die kurze Wege zur Versorgung der Bevölkerung sucht, und zwar vom Erzeuger über den Verarbeiter, Vermarkter bis hin zum Verbraucher, damit auch die Kette der Wertschöpfung innerhalb einer möglichst eng umgrenzten Region bleibt. Sie nutzt und fördert die Kenntnisse der Landwirte, Verarbeiter, Händler und Konsumenten vor Ort und achtet deren Recht auf Selbstbestimmung.

Agrarsubventionen

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, dass in der Landwirtschaft verlässliche Bedingungen geschaffen werden, die langfristig einen Ausstieg aus den Agrarsubventionen ermöglichen.


Tierschutz

Verbandsklagerecht

Wir PIRATEN befürworten die Einführung eines bundesweiten Verbandsklagerechtes für anerkannte Tierschutzorganisationen. Tiere können als Lebewesen nicht selbst für ihre Rechte eintreten, daher sind sie auf eine Vertretung in Form von Verbänden angewiesen. Obwohl Tier- und Umweltschutz nach Art. 20a GG denselben Verfassungsrang haben, ist bisher in mehreren Bundesländern keine entsprechende Gesetzgebung existent.

Tierschutz in der Nutztierhaltung

Wir PIRATEN setzen uns für tiergerechte Haltungsformen in der Nutztierhaltung ein. Gute Haltungsformen orientieren sich an den Bedürfnissen der Tiere. Die jetzigen Standards sind jedoch in vielen Punkten noch nicht optimal. Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Standards in der Tierhaltung nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ist unser Ziel. Dabei sollen Kleinbetriebe einmalige finanzielle Unterstützungen für Investitionen zur Umsetzung neuer Standards erhalten können.

Tierversuche

Tierversuche sollen, insbesondere wenn tierversuchsfreie alternative Verfahren vorhanden sind, für pharmazeutische Stofftests und andere qualvolle Experimente nicht mehr verpflichtend sein. Um einen Rückgang von Tierversuchen zugunsten von Forschungen an alternativen Methoden bewirken zu können, ist es notwendig, Subventionen für Tierversuche zu streichen und sie auf tierversuchsfreie Forschungsmethoden zu verlagern. Gibt es wissenschaftlich erprobte Alternativmethoden für bestimmte Testverfahren, dürfen dafür keine Tierversuche eingesetzt werden. Außerdem soll eine möglichst lückenlose, globale Veröffentlichung aller Ergebnisse erfolgen, um wiederholende Versuche zu vermeiden.

Genehmigungen für Tierversuche sind abhängig vom „Schweregrad“ unterschiedlich zu genehmigen. Versuche, die großes Leid über lang anhaltenden Zeitraum verursachen, sollen erheblich schwieriger zu genehmigen sein als Versuche, die kein oder nur sehr kurzfristig Leid verursachen. Genehmigungsverfahren sollen transparent und nachvollziehbar sein. Im nichtmedizinischen Bereich, wie zum Beispiel für Kosmetik- und Körperpflegeprodukte, lehnen wir Tierversuche ab. Dies gilt auch für Versuche bezüglich einzelner Bestandteile der Produkte.

Zur Prüfung der Einhaltung gesetzlicher Regelungen sind unabhängige unangekündigte Kontrollen der Versuchslabore durchzuführen.

Erweiterung des Tierschutzgesetzes

Auch Angst ist eine Form von Leid, wird aber im Tierschutzgesetz nicht berücksichtigt. So werden Tierquälereien, bei denen kein deutlich erkennbarer, direkter körperlicher Schaden vorliegt, gewöhnlich nicht geahndet. Wir wollen das deutsche Tierschutzgesetz nach dem Beispiel des österreichischen Tierschutzgesetz erweitern, sodass künftig niemand straffrei ein Tier ohne vernünftigen Grund in schwere Angst versetzen darf.


Verbraucherschutz

Im Verhältnis zwischen Hersteller, Vertreiber und Verbraucher ist letzterer in der Regel unterlegen. Dieses Ungleichgewicht sinnvoll auszugleichen ist Anliegen der PIRATEN und Aufgabe des Verbraucherschutzes, wie wir ihn uns vorstellen. Unser Ziel ist es, den berechtigten Interessen der Verbraucher als Konsument von Waren und Nutzer von Dienstleistungen sowie in Bezug auf Datenschutz, Urheberrecht und Transparenz mehr Geltung zu verschaffen.

Wir werden uns für eine Vereinfachung und verbesserte Nachvollziehbarkeit der vielfältigen juristisch zulässigen Möglichkeiten, irreführenden Begrifflichkeiten und Formulierungen in der Werbung und Vertragstexten einsetzen. Insbesondere müssen gesundheits- und umweltrelevante Produktinhalte klar erkennbar sein. Bei Finanzprodukten sind die Risiken im gleichen Umfang wie die Chancen darzustellen.

Die Publikation von medizinischen Studien muss unabhängig von ihrem Ergebnis erfolgen. Alle entsprechenden Studien sind vor ihrer Durchführung zu registrieren. Bei Heilverfahren ist anzugeben, auf welcher theoretischen Grundlage sie beruhen. Die Kosten medizinischer und zahnmedizinischer Versorgung müssen für den Patienten nachvollziehbar und auch verständlich sein.

Missstände wie der Handel mit personenbezogenen Daten durch staatliche Stellen sind abzustellen und die wirtschaftliche Nutzung und Verknüpfung privater Daten durch Firmen wie Facebook und Google nur nach ausdrücklicher Zustimmung zulässig (Opt-In). Wir wollen die Aufklärung über die damit verbundenen Risiken stärken.

Wir setzen uns dafür ein, das Verbandsklagerecht für staatlich anerkannte Stellen auf den Bereich des Verbraucherschutzes zu erweitern, um eine Rechtsfrage verbindlich für alle betroffenen Verbraucher zu klären.

Ausdehnung der Eierkennzeichnung auch auf verarbeitete Eiprodukte

Wir PIRATEN setzen uns im Rahmen einer Verbesserung des Verbraucher- und des Tierschutzes für eine Ausdehnung der Eierkennzeichnung auf verarbeitete Eiprodukte ein.

Gegen die geplante Obsoleszenz

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, dass die Bundesrepublik Deutschland der Verbraucherzentrale zusätzliche Mittel bereit stellt, damit diese sich besser gegen die geplante Obsoleszenz spezialisieren kann. Hersteller werden dazu angehalten, ihre Produkte mit einem voraussichtlichem "Haltbarkeitszeitraum" zu versehen. Dieses Haltbarkeitsdatum beinhaltet sowohl das physische als auch softwareseitige Leben eines Produktes. Auch müssen die Supportzeiträume (Softwareupdates etc.) auf dieser Kennzeichnung angegeben werden. Die Verbraucherzentrale wird diese Kennzeichnungen der Hersteller überprüfen und mit einem anerkannten Siegel bestätigen. Wir setzen uns weiter dafür ein, dass die öffentliche Hand, nur Produkte mit einer, von der Verbraucherzentrale, überprüften Haltbarkeit erwirbt. Diese Zeiten sollten in Ausschreibungen eingearbeitet werden.

Herstellung der Gerätehoheit

Wir PIRATEN setzten uns dafür ein, dass Geräte keine softwareseitige Einschränkung der zu installierenden Software erhalten. Jeder Käuferin und jedem Käufer eines Geräts muss es gestattet sein, die eigene Software oder die von Drittanbietern, ohne Einschränkungen, auf ein erworbenes Gerät aufzuspielen. In Ausschreibungen, bei Neuanschaffungen von elektronischen Geräten der öffentlichen Hand, soll dieses Kriterium explizit, in der Ausschreibung, gefordert werden. Eine softwareseitige Altersschranke, und damit einer großen Verschwendung von Geld und ökologische Verantwortungslosigkeit darf es nicht mehr geben.


Energiepolitik

Eine langfristig gesicherte Energieversorgung ist nur ohne fossile Energieträger möglich. Fossile Energieträger sind zum einen grundsätzlich endlich und zum anderen wertvolle Rohstoffe, die zukünftig dringend gebraucht werden. Nur die Verfügbarkeit dieser Rohstoffe sichert die Entwicklung und Erhaltung einer hohen Lebensqualität weltweit.

Die Versorgungssicherheit ist nur durch den Umbau der Energiewirtschaft zu einem umweltschonenden, dezentral organisierten und transparenten System gewährleistet. Ein zentral organisiertes System ist nicht in der Lage, die Versorgung des Landes mit Elektroenergie zu sichern. Ein solches zentrales System ist technisch anfällig und durch Sabotage angreifbar.

Wir PIRATEN fordern deshalb im Kern:

• die sofortige Umsetzung einer Energiewende hin zu 100% Erneuerbaren Energien,

• den Umbau der heute noch weitgehend zentralen Energieversorgung hin zu einer dezentralen Versorgungsstruktur,

• für alle energiepolitischen Maßnahmen eine transparente Bürgerbeteiligung und regelmäßige, ergebnisoffene Überprüfungen und Anpassungen.

Alle für eine Energiewende erforderlichen Technologien sind heute bereits verfügbar. Durch den Einsatz dieser effizienten Technologien ist es möglich, den Energiebedarf in Deutschland deutlich zu reduzieren.

Der Stromverbrauch wird sich mit der Energiewende stark erhöhen. So spart zum Beispiel die Umstellung auf Elektromobilität durch den höheren Wirkungsgrad des Elektromotors etwa zwei Drittel der Energie ein, erhöht aber den Strombedarf deutlich.

Wir fordern deshalb unter anderem:

• den massiven Ausbau der Photovoltaik als Arbeitspferd der Energiewende sowie einen konfliktfreien Ausbau der Windenergie. Für die Photovoltaikstromerzeugung sind in Deutschland ausreichend Flächen vorhanden.

• den Ausbaustopp der Offshore-Windkraft. Diese Technologie ist sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich nicht vertretbar und widerspricht darüber hinaus dem Kerngedanken der dezentralen Versorgungsstruktur.

• die energetische Nutzung von Biomasse auf die Verwertung biologischer Reststoffe zu beschränken. Dadurch frei werdende landwirtschaftliche Flächen sollen im Sinne einer nachhaltigen Landwirtschaft verwendet werden.

• die Förderung des Ausbaus von Energiespeichern. Energiespeicher sind zum Ausgleich der Schwankungen bei der Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen unverzichtbar.

• den Stopp des Ausbaus der Stromübertragungsnetze. Der Bau der langen Transporttrassen ist primär durch garantierte Rendite für die Netzbetreiber und die Rezentralisierung der Energiewende durch Offshore-Wind motiviert. Für eine dezentrale Energiewende sind die "Stromautobahnen" nicht notwendig.

• den Netzausbau sinnvoll zu gestalten. Die Verteilnetze sind mit der Situation, dass viele kleine und mittlere Stromerzeuger dezentral einspeisen, technisch überfordert und müssen dringend ausgebaut und modernisiert werden.

• die Einbindung der Bürger in ein transparentes Verfahren und Beteiligung an einem öffentlichen Konsultationsprozess. Um die Beteiligungsrechte der Zivilgesellschaft zu stärken, haben die Staaten der Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) im Juni 1998 die Aarhus-Konvention beschlossen. Diese legt wichtige Rechte für eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger im Umweltschutz fest. Inzwischen gehören über 40 Staaten zu den Vertragsparteien der Aarhus-Konvention. Diese Konvention ist auch in Deutschland in Bezug auf den Stromnetzausbau umzusetzen!

Die gegenwärtige Politik hat mit ihrer parlamentarischen Mehrheit eine zentrale Struktur der Energieversorgung in Deutschland grundsätzlich festgeschrieben. Diese Grundsatzentscheidung wurde jedoch niemals öffentlich nachvollziehbar begründet. Für uns PIRATEN ist diese Entscheidung die volkswirtschaftlich aufwendigste und für die Versorgungssicherheit schlechteste Lösung. Durch die weitere Favorisierung einer zentralen Versorgungsstruktur und damit großer Kraftwerke wird u.a. die Zielsetzung, möglichst schnell zu 100% Energieerzeugung aus regenerativen Quellen zu gelangen, verhindert. Deshalb fordern wir eine, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende, unabhängige und für die Bürgerinnen und Bürger transparente Untersuchung. Ziel dieser Untersuchung muss es sein, die Strukturen zu finden, die für unsere zukünftige Energieversorgung am geeignetsten sind. Dezentrale Strukturansätze sind dabei unter der Bedingung eines rasch wachsenden Anteils der Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen gleichberechtigt einzubeziehen. Genau das findet gegenwärtig jedoch nicht statt. Wir PIRATEN fordern einen fairen öffentlichen Energiedialog!

100% Erneuerbare Energien

Wir PIRATEN wollen eine sichere und nachhaltige Energieversorgung. Sicher in Bezug auf die Verfügbarkeit, sicher in Bezug auf die Gesundheit sowie nachhaltig für das Klima und die Natur. Der Klimawandel führt uns klar vor Augen, dass Kohle, Öl und Gas schon heute Energieträger der Vergangenheit sind. Die mit der Gewinnung und dem Verbrauch verbundenen Probleme sind so gravierend, dass wir den schnellstmöglichen Ausstieg fordern. Zudem sind alle fossilen Energieträger endlich und darüber hinaus wichtige Rohstoffe. Das heißt, eine Umstellung auf Erneuerbare Energien ist zwangsläufig notwendig. Die Frage ist, ob wir diesen Umstieg geordnet oder ungeordnet realisieren. Wir wollen einen geordneten Strukturwandel und keinen Strukturbruch, damit unsere Lebensgrundlagen erhalten bleiben. Dazu brauchen wir nicht nur die Zustimmung der Menschen für die Energiewende, sondern die Bürgerinnen und Bürger sollen sich aktiv an ihrer Umsetzung beteiligen, etwa indem sie in eine Solaranlage oder ein Elektroauto investieren oder sich in Energiegenossenschaften zusammenschließen.

Klimawandel

Die durch menschliche Aktivitäten bedingten Klimaveränderungen erfordern konsequente Maßnahmen auf allen Handlungsebenen, um auch nachfolgenden Generationen würdige Lebensbedingungen zu ermöglichen. An diesem Ziel müssen sich alle Maßnahmen messen lassen.


Hierfür sind wir bereit, neue Wege zu gehen und setzen uns für eine konsequente Klimaschutzgesetzgebung ein, die vorbildhaft eine weitestgehend klimaneutrale Verwaltung ermöglicht und kommunale Klimakonzepte unterstützt. Weiterhin sollen wirksame Lenkungsmaßnahmen wie Energiesteuern eingesetzt werden, um konsequent Emissionen zu verringern. Den bisher sehr wirkungslosen Zertifikatehandel sehen wir kritisch.

Klimaschutz

Der Verkehr und die Wärmeerzeugung mit fossilen Brennstoffen haben den weitaus größten Anteil an den CO2-Emissionen in Deutschland. Daher muss der Wechsel zur Elektromobilität und der verstärkte Einsatz von Technologien zur Wärmeerzeugung mit Erneuerbaren Energien - zum Beispiel durch Wärmepumpen und Solarthermie - vorrangig genutzt werden. Unabhängig von Prognosen zur Klimaerwärmung ist eine weltweite Energiewende grundsätzlich möglichst schnell umzusetzen. Durch eine wesentlich schnellere Umstellung auf 100% erneuerbare Energien wird der Klimawandel am wirksamsten bekämpft. Damit würde Deutschland auch seine Verpflichtung aus dem Pariser Klimaschutzabkommen erfüllen.

Die Energiewende ist eine Chance für Umwelt, Gesundheit und Lebensqualität. Ebenso für Forschung und Wirtschaft die langfristig nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn wir weiterhin und verstärkt aus den endlichen, schmutzigen Ressourcen aus- und in die nicht endlichen, sauberen Ressourcen einsteigen. Denn nur dadurch ist eine nachhaltige Gesellschaft, also eine Gesellschaft die auch in Kreisläufen denkt und handelt, möglich.

Photovoltaik ist das Arbeitspferd der Energiewende

Die Photovoltaik (PV) ist bereits heute eine sehr effiziente Technologie der Stromerzeugung. Sie bietet dennoch weiteres erhebliches Entwicklungspotential. Durch die Montage auf bislang noch ungenutzten Dächern werden kaum zusätzliche Flächen benötigt. Durch den steigenden Wirkungsgrad moderner organischer Solarzellen können diese auch an Fassaden montiert werden. Außerdem erfüllt die Stromerzeugung über PV-Anlagen die Anforderung an Dezentralität in hohem Maße. Kleinteilige PV-Erzeugungsanlagen können von einzelnen Bürgerinnen und Bürgern oder Bürgerenergiegenossenschaften sehr einfach errichtet werden.

Keine weiteren Offshore Windparks

Offshore Windparks sind die teuerste Art der Erzeugung von erneuerbarem Strom. Zudem sind sie Großanlagen und räumlich konzentriert. Damit widersprechen sie dem Konzept einer dezentralen Energiewende. Außerdem können nur große Konzerne die dafür notwendigen Investitionen aufbringen.

Schonender Ausbau der onshore Windenergie

Die Windenergie schafft Arbeitsplätze und stärkt – insbesondere über Bürgerwindparks – die regionale Wertschöpfung. Daher befürworten wir ihren Ausbau. Jedoch muss der weitere Ausbau dezentral unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger und umweltschonend erfolgen. Eine Konzentration von Windrädern in einzelnen Regionen lehnen wir ab.

Energetische Nutzung von Biogas und Biomasse

Für den Verkehr, die Strom- und Wärmeerzeugung sollen zukünftig nur noch biologische Reststoffe verwendet werden. Essen gehört nicht in den Tank und darf auch nicht aus der Steckdose kommen! Frei werdende landwirtschaftliche Flächen sollen für nachhaltige Landwirtschaft, für die Erhöhung der Biodiversität und die Erholung der Bürger genutzt werden.

Dezentrale Versorgungs- und Netzstruktur

Wir PIRATEN setzen uns für eine konsequente dezentrale Versorgung mit Energie ein. Wir fordern hierfür eine auf unabhängigen, wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende, transparente Umsetzung mit einer umfassenden Bürgerbeteiligung. Daher fordern wir ein sofortiges Moratorium mit einem Stopp aller bisherigen Planungs- und Genehmigungsverfahren.

Energiewende solidarisch finanzieren

Jenseits aller rein ökonomischen Betrachtungen vertreten wir PIRATEN die Meinung, dass nicht Gewinne und Kosten zum universellen Maßstab politischen Handelns heranzuziehen sind, sondern die Frage, durch welche Maßnahmen das Allgemeinwohl gestärkt werden kann. Bei der Energiepolitik geht es primär um die Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge ohne unsere Lebensgrundlagen zu zerstören.

Die Energiewende ist bereits in vollem Gange. Die dafür notwendigen Technologien wurden in der Vergangenheit zu Recht massiv staatlich gefördert. Diese Technologien sind jedoch inzwischen auf dem Markt sogar konkurrenzfähig. Es kommt also darauf an, einen echten Wettbewerb zwischen den althergebrachten Methoden der Energieerzeugung und den neuen zu organisieren. Dazu gehören folgende Maßnahmen:

Abschaffung der Einspeisevergütungen für neue Anlagen der Erneuerbaren Energieerzeugung

Dadurch würde sich der auf unserer Stromrechnung ausgewiesene EEG-Umlagebetrag wieder verringern.

Abschaffung von Subventionen und Beihilfen für die Energieerzeugung aus fossilen Quellen

Öffentliche Subventionen für die fossile und nukleare Energiegewinnung untergraben den von uns angestrebten Wechsel hin zu einer zukunftsfähigen, klimafreundlichen und möglichst autarken Energieversorgung in Europa. Wir PIRATEN fordern die Abschaffung jeglicher Subventionen und Beihilfen für die Förderung fossiler und atomarer Energien. Neben den direkten Subventionen sind das Abwälzen von Kosten für die Erschließung und den Rückbau von Kraftwerken, Bergschäden, Schadstoffemissionen, Grundwasserhaltung und -entnahme, Steuerbefreiungen und gesetzliche Haftungsfreistellungen versteckte Subventionen. Eine nachhaltige Entwicklung ist nur möglich, wenn die Verursacher von gesellschaftlichen Kosten und Risiken auch den wahren Preis ihres Handelns zahlen. Deshalb müssen auch Brennstoffe entsprechend ihrer gesellschaftlichen Kosten besteuert werden.

Neuregelung der Haftung für die Folgekosten fossiler Energieerzeugung

Bislang spielen diese Kosten für die Betreiber konventioneller Kraftwerke keine Rolle, obwohl diese Kraftwerke unsere Umwelt in hohem Maße belasten.

Transparente Strompreise

Derzeit wird durch den Aufschlag der EEG-Umlage und deren Ausweisung auf der Stromrechnung ein falsches Bild erzeugt. Die Subventionen in Kohle und Atomenergie sowie die immensen Folgekosten werden auf der Stromrechnung weder berücksichtigt noch ausgewiesen, als versteckte Kosten allerdings von uns allen getragen. Damit wird dem öffentlichen Eindruck Vorschub geleistet, dass allein die Energiewende Kosten verursacht. Das ist nicht nur falsch, es ist auch äußerst ungerecht.

Eine CO2-Steuer für fossile Erzeuger

Endliche Ressourcen werden zwangsläufig immer teurer. Wir wollen daher jetzt investieren, um künftig davon zu profitieren und so den steigenden Energiekosten schon bald ein für alle Mal ein Ende zu setzen. Ein wirksames Mittel, diesen Umweltbelastungen zu begegnen ist die deutliche Anhebung des Preises für CO2-Emissionen. Damit würden vorhandene zum Beispiel hocheffiziente Gasturbinenkraftwerke gegenüber fossilen Kohlekraftwerken wettbewerbsfähig. In Deutschland sind die Treibhausgasemissionen immer noch so hoch wie im Jahr 2009 und auch in den letzten beiden Jahren nicht gesunken. Mit CO2-Emissionen sind auch Emissionen von vielen Giftstoffen verbunden, deren Kosten der Allgemeinheit aufgebürdet werden. Daher fordert wir PIRATEN die Einführung einer CO2-Steuer. Sie ist sinnvoll, um die Emission von CO2 zu senken und zugleich einen finanziellen Ausgleich für die Schäden durch Treibhausgase und Giftstoffe zu schaffen. Eine CO2-Steuer gibt es bereits in mehr als 20 Staaten. Bereits Anfang der 90er-Jahre wurden CO2-Steuern in Finnland, Schweden, Dänemark und Norwegen eingeführt und die Erfahrung zeigt, dass eine CO2-Steuer der Wirtschaft nicht schadet, sondern im Gegenteil Innovationen fördert und die Industrie wettbewerbsfähiger und zukunftssicher macht.

Netzentgelte

Der internationale bzw. überregionale Stromhandel erfordert einen sehr teuren Ausbau der Übertragungsnetze. Dieser übermäßige Ausbau ist bei einer dezentralen Erzeugungs- und Verbrauchsstruktur nicht notwendig. Die dadurch verursachten Kosten werden von den Stromkunden bezahlt, obwohl sie nicht davon profitieren. Dies bedeutet eine Subventionierung der Übertragungnetze durch die Allgemeinheit. Die heutige Struktur der Netzentgelte berücksichtigt nicht die Gesetze der Physik. Wir PIRATEN fordern deshalb eine entfernungsabhängige Erhebung der Netzentgelte bei den Übertragungsnetzen. Damit wird auch die regionale und dezentrale Erzeugung von Strom gefördert.

Verbrauch von selbst erzeugtem und selbst verbrauchtem Strom abgabenfrei

Der Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Strom muss steuer- und abgabenfrei sein. Wer in seinem Garten Gemüse anbaut und es selbst verzehrt, zahlt dafür auch keine Abgabe oder eine Steuer!

Schaffung eines Energiespeicherfördergesetz

Wir PIRATEN setzen uns für ein Energiespeicherfördergesetz ein, um ähnlich dem EEG, Investitionsanreize z.B. zum Aufbau von Stromspeichern zu schaffen, welche die dezentrale Energieversorgung unterstützen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Förderung einen bedarfsgerechten Ausbau berücksichtigt. Um auch saisonale Schwankungen bei der Verfügbarkeit von Energie auszugleichen und Erzeugungsspitzen zu nutzen, benötigen wir auch Energiespeicher mit hoher Kapazität in großem Umfang. Diese Speicher sind eines der wichtigsten Elemente einer zukunftsfähigen Energieinfrastruktur. Bereits heute gibt es eine Vielzahl unterschiedlichster Speichertechnologien für Wärme und Strom. Deren weitere Entwicklung und Markteinführung muss intensiv unterstützt werden.

Transparenz und Bürgerbeteiligung

Das heutige System der Energieversorgung ist ein Musterbeispiel für Intransparenz und mangelnde Bürgerbeteiligung. Deshalb fordern wir eine wirkungsvolle Umsetzung der Aarhus Konvention. Die Aarhus Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag der United Nations Economic Commission for Europe (UNECE) über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten bei Umweltangelegenheiten. Damit können einzelne Personen und Verbände umfassenden Einblick in relevante Unterlagen von Projekten verlangen, die die Umwelt beeinflussen. Außerdem können erstmalig auch Verbände gegen umweltschädliche Projekte klagen. Wir fordern entsprechend den piratigen Grundsätzen von Transparenz und Bürgerbeteiligung, dass diese Konvention in allen relevanten Projekten endlich wirksam umgesetzt wird.

Transparenz in Preisgestaltung und Erzeugungstrukturen

Für einen funktionierenden Markt für Endverbraucher ist eine transparente Preisgestaltung und Offenlegung des Energiequellenmixes Voraussetzung: Nur wenn die Verbraucher in beides jederzeit Einblick erhalten, können sie informierte Kaufentscheidungen treffen. Wir PIRATEN fordern eine Verpflichtung der Energieversorger, den Verbrauchern die entsprechenden Daten öffentlich zugänglich bereitzustellen.

Datenschutz im Energiesektor

Bei der Umsetzung des Energiewende sollen nach dem Willen der derzeitigen Regierung modernste digitale Technologien eine Schlüsselrolle spielen. Das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende regelt dabei den flächendeckenden Einsatz von intelligenten Messsystemen, den sogenannten Smart Metern. Smart Meter sind "intelligente Zähler", welche digitale Daten empfangen und senden.

Smart Meter für Haushaltskunden sind zur Versorgung mit Elektroenergie nicht notwendig. Smart Meter erfassen personenbezogene Daten und übermitteln diese an die Netzbetreiber. Jede Bürgerin und jeder Bürger hat das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und gemäß Art. 8 der EU-Grundrechtecharta das Recht, seine personenbezogenen Daten zu kennen.

Wir PIRATEN fordern das Recht für jeden Bürger, die Übermittlung seiner personenbezogenen Daten jederzeit ohne Begründung zu unterbinden.

Kein Fracking

Hydraulic Fracturing, kurz "Fracking", zur Gewinnung fossiler Energieträger ist eine Hochrisikotechnologie, die Wasser und Böden bedroht und zu unabsehbaren Ewigkeitsschäden führen kann. Es steht der Umsetzung der Energiewende und dem Klimaschutz im Wege, denn die Klimabilanz des auf diese Weise geförderten Gases ist schlechter als die von Braunkohle. Daher fordern wir PIRATEN ein sofortiges ausnahmsloses EU-weites Verbot sämtlicher Formen von Fracking bei der Erforschung, Aufsuchung und Gewinnung fossiler Energieträger, auch wenn nicht giftige Stoffe eingesetzt werden. Das gilt auch für Versuche der Gasgewinnung durch das Anbohren bisher unberührter Kohleflöze.

Atomenergie

Wir PIRATEN fordern den sofortigen Ausstieg aus der Stromproduktion durch Kernspaltung. Das bedeutet auch die sofortige Stilllegung der Urananreicherungsanlage in Gronau, Westfalen und der Brennelementefabrik in Lingen.

Solange die im Atomgesetz vorgeschriebene ordnungsgemäße Endlagerung nicht stattfinden kann, müssen alle Anlagen in Verbindung mit Stromerzeugung aus Kernspaltung, die Abfälle produzieren, als illegal angesehen werden. Betriebsgenehmigungen müssen zurückgezogen, Stilllegungsverfügungen erlassen werden. Transporte nuklearen Materials aus und für die Stromerzeugung sind einzustellen. Das Nuklearmaterial wird in den derzeitigen Zwischenlagern verbleiben, bis die im Atomgesetz vorgeschriebene ordnungsgemäße Endlagerung möglich ist.

Atommüll

Wir PIRATEN wollen, dass nuklearer Abfall grundsätzlich nur so gelagert wird, dass bei Bedarf eine Rückholung erfolgen kann. Dies betrifft auch leicht- und mittelradioaktiven Müll. Die Lagerung muss stets überwacht werden. Die Betreiber müssen für alle Anlagen im Zusammenhang mit Stromproduktion durch Kernspaltung sofort vollumfängliche Haftpflichtversicherungen ohne Bürgschaften durch Bund oder Länder abschließen. Die Gefahrenstoff-Sicherheitsauflagen müssen für alle diese Anlagen gelten. Die Betreiber übernehmen vollständig alle Entsorgungs-, Stilllegungs- und Rückbaukosten. Dazu müssen die Betreiber die nötigen Rückstellungen bilden und diese sicher anlegen. Ob die aktuell diskutierte Stiftungslösung ausreicht, ist zu prüfen. Bis zur Errichtung eines Endlagers in ferner Zukunft muss der Atommüll gemäß dem zwischen Bund und Ländern geschlossenen Atomkonsens in mehreren Bundesländer so sicher wie möglich zwischengelagert werden. Die Bestimmung eines geeigneten Endlagers muss aus unserer Sicht nachvollziehbar, transparent sowie auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierend erfolgen. Aufgrund der schlimmen Erfahrungen mit älteren Atomlagern wie der niedersächsischen Asse ist die Möglichkeit der Rückholbarkeit des Atommülls für uns zwingend. Mit keiner Energieform verbinden sich aufgrund der unkalkulierbaren Risiken so große Sorgen und Ängste wie mit der Atomenergie. Der Rückbau der alten Atommeiler muss daher unter fortlaufender Aufsicht der Öffentlichkeit erfolgen. D. h. die Strahlenbelastung und der Verbleib des Abraums müssen genau dokumentiert und öffentlich bekannt gemacht werden.

Bauen und Verkehr

Unsere Ziele für die Zukunft von Stadtentwicklung und Mobilität - Unsere Vision

Internet und der Klimawandel haben unsere Städte augenscheinlich bislang kaum verändert. Die Digitale Revolution im öffentlichen Raum beginnt jedoch gerade erst und der Klimawandel fordert neue umweltfreundliche Mobilität. Unsere Städte, Siedlungen und die Art, wie wir uns fortbewegen, werden sich zukünftig völlig verändern.


Unsere Städte definieren sich zu einem großen Teil über die Freiflächen und Verkehrsflächen. Hier stehen große Veränderungen an, die wir zum Vorteil aller Menschen gestalten:


Autonome, fahrerlose Fahrzeuge mit umweltfreundlichen Antrieben erhöhen die Verkehrssicherheit erheblich und sollen u. a. auch dafür sorgen, dass keine Autos mehr in den Anwohnerstraßen herumstehen. Einige Autos fahren zukünftig selbstständig in das nächste Parkhaus, die meisten jedoch sind Car-Sharing-Autos, die gleich zum nächsten Fahrgast fahren und diese/n dann oft zur Straßenbahn oder S-Bahn bringen. Dieser vernetzte Verkehr mit der Wahlfreiheit für alle ist die Zukunft.


Die nicht mehr benötigten Verkehrsflächen werden zu Grün- und Erholungsflächen umgestaltet und erhöhen dadurch massiv die Lebensqualität für die Menschen. Der vernetzte Verkehr enthebt den Nutzer von der Festlegung auf ein bestimmtes Verkehrsmittel und ermöglicht ihm, eine Strecke auf die einfachste und effizienteste Weise zurückzulegen.


Neue Technologien und neue Mobilitätsanbieter rollen den Markt auf. Diese Veränderungen kommen sehr schnell und die Politik muss jetzt die Weichen für die moderne Verkehrswende stellen, um die Lebensqualität zu verbessern. Hierdurch kann die Stadt der Zukunft das Internet auf Lebensräume übertragen und endlich das Zeitalter der einseitig autogerechten Stadt überwinden.



Sozial gerechte Bodennutzung

Wir setzen uns für eine sozial gerechte Bodennutzung (SoBoN) ein. Ziel ist es, der aktuellen Wohnungsnot auf der einen Seite und der zunehmenden Verdrängung von erschwinglichem Wohnraum aus den attraktiven Innenstadt- oder Stadtteillagen entgegen zu wirken. Für diese, in jeder Kommune im einzelnen festzulegenden Bereiche, soll ein angepasstes Maßnahmenpaket gelten, in dem es u.a. künftig auf allen neuen privaten Wohnungsflächen 30 % öffentlich geförderten Wohnungsbaus zu erstellen gilt.


Nicht nur innerstädtische Kernbereiche und bevorzugte Stadtteillagen werden durch die Integration des geförderten Wohnungsbaus in allen “sozial gerechten Bodennutzungs-Planungen” für eine bessere soziale Durchmischung der Stadt sorgen. Um dieses Ziel zu erreichen, fordern wir daher eine bundesweite, angepasste, kommunale Initiative und Prüfung für folgendes Maßnahmenpaket: Flächenabtretungen für Erschließungsanlagen, Gemeinbedarf und Ausgleichsmaßnahmen; Kostenübernahmen der Herstellung, bzw. Herstellungskosten, der Erschließungen und der Ausgleichsmaßnahmen; Übernahme der Herstellungskosten der ursächlichen, sozialen Infrastruktur oder Ablöse dieser Pflicht durch anteiligen Finanzierungsbeitrag; Übernahme der Kosten für Planungen, Wettbewerbe und Gutachten; Bindungen für den geförderten Wohnungsbau: es sind grundsätzlich 30 Prozent des neu geschaffenen Wohnungsbaurechts ab einer festzulegenden Objektgröße für den geförderten Wohnungsbau zu verwenden; Verpflichtung zur Realisierung der Planungen innerhalb eines angemessenen Zeitraumes muss sichergestellt sein.



Verkehrs- und Stadtentwicklung

Ein erstmals klar definiertes, landesweites Mindestangebot von Bus und Bahn soll eine Pflichtaufgabe für jedes Bundesland und die Kommunen werden. Ein Netz aus Bussen, Bahnen, Car-Sharing und anderen frei zugänglichen Verkehrssystemen soll neben gut ausgebauten Pendlerrouten für Radfahrende die Verkehrsstruktur in den Städten bestimmen. Andere Verkehrsflächen, vor allem für den PKW-Verkehr, müssen sich in den Lebensraum Stadt einfügen und den anderen Funktionen der Stadt unterordnen.


Jahrzehntealte Ideen für Verkehrsprojekte von der Ortsumgehung bis zu nie gebauten Tunneln brauchen einen Realitätscheck, denn noch immer dominieren diese alten Pläne die langen Wunschlisten u.a. des Bundesverkehrswegeplans.



Bürgerbeteiligung

Die Bürgerbeteiligung darf nicht für die jahrzehntelange verfehlte Verkehrspolitik haften und nun einem Sanierungsdruck zum Opfer fallen. Die Antwort auf die Dringlichkeit großer Ersatzneubauten und Ersatzausbauten wie der BAB A1-Brücke bei Leverkusen darf nicht die Einschränkung der Bürgerbeteiligung sein. Vielmehr muss mehr Aufwand in die Qualität und die Verfügbarkeit der Bürgerbeteiligung bei Infrastruktur- und Großprojekten gesteckt werden.

Alle Menschen vor Ort müssen zum richtigen Zeitpunkt gemeinsam die anschließend auch gemeinsam getragene Entscheidung über grundlegende Konzepte und verschiedene Vorschläge zur Verkehrs- und Stadtentwicklung treffen können. Workshops und zu späte Beteiligungsaktionen können dies genauso wenig ersetzen wie ein Ja/Nein-Bürgerentscheid ohne Alternativen.

Um eine größere Akzeptanz in der Bevölkerung zu erreichen und eine schnellere Umsetzung zu gewährleisten, sind die frühzeitige Einbeziehung und möglichst auch die Entscheidung der Menschen vor Ort von großer Bedeutung. Informationen über den Planungsstand und Beteiligungsmöglichkeiten müssen jederzeit barrierefrei und anwenderfreundlich im Internet zur Verfügung zu stehen. Die Beteiligung muss mit für die Bürger spürbaren Ergebnissen erfolgen. Dabei sind Veranstaltungen vor Ort genauso vorzusehen, wie die Moderation durch Unabhängige.


Bauen und Wohnen überall in Deutschland

Bezahlbarer Wohnraum

Wir sorgen dafür, dass allen Menschen in Deutschland jederzeit und an jedem Ort bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht. Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus kommt vielen Menschen und der lokalen Wirtschaft zugute und muss wieder eingeführt bzw. deutlich verstärkt werden. Die ursprünglich für den sozialen Wohnungsbau dauerhaft vorgesehenen Geldmittel müssen reaktiviert werden und ab sofort streng zweckgebunden verwendet werden.

Wir setzen uns für eine neue Gemeinnützigkeit zur Förderung von Genossenschaften und Wohnungsgesellschaften ein, die sich zu sozialen Zielen wie bezahlbaren Mieten und langfristiger Instandhaltung verpflichtet haben.

Maßnahmen wie die Mitpreisbremse, der vielerorts u. a. ein qualifizierter Mietspiegel fehlt, müssen wirksam gestaltet werden und dürfen keine Symbolpolitik bleiben. Daher müssen diesen Instrumenten ausreichend Personal, ausreichend Daten und alle notwendigen Ressourcen zur Verfügung stehen. Dies ist bisher in den wenigsten Fällen der Fall.

Intelligente Städte und Regionen

Wir PIRATEN setzen uns für die Förderung intelligenter Städte und Regionen durch die Bundesebene ein. Dieses Ziel unter dem Leitbild der europäischen "Smart Cities" auf Basis der Open Data Prinzipien umfasst von intelligenten Netzen bis zum Aufbau einer vernetzten und kooperativen Kultur vielfältige Bereiche.

Große Masterpläne für die Entwicklung von Städten und Regionen stagnieren oder treffen auf viel Gegenwehr. Wir wollen diesem Modell die lebendige und kooperative Entwicklung von Projekten und Kulturraumentwicklung entgegensetzen.

Viele Städte in Europa machen es bereits vor. Wenn man die Plattform schafft und Verantwortung an die Bürger überträgt, können dabei akzeptiertere und florierende Wege im Rahmen des digitalen Wandels entstehen. Um dieses Potential zu heben, muss aber auch die Infrastruktur stimmen. "Smart Cities" dürfen keine Leuchttürme bleiben, denn jede Region kann vom digitalen Wandel profitieren und ihre Demokratie, ihre Entwicklung und ihre Verwaltung ins 21. Jahrhundert bewegen. Diese Entwicklung muss aber ebenso im Rahmen des Schutzes von Persönlichkeitsrechten und dem Datenschutz kritisch begleitet werden.

Beispiele abseits der Infrastruktur sind neue regionale Wirtschaftskreisläufe z.B. durch die Maker- und Sharing-Bewegung, die Veränderung der Stellung der Bürger in demokratischen Entscheidungsprozessen, die Neuentwicklung von Altlasten wie Industriebrachen oder kooperative Entwicklung von Aufenthaltsflächen in Kommunen. Und auch hier gilt: Copy/Remix/Share ist unsere Leitphilosophie für die Weiterentwicklung der Gesellschaft.

Bundesweite einheitliche Genehmigung für Micro-Trenching

Wir PIRATEN fordern eine flächendeckende bundesweite Genehmigung und Richtlinie für den Einsatz von Micro-Trenching (Frästechnik) zur Verlegung von Glasfaserleitungen. Hiermit ist das Ziel einer schnellen, flächendeckenden Anbindung möglichst vieler Menschen mit schnellem Internet ohne einzelne, kommunale oft langfristige Genehmigungsverfahren zu erreichen.


Eine ganz neue Verkehrspolitik

Wir wollen eine grundsätzlich neue Verkehrspolitik in Deutschland. Ziel ist hierbei eine Verkehrspolitik, die den Bedürfnissen aller Menschen im Land, der Gesellschaft und der Wirtschaft gerecht wird. Als Basis dafür nutzen wir den technologischen Wandel, um eine finanziell, sozial und ökologisch nachhaltige Verkehrspolitik umzusetzen.

Die Verkehrsinfrastruktur muss dauerhaft funktionieren

Die Verkehrsinfrastruktur brauchen wir für alles, was in Deutschland in Bewegung ist. Sie muss dazu dauerhaft funktionieren und erhalten werden. Die Bundesrepublik muss einmalig zusätzliches Geld investieren, um die Versäumnisse der Vergangenheit aufzuarbeiten. Dabei dürfen wir aber nicht die konzeptionellen Fehler der Vergangenheit wiederholen. Beim erneuten Aufbau der Verkehrs-Infrastruktur setzen wir daher auf eine moderne Verkehrswende. Beim Erhalt und auch beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur lehnen wir öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) ab.

Wir sprechen uns gegen die Privatisierung von Verkehrsinfrastrukturen aus. Nur so können gleiche Zugangsbedingungen für alle Nutzer gewährleistet werden. Und nur so kann sichergestellt werden, dass Einnahmen aus Nutzungsentgelten in den Erhalt und gegebenenfalls in den Ausbau der Infrastruktur investiert werden. Die Unterhaltung und der Neubau von Verkehrswegen muss nach vielfältigen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Maßstäben erfolgen. Bauvorhaben müssen auch auf zukünftige Entwicklungen im gesamten Verkehrssystem hin geprüft werden.

Die für die Allgemeinheit günstigeren Verkehrsmittel sollen beim Ausbau Vorrang haben: Radverkehr kostet uns weniger als Bus und Bahn. Private PKW sind insgesamt am teuersten. Die Gesundheit der Menschen muss gegenüber der Mobilität einen größeren Stellenwert einnehmen. Der Schutz der Menschen vor Lärm, Feinstaub und Emissionen muss bereits Teil der grundlegenden Planung einer Verkehrsinfrastruktur sein. Klima- und Umweltschutz sind politische Ziele, die sich auch in der Praxis widerspiegeln müssen. Bundesweite Verkehrsplanungen und -konzepte müssen sich von vornherein nach diesen Zielen richten. Alle Menschen müssen die Möglichkeit haben, an der Gesellschaft teilzunehmen und dafür mobil zu sein. Für den Personenverkehr und vor allem die Pendlerinnen und Pendler sehen wir in der Konsequenz einen starken und gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr – Bus und Bahn – als Mittelpunkt aller zukünftigen Verkehrskonzepte.

Güterverkehr auf die Schiene

Viele unserer Nachbarländer, wie die Schweiz und die Niederlande, setzen beim Güterverkehr konsequent auf die Binnenschifffahrt und die Schiene. Deutschland wird dagegen immer mehr zum straßengebundenen Nadelöhr. Wir setzen uns daher dafür ein, dem schienengebundenen Güterverkehr eine stärkere Bedeutung zu geben. Ein entsprechender Ausbau und die Sanierung müssen umgehend beginnen, damit der Gütertransport in und durch Deutschland auch langfristig gesichert und verträglich ist. Ein Ziel dabei ist, den Güterschienenverkehr wieder zurück in die Fläche zu bringen.

Keine Subventionen für Regionalflughäfen

Wir wollen, dass alle Regionalflughäfen ohne Subventionen durch die öffentliche Hand betrieben werden. Direkte und indirekte Subventionen müssen daher ehrlich ermittelt und offen dargelegt werden. Das nationale Luftverkehrskonzept muss auch gesellschaftlichen und ökologischen Zielen gerecht werden.

Vernetzter Verkehr als Wahlfreiheit für alle

Von A nach B, egal womit: Die Möglichkeiten und Anbieter für verschieden kombinierbare Verkehrskonzepte werden massiv zunehmen. Wir setzen auf eine offene Vernetzung aller Verkehrsmittel vom Fahrrad über Busse und Bahnen bis zum Car-Sharing und sehen den öffentlichen Verkehr (Bus und Bahn) als natürlichen Angelpunkt eines sogenannten "multimodalen" Verkehrssystems. Die Vernetzung der Verkehrsmittel braucht offene Standards und jederzeit barrierefreien Zugang für alle Nutzer. Sie bietet jedem Nutzer die freie Wahl des Verkehrsmittels und sorgt für eine effiziente Ausnutzung der Verkehrsräume. Vernetzte Verkehrsmöglichkeiten sollen daher auch in der Fläche und im ländlichen Raum etabliert werden.


Bus und Bahn fahrscheinfrei

Eine fahrscheinfreie Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) stellt nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für die Wirtschaft und den jeweiligen kommunalen und Landeshaushalt langfristig einen Gewinn dar. Wir wollen die fahrscheinfreie Nutzung von Bussen und Bahnen daher zunächst in langfristigen Modellversuchen und anschließend überall in Deutschland einführen, um die Attraktivität und die Zugänglichkeit von Bussen und Bahnen zu erhöhen, den Tarifdschungel sowie die unwirtschaftliche Verfolgung von Schwarzfahrern zu beenden und das Henne-Ei-Problem von Angebot und Nachfrage zu lösen. Zahlreiche Studien – u.a. der ehemaligen Piratenfraktionen in den Landtagen Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein – belegen die Umsetzbarkeit und Praxistauglichkeit eines fahrscheinfreien Nahverkehrs.


Busse und Bahnen erhalten und verbessern

Bus und Bahn sollen gerne und oft genutzt werden. Daher fordern wir ein belastbares, engmaschiges Liniennetz und verkürzte Taktzeiten mit passenden Umsteigezeiten. Ein ausreichendes Platzangebot und ein serviceorientierter Betrieb für die Fahrgäste soll die Fahrzeit attraktiv und produktiv machen. So sollen WLAN und Steckdosen in den Fahrzeugen in zukünftigen Ausschreibungen verpflichtend berücksichtigt werden. Bis zur Einführung des angestrebten fahrscheinfreien Nahverkehrs muss ein einfaches und übersichtliches Tarifsystem für niedrige Einstiegsbarrieren sorgen. Das Land soll auch die Ausgabe von Schnuppertickets in den Kommunen fördern, um Neubürgerinnen und Neubürgern damit den Einstieg in die Liniennetze von Bus und Bahn zu erleichtern. Wir unterstützen die Entwicklung regionaler Schnellbus-Konzepte, um vor allem den Menschen in ländlichen Gebieten einen landesweit gültigen Standard öffentlicher Verkehrsmittel bieten zu können.


Open Data für die Verkehrswende

Offene Schnittstellen und Standards sind zukünftig die Grundlage eines offenen und barrierefreien Zugangs zu Mobilität für alle. Durch eine konsequente Open Data-Strategie in allen Bereichen der Mobilität, sollen Monopole und Oligopole sowie der Missbrauch von Daten verhindert werden. Alle Anbieter von Verkehrsmitteln sollen vorliegende Datensätze öffnen, aufbereiten und zur Verfügung stellen und ein Online-Zentralregister führen. Damit wird die unabhängige Entwicklung von übergreifenden Anwendungen aller Art gefördert. Eine Öffnung bestehender Systeme soll die Einführung landesweiter, anbieterübergreifender und barrierefreier Fahrgastinformationssysteme erleichtern, in denen dann live nicht nur Staus und Betriebsstörungen aller Verkehrsmittel, sondern z.B. auch aktuelle Informationen zur Barrierefreiheit die optimale Verbindung für Fahrgäste und Verkehrsteilnehmer liefern.


Ausschreibungen und Vergabekriterien für öffentliche Verkehrsprojekte

Wir streben die zielgerichtete und transparente Ausschreibung und Vergabe von Verkehrsprojekten an. Die EU fordert, dass bis 2022 alle Busse und Bahnen vollständig barrierefrei sein müssen. Wir wollen die konsequente Umsetzung dieses Ziels und setzen uns dafür ein, entsprechende Bundes- und Landesmittel bereitzustellen. Dies muss ab sofort in allen Ausschreibungen berücksichtigt werden.

Die Ausschreibungen sollen in Zusammenarbeit mit Fahrgästen und/oder Fahrgastverbänden und den Verkehrsbetreibern erstellt werden; hierbei sollen auch neue Aufgaben im Bereich der vernetzten Verkehre und innovative Ansätze für neue Verkehrskonzepte in die Ausschreibung mit einfließen. Der Prozess für die Erstellung der Ausschreibungen ist vollkommen transparent zu gestalten. Der Vergabeprozess für die Verkehrsprojekte muss mindestens die folgenden Kriterien beinhalten:

• Vollständige Transparenz bei der Anwendung der Vergabekriterien;

• Verhinderung der Bildung von Monopol- und Oligopolen auf der Anbieterseite;

• Entscheidend bei der Vergabe muss das bessere Preis/Leistungsverhältnis sein;

• Einhaltung der Tarife für die Beschäftigten ist Pflicht.

• Der vollständige Entscheidungsprozess ist offen zu legen.


Autonomes Fahren

Wir wollen den technischen Wandel für eine grundsätzlich neue Verkehrspolitik nutzen, finanziell, sozial und ökologisch nachhaltig. Elektromobilität und autonomes Fahren verändern die Spielregeln für den Verkehrssektor elementar. Damit ergibt sich die politische Chance, dass in Zukunft alle Menschen die Wahlfreiheit haben werden, unterschiedliche Verkehrsmittel zu unterschiedlichen Zeiten zu nutzen.

Im Mittelpunkt aller neuen Mobilitäts-Dienstleistungen sollen dabei Bus und Bahn stehen. Zusammen mit fahrerlosen, autonomen Fahrzeugen ermöglichen sie Konzepte, die bisher undenkbar waren. Deshalb muss auch unsere Infrastruktur daran angepasst werden. Viele Verkehrs- und Parkplatzflächen können zu neuem Lebensraum werden, wenn sie aufgrund autonomer Fahrzeuge und digitaler Mobilität nicht mehr benötigt werden. Autonome Fahrzeuge können Sammelparkplätze alleine aufsuchen oder nach dem Car-Sharing-Prinzip gleich zum nächsten Fahrgast fahren. Fahrerlose Sammeltaxen als Zubringer für Bus und Bahn sollen schon bald erprobt werden. Dies vorzubereiten, ist Aufgabe der Politik.

Damit kein desaströser Wettbewerb um persönliche Daten eintritt, der zu Verfolgungsprofilen führt, setzen wir uns für Datensparsamkeit und volle Transparenz der erhobenen Daten für die Nutzenden ein. Nicht verfolgbare, anonymisierte Daten sollen dagegen frei und mit offenen Schnittstellen zur Verfügung stehen, um Erkenntnisse über volle Straßen und volle Bahnen, Hindernisse, Sicherheitsrisiken und andere Verkehrslagen intelligent nutzen zu können.


Drohnen werden zum Transportmittel

Wir fördern die Entwicklung und Erforschung von Drohnen für den Transport von Gütern und zur dokumentarischen Aufklärung. Wir setzen uns dafür ein, dass es für private als auch kommerziell genutzte Drohnen definierte Flugzonen und Lufträume gibt.


Industrie- und Verkehrslärm durch Kartierung auf OpenData-Basis erfassen

Wir PIRATEN setzen uns für die Kartierung von Straßen-, Bahn-, Flug- und Industrielärmemissionen ein – unter Nutzung aller verfügbaren Daten, unabhängig von Mindestbelastungs-Grenzwerten. Die on- und offline Darstellung der Emissionsbelastung muss bundesweit einheitlich erfolgen. Lärmquellen sind entsprechend zu kennzeichnen. Alle vorhandenen Daten sollen nach dem OpenData-Prinzip transparent und maschinenlesbar im Internet veröffentlicht werden, um eine dynamische, idealerweise webbasierte Darstellung der Einzel- und Gesamtbelastungen zu ermöglichen. Betroffene müssen die Möglichkeit haben, ihre individuellen Belastungen schnell und unkompliziert zu erfahren. Lärmemissionsberechnungen sollen auf Antrag der Betroffenen durch Messungen validiert werden.

Wir unterstützen die Einführung eines Lärmlabels. Mit Hilfe eines solchen Zertifizierungsinstrumentes, das interdisziplinär-wissenschaftlich erarbeitet werden muss, sollen Lärmquellen aller Art einfach und bürgerfreundlich gekennzeichnet werden können.


Weitere Elbvertiefung verhindern

Wir PIRATEN fordern eine wirtschaftlich optimierte Kooperation der drei norddeutschen Seehäfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven. Es ist gesellschaftlich nicht zu verantworten, dass wegen eines „Kirchturmdenken“ der Hamburger Hafenwirtschaft der einzigartige Naturraum „Elbe“ weiter zerstört werden soll, während ein für über eine Milliarde Euro gebauter Tiefseehafen in Wilhelmshaven nur zu rund 20 Prozent ausgelastet ist.


Kunst und Kultur

Im Mittelpunkt der Kulturpolitik der PIRATEN steht die Freiheit. Nur durch den Mut zum Versuch geht Kultur neue Wege, kann sich ausprobieren und über Grenzen hinweg wirken. Wir wollen geistige, räumliche und ökonomische Freiräume für Kultur und Kulturschaffende.

Wir stehen am Anfang eines revolutionären Paradigmenwechsels hin zur Informations- und Wissensgesellschaft, der unser Kulturverständnis maßgeblich prägen wird. Wir sehen diesen Strukturwandel nicht als Bedrohung, sondern vielmehr als Chance, neue Wege für Teilhabe an Kultur und die Bewältigung der kulturpolitischen Aufgaben unserer Zeit zu finden.

Unser Kulturverständnis ist polyzentrisch, vielfältig und interaktiv.

Wir PIRATEN setzen uns zum Ziel, allen Menschen die Teilhabe an Kultur zu ermöglichen, frei von finanziellen, sozialen, geografischen, demografischen, intellektuellen oder körperlichen Barrieren. Wir betrachten Kultur als pluralistisches, partizipatives Gut, das durch Kollaboration und vielfältige gleichberechtigte Einflüsse entsteht.

Wir PIRATEN verstehen kulturelle Bildung als lebensbegleitenden Möglichkeitsraum, in dem Kunst und Kultur erlebt, erfahren und ausprobiert werden kann. Diesen Raum gilt es nicht nur in der institutionellen Bildung zu verteidigen und auszubauen, sondern überall da, wo wir gemeinsam Kulturerfahrungen machen.

Das Internet und die zunehmende Virtualisierung erweitern den Möglichkeitsraum der kulturellen Erfahrung. Wir treiben die Entwicklung neuer Modelle der Partizipation, neuer Freiheiten des Wissens, und neuer Ideen der Vernetzung voran. Dabei setzen wir uns auch in der Kulturpolitik für Demokratisierung, Mitgestaltung und Transparenz ein.


Urheberrecht

Einleitung

Das Urheberrecht stellt ein Interessenausgleichsrecht zwischen Urhebern, Nutzern, der Allgemeinheit und Rechteinhabern dar. Dieser Ausgleich findet derzeit jedoch vor allem zugunsten der Rechteinhaber statt.

Unsere Reform wird diese Schieflage beheben und vor allem Sorge tragen, dass sich das Urheberrecht dem digitalen Wandel nicht mehr verschließt, Missverständnisse und Missstände ausräumt und das Gleichgewicht zwischen Urhebern, Rechteverwertern und der Allgemeinheit zugunsten der Kulturschaffenden und Verbraucher wiederherstellt.

Allgemeines

Für die von uns angestrebte Reform müssen die im Urheberrecht verankerten Rechte der Allgemeinheit, die sogenannten Urheberrechtsschranken, deutlich ausgeweitet werden. Ferner muss die Geltungsdauer des Urheberrechts abgesenkt werden. Die derzeitige Dauer von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers führt den Sinn des Urheberrechts, nämlich den Urheber an sich zu schützen, ad absurdum, weil kein Urheber persönlich etwas davon hat, wenn sein Werk bis weit nach seinem Tod geschützt ist.

Nach der Vorstellung der Piraten wird die Dauer des Urheberrechts höchstens bis 10 Jahre nach dem Tod des Urhebers gelten. Für bestimmte Werkarten fordern wir aus Praktikabilitätsgründen Fristen ab der Veröffentlichung. So wird für Filme das Urheberrecht maximal 50 Jahre nach Veröffentlichung gelten – für Software maximal 20 Jahre nach Veröffentlichung.

Stärkung von Nutzern

Im Interesse der Allgemeinheit an einem möglichst freien Zugang zu Bildung und Kultur wird unsere Urheberrechtsreform folgende Kernmerkmale beinhalten: Das Recht auf Privatkopie und die Erstellung von Remixes und Mashups wird erleichtert, Kopierschutzmaßnahmen werden komplett untersagt und die Nutzung von Tauschbörsen vollständig legalisiert. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass eine möglichst freie Verbreitung und ein freier Umgang mit Kultur zu deren Verbreitung beitragen und sich positiv auf die Entwicklung des Kulturgütermarktes auswirken.

Die ehrlichen Erwerber von Werken sehen sich regelmäßig einer Kriminalisierung und verschiedensten Einschränkungen ausgesetzt. Eine Privatkopie herzustellen ist oft nicht möglich, das Remixen/Mashen steckt voller Unsicherheiten und der Weiterverkauf als Gebrauchtware ist nicht möglich. Unser Bestreben ist es, die Rechte der fairen Erwerber von Werken wieder zu stärken. Kein Nutzer sollte sich nach dem legalen Erwerb eines Werkes Gedanken über das Urheberrecht machen müssen.

Stärkung von Urhebern

Neben den zuvor genannten Zugeständnissen an die Nutzer müssen die Rechte der Urheber gegenüber den Rechteinhabern und Rechteverwertern deutlich gestärkt werden. Wir PIRATEN werden Urhebern unter anderem Zweitverwertungsrechte einräumen, Rechte bei Nichtausübung schneller zurückfallen lassen und verhindern, dass unbekannte Nutzungsarten pauschal eingeräumt werden können. Ferner werden wir die Vergabe ausschließlicher Nutzungsrechte auf maximal 20 Jahre beschränken und diese Rechte anschließend zurück an die Urheber fallen lassen. Zudem werden wir ausschließen, dass sich Verleger zusätzlich Anteile an den Vergütungen der Urheber sichern können.

Für die eigentlichen Urheber von Werken steckt unser aktuelles Urheberrecht voller kleiner Bevormundungen, vertraglicher Umgehungsmöglichkeiten und so weiter zugunsten der Rechteerwerber. Bei einer Reform werden wir hier somit ebenfalls ansetzen und den Urhebern selbst wieder mehr Rechte und Kontrolle über ihre eigenen Werke ermöglichen.

Förderung alternativer Vertriebsmodelle

Wir PIRATEN setzen uns nachdrücklich dafür ein, alternative Bezahl- und Finanzierungsmodelle für Urheber und Künstler zu fördern und in der öffentlichen Wahrnehmung zu verbreiten. Unser Fokus liegt dabei sowohl auf den Möglichkeiten der Selbstvermarktung als auch auf der Finanzierung durch Micropaymentsysteme oder Crowdfundingmodelle.

Durch eine möglichst große Verbreitung und Akzeptanz dieser neuen Möglichkeiten möchten wir ein selbstbestimmtes und faires Bezahlmodell durch die Nutzer ermöglichen und etablieren. Diese selbstbestimmte Teilhabe am Kulturmarkt kann nach unserer Meinung ihrerseits wieder neue Wege der finanziellen Vergütung für Werke generell ermöglichen und viele aktuell existente Probleme des Urheberrechts minimieren.


Anerkennung und Förderung von "eSport" auf nationaler Ebene

Wir PIRATEN setzen uns ein für die Anerkennung von „eSport“ als Sportart auf nationaler Ebene. Dies bedeutet für uns auch die Aufnahme von elektronischem Sport in § 52 Abgabenordnung (Gemeinnützige Zwecke), womit eSport-Vereine anderen Sportvereinen gleichgestellt sind. Wir unterstützen eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema eSport ohne Vorurteile (Stichwort Killerspiele) und eine verstärkte Aufklärung an Schulen und in der Öffentlichkeit über Gefahren von Computerspielen, jedoch auch über Strukturen, Möglichkeiten und Chancen von Computerspielen/eSport.

Wir PIRATEN fordern für den eSport die Anerkennung und Förderung der ehrenamtlichen Arbeit, beispielsweise als Trainer oder Medienpädagogen, sowie die Schaffung eines Kompetenzzentrums/einer Anlaufstelle eSport als Ansprechpartner für öffentliche Institutionen, den Bildungssektor und Akteure des eSports. Diese dient nicht nur, um eine zentrale Anlaufstelle für Fragen der Gesellschaft zu sein, sondern auch, um die Beteiligten zu vernetzen, so dass sich eine ähnlich profesionelle Spielkultur ausbilden kann, wie dies in anderen Sportarten der Fall ist.

Wir unterstützen die Förderung der wissenschaftlichen Arbeit über Computerspiele und eSport als Sport, um den Sport auf angemessene Weise weiterentwickeln zu können, sowie die Förderung der Ausbildung von ehrenamtlichen Trainern im eSport.


Arbeit und Soziales

Für uns PIRATEN steht der Mensch mit seiner Würde und seinen Grundrechten im Mittelpunkt der Sozialpolitik. Daher setzen wir uns für das Bedingungslose Grundeinkommen ein. Denn die fortschreitende Digitalisierung macht die althergebrachte Forderung nach Vollbeschäftigung zunehmend obsolet und stellt damit die gesamte Gesellschaft vor neuen Herausforderungen. Die bisherige Politik, die diesen mit einseitigen, nur der Wirtschaft, dem Kapital und der Gewinnoptimierung dienenden Gesetzen, wie der Agenda 2010 begegnet, ist weder tragfähig noch zukunftsfähig.


Zukunft der Erwerbsarbeit

Die Arbeitswelt im Zeichen der Digitalisierung

Flexible Wahl des Arbeitsorts

Die moderne Arbeitswelt fordert vom Arbeitnehmer ein hohes Maß an Flexibilität. Im Gegenzug fordern wir PIRATEN auch vom Arbeitgeber Flexibilität. Daher soll ein Arbeitnehmer, sofern es seine Tätigkeit erlaubt, auf eigenen Wunsch seine Arbeitsleistung von zu Hause aus erbringen können. Der Arbeitgeber hat für die notwendige technische Infrastruktur zu sorgen. Ein Telearbeitsplatz mit der notwendigen Ausstattung soll nur bei dauerhafter Nutzung vorgeschrieben sein, damit eine gelegentliche Inanspruchnahme von Telearbeit, z. B. bei Erkrankung eines Kindes, unbürokratisch möglich ist. Gelegentliche Heimarbeit darf der Arbeitnehmer kurzfristig und formlos anzeigen. Gleichzeitig darf Heimarbeit nicht zur Überwachung, zu einer Ausweitung der Arbeitszeit oder dem Unterlaufen der Arbeitsschutzvorschriften führen. Zur Vermeidung von leistungsbedingten Erkrankungen wie Burnout ist auch ein informeller Druck zur fortwährenden dauernden Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit nicht zulässig.

Einklang von Erwerbs- und Privatleben

Wir PIRATEN setzen uns für flexible, elternfreundliche Arbeitsbedingungen und Betreuungsmöglichkeiten in Unternehmen und Betrieben ein. Kindererziehung und Erwerbstätigkeit müssen für beide Elternteile gleichermaßen miteinander vereinbar sein. Wir setzen uns dafür ein, dass bei der Besetzung von Stellen in bundeseigenen öffentlichen Verwaltungen und Betrieben alleinerziehende Elternteile mit Kindern unterhalb des schulpflichtigen Alters bei gleicher Qualifikation bevorzugt eingestellt werden. Der Anspruch auf eine Teilzeitbeschäftigung ist besonders zu berücksichtigen. Weitere organisatorische Ansätze zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind zu fördern.

Atypische Beschäftigungsverhältnisse

So genannte atypische Beschäftigungsverhältnisse wie Zeit-, Leih- und Werksverträge stellen für die Wirtschaft ein sinnvolles und notwendiges Instrument dar, um Auftragsspitzen zu bewältigen. In den vergangenen Jahren hat sich jedoch gezeigt, dass dieses Instrument von immer mehr Unternehmen dazu missbraucht wird, den Kündigungsschutz und Tarif- bzw. Mindestlöhne zu umgehen. So Beschäftigte sollen keine billige Verfügungsmasse sein, mit der reguläre Beschäftigte unter Druck gesetzt werden können, sondern für die ihnen abverlangte Flexibilität mit einem Lohnzuschlag entschädigt werden. Zusätzlich werden wir eine Höchstquote von Leiharbeitern je Unternehmen bezogen auf die jeweilige Stammbelegschaft in Höhe von zehn Prozent einführen. Ferner fordern die PIRATEN, dass der Staat dafür Sorge trägt, Missbrauch von Leih-, Zeit- und Werksverträgen zu kontrollieren und entsprechend zu ahnden.

Gleiche Behandlung für gleiche Leistung

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, dass betriebliche Zusatzleistungen, wie z. B. subventioniertes Mittagessen oder auch andere freiwillige Leistungen im Sinne der grundgesetzlich geschützten unternehmerischen Freiheit, beibehalten werden, aber gleichermaßen für alle Beschäftigten verfügbar sind. Daher fordern wir, dass atypisch Beschäftigte regulären Beschäftigungsverhältnissen in Bezug auf Sachleistungen wie Kantinenbenutzung oder Berufskleidung gleichgestellt werden. Wir regen daher eine stärkere Zusammenarbeit der Beteiligten an und fordern sie auf, dieser Diskriminierung beispielsweise mit Betriebsvereinbarungen entgegenzuwirken. Wir fordern, dass atypisch Beschäftigte in allen Belangen der Stammbelegschaft wenigstens gleichgestellt werden müssen.

Leiharbeit

Die arbeitsrechtlichen Bedingungen von Zeitarbeitern dürfen daher die branchenüblichen oder tarifvertraglichen Regelungen nicht unterschreiten, da es sich um „besondere Arbeitsverhältnisse“ handelt. In Zeiten von Nichtbeschäftigung, die der Leiharbeitnehmer nicht zu vertreten hat, muss der Leiharbeitnehmer trotzdem bezahlt werden. Gleiches gilt bei ärztlich bescheinigter Arbeitsunfähigkeit. Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, dass die Zeitarbeitsunternehmen bei Nichtzahlung von Fahrtkosten/Zuschlägen an die Arbeitnehmer haften und bei wiederholtem Verstoß progressiv ansteigend sanktioniert werden, bis hin zum Entzug der Gewerbeerlaubnis. Das Leiharbeitsverhältnis soll nach spätestens sechs Monaten in einem festen Arbeitsverhältnis münden, es sei denn der Arbeitnehmer wünscht weiter in Leiharbeit beschäftigt zu bleiben. Die Probezeit soll im Falle der Übernahme des Leiharbeitnehmers durch den Entleiherbetrieb entfallen. Wir fordern, die gesetzlichen Kündigungsfristen der Leiharbeiter den Regelungen der festangestellten Arbeitnehmer des Unternehmens gleichzustellen. Diese Fristen sollen auch in den gängigen branchenüblichen Tarifverträgen zeitnah umgesetzt werden.

Arbeitnehmerüberlassung im SGB

Um keine Arbeitnehmer „zweiter Klasse“ entstehen zu lassen, fordern wir PIRATEN, dass in Eingliederungsvereinbarungen (§ 15 SGB II) keine Aufforderung mehr festgeschrieben wird, dass Bewerbungen bei Zeitarbeitsunternehmen/Personaldienstleistern vorzunehmen sind. Die Verweigerung einer solchen Bewerbung darf nicht als mangelnde Eigenbemühung oder Mitwirkung gelten bzw. zu einer Sanktion nach § 31 SGBII führen.

Erwerbssuchende unterstützen

Förderung qualifizierter/älterer arbeitssuchender Menschen

Wir PIRATEN fordern, dass Arbeitslose mit abgeschlossener Berufsausbildung und entsprechender Berufserfahrung durch geeignete Weiterbildungen qualifiziert werden, sofern sie dies wünschen. Dies soll insbesondere auch für ältere Arbeitnehmer gelten

Qualitätsstandards für die Vermittlung in Arbeit (Jobcenter)

Wir PIRATEN verfolgen das Anliegen, dass die Mitarbeitenden der Jobcenter im Regelfall unbefristete Arbeitsverträge erhalten, um permanent gleichmäßige Ausbildungs- und Bearbeitungsstandards zu gewährleisten. Damit werden die Grundlagen geschaffen, dass die Leistungsberechtigten umfassender aufgeklärt, beraten und vermittelt werden können. Wir fordern eine regelmäßige, qualitativ hochwertige Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern, die fachliche und soziale Kompetenzen vermitteln müssen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Vermittlungsbereich nur diejenigen Berufsgruppen beraten, deren Berufsbilder sie kennen und mit deren fachlichen Inhalten und Anforderungen sie vertraut sind. Die Zuordnung und Betreuung der Arbeitslosen im Vermittlungsbereich sollte nicht mehr nach dem Anfangsbuchstaben des Namens des Antragstellers, Stadtteilen, BG-Nummern oder anderen bürokratischen Kriterien erfolgen.

Akteneinsicht/Transparenz in Jobcentern

Wir PIRATEN fordern die Erhaltung des uneingeschränkten Rechts auf Akteneinsicht § 25 SGBX im SGBII. Es muss die Möglichkeit gegeben sein, durch einen formlosen Antrag die gesamte persönliche, auch digitale Dokumentation (Aufzeichnungen, Profiling etc.) unmittelbar nach jedem Termin einzusehen und auf Verlangen ausgehändigt zu bekommen. Es sollen verbindliche, nachvollziehbare Informations- und Beratungsrichtlinien für das Jobcenter geschaffen werden, die dem Leistungsberechtigten zugänglich sein müssen. Leistungsberechtigte sind schriftlich vollumfänglich und konkret im Vorfeld über ihre Rechte und Pflichten aufzuklären. Alle internen Arbeitsanweisungen sind offen zu legen.

Stärkung der Arbeitslosen-Selbsthilfegruppen

Um die Rechte der Leistungsberechtigten innerhalb des komplexen Sozial- und Verwaltungsrechtes zu stärken, fordern wir PIRATEN eine qualitative und quantitative Aufrüstung der lokalen Arbeitslosen-Selbsthilfegruppen. Die Organisationsstruktur und Finanzierung soll sich analog am Bundesverband der Verbraucherzentralen und ihren jeweiligen Untergliederungen orientieren. Die Vergabe der Finanzmittel muss unabhängig vom zuständigen Jobcenter durch entsprechende Förderrichtlinien erfolgen, um auch kleinen Vereinen eine Chance der finanziellen Unterstützung zu geben.

Prozesskostenhilfe

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, dass jeder Mensch unabhängig vom Einkommen die Möglichkeit haben muss, seine Rechte vor einem Gericht geltend zu machen. Daher lehnen wir Einschränkungen im Bereich der Prozesskostenhilfe und des Beratungshilferechts ab, wenn hierdurch die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Unterstützung angehoben werden. Persönlichkeitsrechte der Betroffenen müssen gewahrt bleiben und die Hilfe Empfangenden müssen sich darauf verlassen können, dass einmal gewährte finanzielle Hilfe nicht im laufenden Verfahren wieder entzogen wird.

Transparenz bei Arbeitslosenstatistik

Wir PIRATEN sprechen uns für eine ehrliche Arbeitslosenstatistik aus. Wir setzen uns dafür ein, dass die Bundesanstalt für Arbeit unverfälschte Zahlen veröffentlicht, die der Realität entsprechen. Es müssen aufgeführt werden:

• Erwerbslose, die in Maßnahmen sind

• Erwerbslose, die krank gemeldet sind

• Erwerbslose, die in die Zwangsrente geschickt werden

• Erwerbslose, die in irgendwelchen Mini-Jobs beschäftigt werden

• Sonstige Erwerbslose

Rechte der Arbeitnehmer stärken

Mitbestimmung

Wir PIRATEN bekennen uns zur Mitbestimmung in allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Dazu gehört auch das Arbeitsleben. Demokratie umfasst nach unserem Verständnis auch die Beteiligung an Entscheidungsprozessen im Arbeitsumfeld.

Betriebsräte

Wir bekennen uns zu starken Betriebsräten und wollen das Betriebsverfassungsgesetz verteidigen. Mitbestimmung ist ein wesentliches Element der Teilhabe am Wirtschaftsleben. Die Gründung von Betriebsräten muss erleichtert werden. Daher befürworten wir alle notwendigen gesetzlichen Schutzmaßnahmen im Betriebsverfassungsgesetz und im Kündigungsschutzgesetz.

Maßnahmen gegen Mobbing

Wir PIRATEN setzen uns für einen umfassenden gesetzlichen Schutz vor Mobbing am Arbeitsplatz und in Schulen ein. Um Mobbing wirksam zu begegnen, muss Mobbing als Straftatbestand von Amts wegen verfolgt und durch spürbaren Schadensersatz zu Lasten der Schädigenden kompensiert werden. Der Arbeitnehmerschutz muss durch eine Anpassung der geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen ergänzt werden, wenn Arbeitsplatz oder Arbeitsfähigkeit als Folge von Mobbing verloren gehen. Wir setzen uns für die Schaffung eines Rahmengesetzes auf Bundesebene für Mobbingbeauftragte des Bundes, der Länder und der Landkreise mit Zuständigkeit für alle weiteren in der Verwaltungsgliederung untergeordneten Behörden ein. Ihnen sollen im Rahmen eines zu schaffenden Antimobbinggesetzes Vetorecht gegen Rechtsakte gegeben werden, die mit ihren Untersuchungen in Zusammenhang stehen. Sie sollen einen jährlichen Bericht veröffentlichen.

Gerechte Entlohnung

Flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn muss Erwerbstätigen ein existenzsicherndes Einkommen bieten

Solange ein bedingungsloses Grundeinkommen noch nicht umgesetzt ist, ist dies vor allem über gesetzliche Regulierungen und Tarifverträge möglich. Der Mindestlohn muss ausreichend sein, um in der gesetzlichen Rentenkasse als Beschäftigter in Vollzeit bei 40 Beitragsjahren und Renteneintrittsalter von 67 Jahren Anspruch auf eine Rente oberhalb der Armutsgefährdung zu erreichen. Für 2017 ergibt sich so ca. 15,00 Euro brutto.

Öffentliche Ausschreibungen

Wir PIRATEN fordern, dass der Staat in öffentlichen Ausschreibungen Auftragnehmern den Mindestlohn zwingend vorschreibt.

Geschlechterunabhängige Chancen

Wir PIRATEN fordern geschlechterunabhängige gleiche Bezahlung, Chancen- und Entwicklungsmöglichkeiten.

Ost-West-Gefälle

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, dass Lohnunterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland abgebaut werden. Hier soll der öffentliche Dienst eine Vorbildfunktion einnehmen.

Missbrauch von Berufspraktika verhindern

Wir PIRATEN sehen Berufspraktika als eine sinnvolle und notwendige Ergänzung der Berufsausbildung an. Sie vermitteln Praxisbezug und erleichtern den Eintritt ins Berufsleben. Auf der anderen Seite erkennen wir viele Probleme, die eine Neuregelung für die Beschäftigung von Praktikanten unbedingt notwendig machen. Wir setzen uns dafür ein, Missbrauch durch Arbeitgeber zu unterbinden. Ein nicht für Ausbildung oder Studium benötigtes Praktikum ist auf drei Monate zu begrenzen oder es ist nach Ablauf von drei Monaten ein angemessenes Praktikantengehalt zu zahlen und der Praktikant rechtlich dem festangestellten Mitarbeiter gleichzustellen. Auf Antrag können Betriebe finanzielle Unterstützung durch die Bundesagentur für Arbeit erhalten.

Bekämpfung von „prekärem Unternehmertum“

Wir PIRATEN unterstützen und fördern ausdrücklich das freie Unternehmertum, setzen uns jedoch dafür ein, dass abhängig Beschäftigte nicht als Subunternehmer ohne Sozialabgabepflicht beschäftigt werden und so das unternehmerische Risiko ausgelagert wird, ohne entsprechend honoriert zu werden. Im Bildungsbereich müssen Lehrkräfte auf Honorarbasis eine angemessene Entlohnung erhalten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Honorarkräfte von ihren Stundensätzen auch Steuern und Rentenversicherungsbeiträge entrichten müssen. Im Bereich der Betreuung von Kleinkindern ist Kindertagespflege als eine familienähnliche Betreuungsform durch Tagespflegekräfte sinnvoll und unterstützenswert. Das Vorgehen von Jobcentern insbesondere alleinerziehende Mütter in eine solche selbstständige Tätigkeit zu drängen, lehnen wir ab. Betroffene Personen sollen frei und ohne Druck zwischen Selbständigkeit und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung wählen können.

Sofortige Aussetzung von Arbeitsgelegenheiten (§ 16d SGB II)

Wir PIRATEN fordern, die sogenannten „Ein-Euro-Jobs“ (Vermittlung in Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung, AGH-MAE) mit sofortiger Wirkung auszusetzen, weil diese keinen Zugang zum ersten Arbeitsmarkt ermöglichen. Vielfach vernichten diese staatlich subventionierten Einsätze sogar reguläre Arbeitsplätze im Kleingewerbebereich, weil kein öffentlicher Auftrag preiswerter durchgeführt werden kann, als durch einen „1-Euro-Jobber“.


ILA – International Liberty Agreement

Wir PIRATEN werden – in Zusammenarbeit mit dem weltweiten Netzwerk an Piratenparteien und allen anderen Parteien und Organisationen, die gleiche oder ähnliche Vorstellungen haben – die Verhandlung und den Abschluss eines internationalen Vertrages – des „International Liberty Agreement (ILA)“ – initiieren, der Mindeststandards für bürgerliche Freiheiten, insbesondere aber nicht ausschließlich in digitalen Netzen, verbindlich festlegt.

Die Verhandlungen werden von Anfang an öffentlich geführt. Hierbei werden die jeweiligen Zivilgesellschaften und interessierten Organisationen von den verhandelnden Staaten in die Diskussion eingebunden. Außerdem wird die internationale Vernetzung und der internationale Austausch dieser Organisationen gefördert. Dies soll dafür sorgen, dass das Abkommen letztlich nicht nur einen Konsens der Regierungen, sondern, soweit dies möglich ist, auch einen Konsens der Bevölkerungen darstellt.

Das ILA soll unter anderem Vereinbarungen enthalten über

• unverzichtbare Anforderungen an die Ausgestaltung von Kommunikations-, Informations- und Redefreiheit,

• eine Durchführung von Ermittlungs-, Ordnungs-, Zivil- und Strafverfahren, die sicherstellt, dass nicht schon die Angst vor negativen Auswirkungen von letztlich ungerechtfertigten Anschuldigungen Menschen von der Ausübung ihrer Grundrechte abhält („Chilling“-Effekt u. Ä.),

• das nicht einschränkbare Recht auf Zugang zu Informations- und Kommunikationsmedien, insbesondere ein expliziter Ausschluss von Zugangssperren als Strafsanktionen für einfache Vergehen („Three Strikes“),

• die Verpflichtung zum beiderseitigen Versuch, Streitigkeiten über nicht-kommerzielle, mutmaßliche Rechts-Verstöße zunächst kostenlos und außergerichtlich zu schlichten,

• die Haftungsfreiheit für Netz-Anbieter und Dienste, die durch Benutzer eingestellte Inhalte veröffentlichen, und

• die Verständigung auf internationale Verbreitungslizenzen, um die Beschränkung des Zugangs zu Inhalten aufgrund des momentanen Aufenthaltsortes eines Benutzers (und auch des grenzüberschreitenden Handels mit Medien) unnötig zu machen.


Stärkung der Rechte Prostituierter

Die Entscheidung zur Ausübung der Prostitution fällt

• unter das Recht auf freie Berufswahl sowie

• unter das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung.

Die Entscheidung zur Ausübung der Prostitution ist daher von Staat und Gesellschaft zu akzeptieren Eine Diskriminierung und Kriminalisierung von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern und ihren Kunden lehnen wir PIRATEN ab.

Selbstbestimmt tätige Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter sind keine Opfer. Vielmehr üben sie ihren Beruf eigenverantwortlich auf der Grundlage einer freien Entscheidung aus. Ihre Tätigkeit bedarf besonderer Fähigkeiten und Kenntnisse und verdient gesellschaftliche Anerkennung. Deshalb werden wir alle Sonderregelungen zur Reglementierung von Prostitution dahingehend prüfen, ob sie geeignet, erforderlich und angemessen sind, die Anerkennung und die Rechte von Sexarbeitern sicherzustellen.

Die Stärkung der Rechte selbstbestimmt tätiger Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter ist das beste Mittel gegen jedwede Fremdbestimmung. Sie dient der rechtlichen Gleichbehandlung sowie der freien und ungehinderten Berufsausübung.


Wege zum Bedingungslosen Grundeinkommen

Wir PIRATEN setzen uns für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens ein, wie es in unserem Grundsatzprogramm beschrieben ist.

Bedingungsloses Grundeinkommen in Deutschland

Wir wissen, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen die Paradigmen des Sozialstaats wesentlich verändern wird. Statt mit klassischer Parteipolitik muss dessen Einführung daher mit einer breiten Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger einhergehen. Wir nehmen viele engagierte Menschen wahr, die sich seit Jahren in- und außerhalb von Parteien für ein bedingungsloses Grundeinkommen einsetzen. Wir wollen dieses Engagement auf die politische Bühne des Bundestages bringen und mit den dortigen Möglichkeiten eine breite und vor allem fundierte Diskussion in der Gesellschaft unterstützen. Unser Ziel ist es, das Grundeinkommen in unserer Gesellschaft mehrheitsfähig zu machen.

Dazu wollen wir eine Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag gründen, deren Ziel die konkrete Ausarbeitung und Berechnung neuer sowie die Bewertung bestehender Grundeinkommens-Modelle sein soll. Für jedes Konzept sollen die voraussichtlichen Konsequenzen sowie Vor- und Nachteile aufgezeigt und der Öffentlichkeit transparent gemacht werden. Aufgrund des rapiden technologischen Wandels muss innerhalb der nächsten Legislatur die Grundlage für eine Volksabstimmung über die Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens geschaffen werden.

Bedingungsloses Grundeinkommen global

Wir PIRATEN unterstützen weltweit Initiativen zur Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens und setzen uns für einen intensiven Erfahrungsaustausch über bisherige Pilotprojekte und zu ergreifende Zwischenschritte ein.

Einführungsphase des BGE

Mittelfristig muss das Grundeinkommen den „vier Kriterien“ ohne Bedingungen, existenzsichernd, individuell berechnet, ohne Bedürftigkeitsprüfung genügen. In der Phase der Einführung sind Modelle denkbar, die diesen Kriterien nur teilweise genügen.

Ein Grundeinkommen ist nachhaltig zu finanzieren

Wir PIRATEN starten mit vorsichtigen Annahmen und einem geringen Grundeinkommen. Sollte die Entwicklung dann günstiger verlaufen als die Annahmen, ist die Erhöhung des Grundeinkommens schnell beschlossen. Es darf jedoch nicht zur Schlechterstellung von einkommensschwachen Menschen kommen.

Kombination aus Grundeinkommen und Einkommen/Rente

Ein Grundeinkommen wird zusätzlich z. B. zu Erwerbseinkommen und Renten- oder Pensionsbezug gezahlt. Diese Einkommen werden dann stärker besteuert werden, wobei das BGE die Steuerprogression unterstützt, da es als Grundsicherung oder als Steuerfreibetrag angesehen werden kann.

Sozialversicherungen beim Grundeinkommen

Wir wollen wenigstens die Pflege- und die Rentenversicherung als paritätisch finanzierte Sozialversicherung fortführen. Die Krankenkassen sollen auf ein steuerfinanziertes Gesundheitswesen umgestellt werden, damit alle Einkommen unabhängig von Einkommensart und Beitragsbemessungsgrenzen herangezogen werden. Dabei muss eine ausreichende Finanzierung des Gesundheitswesens sichergestellt werden. Es darf keine „Behandlung nach Kassenlage“ erfolgen.


Weiterentwicklung des bestehenden Systems in Vorbereitung zum BGE

Die Einführung eines Grundeinkommens wird das Steuer- und Sozialsystem erheblich verändern und somit in mehreren Schritten erfolgen müssen. Gerade durch die fortschreitende Digitalisierung ist eine Weiterentwicklung des bestehenden Steuer- und Sozialsystems selbst dann notwendig, wenn die Einführung des BGE keine Mehrheit in der Gesellschaft findet. Die politische Diskussion zeigt jedoch, dass einzelne Aspekte breite gesellschaftliche Unterstützung finden auch jenseits der BGE-Befürworter. Wir wollen diese Weiterentwicklung unterstützen, sofern sie auch für das BGE zielführend ist.

Weiterentwicklung des Sozialsystems

Das Sozialsystem kann in Richtung BGE geführt werden, indem für einzelne Gruppen ein Grundeinkommen umgesetzt wird oder die Vereinbarkeit des bestehenden mit dem Grundeinkommen verbessert wird.

Kindergrundsicherung

Zur Abschaffung der Kinderarmut setzen wir PIRATEN uns für die Einführung einer Kindergrundsicherung ein. Die Kindergrundsicherung soll Familien finanziell entlasten, Kinderarmut verhindern und jedem Kind die Möglichkeit geben, sein eigenes Potenzial zu entfalten. Sie besteht aus einem Kindergrundeinkommen und einer Chancengleichheitsbeihilfe. Das bedingungslose Kindergrundeinkommen gewährleistet das soziokulterelle Existenzminimum der Kinder von Geburt an bis zum 18. Lebensjahr. Es ist anrechnungs- und steuerfrei. Die Chancengleichheitsbeihilfe hat das Ziel, Betreuung, Mobilität, Bildung und Teilhabe für alle Kinder zu sichern. Die Beihilfe kann steuerpflichtig, bedarfsorientiert, altersabhängig oder abhängig vom Familieneinkommen gestaltet sein. Zudem kann sie teilweise auch Sachleistungen wie kostenfreien KiTa-Besuch enthalten.

Bildungsgrundeinkommen

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, die BAföG-Leistungen durch ein Bildungsgrundeinkommen zu ersetzen. Dieses Bildungsgrundeinkommen sichert das Einkommen derer, die eine Ausbildung, ein Studium oder eine Fortbildung absolvieren, aber keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen haben.

Verbesserung der Einkommenssituation der eingewanderten Menschen und Flüchtlinge

Wir PIRATEN setzen uns für die Verbesserung der Situation der eingewanderten Menschen und Flüchtlinge ein. In einem reichen Land kann und muss die materielle Situation der am schlechtesten Gestellten, und dazu gehören viele Flüchtlinge und viele der eingewanderten Menschen, deutlich verbessert werden.

Erhöhung des Regelsatzes der Mindestsicherungen

Bei den Mindestsicherungen sind bis zur Einführung des Grundeinkommens der Regelsatz des Arbeitslosengeldes II zu erhöhen, um Armut nachhaltig zu verhindern. Wir PIRATEN fordern deshalb einen Regelsatz inklusive der Kosten der Unterkunft (KdU) über der Armutsgefährdungsgrenze.

Abschaffung der Sanktionen bei Hartz IV (§§ 31, 32 SGB II, § 39 a SGB XII)

Wir PIRATEN setzen uns für die Verbesserung der Situation der Erwerbslosen ein, insbesondere für die Abschaffung und sofortige Nichtanwendung (Moratorium) der Sanktionen bei Hartz IV (§§ 31, 32 SGB II, § 39 a SGB XII).

Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung

Wir PIRATEN setzen uns für die Abschaffung der Altersarmut und für die Prävention zukünftiger Altersarmut durch die Weiterentwicklung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Richtung auf ein Grundeinkommen für alte und erwerbsgeminderte Menschen ein. Die Bestrebungen, immer mehr Menschen in private Rentenversicherungen wie Riester- oder Rürup-Verträge zu drängen, lehnen wir ab. Sie dienen nur in den seltensten Fällen tatsächlich den Antragstellern.

Grundsätzliche Vorgehensweise zur Bürgerversicherung

Alle bestehenden Rentensysteme, berufsständischen Versorgungssysteme und Pensionen im öffentlichen Dienst werden zu einer Rentenkasse zusammengeführt. Alle steuerpflichtigen Einkommen und Kapitalerträge werden zur Zahlung von Rentenbeiträgen verpflichtet. Keine Berufsgruppe wird ausgenommen, die Bemessungsgrenze soll entfallen. In die Rentenkasse zahlen alle in Deutschland lebenden Menschen einkommensabhängig ein. Die Beiträge von Selbstständigen werden sich an ihren jeweiligen Unternehmenszahlen orientieren, sodass diese in ihrer Existenz nicht gefährdet werden. Die Rentenbezüge bewegen sich in einem Korridor von Mindest- bis Maximalrente. Die Renten werden jährlich um einen Faktor, der die Inflationsrate berücksichtigt, angepasst. Dieser Faktor berücksichtigt außerdem die Änderung weiterer Kosten, wie zum Beispiel Gesundheitskosten. Die staatliche Rentenkasse verwaltet sich eigenverantwortlich, ohne direkten Zugriff durch den Staat. Der Staat schafft den gesetzlichen Rahmen. Die Rentenkasse ist für die Rente zweckgebunden! Für Pensionsansprüche soll der Gesetzesgeber eine entsprechende Übergangslösung ausarbeiten.

Betriebliche Altersvorsorge

Der Gesetzgeber hat im Jahre 2004 das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) beschlossen, wodurch auf die Kapitalauszahlung einer betrieblichen Altersvorsorge in Form einer kapitalgebundenen Direktversicherung der volle Sozialversicherungsbeitrag der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung durch den Versicherten zu entrichten ist (§ 248 Satz 1 SGB V i.d.F. von Artikel 1 Nr. 148 GMG). Diese Beitragspflicht wurde damit auf Einmalleistungen aus einer Kapitallebensversicherung ausgeweitet und zwar auch rückwirkend auf sogenannte Altverträge. Wir PIRATEN sehen durch die rückwirkende Beitragspflicht für Altverträge den Vertrauens- und Bestandsschutz für die Verträge missachtet. Dazu hat der Arbeitgeber keine Sozialversicherungsbeiträge für die Beiträge während der Ansparphase bezahlt. Wir fordern, dass die Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für Altverträge wieder komplett aufgehoben wird. Wir setzen uns generell für die Einführung einer Informationspflicht gegenüber den Versicherten vor dem Vertragsabschluss einer betrieblichen Altersvorsorge ein. Staat und Versicherungsunternehmen sollen über die Beitragszahlungen im Alter transparent und umfassend informieren. Insgesamt sollte eine Neuregelung der betrieblichen Altersvorsorge mit klaren und transparenten Regeln erfolgen. Die derzeitige Regelung, dass Verträge steuerlich gefördert werden, im Alter jedoch die Sozialversicherungspflicht voll greift, macht die betriebliche Altersvorsorge oft zu einem Verlustgeschäft, fördert stattdessen die private Versicherungswirtschaft und begünstigt vor allem die Arbeitgeber. Außerdem verringern sich durch die betriebliche Altersvorsorge die Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung, was das Solidarsystem durch ein geringeres sozialversicherungspflichtiges Bruttogehalt zusätzlich schwächt.

Transparenz bei der privaten Altersvorsorge

Wir PIRATEN setzen uns für klar nachvollziehbare Kostenstrukturen bei allen Formen der privaten Rentenversicherung ein (nicht nur Riester- und Rüruprente): Die effektiv anfallenden Kosten und Gebühren einer privaten Rentenversicherung sind als Summe aller Einzelposten in der Gesamtlaufzeit, welche von den Versicherten an nichtstaatliche Versicherungsunternehmen zu zahlen sind, direkt neben der zu erwartenden Ablaufleistung (Auszahlungssumme) im Versicherungsangebot sowie in der Versicherungspolice auszuweisen. Der Versicherungsberater hat auf die Gebühren im Gespräch explizit hinzuweisen. Der spekulative Charakter der ausgewiesenen potenziellen Ablaufleistung ist klar darzustellen. Im Beratungsgespräch sowie in den Angebots- und Vertragsunterlagen muss deutlich darauf hingewiesen werden, dass möglicherweise die garantierten Werte nicht signifikant überschritten werden.

Weiterentwicklung des Steuersystems

Das Steuersystem soll durch eine Reihe Steuerreformen in Richtung BGE geführt werden. Dies geschieht, indem jede Reform einen unabhängigen Finanzierungsbaustein zu einem bedingungslosen Sockeleinkommen beiträgt. Im Unterschied zum BGE muss das Sockeleinkommen nicht existenzsichernd sein. Letztendlich soll es sich zu einem BGE entwickeln und schafft die neue, schlanke, für das BGE notwendige Verwaltungsstruktur. Das Sockeleinkommen ist kein zu versteuerndes Einkommen und wird nicht auf bestehende Sozialleistungen angerechnet.

Vereinheitlichung der Umsatzsteuersätze

Wir PIRATEN fordern die Anhebung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes mit dem Ziel, einen einheitlichen Regelsteuersatz zu schaffen und die sogenannte Mehrwertsteuer zu vereinfachen. Durch die Ausschüttung der Steuermehreinnahmen als Sockeleinkommen ist die Anhebung des Mehrwertsteuersatzes sozial, da das Sockeleinkommen die Kostenerhöhung durch den höheren Umsatzsteuersatz für Familien und einkommensschwache Menschen nicht nur ausgleicht, sondern sogar zu einem kleinen Teil übersteigt.

Einführung einer Finanztransaktionssteuer

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, dass eine Finanztransaktionssteuer eingeführt wird. Die Ausschüttung der Steuermehreinnahmen erfolgt in Form eines Sockeleinkommens.

Vereinfachung der Einkommensteuer

Wir PIRATEN fordern eine Reform der Einkommensteuer durch ein allgemein verständliches Steuersystem, das ohne Ausnahmen auskommt und für alle Einkommensarten gilt. Diese Reform umfasst: Sockeleinkommen statt „Aufstocken“, personenbezogener Grundfreibetrag für alle statt unzeitgemäßem Ehegattensplitting, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von der Steuer abziehen statt absetzen, einheitliches Verfahren statt Sonderregelungen - Abschaffung diverser Ausnahmeregelungen. Erst durch die Kombination der vier Reformbestandteile gelingt die Gestaltung eines ausgeglicheneren Steuersystems bei gleichzeitiger Einführung eines Sockeleinkommens.

Maschinen müssen unser Sozialsystem sichern und ausbauen

Die nächste Technologiewelle, die unsere gesellschaftlichen Grundfesten erschüttern wird, rollt leise, aber gewaltig an. Es gibt einen Unterschied zu den vergangenen technischen (R)evolutionen – die Geschwindigkeit. Gegenstände und Arbeitsgeräte werden schon seit einigen Jahren immer stärker digital vernetzt. Dabei werden Werkzeuge immer mehr zu Automaten und diese zum Ersatz von Arbeitskräften. Dabei unterliegen diese Maschinen nicht mehr einem mechanischen Lebenszyklus bis sie eine Verbesserung erfahren, sondern es bedarf lediglich einem Softwareupdate oder einer schnelleren Recheneinheit, um diese in der Produktivität zu steigern.

Moores Law setzt nun bei der Produktivität ein! Zuerst waren es einfache Tätigkeiten, welche durch Algorithmen und Rechenleistung wegfielen, aktuell bangen viele Journalisten und Juristen um die Wertschätzung ihrer Tätigkeit. Es wird alle Berufsgruppen und alle gesellschaftlichen Ebenen treffen – vom Callcenter über den Fernfahrer bis zum Lehrer.

Unsere Arbeitswelt lebt nach dem Kredo, dass es in Zukunft immer neue Tätigkeiten und Jobs geben wird. Aber schon die jüngere Vergangenheit zeigte, dass bei einem wirtschaftlichen Aufschwung die Arbeitslosenzahlen nicht wie erhofft zurückgehen. Das Rennen gegen die Maschinen könnten Menschen nur dann gewinnen, wenn sie billiger als die Maschinen wären. Wenn der Pferdetransport nur genügend schnell billiger geworden wäre, hätte dieser durchaus gegen die Motoren konkurrieren können. Wir PIRATEN setzen uns für die Besteuerung von nichtmenschlicher Arbeit ein. Die gewonnen finanziellen Mittel könnten zur Etablierung des Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) beitragen. Unser Streben ist es, Deutschland kompatibel mit der aktuellen und der nächsten Technologiewelle zu machen, die Struktur unserer Steuer- und Sozialsysteme so zu gestalten, dass mehr Automatisierung zu mehr realem, fühl- und messbarem Wohlstand für alle im Land führt und dadurch der soziale Frieden langfristig erhalten bleibt. Dies stellt einen Wettbewerbsvorteil von historischen Dimensionen dar.


Commons (Gemeingüter): Vorfahrt für Kooperation, Selbstorganisation und Gemeinsinn

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, Freiräume für Selbstorganisation zu schaffen, Verantwortung zu teilen und Institutionen nachhaltig und erfolgreich zu organisieren.

Dazu sollen die Möglichkeiten und Grenzen kooperativer Organisationsmodelle (sog. „Commons“) zur nachhaltigen Nutzung gemeinsamer Ressourcen in einem fortlaufenden Prozess überprüft und Institutionen bei Bedarf reformiert oder neu geschaffen werden.

Commons als Bildungsaufgabe verstehen

Die Inhalte und Konzepte von nach Commons-Prinzipien gestalteten Organisationsmodellen und Institutionen sind zum Lernziel in Bildungseinrichtungen und -projekten zu machen. Dazu können wir auf viele hervorragende Beispiele, auch aus Deutschland, zurückgreifen. Vor allem aber sollen bereits die Schülerinnen und Schüler die Praxis gemeinsamer Verantwortungsübernahme und Entscheidungsfindung üben.

Mit Commons Teilhabe ermöglichen

Vorhandene Gemeingüter müssen erhalten, fortentwickelt und gemehrt werden. Verlust von Gemeingut ist zu vermeiden. Ist Gemeingut verloren gegangen, so ist die Gesellschaft aufgerufen, es sich wieder anzueignen.

Besonders Menschen mit geringem Einkommen benötigen öffentliche Plätze und Einrichtungen. Parks, Spielplätze, Marktplätze, Gemeindezentren, Schwimmbäder, Gemeinschaftsgärten, öffentliche Sportplätze oder einfach nur Freiräume bieten Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe.

In Regionen mit demografisch kritischen Prognosen sind innovative Formen des sozialen Miteinanders zu fördern, etwa in Form von Gemeinschaftszentren. Weder für Muße, noch für Freiraum braucht man eine Rechtfertigung. Freiraum ermöglicht Kreativität, aber auch Ruhe. Und das brauchen wir. Das ist menschlich.

Commons Vorrang gewähren

Vor einer Privatisierung oder Verstaatlichung gesellschaftlicher Aufgabenbereiche ist im Einzelfall zu prüfen, ob Selbstorganisation und Selbstverwaltung möglich wäre. Bei gleicher oder besserer Eignungsprognose ist diesen Vorrang zu gewähren.

Commons-Projekte anleiten und unterstützen

Alle Ebenen wirtschaftspolitischer Entscheidungs- und Verwaltungsstrukturen sind mit entsprechendem Fachwissen auszustatten. Diese Stellen werden so in die Lage versetzt, Selbstverwaltungsprojekte bei der Institutionenfindung und -umsetzung zu beraten, zu unterstützen und zu fördern oder etwaige Konflikte zu moderieren.

Quelloffene Software in der Verwaltung einsetzen

Für die öffentliche Verwaltung ist der Einsatz quelloffener Software grundsätzlich vorzuziehen. Nur wenn in speziellen Fällen schwerwiegende Gründe gegen einen Einsatz quelloffener Software sprechen, sollen proprietäre Lösungen erwogen werden.

Bei Neuanschaffungen und Aufrüstungen sind freie Alternativen stets zu prüfen. Ausschreibungen sind entsprechend zu gestalten. Die einzelnen Behörden sollen bei der Umstellung auf offene Software unterstützt werden. Ein Vorbild hierfür kann die Landeshauptstadt München mit dem leider wieder aufgegebenem Projekt LiMux sein.

Daten offenlegen

Daten bilden die Grundlage politischer Diskussion. Ihre Gewinnung wird oft durch Steuergelder finanziert, wie z. B. bei Verkehrs- und Umweltdaten und den öffentlichen Haushalten.

Diese Daten gehören den Bürgerinnen und Bürgern. Ihre zeitnahe, umfassende und niederschwellige Veröffentlichung ist die Grundlage dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger sich im Bedarfsfall in die politische Diskussion einmischen können.

Diese Veröffentlichung soll gemeinfrei in einem bundesweit einheitlichen Datenportal erfolgen. Von Antragsverfahren, einschränkenden Lizenzmodellen und Gebühren ist dabei generell abzusehen. Die Weiterverbreitung und auch die kommerzielle Nutzung sollen ausdrücklich gestattet werden. Neben für die Lektüre aufbereiteten Formaten sollen die Daten auch in freien maschinenlesbaren Formaten angeboten werden, die sich für die maschinelle Weiterverarbeitung und Aufbereitung eignen.

Internationale wissenschaftliche Vernetzung verbessern

Der Umsetzung, der in den vorangehenden Absätzen genannten Programmpunkte, sind jeweils die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Commons-Forschung zugrunde zu legen. Anleitende und umsetzende Institutionen sollen sich hierzu in nationalen oder internationalen Verbänden oder Forschungseinrichtungen engagieren und entsprechende organisatorische Zuständigkeiten im Rahmen ihrer Verwaltung schaffen.


Staatliche Institutionen haben in ihren Jahresberichten zu Aktivität und Fortschritten auf diesem Gebiet öffentlich Rechenschaft zu legen.



Familie und Gesellschaft

Präambel

Wir PIRATEN stehen für eine zeitgemäße und gerechte Familienpolitik, die auf dem Prinzip der freiheitlichen Selbstbestimmung über Angelegenheiten des persönlichen Lebens beruht. Wir wollen, dass Politik der existierenden Vielfalt gerecht wird. Wir setzen uns dafür ein, die einseitige Bevorzugung traditioneller Rollen-, Familien- und Arbeitsmodelle zu überwinden. Echte Wahlfreiheit besteht erst, wenn längere berufliche Auszeiten oder Teilzeitarbeit unabhängig vom Geschlecht gesellschaftliche Normalität sind.

Freie Selbstbestimmung des Zusammenlebens

Wir PIRATEN bekennen uns zu allen denkbaren Formen des Zusammenlebens. Politik muss der Vielfalt der Lebensentwürfe gerecht werden und eine wirklich freie Entscheidung für die individuell gewünschte Form des Zusammenlebens ermöglichen. Eine ausschließlich historisch begründete Bevorzugung ausgewählter Familienmodelle lehnen wir ab. Wir setzen uns für die vollständige rechtliche Gleichstellung sämtlicher Lebensgemeinschaften ein.

Andere Lebenspartnerschaften

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, dass der Begriff „Ehe“ durch die „eingetragene Lebenspartnerschaft“ ersetzt wird. Die auf der Ehe basierenden Rechten und Pflichten sind, sofern noch nicht geschehen, auf die „eingetragene Lebenspartnerschaft“ zu übernehmen.

Des Weiteren wollen wir für alle Formen der homosexuellen, heterosexuellen und polyamourösen (Liebesbeziehung zu mehr als einem Menschen) Partnerschaften, die eingetragene Lebenspartnerschaft öffnen. Damit soll sie über ihren monogamen Anspruch hinaus auch das Zusammenleben von mehr als zwei Personen einer Generation rechtlich regeln.

Kinderwünsche auch in nicht klassischen Familienbildern realisieren

Wir PIRATEN setzen uns für die gleichwertige Anerkennung von Lebensmodellen ein, in denen Menschen füreinander Verantwortung übernehmen. Lebensgemeinschaften, in denen Kinder aufwachsen oder Menschen gepflegt werden, verdienen einen besonderen Schutz und Unterstützung durch den Staat und die Gesellschaft. Wir setzen uns für den Abbau bestehender, geschlechtlicher Rollenzuschreibungen und gesellschaftlicher Erwartungshaltungen ein. Der Wunsch, eine Lebens- bzw. Versorgungsgemeinschaft zu gründen, darf nicht am klassischen Familienbild hängen bleiben. Die geschlechtliche Identität oder die sexuelle Orientierung darf hierbei keine Rolle spielen.

Familienförderung dort, wo Kinder und anderweitig Bedürftige sind!

Personen, die einen Teil ihrer Lebenszeit der Betreuung von Kindern und Bedürftigen widmen, darf kein Nachteil entstehen. Wir PIRATEN setzen uns für eine ernsthafte politische Auseinandersetzung mit den Konzepten des Bedingungslosen Grundeinkommens ein. Wir fordern besondere finanzielle Unterstützung für Lebens- bzw. Versorgungsgemeinschaften, in denen Kinder aufwachsen oder betreuungsbedürftige Menschen gepflegt und versorgt werden.

Familienpolitisch halten wir die Realisierung eines Kindergrundeinkommens für kurzfristig umsetzbar. Schon heute zahlt der Staat bereits etwa 400 Euro je Kind an direkten, monatlichen Transferleistungen für Familien. Durch die einkommensabhängige Verteilung werden diese Zahlungen jedoch unterschiedlich verteilt. Das lehnen wir ab, da es unserem Verständnis von Chancengleichheit widerspricht. Jedes Kind hat einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung durch den Staat.

Das existierende Ehegattensplitting passt nicht in unser Familienbild und ist sukzessive abzuschaffen.

Kostenfreie und flexible Betreuungs- und Bildungsangebote

Betreuungs- und Bildungsangebote des Staates sind den Kindern kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Entsprechende Angebote sollen wohnort- oder wahlweise arbeitsplatznah realisiert werden - auch über kommunale Grenzen hinweg. Zu berücksichtigen sind bei allen Betreuungs- und Bildungsangeboten die sich ergebenden Bedarfsveränderungen der Eltern. Kinderbetreuung soll auch außerhalb der bislang üblichen Öffnungszeiten gewährleistet sein.


Geschlechtsunabhängige Gleichbehandlung bei Hilfsangeboten für Gewaltopfer durchsetzen

Wir PIRATEN setzen uns für den Auf- und Ausbau von geschlechtsunabhängigen Hilfsangeboten für Gewaltopfer durch das Bundesfamilienministerium ein. Dies gilt insbesondere für Opfer häuslicher Gewalt. Der aktuell starken Fokussierung von Hilfsangeboten für lediglich ein Geschlecht ist durch eine Quote entgegen zu wirken. Diese richtet sich nach den offiziellen Opferzahlen aus den Kriminalitätsstatistiken. Nur so ist sichergestellt, dass alle Gewaltopfer gleichfalls Hilfe erhalten. Als erstes Ziel muss das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" entsprechend des Hilfetelefongesetzes in seiner Außendarstellung ein Telefon sein, das sich an Menschen jeglichen Geschlechts richtet und sowohl faire als auch geschlechtssensible Hilfe anbietet. Um dies zu gewährleisten, setzen wir uns in einem ersten Schritt dafür ein, dass Anruferinnen und Anrufer das Geschlecht der betreuenden Person wählen können. Langfristig ist unser Ziel, dass die Hilfetelefone unsere Gesellschaft abbilden. Somit nicht nur Männer und Frauen, sondern auch trans* und intersexuelle Menschen, sprich das LGBTI-Spektrum, gleichfalls abgedeckt wird.


Kinder- und Jugendrechte stärken

Die Rechte von Kindern und Jugendlichen haben für uns den selben Stellenwert wie die von Erwachsenen. Unser Ziel ist die größtmögliche Freiheit und Partizipation von Kindern und Jugendlichen.

Kinder- und Jugendrechte ins Grundgesetz (GG)

Aktuell stehen die Menschenrechte des Kindes (UN-Menschenrechtskonvention über die Rechte des Kindes; kurz: UN-Kinderrechtskonvention) in Deutschland auf einer Ebene mit allen anderen Gesetzen. Das hat zur Folge, dass im Konfliktfall nicht die UN-Kinderrechtskonvention sondern das Gesetz Anwendung findet (Bsp.: Asylrecht, Gemeinderecht). Um die Rechte von Kindern und Jugendlichen aufzuwerten, fordern wir die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Kinderrechte sind Menschenrechte und müssen als solche geachtet werden.

Klagerecht von Kindern und Jugendlichen sowie rechtliche Beratung von jungen Erwachsenen

Die Möglichkeit von Kindern und Jugendlichen ohne Zustimmung eines Vormundes juristische Mittel einzusetzen soll erheblich vereinfacht werden. Insbesondere soll es ohne Probleme möglich sein, dass Kinder und Jugendliche sich auch ohne Zustimmung des Vormunds juristisch beraten und vertreten lassen. Hierfür sollen in allen Kommunen kostenfreie und unabhängige Beratungsstellen für Kinder und Jugendliche eingerichtet werden. Die Beratungsstellen sollten mindestens folgende Aufgaben übernehmen:

• Ombutsschaft wärend des ganzen Verfahrens

• Unterstützung bei :

• Beratung von Kindern, Jugendlichen sowie jungen Erwachsenen

• erster juristischer Einschätzung

• Vermittlung von Fachanwälten bzw. Notare


Akzeptanz der gesellschaftlichen Vielfalt

Interkulturelle Öffnung der Verwaltung

Um den Anforderungen einer vielfältigen Gesellschaft gerecht zu werden, setzen wir uns für die interkulturelle Öffnung der Verwaltung ein. Dies beinhaltet mehrsprachige Angebote in Formularen und auf Webseiten der Behörden sowie die Aus- und Weiterbildung von Bediensteten in interkultureller Kompetenz.

Diversität in der Verwaltung: Behörden gehen durch anonymisierte Bewerbungsverfahren mit gutem Beispiel voran

Damit Behörden auf die Interessen der Bevölkerung angemessen eingehen können, müssen sie die Diversität der Gesellschaft auch in ihren eigenen Reihen abbilden. Um dies zu erreichen, braucht es angemessene Bewerbungs- und Auswahlverfahren. Besondere Angebote für an Bewerbungen interessierte Menschen sollen Interesse und Selbstbewusstsein stärken und für mehr Bewerbungen aller gesellschaftlichen Gruppen sorgen. Wir PIRATEN fordern anonymisierte Bewerbungsverfahren in der Verwaltung, um möglicher Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Herkunft, Nationalität, Aussehen, Alter oder weiterer nicht-einstellungsrelevanter Merkmale vorzubeugen.

Für eine tolerante und erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik

Arbeitsmarktpolitik sollte sich daran orientieren, Menschen in ihren Fähigkeiten zu bestärken, Vielfältigkeit anzuerkennen und Diskriminierung abzubauen. So können die Ziele, sowohl den Arbeitsmarkt offen und fair für alle Teilnehmer zu gestalten als auch als Volkswirtschaft erfolgreich zu sein, erreicht werden.


Diskriminierung auf allen Ebenen begegnen

Noch immer werden viele Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder anderer äußerer Merkmale im alltäglichen Leben (z. B. bei der Vergabe von Wohnraum, Ausbildungs- und Arbeitsplätzen) benachteiligt. Gegen Diskriminierungen dieser Art sind gezielte Maßnahmen zu ergreifen. Statt einseitig bei Verhalten und Befähigungen der Benachteiligten anzusetzen, müssen diskriminierende Strukturen aufgedeckt, reflektiert und wirksam bekämpft werden.

Projektförderung

Die Förderung von Toleranz und der Kampf gegen Diskriminierung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Zur Unterstützung der beteiligten Gruppen sind ausreichende finanzielle Mittel bereit zu stellen. Den Versuch, Rassismus, Diskriminierung, Intoleranz und Rechtsextremismus mit verschiedenen Formen politischen Protests gleichzusetzen, lehnen wir ab. Die Extremismusklausel stellt einen staatlichen Generalverdacht gegen zivilgesellschaftliches Engagement dar und gehört umgehend abgeschafft.

Nachvollziehbare und verantwortliche Erstellung von Studien

Studien, die im Zusammenhang mit der Diversität der Gesellschaft erstellt werden, sollen grundsätzlich nachvollziehbar und transparent und unter Hinzunahme von externer Expertise aus Forschung und Wissenschaft erarbeitet und zeitnah veröffentlicht werden.


Chancengleichheit im Bildungssystem

Wir PIRATEN setzen uns für mehr Chancengleichheit ein: Die sozio-kulturelle Herkunft darf nicht mehr über den Bildungserfolg entscheiden.

Chancengleichheit durch gemeinsames Lernen

Um Chancengleichheit zu erreichen, setzen wir uns für ein gemeinsames Lernen von Kindern mit verschiedenem sozialen Hintergrund ein. Den unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen der Lernenden soll mit Achtung begegnet werden. Mehrsprachigkeit ist ein Wert, den es zu fördern gilt. Wir begrüßen muttersprachlichen Unterricht zur Festigung der Muttersprache und zum leichteren Erwerb des Deutschen. Dies darf jedoch nicht mit Selektion der Lernenden in verschiedenen Klassen anhand von Sprache und Herkunft einhergehen. Der muttersprachliche Unterricht sollte bestehende Sprachfähigkeiten zertifizieren und somit als Qualifikation wertschätzen. Die Didaktik von „Deutsch als Zweitsprache“ soll stärker in die Lehrerausbildung und die Fortbildungen eingehen.

Lehrkräfte fördern und sensibilisieren

Es gehört zu gelungener Inklusion, wenn auch Migrantinnen und Migranten als Lehrkräfte tätig sind. Dies hilft Kindern ohne Migrationshintergrund, Migranten zu respektieren, und Kindern mit Migrationshintergrund, sich die Lehrkräfte als Vorbild zu nehmen. Wir schlagen die Vergabe von Stipendien für Lehramtsstudentinnen und -studenten mit Migrationshintergrund vor, um diese zum Lehramtsstudium zu ermutigen und sie zu fördern. Lehrkräfte müssen in ihrer Aus- und Weiterbildung sensibilisiert werden, wie sich Selektionsmechanismen auswirken. Ihnen sollte beispielsweise vermittelt werden, wie sich ihre eigene Herkunft, Bildung und gesellschaftliche Positionierung unbeabsichtigt auf ihren Unterricht und ihre Leistungsbewertungen auswirkt.


Gesundheitspolitik

Wir PIRATEN orientieren sich in ihren gesundheitspolitischen Positionen am Wohl der Patientinnen und Patienten, ohne die Seite der Leistungserbringer und Dienstleister im Gesundheitswesen zu vernachlässigen. Dabei berücksichtigen wir, dass auch in der Gesundheitsversorgung jeder Euro nur einmal ausgegeben werden kann und daher kluges Haushalten mit den zur Verfügung stehenden Mitteln notwendig ist. Für uns zeichnet sich eine gute Gesundheitsversorgung durch ihren niederschwelligen Zugang aus, der allen Menschen in Deutschland eine zugewandte Behandlung nach aktuellem Stand der Erkenntnis ermöglicht.


Transparenz im Gesundheitssystem

Für Patientinnen und Patienten ist es kaum möglich die Qualität der ärztlichen Behandlung sowohl im Krankenhaus als auch insbesondere im niedergelassenen Bereich zu überprüfen. Wir PIRATEN fordern daher die verständliche Aufbereitung, Veröffentlichung und priorisierte Weiterentwicklung von Qualitätsmerkmalen.

Weiterhin fordern wir die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungsprozessen von der Entstehung über die Bearbeitung und Beratung bis hin zur Beschlussfassung. Das gilt sowohl für die Entscheidungsträger in der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens als auch für die politischen Gremien, die daran mitwirken. Dies schließt Beschlüsse über die Verwendung gemeinschaftlich aufgebrachter Mittel, z. B. Pflichtversicherungsbeiträge, ein.


Patientenvertretung stärken

In den Organen der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens ist die Patientenvertretung ohne Stimmrecht beteiligt. Wir PIRATEN wirken darauf hin, dass die Seite der Patientenvertretung mit Stimmrecht ausgestattet und gleichberechtigter Teil der Selbstverwaltungsorgane des Gesundheitswesens wird. Die Patientenvertretung ist finanziell und organisatorisch mit dem Ziel größerer Transparenz unabhängig auszustatten.


Überversorgung abbauen

Der Zugang zu medizinischen Angeboten ist für Patientinnen und Patienten heute stark abhängig von ihrem Wohnort. So sind in Großstädten je Einwohner deutlich mehr Ärzte angesiedelt als in ländlichen Regionen. Deshalb streben wir PIRATEN eine Bedarfsplanung an, in der jede Abweichung vom Durchschnitt der Versorgungsdichte öffentlich zu begründen ist. Zur Schließung von Versorgungslücken werden wir uns dafür einsetzen, dass Kommunen das Recht erhalten, hausärztliche Vertragsarztsitze zu übernehmen und dort Ärzte anzustellen.

Abgesehen von regionalen Besonderheiten und einem Stadt/Land-Gefälle gibt es in Deutschland tendenziell eine Überversorgung mit medizinischen Leistungen, die zu Lasten der Versichertengemeinschaft aufrechterhalten wird, insbesondere von Arztpraxen und Krankenhäusern. Mit dem Ziel einer ausgeglichenen Verteilung ist daher einem Überangebot von Gesundheitsleistungen in einer Region über dem Durchschnitt mit entsprechenden Anreizen entgegenzuwirken. Wir PIRATEN werden uns dafür einsetzen, dass jede Abweichung vom Durchschnitt der Versorgungsdichte besonders und öffentlich zu begründen ist. Dort, wo regionale Gebietskörperschaften oder Kommunen bewusst eine überdurchschnittliche Versorgung beibehalten, sind sie für deren Finanzierung aus dem eigenen Haushalt verantwortlich, um die Versichertengemeinschaft zu entlasten.


Unterversorgung vermeiden

Die Menschen in Deutschland haben ein Anrecht auf eine angemessene Gesundheitsversorgung. Dazu gehört auch, dass gemeindenah bzw. wohnortnah ausreichend Ärzte aller Fachrichtungen vertreten sind. Die Bedarfsplanungen für Vertragsärzte müssen unter Einbeziehung der regionalen Gegebenheiten eine ausreichende Zahl von Vertragsärzten in sinnvoll gegliederten und homogen strukturierten Versorgungsgebieten vorsehen. In ländlichen Regionen mit Unterversorgung ist auch das Modell mobiler Arztpraxen und die Anstellung von Ärzten durch die Kommune eine sinnvolle Ergänzung.

Wir sehen die Trägervielfalt (öffentliche, frei-gemeinnützige und private Träger) als Anreiz für einen Wettbewerb um die Versorgungsqualität. Gleichzeitig betrachten wir die Gewährleistung der Gesundheitsvorsorge und Behandlung von Krankheiten als Fürsorgepflicht des Staates. Deshalb befürworten wir Initiativen, die einen Erhalt von Kliniken in öffentlicher Trägerschaft zum Ziel haben.


Fehlversorgung beenden

Bestimmte Leistungen, die aus Sicht der Gesundheitsdienstleister einerseits aufwändig und andererseits nicht angemessen honoriert sind, werden nicht oder nur in geringem Umfang erbracht. Neben aufsuchender Behandlung benachteiligt dies vor allem Patientinnen und Patienten mit Behinderungen, chronischen Erkrankungen oder eingeschränkter Mobilität. Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, dass insbesondere diese Patientinnen und Patienten angemessen auch auf der Seite der Krankenversicherungen und Arztpraxen Berücksichtigung finden. Wo die freie Aushandlung der Honorare durch die Selbstverwaltungspartner diese Mängel nicht zeitnah abstellt, werden wir uns dafür einsetzen, dass es zusätzliche Aushandlungsmöglichkeiten unter Beteiligung aller Betroffenen gibt, das heißt den Selbstverwaltungen und ihren Vertretern auch Patientenvertreter stimmberechtigt zur Seite gestellt werden. Gleichzeitig werden die Verhandlungen weitestgehend transparent gemacht durch Veröffentlichung der jeweiligen Positionen.

Zur Bekämpfung von Fehlversorgung setzen wir PIRATEN zudem auf die Förderung der evidenzbasierten Medizin, d.h. dem Treffen von versorgungsrelevanten Entscheidungen nach umfangreichen Recherchen in den verfügbaren Quellen des Wissens. Nur belastbare Studien zur Beurteilung der Wirkung von Therapien und Medikamenten können Grundlage der Entscheidungen über die Erstattung der Kosten durch die Krankenkassen sein.Therapien und Medikamente, deren Wirksamkeitsnachweis nicht erbracht wurde, dürfen nur dann zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden, wenn für die zu behandelnde Krankheit keine heilenden Therapien zur Verfügung stehen oder eine wissenschaftliche Bewertung mit höchster Evidenz sich aus ethischen Gründen verbietet.


Stärkung der Versorgungsforschung

Grundlage eines modernen Gesundheitssystems ist die fortlaufende Prüfung der angebotenen Gesundheitsleistungen. Wir wissen heute noch viel zu wenig über die Wirksamkeit von beispielsweise bestimmten Präventionsmaßnahmen. Daher möchten wir massiv die Versorgungsforschung stärken. Die Finanzierung soll durch die Einführung einer Positivliste erfolgen, wie sie in der Mehrzahl der europäischen Länder existiert. Sie garantiert, dass Patientinnen und Patienten nur Arzneimittel mit einem hohen Grad an Nutzen und Bewährungsgrad und einem vernünftigen Kosten-Nutzen-Verhältnis verschrieben bekommen. Außerdem soll mit den Einsparungen die nicht-kommerzielle Forschung im Bereich der Arzneimittel gefördert werden, um insbesondere Therapien für seltene Krankheiten zu erforschen.


Gesundheitliche Bildung

Es besteht wissenschaftliche Einigkeit, dass Bildung und Umweltfaktoren große Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen haben. Wir setzen uns für die Erprobung eines Faches „Gesundheitsbildung“ in Schulen ein, das vermittelt, welche Faktoren sich positiv und negativ auf Gesundheit auswirken und wie man sie erhalten kann. Die Finanzierung des Faches soll als Teil einer Präventionsstrategie aus der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgen. Neben der schulischen Bildung sehen wir die Notwendigkeit einer umfassenden gesundheitlichen Aufklärung als nächsten Schritt einer sozialen Inklusion von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen. In den Fokus der Aufklärung sollen vor allem jene Krankheits- und Störungsbilder sowie Behinderungen gerückt werden, die häufig von Vorurteilen und Ausgrenzungen betroffen sind. Wir PIRATEN sehen hier vor allem die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Pflicht, aber auch die privaten Sendeanstalten, Print- und Onlinemedien, ihren gesellschaftlichen Beitrag für eine wirksame gesundheitliche Aufklärung zu leisten. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf die Vermittlung der Botschaft liegen, dass Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen ein gleichberechtigter Teil der Gesellschaft sind.


Finanzierung

Die Finanzierung des Gesundheitssystems betrachten wir als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Daher sehen wir in der Einbeziehung sämtlicher Bürgerinnen und Bürger in die Sozialversicherung unter Berücksichtigung möglichst aller Einkommensarten ein sinnvolles Modell zur Finanzierung dieses Systems. Wir erkennen allerdings die Einschränkungen der Wahlfreiheit in dieser Art der Finanzierung für Bürgerinnen und Bürger sowie die Anbieter privater Krankenversicherungen an und verstehen ihre Bedenken. Daher setzen wir uns für einen Volksentscheid ein, um einen gesellschaftlichen Konsens in dieser wichtigen Frage des gemeinschaftlichen Zusammenlebens zu erreichen.


Vergütungssysteme überprüfen

Jede Form der Vergütung setzt Anreize, die zum Teil erwünscht sind, zum Teil jedoch auch zu unerwünschten und für das Gesamtsystem schädlichen Ergebnissen führt. Dies verstärkt sich in der Regel im Verlauf der Anwendung des Vergütungssystems. Aus diesem Grund sind Vergütungssysteme regelhaft einer unabhängigen Analyse und Anpassung zu unterziehen. Dies gilt für die Fallpauschalen in Krankenhäusern ebenso wie für pauschale- oder Einzelleistungsvergütungen im ambulanten Bereich. Hier sollen mit Modellprojekten neue Vergütungsformen regional entwickelt und getestet werden.


Notfallmedizin

Die Überlebenschancen von Patientinnen und Patienten hängen in Notfallsituationen unmittelbar von der Reaktion beteiligter Bürgerinnen und Bürger ab. Um die Bevölkerung besser in die Lage zu versetzen, in solchen Situationen richtig zu handeln, fordern wir Programme zur Förderung von Ersthelfermaßnahmen in allgemein- und weiterbildenden Schulen. Ein angemessenes Verhalten in Notfallsituationen soll auch durch die Einrichtung und Förderung von Schulsanitätsdiensten auf freiwilliger Basis in Schulen erleichtert werden. Unterstützend möchten wir die Verbreitung von Defibrillatoren im öffentlichen Raum fördern.

Elektronische Gesundheitskarte

Wir erkennen den Vorteil an, den eine rasche Zugriffsmöglichkeit von Ärzten auf diagnose- und behandlungsrelevante Patientendaten hat. Elektronische Kommunikation im Gesundheitswesen ist der Schlüssel zum Abbau der Versorgungsgrenzen und der kontinuierlichen Versorgung chronisch erkrankter Patientinnen und Patienten. In der derzeitigen Form lehnen wir PIRATEN die elektronische Gesundheitskarte jedoch ab. Wir fordern ergänzend die verbindliche Einführung dezentraler Speichermöglichkeiten direkt auf der Chipkarte. Durch diesen Speicher können, ergänzt durch die Möglichkeit rechtssicherer elektronischer Unterschriften, alle Anforderungen an eine moderne IT-Infrastruktur bei gleichzeitiger Wahrung des Datenschutzes erfüllt werden. So erhalten Patientinnen und Patienten die volle Entscheidungshoheit über ihre Daten und können die Vorteile dieser Technologie nutzen.


Pflegequalität und Pflegesicherheit

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Für Pflegebedürftige, private Pflegepersonen und berufliche Pflegekräfte scheint der Artikel 1 des Grundgesetzes aber nicht zu gelten. Wer heute pflegebedürftig ist oder Menschen pflegt, findet sich in einem kranken System wieder, bei dem - wieder einmal - die Wirtschaftsinteressen einen höheren Stellenwert genießen, als die Interessen der Patienten und Pflegekräfte. Diese Situation wollen wir durch folgende Punkte ändern:

Mehr Qualität in der Pflege durch adäquate Ausbildung

• Altenpflege- und Krankenpflegeausbildungen müssen deutlich besser gefördert werden.

• Finanzielle und arbeitsrechtliche Unterstützung von examinierten Pflegekräften für Weiterbildungsmaßnahmen.

• Ausbildung und Einstellung von Hygienefachkräften, um das Risiko der Krankenhausinfektionen in den Griff zu bekommen.

• Pflegewissenschaft und wissenschaftliche Pflegeabschlüsse müssen deutlich mehr gefördert werden, wie es im Europäischen Umland längst üblich ist.

Vermeidung von Abrechnungsbetrug

• Einführung und Erweiterung von Kontrollkompetenzen für Behörden und Pflegekassen gegenüber Pflegeheimen, Pflegediensten und Pflegepersonen.

• Neu in Betrieb genommene Seniorenheime dürfen nur noch von gemeinnützigen Unternehmen betrieben werden und jegliche Gewinne müssen reinvestiert werden.

Wissenschaftlich fundierter Personalschlüssel

• Umsetzung des gesetzlichen Personalschlüssels in der Alten- und Krankenpflege, um eine menschenwürdige Pflege in vollstationären Einrichtungen und Krankenhäusern zu gewährleisten.

• Der jeweils aktuelle Krankenstand muss bei der Berechnung des Personalschlüssels unbedingt Berücksichtigung finden.

Verringerung von Verwaltungsaufwand und Bürokratie

• Neuorganisation der Pflegeleistungen durch die Zusammenlegung einzelner Leistungen

• Erhöhung von Pflegepauschalen.

• Erleichterung der Antragstellung und Antragsbearbeitung durch Vereinfachung der Antragstellung und Antragsbearbeitung durch Vereinfachung und Vereinheitlichung des Formularwesens bei den Pflegekassen.

• Reduzierung des Dokumentationsaufwandes für Pflegekräfte, damit mehr Zeit für die Pflege bleibt.

Soziale Absicherung von privaten Pflegepersonen

• Zahlung eines Grundeinkommens für die gesamte Pflegezeit

• Rückkehrgarantie zum alten Arbeitgeber nach der Pflegezeit

• Zahlung angemessener Rentenversicherungsbeiträge für alle Pflegepersonen

• Anrechnung von Pflegezeiten in Rentenpunkten

Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte verbessern

• Sanktionen für Geschäftsleitungen im Falle von Verletzungen der gesetzlich verbindlichen, maximalen Wochenarbeitszeiten und der Ruhezeiten

• Die Bezahlung von Pflegehilfskräften muss deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen

• Die Fachkraftquote in der Heimpersonalverordnung oder entsprechenden Regelungen auf Landesebene darf nicht abgesenkt werden.

• Der Begriff "Fachkraft" in der Pflege soll gesetzlich geschützt und dem Begriff "Facharbeiter" gleichgestellt werden. Analog zum "Facharbeiter" sollen sich nur die Pflegekräfte "Fachkraft" nennen dürfen, die eine entsprechend mehrjährige erfolgreiche Ausbildung auf Grundlage entsprechender Berufsgesetze oder Rechtsverordnungen beurkundet bekommen haben.

Pflege ohne freiheitsentziehende Maßnahmen

• Einrichtungen der Alten- und Dauerpflege sollen fixierungsfreie Einrichtungen werden.

• Statt gegen den Willen der Betroffenen eingesetzte, körpernahe, mechanische Fixierungen, wie Bettgitter und Gurtsysteme, sollen Hilfsmittel eingesetzt werden, die die Bewegungsfreiheit erhalten.

Den Beruf der Hebamme zukunftssicher erhalten

Wir setzen uns für den Erhalt der wohnortnahen, flächendeckenden und niederschwelligen geburtshilflichen Versorgung und Verbesserung der Versorgung von Müttern und Neugeborenen ein. Uns ist der Erhalt der Wahlfreiheit des Geburtsortes für Frauen und der Erhalt der Versorgung mit Hebammenhilfe wichtig. Jede Frau muss einen Anspruch auf 1:1-Betreuung durch eine Hebamme haben, ob zuhause, im Geburtshaus oder in der Klinik. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die wohnortnahe, flächendeckende Versorgung der Frauen durch freiberufliche Hebammen sichergestellt wird, und deren Arbeit auch zukünftig in Deutschland erhalten wird, sowie die Hebammenleistungen entsprechend der hohen Verantwortung des Berufes angemessen bezahlt werden

Wir fordern die Verpflichtung der Kliniken, der angestellten Hebamme Art und Umfang der abgeschlossenen Haftpflichtversicherung mitzuteilen, die Einrichtung eines steuerfinanzierten Fonds für Haftpflichthärtefälle für außerklinische und klinische Geburtshilfe, die Verkürzung der Verjährungsfrist auf 10 Jahre und die Festlegung einer Haftungsobergrenze, so dass z.B. Inflationsrisiken über die Zeit der Verjährungsfrist ausgeglichen sind. Außerdem unterstützen wir das Bestreben, die Ausbildung von Hebammen in Deutschland zu akademisieren, um den Berufsabschluss international vergleichbar zu machen und die Hebammenwissenschaft als Forschungsfeld voranzutreiben.

Fachkräfte schützen

Die Fachkraftquote in der Heimpersonalverordnung oder entsprechenden Regelungen auf Landesebene darf nicht abgesenkt werden. Der Begriff "Fachkraft" in der Pflege soll gesetzlich geschützt und dem Begriff "Facharbeiter" gleichgestellt werden. Analog zum "Facharbeiter" sollen sich nur jene Pflegekräfte "Fachkraft" nennen und als solche arbeiten dürfen, die eine entsprechend mehrjährige erfolgreiche Ausbildung auf Grundlage entsprechender Berufsgesetze oder Rechtsverordnungen beurkundet bekommen haben.

Drogen- und Suchtpolitik

Neustart: Drogen- und Suchtpolitik

Wir PIRATEN streben die Zusammenarbeit mit allen gesellschaftlichen Gruppen an, die sich vorurteilsfrei mit dem Konsum von psychotropen Substanzen und dessen Folgen auseinandersetzen. Gemeinsam werden wir eine Politik betreiben, die riskantem Drogengebrauch durch Prävention entgegenwirkt, sowie Risiko-Konsumenten und Schwerstabhängigen durch Therapieangebote hilft. Der Gesetzgeber darf nur dort eingreifen, wo die Schutzrechte anderer berührt sind. Er soll einen effizienten Jugend- und Verbraucherschutz sicherstellen und das organisierte Verbrechen eindämmen.

Mündigkeit braucht Bildung – Prävention ist die Grundlage

Das Ziel unserer Drogen- und Suchtpolitik ist eine selbstverantwortliche und sozialverträgliche Genusskultur. Wir wollen Menschen aller Altersgruppen zu einem achtsamen Umgang mit psychotropen Substanzen und einem selbstbestimmten Konsum befähigen.

Um Wirkungen und mögliche Gefahren besser einschätzen zu können, bedarf es einer kompetenten Aufklärung, die so früh wie möglich beginnen soll. Sie muss auch die Fähigkeit vermitteln, mit den unterschiedlichen, gebräuchlichen Drogen umzugehen. Wir glauben, dass die Stärkung von sozialer Kompetenz und Selbstbewusstsein eine wichtige Grundlage für wirksame Prävention ist.

Nachhaltige Prävention fängt in der Schule an

Die Maßnahmen zur Suchtprävention an Schulen und der Ausbildungsstand der Lehrkräfte sind unzureichend. Pilotprojekte haben gezeigt, wie nachhaltig eine gute Prävention bereits ab dem Grundschulalter wirkt. Auf der Basis der dort gesammelten Erfahrungen ist ein bundesweites Aufklärungskonzept und sachgerechtes, undogmatisches Lehrmaterial für einen fundierten Unterricht zu entwickeln. Externe Fachreferenten sollen besonders in der Sekundarstufe das Wissen bei Lehrern und Schülern vertiefen.

Vorurteile werden so durch Wissen überwunden. Die gewonnenen Erkenntnisse tragen die Schüler wie selbstverständlich in ihr soziales Umfeld.

Prävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Die umfassende Aufklärung über Drogen, ihren Gebrauch und mögliche Folgen darf sich nicht auf die Schule beschränken, sondern muss sich an die ganze Gesellschaft richten. Ärzte, Krankenhäuser, Bürgerämter, Sozialdienststellen, Jugendzentren und ähnliche Einrichtungen sollen geeignete Informationsmaterialien bereithalten und Ansprechmöglichkeiten bieten.

Präventionsprogramme sind zielgruppengerecht zu gestalten. Der Einsatz von Streetworkern und Sozialarbeitern ist auszubauen, vor allem in bisher unterversorgten Kleinstädten und ländlichen Gebieten, unter besonderer Berücksichtigung des Suchtstoffes Alkohol.

Es ist dringend notwendig, die Mittel für niederschwellige Hilfsangebote in der Suchthilfe deutlich aufzustocken. Die präventive Arbeit wird dabei stoffliche und nicht stoffgebundene Süchte gleichberechtigt einschließen.

Keine Werbung für Drogen

Die einseitig positive Darstellung von suchterzeugenden Substanzen zu vermeiden, ist ein wesentlicher Aspekt von Prävention. Wir fordern daher ein ausnahmsloses Werbe- und Sponsoringverbot für Produkte, die psychotrope Substanzen in einer Konzentration enthalten, die geeignet ist, Abhängigkeiten zu erzeugen.

Verbraucherschutz – auch für Drogenkonsumenten

Das Wissen um Wirkstoff und Beimengungen ist Grundlage risikoarmen Drogengebrauchs. Umfassende, bedarfsgerechte Möglichkeiten zum Drugchecking sollen vor Ort ermöglicht werden.

Wir PIRATEN fordern die Einrichtung einer bundesweiten Online-Meldestelle für problematische Substanzen zur Risiko- und Schadensminimierung für Drogenkonsumenten. Diese Meldestelle erfasst schädliche Streckmittel, ungewöhnlich hohe Dosierungen oder Reinheitsgrade sowie den Verkauf von Substanzen unter falschem Namen. Als ersten Schritt werden wir die Resultate kriminaltechnischer Untersuchungen von beschlagnahmten Drogen für Jedermann verfügbar machen.

Konsumbegleitende Programme und Hilfsangebote bei problematischem Konsum müssen ausgeweitet werden. Therapiemöglichkeiten sind so früh wie möglich anzubieten, nicht erst bei bestehender Abhängigkeit oder bei bereits eingetretenen Folgeerkrankungen. Sie dürfen nicht ausschließlich auf Abstinenz ausgerichtet sein.

Wir fordern ein bundesweites Angebot von Drogenkonsumräumen als weiteres wichtiges Element der Schadensverhütung und -minderung.

Diamorphinprogramme ermöglichen – nicht verhindern

Für Diamorphinbehandlungen werden dringend mehr Vergabestellen benötigt. Die Umsetzung von Diamorphin-Programmen muss erleichtert werden, damit mehr Betroffene Zugang erhalten, auch solche mit weniger schädlichen Konsummustern.

Bei der Durchführung gilt es, neben Injektion auch Inhalation und orale Einnahme zuzulassen und eine intensive psychosoziale Betreuung für die Teilnehmenden bereitzustellen. Gegebenenfalls ist in weitergehende Therapieangebote überzuleiten. Neben den Ärzten sind auch medizinisches Personal, Therapeuten und Mitarbeiter der sozialen Dienste zur fachbezogenen Weiterbildung zu verpflichten.

Zugang zu medizinischem Cannabis erleichtern

Cannabinoidhaltige Medikamente sollen anderen verkehrsfähigen Medikamenten gleichgestellt werden. Es liegt dabei im Ermessen des behandelnden Arztes, ob dabei der Echtstoff zum Einsatz kommen soll. Die Kosten sind von den Krankenkassen zu tragen.

Entkriminalisierung der Konsumenten

Der private Umgang mit psychotropen Substanzen muss komplett entkriminalisiert werden. Anbau und Herstellung für den Eigenbedarf dürfen nicht bestraft werden.

Wir PIRATEN fordern als Sofortmaßnahme einen bundeseinheitlich geregelten Richtwert von 30 Gramm für den duldbaren Besitz von Cannabis zum Eigenkonsum für Volljährige, um zumindest die Kriminalisierung der Cannabis-Konsumenten zu beenden und die Behörden zu entlasten.

Neufassung des Betäubungsmittelgesetzes

Wir fordern eine Neufassung des Betäubungsmittelgesetzes, in der die erfassten, psychotropen Substanzen neu bewertet werden: Nur wenn eine Fremdgefährdung realistisch nicht ausgeschlossen werden kann, dürfen die Freiheitsrechte des Einzelnen eingeschränkt werden.

Informationelle Selbstbestimmung stärken

Die informationelle Selbstbestimmung ist auch im Bereich der Drogen- und Suchtpolitik zu gewährleisten:

• Auf Drogenkonsum bezogene Daten aus ergebnislos gebliebenen polizeilichen Ermittlungen müssen umgehend wieder gelöscht werden. Register über Drogenkonsum dürfen nicht geführt werden.

• Allgemeine und verdachtsunabhängige Drogentests am Arbeitsplatz lehnen wir PIRATEN ab. Sie sind auf gefährliche Berufe und Tätigkeiten zu begrenzen.

Keine Willkür beim Führerscheinentzug

Die Gefährdung des Straßenverkehrs unter Einfluss von Rauschmitteln kann nicht geduldet werden. Aber die automatische und pauschale Sanktionierung des Konsums von Drogen und Medikamenten durch die Führerscheinbehörde nehmen wir nicht hin:

• Als Kriterium für den Entzug der Fahrerlaubnis müssen wissenschaftlich abgesicherte Grenzwerte für Wirkstoffkonzentrationen festgelegt werden, die eine akute Fahruntüchtigkeit nachvollziehbar definieren.

• Es muss ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Konsum und dem Führen des Kraftfahrzeuges vorliegen.

• Allein die Vermutung oder die Feststellung, dass eine Person Drogen oder Medikamente konsumiert oder konsumiert hat, lässt keine Rückschlüsse auf die aktuelle Fahrtüchtigkeit zu und rechtfertigt keinen vorbeugenden Entzug der Fahrerlaubnis.

Keine Einschränkungen für e-Zigaretten

Der derzeit freie Handel und Gebrauch liquidverdampfender E-Zigaretten soll nicht über den Jugendschutz hinaus eingeschränkt werden. Stattdessen fordern wir die weitergehende Schaffung von Qualitätsstandards für Produktion und Handel von E-Zigaretten und Liquids.

E-Zigaretten ins Nichtraucherschutzgesetz aufzunehmen, oder eine Besteuerung nach dem Tabaksteuergesetz lehnen wir hingegen ab.

Umwandlung der Tabaksteuer

Tabak und Nikotin müssen in die allgemeine Drogenaufklärung und Suchtprävention integriert werden, um den Tabak aus der Wahrnehmung als „Alltagsdroge“ herauszuführen und sein Gefahrenpotenzial deutlich zu machen. Damit wird die Grundlage für eine verantwortungsvolle Selbstbestimmung im Umgang mit Tabak gelegt.

Öffentliche Tabakwerbung ist unvereinbar mit diesen Zielen. Daher streben wir PIRATEN ein allgemeines Werbeverbot für Tabak an.

Wir fordern die Umwandlung der Tabaksteuer in eine zweckgebundene Abgabe. Diese ist für Aufklärung, Suchtprävention und suchtbezogene Forschung, Entzugs- und Entwöhnungsbehandlungen und als Beitrag zu den Folgekosten im Gesundheitsbereich zu verwenden.

Alkoholwerbung unterbinden und Deklarationspflicht verbessern

Das vom Alkohol ausgehende Suchtpotenzial wird im gesellschaftlichen Alltag nur unzureichend wahrgenommen. Dem sollte durch verstärkte Einbeziehung des Alkohols in die allgemeine Drogenaufklärung und Suchtprävention entgegengewirkt werden.

Wir PIRATEN wenden uns gegen Werbung für alkoholische Getränke, alkoholhaltige Getränke und als frei verkäufliche Arzneimittel deklarierte, hochprozentige Alkoholika. Alle diese Produkte sind geeignet, Abhängigkeiten hervorzurufen.

Bei allen zum Verzehr geeigneten alkoholhaltigen Produkten ist deutlich lesbar und gut sichtbar auf der Vorderseite der Verpackung anzugeben, wie viel Alkohol das Produkt enthält. Jeder enthaltene Alkohol muss angegeben werden. Vorhandene Lücken in der Deklarationspflicht sind zu schließen.

Bei alkoholischen und alkoholhaltigen Getränken muss deutlich sichtbar auf das Suchtpotenzial hingewiesen werden.

In der Gastronomie sollen mehrere alkoholfreie Getränke angeboten werden, die günstiger sind als das billigste alkoholische Getränk.

Lizenzierte Fachabgabestellen – jetzt einführen

Wir fordern Modellversuche für lizenzierte Fachabgabestellen. In diesen erfolgt der Verkauf von Tabak, Liquids für e-Zigaretten, Spirituosen und anderen psychotropen Substanzen. Jugendliche haben dort keinen Zutritt. Qualifiziertes Personal soll Beratung zu verantwortungsvollem Gebrauch und möglichen Gefährdungspotenzialen anbieten. Wie alle Genussmittel, müssen die angebotenen Substanzen dem Verbraucherschutz unterliegen und einer regelmäßigen Qualitätskontrolle unterzogen werden.

Die Produkte dürfen nicht künstlich verteuert werden, damit ein Bezug über den Schwarzmarkt keine Alternative darstellt. Perspektivisch soll es möglich sein, derzeit illegale psychotrope Substanzen auch legal anzubauen oder herzustellen.


Psyche

Verrückt ist auch normal

Das Ziel der politischen Arbeit der PIRATEN ist eine größtmögliche Inklusion aller Menschen. Um dieses Ziel zu erreichen, beziehen wir die psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung in unser Programm mit ein. Die Gesundheitspolitik hat die Ziele, medizinische und psychosoziale Hilfe zu gewährleisten, eine Behandlung zu garantieren, wo diese nötig ist, und die Gesundheit der Menschen zu erhalten. Deshalb setzen wir uns für eine psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung der Menschen in der Deutschland ein, die die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt stellt.

Wir PIRATEN fordern darüber hinaus den zielgerichteten und zeitnahen Ausbau der gemeindenahen psychiatrischen Versorgung, eine inklusive Arbeitsmarktpolitik für Menschen mit psychischen Störungen sowie eine deutliche Verbesserung der rechtlichen Situation von Menschen mit psychischen Störungen.

Gesundheitliche Aufklärung

Wir PIRATEN setzen uns für eine umfassende gesundheitliche Aufklärung als nächsten Schritt einer sozialen Inklusion von Menschen mit psychischen Störungen ein. In den Fokus der Aufklärung sollen vor allem jene Störungsbilder gerückt werden, die häufig von Vorurteilen und Ausgrenzungen betroffen sind und dadurch die Lebensqualität und medizinische Therapie der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Zusätzlich sollen auch die möglichen Behandlungs- und komplementären Hilfsangebote und Einrichtungen in die Aufklärung einbezogen werden, um die Akzeptanz solcher in der Bevölkerung zu stärken und auch die Nutzung der Möglichkeiten, gleich ob stationär, teilstationär oder ambulant, mit weniger persönlichen Bedenken und Vorbehalten zu ermöglichen. Letztlich steht auch die Aufklärung der Betroffenen selbst in unserem Blickpunkt , vor allem über ihre rechtlichen Ansprüche sowie Hilfsangebote.

Wir PIRATEN sehen die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) als geeignete Stelle zur Koordinierung und Organisation der umfassenden Aufklärung. Wir sehen aber auch hier vor allem die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Pflicht, aber auch die privaten Sendeanstalten, Print- und Onlinemedien, ihren gesellschaftlichen Beitrag für eine wirksame gesundheitliche Aufklärung zu leisten. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf die Vermittlung der Botschaft liegen, dass Menschen mit psychischen Störungen ein gleichberechtigter Teil der Gesellschaft sind.

Mehr psychiatrische Abteilungen an allgemeinen Krankenhäusern

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, den Ausbau von psychiatrischen Abteilungen in allgemeinen Krankenhäusern mit dem Ziel weiter fortzusetzen, dass alle Kreise und kreisfreien Städte im Sinne der gemeindenahen Psychiatrie mit psychiatrischen Abteilungen mit angeschlossenen Tageskliniken und psychiatrischen Institutsambulanzen versorgt werden. In Planungsregionen sollen durch Bettenabbau in allgemeinen Krankenhäusern frei werdende Bettenkapazitäten für die Errichtung von psychiatrischen Abteilungen mit entsprechend qualifiziertem Personal verwendet werden. Dabei muss perspektivisch gewährleistet sein, dass diese zunächst kleinen Einheiten durch Bettenaufstockung und psychiatriegerechte bauliche Verbesserungen in überschaubarer Frist eine regionale, gemeindeorientierte Pflichtversorgung übernehmen können. Mittelfristiges Ziel ist das System der Fachkrankenhäuser durch ein flächendeckendes System von psychiatrischen Fachabteilungen an Allgemeinkrankenhäusern zu ersetzen (Beispiel Saarland).

Mehr Psychiatrische Institutsambulanzen

Wir PIRATEN unterstützen das Konzept der multiprofessionellen Psychiatrischen Institutsambulanzen als Teil der gemeindenahen psychiatrischen Versorgung und setzen sich für den weiteren flächendeckenden Ausbau in Deutschland ein. Psychiatrische Institutsambulanzen werden an den Psychiatrischen Abteilungen in den Allgemeinkrankenhäusern errichtet. Wir sprechen uns dabei für die Ansiedlung von Psychiatrischen Abteilungen mit Psychiatrischen Institutsambulanzen in zentraler leicht erreichbarer Lage der Kreise und kreisfreien Städte ein, bei flächenweiten Kreisen sollen zusätzliche Außenstellen der Psychiatrischen Institutsambulanzen errichtet werden. Allgemeinkrankenhäuser, die für den Aufbau der Psychiatrischen Abteilung zunächst mit psychiatrischen Stationen beginnen, sollen bereits mit diesen Stationen auch Psychiatrische Institutsambulanzen in Betrieb nehmen.

Bausteine der komplementären Versorgung

Wir PIRATEN fordern, dass in allen Gebietskörperschaften die Strukturen der sozialen, komplementären Versorgung für Menschen mit psychischen Störungen bedarfsdeckend aufgebaut bzw. (bei Trägerschaft von gemeinnützigen Vereinen) durch entsprechende Fördermittel erhalten werden. Diese komplementäre Versorgung ist das Kernstück der sozialen Inklusion; dazu gehört vor allem die Unterstützung in den Bereichen Wohnen, Arbeit und Freizeit.

• Wohnen: Die meisten psychischen Störungen treten erstmalig in der Jugend und im frühen Erwachsenenalter auf. Für diesen Personenkreis haben sich betreute Wohngemeinschaften ebenso bewährt wie zur „Wiederbeheimatung“, zur Rückführung von Langzeitpatientinnen und -patienten, die in sog. „Heime“ verschoben und dort ausgegrenzt wurden. Solche Wohngemeinschaften, oft unter Betreuung von Sozialarbeitern, sind bedarfsdeckend einzurichten.

• Arbeit: Die Arbeitssituation der Betroffenen ist häufig fatal; entweder bleibt ihnen der 1. Arbeitsmarkt aufgrund der Stigmatisierung verschlossen, oder sie sind tatsächlich den Anforderungen nicht gewachsen. In Regionen, in denen langjährig sozialpsychiatrisch gearbeitet wurde, entstand eine Palette von Arbeitsmöglichkeiten im 3. Arbeitsmarkt, von einfachen Zuverdienstfirmen bis zu komplett autonomen Firmen, die weiter geführt werden müssen.

• Freizeit: Die Freizeit sinnvoll mit anderen zu gestalten, ist für Menschen mit psychischen Störungen ebenfalls nicht so einfach wie für andere. Diverse Clubs, in denen sich alle (auch nicht Betroffene) treffen können, Patientencafés inmitten der Städte etc. sind daher unverzichtbare Bausteine einer komplementären sozialpsychiatrischen Versorgung.

• Tagesstätten: Im Gegensatz zu Tageskliniken findet in Tagesstätten keine medizinische Versorgung statt, sondern Therapeuten aller Ausbildungstypen (z. B. Ergo-, Kunst- und Musiktherapeuten etc.) gestalten zusammen mit Beschäftigten der Gesundheits- und Krankenpflege, Sozialarbeit und engagierten Bürgerinnen und Bürgern den Alltag der Betroffenen. Tagesstätten haben sich zudem als besonders nützlich erwiesen, wenn Demenzkranke ältere Menschen von ihren berufstätigen Kindern versorgt werden und müssen daher flächendeckend angeboten werden.

Bundesweite Notrufnummer

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, dass in allen Notrufleitstellen psychiatrisch geschultes Personal eingesetzt wird. Dieses soll eine kurzfristige Krisenintervention in psychischen Krisen ermöglichen, ähnlich wie dies bereits in Israel gehandhabt wird. Für psychische Notfälle soll es eine leicht zu merkende kostenfreie Rufnummer geben, die Anrufer mit der Leitstelle verbindet. Des Weiteren soll psychiatrische Notfallhilfe per E-Mail und SMS ganztags erreichbar sein.

Internetangebot des Bundesministerium für Gesundheit

Wir PIRATEN fordern im Zuge der Aufklärung über psychische Störungen die Bereitstellung eines Internetangebotes vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mit folgendem Inhalt:

• Datenbank aller praktizierenden Psychiater, Ärztlicher und Psychologischer Psychotherapeuten, Psychologen sowie aller psychiatrischen Fachkrankenhäuser mit:

• Adressen,

• Wartezeiten/Anzahl freier Sprechstunden/Anzahl freier Plätze,

• Fachgebiet,

• Spezialgebiet,

• Vorstellung und Erklärungen von Therapieangeboten,

• Anträge zum Download und Antragserklärungen.

An dieses Internetangebot soll eine Telefonhotline angeschlossen sein, die zu den Inhalten ebenfalls Auskunft geben kann. Die inhaltliche Ausgestaltung soll koordinierend vom BMG mit fachlicher Kompetenz erfolgen.

Kenntnisse über psychiatrische Symptome und Krisenintervention

Wir PIRATEN fordern, dass Ärzte in allen Fachbereichen, in denen sie mit Betroffenen mit psychiatrischen Diagnosen konfrontiert sind, vor allem aber in der Notfallmedizin, ausführliche und fortlaufende psychiatrische Weiterbildungen erhalten. Besonders wichtig ist auch eine fundierte Ausbildung und Training von Fähigkeiten in Krisenintervention und Deeskalation von Ärzten, Polizei und Rettungsdienstpersonal. Diesen Inhalten muss bereits frühzeitig, also noch während des Studiums oder der Ausbildung, mehr Bedeutung beigemessen werden.

Pflegepersonal in der Psychiatrie

Wir PIRATEN fordern eine deutliche Erhöhung des Personalschlüssels auf psychiatrischen Stationen. Des weiteren soll das Pflegepersonal auf psychiatrischen Stationen durch umfangreichere und praxisbezogene Weiterbildungsmaßnahmen besser im Umgang mit Patientinnen und Patienten mit psychischen Störungen geschult werden.

Inklusive Arbeitsmarktpolitik für Menschen mit psychischen Störungen

Sonderregelung Arbeitszeiten

Wir PIRATEN fordern eine umfassende Novellierung und Ausarbeitung der Regelungen im bisherigen Behindertenrecht, die den Menschen mit chronischen somatischen und chronischen psychischen Störungen, die auf Grund ihrer Störungen in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt sind, die Wahlmöglichkeit zu eröffnen, ein ihren Einschränkungen gerecht werdendes Arbeitszeitmodell auszuwählen. Es muss hierzu unter strengster Beachtung des Datenschutzes und Nutzung der Aufsichtsbehörden gewährleistet werden, dass die Annahme eines Arbeitszeitmodells diskriminierungsfrei und erfolgreich ermöglicht wird.

Sonderregelung Urlaubszeiten

Wir PIRATEN fordern eine Reform der gesetzlichen Regelungen, um Menschen mit chronischen psychischen Störungen, entsprechend ihres störungsbedingten Erholungsbedarfs, mehr Urlaubstage zu gewähren.

Zu den Sonderregelungen von Arbeits- und Urlaubszeiten sollen die Verbände der Arbeitgeber, der medizinischen Wissenschaften und der Betroffenen gemeinsam die Arbeitszeitmodelle und die Vorschläge für zusätzliche Urlaubstage im Rahmen einer Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag erarbeiten und vorstellen, damit der Deutsche Bundestag darüber beschließen kann. Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, dass die Vorschläge der Enquete-Kommission zur Abstimmung gestellt werden.

Freistellungsoption von Mehrarbeit für Menschen mit psychischen Störungen

Wir PIRATEN fordern eine Freistellungsoption bei Mehrarbeit für Menschen mit chronischen psychischen Störungen, ähnlich der Regelung in §124 SGB IX, (http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_9/BJNR104700001.html Fassung Art. 13 Abs. 26 G v. 12.4.2012 I 579), für Menschen mit Schwerbehinderung.

Rechte der psychiatrischen Patienten

Persönliches Budget

Seit dem 1. Januar 2008 haben Menschen mit Anspruch auf Teilhabeleistungen einen Rechtsanspruch auf das Persönliche Budget. Wir PIRATEN unterstützen dieses Konzept als Teilschritt zur Verwirklichung der Inklusion von Menschen mit gesundheitlichen Erkrankungen bzw. Störungen und wirken an seiner stetigen realitätsgerechten Verbesserung mit. Antragsstellungen sollen unabhängig vom Leistungsträger einfach und unbürokratisch ermöglicht werden. Des Weiteren fordern wir, dass Menschen mit Anspruch auf Teilhabeleistungen umfassend über diese Rechtsansprüche und das Beantragungsverfahren informiert werden.

Qualität in der Diagnostik

Wir PIRATEN fordern eine Reform der Richtlinien, die eine sorgfältigere psychiatrische Diagnostik sicherstellen. Psychiatrische Diagnosen müssen ausreichend begründet und gesichert sein, bevor sie gestellt werden dürfen. Die Diagnosen sind mit den Patientinnen und Patienten zu besprechen. Die wissenschaftlichen Fachverbände und Betroffenenverbände sollen gemeinsam eine Reform der Richtlinien erarbeiten, die die notwendige Gewissenhaftigkeit bei der Diagnosestellung sicherstellen, aber auch den Anforderungen des klinischen Alltags gerecht werden. Zusätzlich soll ermöglicht werden, nicht oder nicht mehr zutreffende Diagnosen auf Antrag des Betroffenen löschen zu lassen. Dafür erforderliche Richtlinienänderungen sollen von den wissenschaftlichen Fachverbänden und Betroffenenverbänden gemeinsam erarbeitet werden.

Freier Zugang zu Patientenakten

Jede Patientin und jeder Patient haben das Recht, ihre Patientenakte in vollem Umfang zu lesen. Wir PIRATEN fordern für alle Patientinnen und Patienten den freien, uneingeschränkten Zugang zu ihren Patientenakten. Die Einsichtnahme soll unbürokratisch, kostenfrei, zeitnah und in therapeutischer Umgebung (Begleit-Pflicht) ermöglicht werden.

Weniger bürokratische Hürden für Patienten

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, dass Patientinnen und Patienten, die sich in psychiatrischer Behandlung befinden oder sich in eine solche begeben wollen, ab dem Zeitpunkt der Feststellung der Behandlungsbedürftigkeit den Anspruch darauf erhalten, von einem Sozialarbeiter oder -pädagogen Unterstützung zu bekommen, wenn sich abzeichnet, dass Patientinnen und Patienten mittel- bis langfristig nicht in der Lage sein werden, eigenständig seinen Alltag zu bewältigen. Diese Unterstützung soll den Patientinnen und Patienten alltagspraktische Hilfestellung bieten, ohne dass dafür ein Betreuungsverfahren eingeleitet werden muss.

Europa

Für eine europäische Republik!

Die Europäische Union ist heute als supranationale Institution ein Projekt der nationalen Mitgliedstaaten und nicht der Bürger. Wir PIRATEN sind daher der Ansicht, dass die Zukunft Europas nicht an den Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten, sondern an den gemeinsamen Interessen aller Menschen in Europa ausgerichtet werden soll.

Das Defizit an demokratischer Legitimation in der Europäischen Union besteht seit ihrer Gründung und wurde im Zuge des europäischen Einigungsprozesses nicht entschieden genug angegangen. Dies zu beheben und Europa auf ein solides demokratisches Fundament zu stellen, ist unser Ziel. Zur Erreichung dieses Zieles wird es im weiteren Verlauf darauf ankommen, die politischen Prozesse bürgernäher zu gestalten und einen gemeinsamen europäischen Kommunikationsraum zu schaffen.

Politischen Entscheidungen auf europäischer Ebene müssen europaweite Debatten vorausgehen, an denen sich alle Menschen angemessen beteiligen können. Ohne gleichberechtigte und diskriminierungsfreie Kommunikation wird es diese angemessene Beteiligung nicht geben, und damit auch keine sachgerechten Entscheidungen im Sinne des Allgemeinwohls. Die Freiheit des Internets werden wir auf europäischer und globaler Ebene mit aller Entschlossenheit verteidigen.

Wir setzen uns für eine erweiterte EU-Bürgerschaft ein. Die erweiterte EU-Bürgerschaft sichert ihren Inhabern am Hauptwohnsitz vollumfänglich die gleichen Rechte zu, wie dort beheimateten Menschen mit jeweiliger nationaler Staatsbürgerschaft.


Demokratie Add-on für Europa

Wir fordern die Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung (Verfassungskonvent) für die Europäische Union. Ziel des Verfassungskonvents ist es, das politische System der EU und ihre Beziehung zu den Mitgliedstaaten und Regionen neu zu strukturieren und auf eine demokratische Basis zu heben. Der Prozess der Ausarbeitung einer europäischen Verfassung muss transparent geschehen und die europäischen Bürgerinnen und Bürger umfassend beteiligen. Die Mitglieder dieser Versammlung sollen demokratisch gewählt werden und gleichzeitig die Vielfalt innerhalb der Union repräsentieren. Über den erarbeiteten Verfassungsentwurf stimmen die Bürger unionsweit und zeitgleich ab.

Die Bevölkerung braucht in der EU ein höheres Maß an Einflussmöglichkeiten als heute. Initiativrechte und Referendumsregelungen sind zwingend notwendig. Die Bürgerinnen und Bürger müssen in der Lage sein, Gesetzentwürfe und Regelungsvorschläge bei den zuständigen EU-Organen einzubringen. Und sie müssen über die wichtigen Fragen per Referendum entscheiden können – bei Verfassungs-/Vertragsänderungen sollten zwingend Volksabstimmungen stattfinden.

Wir fordern auch, dass die Bürgerinnen und Bürger in EU-weiten Abstimmungen direkt über die europäische Gesetzgebung entscheiden können. Zum einem sollen die Bürger mittels einer modifizierten und erweiterten Europäischen Bürgerinitiative eigene Legislativ-Vorschläge unterbreiten, sowie im Rahmen des europäischen Gesetzgebungsprozesses EU-Gesetze stoppen können. Die Europäische Bürgerinitiative soll in der Praxis leicht anwendbar und gebührenfrei sein. Zum anderen sollen Änderungen der EU-Verträge bzw. einer EU-Verfassung nur dann in Kraft treten, wenn die Bürger sie in europaweiten, zeitgleichen Abstimmungen befürworten. Diese sollen kurzfristig durchgeführt werden.

Die aktuelle Gesetzgebung der EU wird von der Exekutive, der Europäischen Kommission, zu Lasten der eigentlichen Legislative, dem Europäischen Parlament, dominiert. Deshalb fordern wir PIRATEN die Gewaltenteilung zugunsten der Legislative neu zu gewichten. Das europäische Parlament braucht, unabhängig davon wie viele Kompetenzen auf EU Ebene angesiedelt sind, die vollen Rechte eines Parlamentes (zumindest zusätzlich das Gesetzesinitiativrecht, worauf heute noch die Kommission das Monopol hat und das volle Budgetrecht). Zudem wäre eine zweite Parlamentskammer sinnvoll, besetzt mit Vertretern der nationalen Parlamente oder direkt gewählte Landesvertretern. Die Rechte der Kommission und des Europäischen Rates müssten im Gegenzug beschnitten werden. Wir plädieren für die Stärkung der Parlamentsrechte statt für eine Stärkung einzelner Führungspositionen.


Europäische Wirtschafts- und Währungsunion

Die eklatanten Konstruktionsfehler der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion tragen im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrisen in einigen Mitgliedsstaaten maßgeblich zur Ausweitung der Ungleichgewichte unter den Eurostaaten bei. Die einseitige europäische Rettungspolitik aus Spardiktaten, Lohn-, Renten- und Sozialkürzungen stellt einen doppelten Schlag ins Gesicht der Bürger dar: Das mangelhafte Krisenmanagement führt durch die Sozialisierung der Verluste bei gleichzeitiger Privatisierung der Gewinne zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Spaltung zwischen und in den Mitgliedstaaten. Zudem ist die Krisenpolitik ein undemokratischer Rückschritt im europäischen Integrationsprozess.

Die massenweise Finanzierung von Staatsschulden zweifelhaften Wertes über die Europäische Zentralbank (EZB) und den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) lehnen wir strikt ab. Um die Schuldenkrise in Europa wirksam zu lösen, fordern wir daher die kurzfristige Durchführung frühzeitiger einmaliger Schuldenschnitte von Staatsschulden in der Europäischen Union sowie eine effektive Restrukturierung, und wenn nötig, Rekapitalisierung maroder Banken. Wird nach konsequenter Beteiligung der Eigentümer die Eigenkapitalquote einer Bank zu niedrig, dann soll die betroffene Bank durch Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital stabilisiert werden. Als letzter Schritt ist eine Verstaatlichung zu prüfen, wenn eine Insolvenz aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Folgewirkungen ausscheidet. Eine Abfederung sozialer Einschnitte durch den Schutz von Kleinanlegern bzw. privater Renten- und Lebensversicherungen ist bis zu einem Höchstbetrag zu gewährleisten.


Transparenz und demokratische Kontrolle des ESM

Der ESM-Vertrag verstößt gegen die im Grundgesetz verankerten fundamentalen Rechtsprinzipien und Grundsätze einer demokratischen Staatsordnung (wie den Parlamentsvorbehalt und das Rechtsstaatsprinzip) sowie gegen die Transparenz-Grundsätze der PIRATEN.

Wir fordern:

• Der ESM-Vertrag verstößt gegen die im Grundgesetz verankerten fundamentalen Rechtsprinzipien und Grundsätze einer demokratischen Staatsordnung (wie den Parlamentsvorbehalt und das Rechtsstaatsprinzip) sowie gegen die Transparenz-Grundsätze der PIRATEN.

• Entscheidungen des europäischen Gouverneursrates zur Verwendung der Mittel und zur Vergrößerung der Rettungsschirme sollen durch die demokratisch gewählten Volksvertreter des Europäischen Parlaments beschlossen und kontrolliert werden.

• Alle Kreditvergaben sollen transparent sein. Der Jahresabschluss und der Jahresbericht des ESM sollen öffentlich und maschinenlesbar zugänglich gemacht werden.

• Die Prüfungsberichte des Ausschusses sollen öffentlich gemacht werden.

• Jede Erhöhung des Stammkapitals soll von den demokratisch gewählten Volksvertretern der jeweiligen nationalen Parlamente beschlossen werden.

• Das Europäische Parlament soll die Befugnis erhalten, die Immunität der Mitglieder des europäischen Gouverneursrates und des Direktoriums aufheben zu können.

• Die Gehälter der Mitglieder des Gouverneursrates und des Direktoriums sind offenzulegen.


Die Europäische Union kann ohne Solidarität nicht bestehen

Um die wirtschaftlich angeschlagenen Eurostaaten auf die Beine zu bringen, fordern wir PIRATEN daher einen „Marshall-Plan für Europa“ – ein Aufbau- und Investitionsprogramm, das sowohl die kurzfristige Konjunkturentwicklung fördert als auch das längerfristige Wachstumspotenzial stärkt. Ziel ist der Umbau und die Modernisierung der europäischen Volkswirtschaften hin zu einer energieeffizienten und ressourcenschonenden Wirtschaftsstruktur.

Zur Wiederherstellung rechtsstaatlicher und marktwirtschaftlicher Prinzipien in der EU muss eine unabhängige Überprüfung und gegebenenfalls Rückabwicklung aller erfolgten Rettungsmaßnahmen für Finanzinstitute und öffentlicher Haushalte durchgeführt werden. Hierzu bedarf es der Offenlegung aller diesbezüglichen Geldflüsse. Das gemeinwohlschädliche und teils kriminelle Geschäftsgebaren des Finanzsektors im Zusammenspiel mit mangelhafter Bankenregulierung und -aufsicht in der EU sind wesentliche Ursachen der Finanz- und Eurokrise.

In der forcierten Einmischung der Europäischen Kommission in die Haushaltspolitik einzelner Mitgliedstaaten sehen wir PIRATEN eine Missachtung des Demokratieprinzips und eine akute Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung und den Einigungsprozess in Europa. Wir lehnen den europäischen Fiskalpakt daher als demokratisch nicht legitimierten Eingriff in die Haushaltshoheit der Mitgliedstaaten ab. Weitere Schritte zur Integration der Eurozone erfordern zwingend eine verstärkte demokratische Legitimation und Rechenschaftspflichten sowie die Ausweitung der parlamentarischen Kontrollrechte.


Europäische Energiepolitik

Ein funktionierender europäischer Energiebinnenmarkt muss auf Versorgungssicherheit, Ressourcenschonung, Verbrauchernutzen und Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet sein. Die unvollendete Struktur des bestehenden EU-Energiebinnenmarkts muss an die Herausforderungen, denen Europa in den Bereichen Energie und Klimaschutz gegenübersteht, angepasst werden. Wir setzen uns für die dezentrale Integration der Energiemärkte in der Europäischen Union mit vielen kleinen und mittelgroßen Energieversorgern ein. Damit ein dezentral organisierter Energiemarkt eine erschwingliche und sichere Energieversorgung für die Haushalte und Unternehmen gewährleisten kann, wollen wir die Netzneutralität der europäischen Energieinfrastruktur durchsetzen. Mit Energienetzen in unabhängiger Hand können verbraucherfeindliche oligopolistische Strukturen auf den europäischen Energiemärkten aufgebrochen und die Position der Verbraucher gestärkt werden.

Wir stehen zu den Klimazielen der EU. Dabei setzen wir bei der Reduktion der Treibhausgasemissionen auf die Erhöhung der Energieeffizienz, ein funktionierendes System für den Emissionsrechtehandel auf europäischer Ebene sowie die Förderung der regenerativen Energien. Wir machen uns für eine verstärkte Zusammenarbeit bei den Investitionen in die europäische Energieinfrastruktur stark. Staatliche Subventionen für die fossile und nukleare Energiegewinnung konterkarieren den von uns angestrebten Wechsel hin zu einer zukunftsfähigen, klimafreundlichen und möglichst autarken Energieversorgung in Europa. Dazu zählen insbesondere indirekte Beihilfen in Form von gesetzlichen Haftungsfreistellungen für Atomkraftwerke.

Wir fordern die Abschaffung jeglicher Subventionen und Beihilfen für die Förderung fossiler und atomarer Energien. Für einen funktionierenden Verbraucherenergiemarkt ist eine transparente Preisgestaltung und Offenlegung des Energiequellenmix entscheidend. Nur wenn die europäischen Verbraucher in beides jederzeit Einblick erhalten, können sie informierte Kaufentscheidungen im Sinne ihrer individuellen Präferenzen treffen. Wir wollen eine europaweite Verpflichtung der Energieversorger herbeiführen, die den Verbrauchern die entsprechenden Daten barrierefrei bereitstellt.

Bei der Umsetzung des europäischen Energiebinnenmarkts werden modernste internetgestützte Technologien (SmartGrid) eine Schlüsselrolle spielen. Allerdings birgt die damit verbundene detailgetreue Dokumentation des individuellen Energieverbrauchs erhebliche Missbrauchsgefahren. Hier müssen höchste Datenschutzstandards eingehalten werden.


Digitale Agenda für Europa

Die Digitale Revolution verändert die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen in ganz Europa. Der freie und gleichberechtigte Zugang zum Internet ist Grundvoraussetzung für die Teilhabe am digitalen Leben. Wir wollen daher das Recht auf Digitale Teilhabe an der Gesellschaft in der europäischen Grundrechtecharta verankern und den europaweiten Ausbau einer leistungsfähigen Kommunikationsinfrastruktur durch die EU stärker fördern. Ziel ist es, in den nächsten Jahren eine lückenlose Breitbandversorgung in der EU zu gewährleisten. Um einen dauerhaften Investitionsanreiz, einen fairen Wettbewerb und die Gleichbehandlung der Akteure im digitalen Raum sicherzustellen, muss das Prinzip der Netzneutralität europaweit gesetzlich verankert werden. Im Zuge des europaweiten Ausbaus der Netze und ihrer Modernisierung darf es nicht zu einer Monopolisierung der Kommunikationsinfrastruktur kommen.

Das Internet als Kommunikationsraum kennt keine Grenzen. Wir betrachten daher die künstlichen nationalen Barrieren für Kulturgüter innerhalb des Europäischen Binnenmarktes als Hindernis für die weitere europäische Integration und fordern deren Aufhebung. Insgesamt bedarf es eines Umdenkens im Bereich der Immaterialgüterrechte und eine Abkehr von deren restriktiver Durchsetzung. Einer weiteren Monopolisierung von Information und Kultur muss Einhalt geboten werden. Daher bedarf es einer grundrechtlichen Absicherung, dass der Staat Monopolrechte an Immaterialgütern nur dann einräumen oder aufrechterhalten darf, wenn diese dem Interesse der Allgemeinheit nicht entgegen stehen. Außerdem müssen sie zeitlich begrenzt sein und dürfen rückwirkend weder inhaltlich noch zeitlich erweitert werden.

Die Schaffung von Gemeingütern (Commons), wie beispielsweise Freie Software, freie Kulturgüter, offene Patentpools und freie Bildungsangebote, muss durch geeignete rechtliche Rahmenbedingungen abgesichert und gefördert werden. Das sich zunehmend in digitalen Räumen abspielende Sozialleben soll nicht von Immaterialgüterrechten beschränkt werden. Dies ist durch Fair-Use-Klauseln sicherzustellen. Wir fordern europaweite Standards für das Urhebervertragsrecht, die die Position der Urheber gegenüber Verwertern stärken und mit dem Interesse der Allgemeinheit ins Gleichgewicht bringen. Umfassende Transparenz und gerechte Mitbestimmung durch ihre Mitglieder muss auch in den europaweiten Regelungen zu Verwertungsgesellschaften hergestellt werden.

Wir PIRATEN lehnen intransparent zustande gekommene und ohne Beteiligung der Zivilgesellschaft entwickelte internationale Freihandelsabkommen wie TTIP und CETA ab, die den zuvor genannten Prinzipien zu Immaterialgüterrechten und Datenschutz widersprechen.


Europäische Innen- und Sicherheitspolitik

Wir PIRATEN wollen die europäische Flüchtlings- und Asylpolitik einer grundlegenden Neuausrichtung unterziehen. Eine „Festung Europa“ ist nicht hinnehmbar. Die europäische Flüchtlings- und Asylpolitik muss auf der Achtung der Menschenrechte beruhen und die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention sowie der UN-Kinderrechtskonvention respektieren. Alle Mitgliedstaaten müssen gemäß ihren Kapazitäten Flüchtlinge und Asylsuchende aufnehmen. Eine von Solidarität geprägte europäische Flüchtlings- und Asylpolitik darf einzelne Mitgliedstaaten nicht mit dem finanziellen, logistischen und administrativen Aufwand alleine lassen.

Die völkerrechtswidrigen Praktiken der EU-Grenzschutzagentur Frontex sind Ausdruck einer menschenverachtenden Ausgrenzungspolitik der Europäischen Union. Wir fordern daher die Abschaffung von Frontex. Ebenso ist die europäische Nachbarschafts- und Entwicklungspolitik auf die effektive Verbesserung der Lebensbedingungen und der Menschenrechtssituation in den betreffenden Staaten auszurichten.

Jeglichen Tendenzen hin zu einer repressiven europaweiten Überwachungsstruktur treten wir entschieden entgegen. Für uns PIRATEN ist der forcierte Einsatz von Drohnen innerhalb der EU-Sicherheitsarchitektur Ausdruck einer fatalen Fehlentwicklung. Abgesehen von eng definierten absoluten Ausnahmefällen lehnen wir PIRATEN den Einsatz von Drohnen in der Europäischen Union grundsätzlich ab.


Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik

Wir PIRATEN stehen der Idee einer gemeinsamen europäischen Armee wohlwollend gegenüber. Wir betrachten die Gemeinsame Europäische Armee als selbständigen Teil eines transatlantischen Sicherheits- und Verteidigungsbündnisses. Integriert in ein immer größer werdendes globales Sicherheitsbündnis, welches dazu beiträgt das Macht- und Sicherheitsdilemma zwischen den Mitgliedern des Bündnisses zu überwinden.

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, dass das so geschaffene und reformierte transatlantische Sicherheits- und Verteidigungsbündnis nach dem Subsidaritätsprinzip entworfen wird, bei der weiterhin die Nationalstaaten, die EU oder ein zu benennendes Organ des Bündnisses über die Einsätze entscheiden. Die Entscheidung über einen etwaigen Einsatz bedarf zwingend einer demokratischen Legitimation durch das EU-Parlament.

Europäische Verkehrspolitik

Wir betrachten Mobilität als Grundrecht, jedoch den Betrieb eines subventionierten Autos und die Vergesellschaftung der externen Effekte – insbesondere der Umweltfolgen – hingegen als Hemmnis für eine zukunftsfähige Verkehrspolitik. Wir unterstützen die Reduzierung des Autoverkehrs im Rahmen einer multimodalen Verkehrsplanung, die eine abgasfreie urbane Mobilität zum Ziel hat. Auch auf europäischer Ebene streben wir PIRATEN eine gerechte Verteilung der Kosten des Verkehrs für alle Verkehrsträger gemäß dem Verursacherprinzip an.

Wir sehen in der Vernetzung der Verkehrsinfrastruktur, und insbesondere im Ausbau der transeuropäischen Eisenbahnkorridore, einen wesentlichen Beitrag zum europäischen Integrationsprozess. Dabei sind neben der baulichen Anbindung der Infrastruktursysteme auch die Vereinheitlichung von technischen Standards sowie der Abbau von administrativen Hindernissen unerlässliche Grundlagen für die Schaffung eines europäischen Verkehrsraumes.

Wir erachten im Bereich des Güterverkehrs die Schifffahrt und schienengebundene Verkehrssysteme als zukunftsweisend. Der Ausbau der transnationalen Güterverkehrslinien ist vordringlichstes Ziel und die Verlagerung von Verkehrsvolumen auf die Schiene ist unumgänglich zur Einhaltung von umweltpolitischen Zielsetzungen sowie der Entlastung der Straßennetze und Kapazitätsoptimierung aller Verkehrsträger. Wir sehen in der europaweiten Förderung der Binnenschifffahrt eine ökologisch sinnvolle Alternative zum Straßengüterverkehr. Die Kapazitäten des Verkehrsträgers Schiff sind auf europäischer Ebene auszubauen. Dabei müssen technische Standards auch für Schiffe mit nichteuropäischer Registrierung gelten.

Wir fordern eine Vereinheitlichung des europäischen Luftraumes zur Steigerung der Sicherheit und Effizienz sowie zur Ermöglichung von innovativen Routenführungen. Die Verringerung von Lärmbelästigung und Umweltbelastungen ist ein zentrales Ziel der Luftverkehrspolitik der PIRATEN. Daneben fordern wir die Vereinheitlichung und den Ausbau von Passagierrechten insbesondere auch im Bereich des Datenschutzes. Wir befürworten weiterhin den Einsatz neuer Kommunikationstechnologien, um Verkehr wo möglich zu vermeiden.


Zeitumstellung

Die Piraten wollen die Zeitumstellung in der Europäischen Union abschaffen. Die nach der Abschaffung gültige Zeit soll die Normalzeit sein.

Die Zeitumstellung hat keine Vorteile, sondern bringt lediglich Nachteile und mittleren bis hohen Umstellungsaufwand mit sich. Beibehalten wird sie aus EU- und Bundestagssicht nur noch wegen einer einheitlichen Umstellung innerhalb der EU, was sich allerdings auch durch eine Abschaffung erreichen ließe.


Außen- und Sicherheitspolitik

Außen- und sicherheitspolitisches Programm

Die Veränderung der internationalen Beziehungen durch die Digitalisierung der Welt macht es notwendig, außen- und sicherheitspolitische Konzepte für das 21. Jahrhundert zu erarbeiten, die diesen Rechnung tragen. Als PIRATEN können wir bei der Verletzung von Menschen- und Bürgerrechten nicht wegschauen. Die Voraussetzung für eine verantwortungsvolle Außen- und Sicherheitspolitik im Rahmen des Piratenkodexes ist eine Betrachtung sozialer, politischer, wirtschaftlicher, ökologischer und militärischer Faktoren. Wir sind dabei erfinderisch, nachhaltige und effektive Lösungen in den internationalen Diskurs einzubringen.

Wir PIRATEN setzen uns für eine globale Sicherheitspolitik ein, welche nicht nur die Symptome von Konflikten aufgreift, sondern deren Ursachen angehen möchte. Dies kann nur erreicht werden mit einem außensicherheitspolitischen Ansatz, der eine Gesamtbetrachtung politischer, rechtlicher, sozialer, wirtschaftlicher, ökologischer und militärischer Themen enthält. Unsere Sicherheitspolitik muss eine langfristige Präventionspolitik sein, die auf Vermittlung und Deeskalation setzt. Wir bleiben einer Kultur der politischen Zurückhaltung mit militärischen Mitteln verpflichtet. Das Primat der Politik bedingt, dass der Einsatz militärischer Mittel immer nur eine letzte Option sein kann.

Die momentanen Maßnahmen gegen terroristische Bedrohungen entsprechen einer Reaktionspolitik, welche pauschal die Rechte unbescholtener Bürgerinnen und Bürger beschneidet. Freiheit und Bürgerrechte geben wir aber nicht zugunsten einer unbewiesenen Verbesserung der Sicherheitslage auf. Aus Sicht der PIRATEN bedarf es stattdessen einer Präventionspolitik. Es ist eine Analyse der Ursachen, aufgrund derer sich Menschen radikalisieren, nötig. Ein langfristiger außensicherheitspolitischer Ansatz ist hierzu erforderlich, welcher auch eine Gesamtbetrachtung politischer, rechtlicher, sozialer, wirtschaftlicher, ökologischer und militärischer Faktoren einschließt.


Transparente Außenpolitik

Die langfristigen außenpolitischen Ziele Deutschlands sind transparent und offen zugänglich zu dokumentieren. Die Dokumentation muss in einem vom Auswärtigen Amt zu publizierenden Weißbuch erfolgen und bei gegebenem Anlass aktualisiert werden.

Transparente Europäische Außen- und Sicherheitspolitik

Im Zuge der Entwicklung der vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union wurden Institutionen einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik entwickelt und erweitert. Die PIRATEN fordern Transparenz, auch in der Außenpolitik. Deshalb steht sie dafür ein, dass die EU-Organe die langfristigen außenpolitischen Ziele der EU definieren und öffentlich kommunizieren.


PIRATEN gegen Cyberwar

Offene und verdeckte Aktionen von staatlichen, privaten und öffentlichen Organisationen, die den Cyberspace als Konfliktdomäne nutzen und die Zivilbevölkerung gefährden, lehnen wir dezidiert ab. Schadsoftware, die in der Lage ist Menschenleben durch Angriffe auf gesellschaftliche Versorgungsnetzwerke (Stichwort: KRITIS) zu gefährden, betrachten wir als inakzeptables Sicherheitsrisiko und fordern ein Bekenntnis von Regierungen, im speziellen der deutschen Regierung, zu friedenserhaltenden Maßnahmen, gemäß den internationalen Konventionen zur Verbesserung des friedlichen menschlichen Zusammenlebens durch Technik auf der Welt. Wir PIRATEN Deutschland fordern alle Regierungen dieser Erde auf, die globalen Informations- und Kommunikationsnetze gemeinsam zu schützen und als ein hohes gemeinschaftliches Gut aller Menschen anzuerkennen.


Global Menschenrechte stärken

Ablehnung von Körperstrafen

Wir PIRATEN setzen uns im Sinne der Menschenrechte international für die Abschaffung von Körperstrafen ein.

Ablehnung der Todesstrafe

Wir PIRATEN setzen uns im Sinne der Menschenrechte international für die Abschaffung der Todesstrafe ein.

Kategorische Ablehnung ethnischer Säuberungen

Wir PIRATEN lehnen gewaltsame Vertreibung, Umsiedlung, Deportation und Mord kategorisch ab. Sie unterstützt UN-Initiativen die das Ziel haben, diese zu verhindern.


Die Vereinten Nationen (UN)

Stärkung der Vereinten Nationen (UNO)

Die Vereinten Nationen als wichtigste Institution für die friedliche Verständigung zwischen den Staaten der Erde bedürfen innerer Reformen, um für die neuen Herausforderungen gerüstet zu sein. Eine angemessene Beteiligung aller Kontinente am Sicherheitsrat ist dauerhaft sicherzustellen. Insbesondere sollen Schwellenländer, angesichts ihrer wachsenden regionalen Bedeutung, stärker an den Mechanismen zur Wahrnehmung globaler Verantwortung beteiligt werden. Die Vereinten Nationen können ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn die Mitgliedstaaten ihren Beitragszahlungen nachkommen. Es bietet sich an, die Vereinten Nationen in Zukunft noch stärker an der Koordination von Katastrophenhilfeprojekten zu beteiligen.


Nukleare Abrüstung und Rüstungskontrolle

Vision einer kernwaffenfreien Welt

Wir PIRATEN teilen die Vision einer kernwaffenfreien Welt und möchte diese durch konkrete Schritte - wo immer sie sich ergeben - verwirklichen. Dazu unterstützen wir Initiativen, welche Kommunikation, Vertrauensbildung und Transparenz zwischen den Staaten unter Berücksichtigung der jeweiligen Sicherheitsinteressen fördern. Die Ziele der nuklearen Abrüstung und Nichtverbreitung sollen dabei parallel verfolgt werden.

Schritte zur kernwaffenfreien Welt

Ablehnung der nuklearen Teilhabe

Wir PIRATEN lehnen die nukleare Teilhabe ab und setzt sich für ihre Abschaffung innerhalb der NATO ein.

Abzug der Kernwaffen aus Deutschland

Wir PIRATEN setzen uns für den unilateralen Abzug der Kernwaffen aus Deutschland ein.

Abzug der US-amerikanischen Kernwaffen aus Europa

Wir PIRATEN setzen uns für den unilateralen Abzug der US-amerikanischen Kernwaffen aus allen europäischen Staaten ein. Dies wäre eine vertrauensbildende Maßnahme, mit der weitere nukleare Abrüstung erleichtert werden soll.

Erweiterung der IAEO Kontrollen und Verbesserung der Finanzierung

Wir PIRATEN setzen uns für die Einführung nuklearer Sicherungsmaßnahmen für den zivilen Kernbrennstoffkreislauf auch in Kernwaffenstaaten ein. Zu diesem Zweck muss die Ausstattung der IAEO soweit verbessert werden, dass sie die wachsenden Verpflichtungen erfüllen kann.

Transparenz der Bestände von Kernwaffen und Sprengköpfen

Wir PIRATEN setzen uns für die Publikation der Bestände von militärischem Nuklearmaterial und Sprengkopfzahlen ein.

Verzicht des Ersteinsatzes von Nuklearwaffen

Wir PIRATEN setzen uns für einen bedingungslosen Verzicht auf den Ersteinsatz von Kernwaffen ein.

Unterstützung des CTBT und FM(C)T Vertrages

Wir PIRATEN unterstützen alle Bemühungen, die das Inkrafttreten des CTBT (Comprehensive Test Ban Treaty/ Teststoppvertrag) fördern. Wir unterstützen auch alle Bemühungen, mit den Verhandlungen zum FM(C)T (Fissile Material Cutoff Treaty) zu beginnen.

Förderung von Kernwaffenfreien Zonen

Auf dem Weg zu einer kernwaffenfreien Welt („Global Zero“) setzen uns wir PIRATEN für die Schaffung einer kernwaffenfreien Zone in Mitteleuropa und anderen Regionen weltweit als vertrauensbildende Maßnahme ein.


Bildung im Globalen Süden stärken

Wir fordern eine erhebliche Ausweitung der Ausgaben für die Bildung und Ausbildung von Menschen in schlecht entwickelten, armen Ländern oder Regionen in der Höhe von mindestens 10% des Haushaltes des Bundesministeriums der Verteidigung. Dies ist eine Querschnittsaufgabe aller Ministerien, die durch ihre Aufgabenstellung zu beteiligen sind und wird durch eine gemeinsame Stabsstelle umgesetzt.


Wirtschaft und Finanzen

Präambel

Die Wirtschafts-, Finanz- und Sozialordnung soll allen Menschen und der Gemeinschaft dienen. Traditionelle Kennzahlen, wie etwa das Bruttoinlandsprodukt (BIP) oder die Wachstumsrate, die nur bedingt mit dem Wohlstand der Menschen und der Nachhaltigkeit des Wirtschaftens verknüpft sind, sollen daher nicht mehr alleinige Orientierungsgrößen für die Wirtschaftspolitik sein.

Das Leitbild der PIRATEN ist eine Ordnung, die sowohl freiheitlich als auch gerecht als auch nachhaltig gestaltet ist.

Da Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit universelle Grundwerte sind, wollen wir auch über den nationalen Rahmen hinaus auf die Berücksichtigung dieser Werte hinwirken. Freiheitlich ist eine Gesellschaftsordnung, in der die individuelle Entfaltung des Menschen im Mittelpunkt steht. Sie wird durch das Gemeinwohl sowohl gestärkt als auch beschränkt. Deshalb sind Freiheit und Verantwortung untrennbar miteinander verbunden. Gerecht bedeutet, dass die Rahmenbedingungen in Wirtschaft und Gesellschaft so gestaltet sind, dass sowohl eine Teilhabe als auch ein angemessenes Leben grundsätzlich gewährleistet werden.

Nachhaltig ist ein auf Dauer angelegter, verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen und der Umwelt. Die Haushalts- und Subventionspolitik, sowie das Finanzsystem, müssen dem Menschen und der Realwirtschaft langfristig dienen.


Wirtschaftspolitik

Die Wirtschaftspolitik der PIRATEN basiert auf einem humanistischen Menschenbild und ist bestimmt von Freiheit, Transparenz und gerechter Teilhabe. Auf diesem Fundament stehen unsere Konzepte für eine freiheitliche und soziale Wirtschaftsordnung, deren Ziel die selbstbestimmte Entfaltung und das Wohlergehen aller Menschen ist.

Weltweite Vernetzung und Digitalisierung machen ganz neue Formen der Produktion, der Arbeit und des Austausches möglich. Diese neuen Formen des Wirtschaftens bieten enormes Potenzial, erfordern aber auch eine Weiterentwicklung der Wirtschaftsordnung. Hier bietet sich die Chance, einen zentralen Bereich der Gesellschaft politisch neu zu gestalten.

Dabei ist für PIRATEN Wirtschaftspolitik nicht gleich Wachstumspolitik. Die über den Markt verkauften Güter und Dienstleistungen sind nur ein sehr unvollständiges und zuweilen irreführendes Maß für den Wohlstand und für die Lebensqualität in einer Gesellschaft. An diesen Steuerungsgrößen allein darf sich Wirtschaftspolitik nicht ausrichten, sie muss sich stattdessen den individuellen Lebensentwürfen der Menschen öffnen, unabhängig davon, wie stark diese ins Wirtschaftsgeschehen eingebunden sind. Unsere Wirtschaftspolitik soll den Rahmen zur Verwirklichung dieser Lebensentwürfe in einer globalisierten Wirtschaft schaffen.

Wir halten das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA für eine erhebliche Gefahr für Arbeitsplätze, Verbraucher- und Umweltschutzstandards und lehnen es daher ab. Wir werden alles tun, um es zu verhindern. Ebenso sind wir gegen ähnliche Freihandelsabkommen wie CETA oder TISA.

Auch die Wirtschafts-Partnerschafts-Abkommen EPAs (Economic Partnership Agreements) zwischen der EU und afrikanischen Staaten sehen wir sehr kritisch, da sie Schutz- und Entwicklungsbedürfnisse afrikanischer Staaten hinter europäische Wirtschaftsinteressen stellen.


Ökologie

Wir PIRATEN setzen uns für einen nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen ein. Dazu gehört auch, dass die wirtschaftliche Nutzung von natürlichen Ressourcen so bepreist ist, dass eine Ausbeutung auf Kosten der Allgemeinheit nicht möglich ist.

In der Umstellung auf regenerative Energiequellen und in der Dezentralisierung der Erzeuger- und Verteilungsstrukturen sehen wir großes Potenzial für die deutsche Wirtschaft, gerade für kleine, innovative Unternehmen. Wir werden dazu beitragen, dass dieses Potenzial genutzt wird und dadurch bundesweit Innovationen und Arbeitsplätze entstehen.

Lebensmittel gehören auf den Tisch, nicht in die Tonne. Wir setzen uns für die Schaffung einer Richtlinie ein, die Unternehmen der Lebensmittelindustrie und des Lebensmitteleinzelhandels dazu anhält, nicht mehr für den Verkauf geeignete aber dennoch genießbare Waren der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Dies kann in der Weitergabe an karitative Organisationen oder durch die Bereitstellung zur kostenfreien Mitnahme geschehen. Sicherzustellen ist dabei die vorzugsweise Verteilung an Bedürftige. Dies ist ein steuerfreier Vorgang. Ein Wiederverkauf ist durch geeignete Maßnahmen zu verhindern. Der Kostenaufwand für eine Abholung und Weiterverteilung darf umgelegt werden. Der Aufwand ist nachzuweisen.


Verbraucherschutz

Damit eine freie Marktwirtschaft auch sozial ist, müssen die Rechte der Konsumentinnen und Konsumenten gegenüber der Macht der Anbieter gestärkt werden. Dies kann jedoch nicht durch weitere Bevormundung des Einzelnen und wenig sinnvolle Warnungen geschehen. Wir PIRATEN wollen stattdessen Produzenten und Dienstleister dazu verpflichten, umfassende und verständliche Informationen bezüglich ihrer Produkte und deren Herstellung öffentlich bereitzustellen. Die Möglichkeiten, die neue Medien hier bieten, sollten nicht nur für Werbung, sondern auch für solche Informationen genutzt werden. Nur informierte Konsumierende können frei entscheiden, wofür sie ihr Geld ausgeben und damit direkten Einfluss auf die Anbieter ausüben.


Arbeitsmarkt

Arbeit und Mensch

Arbeit ist für uns nicht nur eine handelbare Ware, sondern immer auch die persönliche Leistung eines Menschen. Es ist daher ein Gebot der Menschenwürde, dass jeder Mensch frei entscheiden kann, welchen Beruf er ausüben will, und welche Arbeit er annehmen will, aber auch, dass diese Leistung entsprechend gewürdigt wird.

Die technologische Entwicklung ermöglicht es, dass nicht mehr jede monotone, wenig sinnstiftende oder sogar gefährliche Aufgabe von Menschenhand erledigt werden muss. Wir sehen dies als großen Fortschritt, den wir begrüßen und weiter vorantreiben wollen. Daher betrachten wir das Streben nach absoluter Vollbeschäftigung als weder zeitgemäß noch sozial wünschenswert. Stattdessen wollen wir uns dafür einsetzen, dass alle Menschen gerecht am Gesamtwohlstand beteiligt werden und werden dazu die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens prüfen.

Mindestlohn als Brückentechnologie

Es gehört zu den Aufgaben des Staates sicherzustellen, dass auch im freien Markt die Menschenwürde respektiert wird. Wer voll berufstätig ist, darf nicht unter der Armutsgrenze leben und auf staatliche Zusatzleistungen angewiesen sein. Zudem verzerren Dumpinglöhne die Wettbewerbsbedingungen innerhalb und zwischen freien Märkten. Um allen Menschen eine würdige Existenz und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, werden wir uns daher für einen bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn einsetzen. Mittelfristig wollen wir jedoch mit dem „Recht auf sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe“ ein umfassenderes System zur allgemeinen, bedingungslosen Existenzsicherung etablieren.

Betriebliche Mitbestimmung

Wir PIRATEN treten für die stärkere Demokratisierung der Wirtschaft ein. Dieser Prozess findet aber nicht nur auf der Ebene von Staat und Markt statt, sondern auch innerhalb einzelner Unternehmen. Das Arbeitsumfeld ist ein wesentlicher Teil des Lebensumfeldes, auf das Menschen einen angemessenen Gestaltungsanspruch haben, der letztendlich auch den Unternehmen zugute kommt. Wir werden daher die existierenden Mitbestimmungsrechte für Angestellte verteidigen und wo nötig weiter ausbauen. Die Beteiligung der Mitarbeiterbasis an der Unternehmensführung begünstigt sozialere und nachhaltigere Entscheidungsfindung sowie unternehmerische Innovationen.

Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft in Kammern und Verbänden (ausgenommen Rechtsanwalts-, Notar- und Ärztekammern)

Wir PIRATEN treten für die Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft in Kammern und Verbänden wie der Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie der Landwirtschafts- oder Handwerkskammer ein. Rechtsanwalts-, Notar- und Ärztekammern sind von diesem Ziel nicht erfasst.


Globalisierung

Die zunehmende weltweite Vernetzung sehen wir grundsätzlich als positive und bereichernde Entwicklung. Das Internet mit seinen fast unbegrenzten Möglichkeiten wird dabei ein immer bedeutenderer Wirtschaftsfaktor, der weit über nationale Politik hinausgeht. Der weltweite Ausbau eines freien Internets ist daher nicht nur ein ideelles, sondern auch ein wirtschaftspolitisches Ziel der PIRATEN.

Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Globalisierung dem Gemeinwohl aller Menschen dient. Konkret heißt das, dass wir uns dafür einsetzen werden, die Rechte der Menschen in weniger stark industrialisierten Ländern am Weltmarkt zu stärken, und dass wir in zunehmend vernetzten Märkten für den Angleich und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für alle Arbeitnehmerinnen und Konsumenten eintreten werden.


Steuerpolitische Maßnahmen

• Wiedereinführung einer Vermögenssteuer: PIRATEN setzen sich für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer ein. Bei einem Freibetrag von 1 Mio. Euro pro Person wird ein Steuersatz von einem Prozent auf das den Freibetrag übersteigende Vermögen festgelegt.

• Kapitalertragssteuersatz gleich Einkommensteuersatz: Kapitalerträge sind wie reguläres Einkommen zu versteuern

• Spitzensteuersatz erhöhen: Der Spitzensteuersatz der Einkommensteuer soll ab einem Einkommen von 1 Mio. Euro auf 65 % erhöht werden

Steuerzahler haften nicht für Banken

Liquiditätsprobleme von Banken dürfen nicht zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gehen. Eigentümer und Gläubiger müssen in Krisen oberhalb der Einlagensicherung voll an Verlusten beteiligt werden.


Innen- und Rechtspolitik

Politische Transparenz und Antikorruption

Einflussnahme auf politische Entscheidungen offenlegen

Wir PIRATEN fordern die Offenlegung der Einflussnahme von Interessenverbänden und Lobbyisten auf politische Entscheidungen, um den demokratischen Prozess zu schützen und die Grundlagen von Entscheidungen transparent zu machen.

Um die Unabhängigkeit von Bundestagsabgeordneten und Regierungsmitgliedern gegenüber illegitimer Einflussnahme zu stärken, streben wir die Umsetzung der folgenden Maßnahmen in den Bereichen Transparenz politischer Prozesse, Parteienfinanzierung, Nebentätigkeiten von Abgeordneten und Strafbarkeit von Abgeordnetenbestechung an:

Einrichtung eines Lobbyregisters für den Deutschen Bundestag

Wir erkennen die Konsultation von Interessenvertretern – zum Beispiel Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, Umweltschutz-, Bürgerrechts- und Unternehmensverbänden – als integralen Bestandteil des politischen Willensbildungsprozesses der Gesellschaft an – solange dieser Austausch hinreichend offen und transparent ist. Die überproportionale Einflussnahme einzelner Gruppen durch die Verlagerung der politischen Willensbildung in informelle Beziehungsnetzwerke außerhalb des formalen Gesetzgebungsprozesses lehnen wir ab.

Wir fordern ein Lobbyregister für den Bundestag, in das sich Interessenvertreter und Interessenvertretungen verpflichtend eintragen müssen, um einen Hausausweis zu erhalten und die Möglichkeit zu bekommen, bei Gesetzesvorhaben durch den Deutschen Bundestag angehört zu werden.

Ein solches Register soll zunächst in der Anlage 2 zur Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (Registrierung von Verbänden und deren Vertretern) verankert werden und die existierende „Öffentliche Liste über die Registrierung von Verbänden und deren Vertretern“ ersetzen. Es muss aussagekräftige Angaben hinsichtlich Budget, Tätigkeitsbereich, Anzahl und Namen der tätigen Personen sowie – bei freiberuflichen Interessenvertretern, Lobbyagenturen, Anwaltskanzleien und Denkfabriken – Mandanten und Auftraggeber enthalten. Alle Angaben müssen regelmäßig aktualisiert und falsche oder überholte Daten unverzüglich berichtigt werden.

Der Präsident des Bundestages soll bis auf Weiteres das Register führen und als Kontrollinstanz sicherstellen, dass die Angaben wahrheitsgemäß sind und die Einträge regelmäßig aktualisiert werden. Er muss externen Beschwerden von natürlichen und juristischen Personen über Verstöße konsequent nachgehen, bei Verdachtsfällen eigenständig Untersuchungen einleiten und jährlich einen Bericht veröffentlichen, der die Untersuchungsergebnisse abgeschlossener Verfahren enthält. Beschwerdeführer und -gegner sollen eine Überprüfung der Entscheidung beantragen können.

Verstöße gegen Anzeigevorschriften und Fristen müssen mit Bußgeldern und weiteren Sanktionsmöglichkeiten geahndet werden – bis hin zur Erfassung auf einer schwarzen Liste bei besonderer Schwere des Fehlverhaltens.

Aus Transparenzgründen soll ein solches Register auf der Internetseite des Bundestages veröffentlicht werden. Es muss maschinenlesbar gestaltet sein, um im Sinne von OpenData die Verknüpfung mit Abgeordneten- und Abstimmungsdaten zu ermöglichen und um Sortier- und Durchsuchbarkeit sicherzustellen.

Es soll geprüft werden, ob die Führung und Kontrolle des Registers mittelfristig an eine unabhängige öffentliche Institution, zum Beispiel den Bundesrechnungshof oder den Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit übertragen sowie die weitere Ausgestaltung durch ein eigenes Bundesgesetz geregelt werden kann.

Erweiterung und Verschärfung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung

Wir PIRATEN fordern klare und umfassende Regelungen zum wirksamen Vorgehen gegen Abgeordnetenbestechung, um die Rechtslage an den globalen Mindeststandard der von Deutschland bereits 2003 unterzeichneten, aber mangels Umsetzung in deutsches Recht immer noch nicht ratifizierten UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) anzupassen und Deutschlands internationale Schlusslichtrolle bei der Korruptionsstrafbarkeit von Abgeordneten zu beenden.

Der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung soll dem für die Bestechung von Amtsträgern (§ 334 StGB) angenähert werden. § 108e StGB (Abgeordnetenbestechung) muss dahingehend überarbeitet werden, dass nicht nur der direkte Stimmenkauf und -verkauf berücksichtigt wird, sondern auch die Vorteilsannahme und -gewährung in anderen Fällen der Mandatswahrnehmung oder meinungsbildender Funktionsausübung im parlamentarischen System. Die Neufassung muss auch immaterielle Versprechen erfassen und der Straftatbestand auf die Vorteilsannahme oder -gewährung Dritter sowie Vorteile, die nach der Handlung bzw. dem Unterlassen gewährt oder angenommen werden, ausgeweitet werden.

Die Annahme von Spenden durch einzelne Abgeordnete muss durch eine Änderung des § 44a Abs. 2 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages (Abgeordnetengesetz) untersagt werden.

Eine Bagatellregelung („Schnittchenklausel“) für die Bewirtung bei parlamentarischen Abenden und anderen Veranstaltungen sowie Ausnahmeregelungen für Zuwendungen im Rahmen von normalem parlamentarischen Verhalten („parlamentarische Gepflogenheiten“) sollen sicherstellen, dass die Abgeordneten nicht in der freien Ausübung ihres Mandats eingeschränkt werden. Sowohl die Schnittchenklausel als auch die parlamentarischen Gepflogenheiten sollen in einer Anlage zur Geschäftsordnung des Bundestages verankert und durch den Bundestagspräsidenten in einer Ausführungsbestimmung festlegt werden.

Verschärfung der Transparenz- und Nebeneinkunftsregeln von Abgeordneten

Wir PIRATEN erkennen die Rolle von Nebentätigkeiten für den beruflichen Wiedereinstieg nach der Zeit des Abgeordnetenmandats an – insbesondere für Freiberufler und persönlich haftende Kaufleute. Allerdings wird Wählern derzeit die Abwägung, ob und inwieweit sich Abgeordnete auf Grund ihrer Nebeneinkünfte in einem Interessenkonflikt befinden, durch intransparente Regelungen und Schlupflöcher erschwert bis unmöglich gemacht.

Wir fordern eindeutige Aussagen zur Höhe der Nebeneinkünfte von Abgeordneten des deutschen Bundestages sowie die Identifizierung möglicher Interessenkonflikte und Abhängigkeiten – dies ist nach dem aktuellen Stand des Abgeordnetengesetzes und der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages derzeit nicht möglich.

Wir stellen fest, dass sich gerade der Bereich ‚Funktionen‘ in Unternehmen, Vereinen, Verbänden und Stiftungen zu einem massiven Problem ausgeweitet hat. Unternehmen und Lobbyverbände kaufen sich insbesondere mit Beiratsmandaten bei Abgeordneten ein. Diese sind in der Regel durch hohe Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder erheblich attraktiver als entgeltliche Nebentätigkeiten – bei gleichzeitig geringerem zeitlichen Aufwand.

Wir fordern daher eine Verschärfung der Transparenz- und Nebeneinkunftsregeln in der Anlage 1 zur Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages) sowie im zehnten Abschnitt des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages (Abgeordnetengesetz). Dazu gehören die Verpflichtung, auch einmalige oder regelmäßige monatliche Einkünfte unter EUR 1.000 angeben zu müssen, sowie die Beendung der Verschleierung der tatsächlichen Einkünfte der Bundestagsabgeordneten über Stufenangaben. Stattdessen müssen die Abgeordneten verpflichtet werden, den tatsächlichen wirtschaftlichen Gewinn aus einer Tätigkeit auf den Cent genau anzugeben. Rechtsanwälte sollen, mit Rücksicht auf den Schutz ihrer Mandanten, zumindest angeben müssen, aus welcher Branche ihre Auftraggeber kommen. Eine Veröffentlichung der Identität von Mandaten soll mit Einwilligung möglich sein.

Da die Ausübung des Mandats im Mittelpunkt der Tätigkeit der Bundestagsabgeordneten steht, soll die maximale Anzahl der Funktionen in Aufsichts-, Verwaltungs- und Beiräten oder sonstiger Gremien durch eine entsprechende Änderung der Verhaltensregeln und des Abgeordnetengesetzes begrenzt werden, damit die Abgeordneten ihrer primären Tätigkeit gewissenhaft nachkommen können.

Verstöße gegen Verhaltensregeln und Anzeigepflichten müssen u. a. durch höhere Ordnungsgelder als bisher geahndet werden.

Nebeneinkünfte, Aufwandsentschädigungen und geldwerte Vorteile sowie Auftraggeber müssen unmittelbar nach Erhalt maschinenlesbar über den Bundestagspräsidenten veröffentlicht werden, um die Daten mit dem Lobbyregister und dem Abstimmungsverhalten in Plenum und Ausschüssen verknüpfen zu können.

Eindämmung des politischen Sponsorings

Wir PIRATEN lehnen die intransparente Finanzierung von politischen Veranstaltungen durch Sponsorengelder ab. Verbände und Unternehmen versuchen über Sponsorenengagements auf Parteitagen sowie Sommerfesten von Regierungsbehörden die vergleichsweise strengeren Auflagen für Parteispenden zu umgehen und sich über die Anmietung von Standflächen Zugang zu Entscheidungs- und Mandatsträgern zu verschaffen.

Wir fordern die Ergänzung des Parteiengesetzes um eine Anzeigepflicht für politisches Sponsoring, um die Praxis der indirekten Unternehmenszuwendungen an Parteien, die Bundesregierung sowie die Landesregierungen zu beenden und um direkte Zurechenbarkeit zwischen Sponsoring und politischem Handeln herzustellen. Sponsorengelder müssen in Zukunft in den Rechenschaftsberichten der Parteien unter Angabe der Höhe namentlich aufgeführt werden, damit ihre Herkunft nicht wie bisher als Veranstaltungseinnahmen verschleiert werden kann.

Um die Alimentierung der politischen Einflussbemühungen von Unternehmen über Steuermittel zu beenden, müssen Sponsoring und direkte Spenden von Unternehmen zukünftig gleichbehandelt und die steuerliche Absetzbarkeit von Sponsoringaufwendungen durch juristische Personen abgeschafft werden.

Veranstaltungen der Bundesregierung, der Landesvertretungen der Bundesländer sowie des Deutschen Staatsoberhauptes sollen anstatt über Sponsorengelder aus Haushaltsmitteln finanziert werden, damit der Anreiz für die Haushaltsausschüsse der Parlamente steigt, die Sinnhaftigkeit von opulenten Sommerfesten genauer als bisher zu prüfen.

Einführung von Karenzzeiten für Spitzenpolitiker

Wir PIRATEN lehnen es ab, dass ausgeschiedene Spitzenpolitiker im Bereich ihrer ehemaligen Zuständigkeiten kurzfristig Tätigkeiten der politischen Interessenvertretung für Unternehmen und Verbände übernehmen.

Die Sperrfrist muss für Amts- und Mandatsträger in Bund und Ländern grundsätzlich mindestens ein Jahr betragen und durch eine unabhängige Stelle ausgesprochen, geprüft und überwacht werden. Die Karenzzeit soll in Fällen besonders schwerer Interessenskonflikte auf bis zu drei Jahre ausgeweitet werden können. Darüber hinaus soll eine dreijährige Anzeigepflicht eingeführt werden, die sich an §42a Beamtenrechtsrahmengesetz und §69a Bundesbeamtengesetz orientiert.

Zu diesem Zweck soll die Stelle eines unabhängigen Bundesbeauftragten für Ethik und Antikorruption geschaffen werden, der der Dienstaufsicht des BMI und der Rechtsaufsicht der Bundesregierung untersteht, jedoch keiner Fachaufsicht unterliegt. Dieser muss Verstöße gegen Anzeigevorschriften und Karenzzeiten mit öffentlichen Rügen und Bußgeldern ahnden und von einem ebenfalls einzurichtenden, aus Abgeordneten des Deutschen Bundestages, Zivilgesellschaft und Wirtschaft paritätisch besetzten, Bundesethikrat beraten werden, der die angezeigten, geplanten Tätigkeiten beurteilt und gegenüber dem Bundesbeauftragten öffentliche Empfehlungen ausspricht.

Anpassung des Abgeordnetengesetzes an die Anforderungen der UN-Konvention gegen Korruption

Wir PIRATEN treten dafür ein, das Abgeordnetengesetz (Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages) an die Anforderungen der UN-Konvention gegen Korruption, anzupassen. Dazu gehört:

• die Mandatspflichten eines Abgeordneten zu definieren,

• den Begriff des ungerechtfertigten Vorteils zu definieren sowie

• die Annahme von Spenden durch Abgeordnete zu untersagen

Spenden sollten nur von Parteien bzw. Wählergemeinschaften angenommen werden dürfen. Für parteilose und fraktionslose Abgeordnete könnte gegebenenfalls eine Sonderregelung geschaffen werden.


Innere Sicherheit

Die moralische Autorität des Rechtssystems

Die Menschen werden sich um so mehr an die Gesetze halten, je mehr das Rechtssystem eine moralische Autorität entwickelt und ein gemeinschaftsstiftendes Element des Staates darstellt. In dem Maße, in dem sich gesetzestreue Menschen als "die Dummen" vorkommen müssen, wird diese Autorität des Rechtssystems leiden und die Kriminalität anwachsen.

Wir PIRATEN sehen durch u.a. die folgenden Punkte diese Autorität des Rechtssystems zunehmend gefährdet:

• Staatliche Stellen selbst missachten das Recht: Jobcenter kürzen wissentlich rechtswidrig Leistungen, Polizisten missbrauchen das staatliche Gewaltmonopol und werden dabei auch noch von ihren Kollegen gedeckt, Richter missachten eindeutige Verfahrensvorschriften, parlamentarische Mehrheiten missachten vorsätzlich die Vorgaben der Verfassungsgerichte, die Geheimdienste scheinen die für sie gemachten Regeln noch nicht mal mehr als grobe Orientierung zu akzeptieren - und alles dies, ohne dass daraus ernsthafte Konsequenzen entstehen.

• Recht wird immer noch dazu missbraucht, um gesellschaftliche Randgruppen zu schikanieren. Mit der Residenzpflicht werden Geflüchtete kriminalisiert, mit dem Betäubungsmittelgesetz die Konsumenten von gesellschaftlich weniger etablierten Drogen und mit Sperrgebietsverordnungen Sexarbeiterinnen, um mal willkürlich ein paar Beispiel herauszugreifen.

• Unplausible, unverständliche, inkonsistente oder in der Praxis kaum umsetzbare Vorschriften gewöhnen die Menschen daran, Gesetze zu übertreten. Ein solcher Gewöhnungseffekt dient ebenfalls nicht der moralischen Autorität des Rechtssystems.

• Wir müssen auch eine soziale Asymmetrie der Strafverfolgung beklagen, die nicht nur darin besteht, dass sich Menschen mit hohem Einkommen auch gute Rechtsanwälte leisten können, dass Wirtschaftsstrafsachen meist enorm kompliziert sind und deshalb aus Gründen der Verfahrensökonomie gerne zweifelhafte Deals geschlossen werden. Wenn nach Brandstiftung an Luxuskarossen der Staatsschutz ermittelt und nach dem Diebstahl eines Fahrrads ein paar Wochen später automatisiert der Einstellungsbescheid rausgeht, dann besteht auch auf der Opferseite eine Asymmetrie, die das Verständnis der Rechtsordnung als gemeinschaftsstiftendes Element des Staates nicht fördert.


Viele dieser Probleme lassen sich sicher nicht von heute auf morgen lösen - um so wichtiger ist, dass sie entschieden angegangen werden.

Die Gewährleistung der inneren und äußeren Sicherheit gehört zu den wichtigsten Staatsaufgaben. Sicherheit ist jedoch kein "Super-Grundrecht", sondern die damit korrelierenden Grundrechte wie Schutz der körperlichen Unversehrtheit oder des Eigentums stehen in einem Spannungsverhältnis zu Freiheitsrechten wie die Kommunikationsgeheimnisse oder die Unverletzlichkeit der Wohnung. Die Verfassungslehre und die Verfassungsrechtsprechung haben bewährte Verfahren entwickelt, um bei konkurrierenden Grundrechten zu angemessenen Entscheidungen zu kommen, so die Prüfung der Verhältnismäßigkeit (also die Prüfung auf Eignung, Erfordernis und Proportionalität) oder die Praktische Konkordanz (konkurrierende Grundrechte sollen alle möglichst umfassend zur Geltung gebracht werden).

In den letzten Jahren zeichnet sich in der Politik zunehmend die Tendenz ab, zugunsten oft nur vermeintlicher Sicherheit in unverhältnismäßiger Weise Freiheitsrechte bis an den Rand der Unkenntlichkeit einzuschränken. Statt wirksame Maßnahmen gegen tatsächliche Risiken zu ergreifen, wird der Fokus auf statistisch vernachlässigbare, aber spektakuläre Risiken wie dem islamistischen Terror gerichtet und damit eine immer weitere Einschränkung der Menschenrechte begründet; was uns als Fortschritt zu verkaufen versucht wird, ist meist nur Sicherheitssimulation.

Wir PIRATEN treten für eine evidenzbasierte Sicherheitspolitik ein, für Maßnahmen, die ihre Wirksamkeit in der Praxis bewiesen haben. Wir wollen die Menschenrechte nicht einschränken, sondern erweitern, weil eine freiheitliche Gesellschaft viele Probleme über Mechanismen wie Zivilcourage auffangen kann.

Ermittlungsschwerpunkte setzen

Ermittlungsschwerpunkt Jugendkriminalität

In Zeiten knapper öffentlicher Haushalte können Polizei und Justiz nicht gleichermaßen alle Straftaten mit hoher Priorität verfolgen, sondern müssen Schwerpunkte setzen. Wir PIRATEN fordern, dass ein solcher Schwerpunkt die Jugendkriminalität wird. Es gehört zur Entwicklung des Menschen dazu, dass man in diesem Alter Grenzen auslotet - diese müssen von der Gesellschaft dann aber auch deutlich aufgezeigt werden. Eine Einstellung von Verfahren wegen Geringfügigkeit ist hier die falsche Antwort. Vielmehr muss vom Rechtsstaat eine zeitnahe Sanktion kommen, damit die gewünschte erzieherische Wirkung eintritt, wobei die Sanktionen bei Ersttätern durchaus sehr milde sein können.

Gleichzeitig sollen auffälligen Jugendlichen psychologisch untersucht werden. Die Ursache für auffälliges Verhalten kann auch in noch nicht diagnostizierten psychischen Krankheiten liegen, die man in einer frühen Phase noch vergleichsweise gut in den Griff bekommen kann. Daneben soll auch stets geprüft werden, ob Bedarf an Sozialarbeit besteht.

Die Gesellschaft soll Straftäter in erster Linie als Menschen betrachten, die Hilfe brauchen. Dies muss in besonderem Maße für Jugendliche gelten. Junge Erwachsene (18-21) müssen grundsätzlich die gleichen Rechte und Hilfen, die im SGB VIII definiert sind, in Anspruch nehmen können und dürfen wie Jugendliche unter 18 Jahren.

Ermittlungsschwerpunkt Gewaltkriminalität

Den dritten Ermittlungsschwerpunkt soll Gewaltkriminalität bilden. Körperliche und/oder sexualisierte Gewalt traumatisiert Menschen deutlich mehr als Delikte wie Diebstahl oder Betrug. Hier braucht es auch eine Fortbildung der Ermittlungsbeamte, um bei solchen Delikten mit der erforderlichen Rücksichtnahme auf die Opfer zu agieren.

Gewaltkriminalität ist in Einzelfällen auch aus den Reihen der Polizei zu beklagen. Da damit das Gewaltmonopol des Staates delegitimiert wird, geht hier der Schaden über den konkreten Einzelfall deutlich hinaus. Solche Delikte sind mit großer Entschiedenheit aufzuklären und zu ahnden. Alle Polizeibeamte sind dazu zu ermuntern, nicht aus falsch verstandener Loyalität schwarze Schafe in ihren Reihen zu decken.

Um die nötigen Ressourcen für diese Ermittlungsschwerpunkte zu schaffen, sollen - solange es noch keine parlamentarische Mehrheit für eine insgesamt andere Sucht- und Drogenpolitik gibt - künftig Drogendelikte nachrangig ermittelt werden.

Ermittlungsschwerpunkt Steuer-, Korruptions- und Wirtschaftskriminalität

Wir PIRATEN möchten aus Gründen der sozialen Balance Steuer-, Korruptions- und Wirtschaftskriminalität zu einem weiteren Ermittlungsschwerpunkt machen. Dafür sind Ermittlungsbeamte und Juristen mit dem erforderlichen wirtschaftswissenschaftlichem Know-How einzustellen. Da in diesem Bereich nicht nur große finanzielle Schäden für die Gesellschaft vermieden werden können, sondern bei solchen Verfahren oft auch hohe Geldstrafen anfallen, sind dadurch keine Nachteile für die öffentlichen Haushalte zu befürchten.

Korruption im Wirtschaftsleben offenlegen und wirksam bekämpfen

Wir PIRATEN setzen uns auf Bundes-, Länder- und Kommunalebene für gesetzliche Grundlagen zur systematischen Korruptionsprävention und -verfolgung ein. Bestechung und Vorteilsnahme mindern das volkswirtschaftliche Wohlstandsniveau und führen jedes Jahr zu hohen materiellen und immateriellen Schäden – für die letztendlich die Steuerzahler und Verbraucher aufkommen.

Verbraucher, Arbeitnehmer und Geschäftspartner müssen in die Lage versetzt werden, sich schnell und unkompliziert einen Überblick über Regeltreue und Integrität eines Unternehmens zu verschaffen, um Korruptionsdelikte in ihre Entscheidungen einfließen zu lassen und ihrerseits zu einem korrigierenden Steuerungseffekt beizutragen.

Der Anspruch Deutschlands muss es sein, sich im europäischen Vergleich beim Thema Korruptionsbekämpfung bzw. -vorbeugung nicht weiterhin im Mittelfeld zu bewegen, sondern einen Spitzenplatz einzunehmen. Daher fordern wir insbesondere die Umsetzung der folgenden Maßnahmen:

Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Korruptions- und Wirtschaftskriminalität müssen in allen Bundesländern eingerichtet und mit den entsprechenden personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet werden. Die von den Innenministern erstellten Berichte zur Korruptionsprävention sollen aus Gründen der Vergleich- und Nachvollziehbarkeit nach einem einheitlichen Format gestaltet werden.

Voraussetzungen für die Verfolgung und Bestrafung von Korruptionsdelikten stärken

Wir PIRATEN streben die Einführung eines wirksamen Unternehmensstrafrechts nach Schweizer Vorbild an, damit Verfahren gegen juristische Personen eröffnet und Unternehmen unmittelbar für Korruptionsdelikte zur Verantwortung gezogen werden können.

Der Straftatbestand der Bestechung im Geschäftsverkehr (§§ 298 ff. StGB) darf nicht mehr nur den Kauf von Wettbewerbsvorteilen erfassen, sondern muss nach dem sogenannten Geschäftsherrenmodell auf den Kauf von Pflichtverletzungen ausgeweitet werden. Bei Korruptionsdelikten müssen sowohl die Verjährungsfristen verlängert als auch der Bußgeldrahmen angehoben werden.

Die Innenministerkonferenz soll darüber hinaus ein maschinenlesbares Korruptionsregister in Form einer zentralen schwarzen Liste führen und im Internet veröffentlichen. Dieses Register soll rechtskräftige Korruptionsfälle im Inland sowie von deutschen Unternehmen im Ausland begangene Korruptionsdelikte erfassen. Unternehmen oder Personen mit schweren Verfehlungen sollen für eine bestimmte Zeit von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.

Maßnahmen zur Korruptionsprävention und moralische Wertvorstellungen in den unternehmerischen Grundsätzen verankern

Wir PIRATEN fordern gesetzliche Vorschriften zur Verankerung von Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung bzw. -prävention in den unternehmensspezifischen Führungsgrundsätzen (Corporate Governance). Der Gesetzgeber soll Unternehmen der Privatwirtschaft und der öffentlichen Hand durch gesetzliche Mindeststandards dazu verpflichten, Systeme zur Überwachung der Regeltreue (Compliance) einzuführen und diese in der Unternehmensberichterstattung darzustellen.

Dazu gehören zum Beispiel die Ausarbeitung von Anti-Korruptions-Leitlinien, die Ernennung eines Korruptionsbeauftragten ab einer bestimmten Betriebsgröße, die Ausstattung der internen Revision mit entsprechenden Vollmachten sowie die Festlegung eines Maßnahmenkataloges bei Verletzungen der Leitlinien.

Schmiergeldzahlungen an Amtsträger im Ausland müssen konsequenter als bisher als Korruption bestraft werden. Damit integere Unternehmen im globalen Wettbewerb keine Nachteile erleiden und darauf verzichten, Auslandsbestechung über die Verbuchung als Provisionen zu verschleiern, muss Deutschland in internationalen Organisationen auf die konsequente Verfolgung von Schmiergeldzahlungen sowie die Verankerung von moralischen Wertvorstellungen in Wirtschaftsabkommen drängen.

Öffentliche Aufträge als Vorbilder für Integritätskriterien und Informationsfreiheit einsetzen

Wir PIRATEN setzen uns für Informationsfreiheit und die Anwendung von Integritätskriterien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ein. Wir fordern insbesondere bei Großbauprojekten die verstärkte Anwendung des Präventionsinstruments eines Integritätspakts, um Auftraggeber und sich bewerbende bzw. ausführende Unternehmen zur Integrität zu verpflichten sowie ein klares Signal nach außen und innen zu senden.

Die Rahmendaten aller öffentlichen Vergaben sind über ein zentrales Webportal maschinenlesbar zu veröffentlichen – inkl. Auftragnehmer und Auftragssumme sowie Subunternehmern, sobald deren Auftragsvolumen bestimmte Schwellenwerte übersteigt.

Wir fordern die bundesweite Einführung von Informationsfreiheits- und Transparenzgesetzen mit aktiver Veröffentlichungspflicht für Dokumente der öffentlichen Verwaltung und für Verträge zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft. Ferner soll die Wirksamkeit von Verträgen mit der öffentlichen Hand an ihre Veröffentlichung geknüpft werden.

Ausnahmetatbestände, wie zum Beispiel Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, müssen gegen das Interesse der Öffentlichkeit abgewogen werden. Hürden, welche die Antragstellung auf Auskunft erschweren, wie zum Beispiel hohe Gebühren und lange Bearbeitungszeiten, müssen abgebaut werden. Die Regelungen der Informationsfreiheitsgesetze müssen konsequent auf Unternehmen mit Beteiligung der öffentlichen Hand ausgedehnt werden – auch wenn die öffentlichen Anteile an einem Unternehmen weniger als fünfzig Prozent betragen.

Prävention vor Strafe

Primat der Prävention

Grundsätzlich gibt es zwei Ansätze, um Kriminalität zu bekämpfen: Prävention (Vermeidung von Kriminalität) und Repression (Verfolgung von Kriminalität). Derzeit erfolgt Kriminalitätsbekämpfung vor allem über Repression. Dieser Ansatz erlaubt eine kurzfristige und gut sichtbare Reaktion auf Kriminalität, ist jedoch nur mäßig erfolgreich: Gerade im Bereich der minder schweren Delikte wie z.B. bei Fahrraddiebstählen kann die Polizei kaum noch ermitteln, sondern führt fast nur noch die Statistik, von der Seite der Justiz werden viele Verfahren wegen Arbeitsüberlastung einfach eingestellt. Wo Kriminelle davon ausgehen können, nicht bestraft zu werden, können Strafandrohungen jedoch auch kaum abschreckende Wirkung entfalten. Um die Ressourcen bei Polizei und Justiz jedoch in dem Umfang auszubauen, die ein erfolgreicher repressiver Ansatz erfordern würde, fehlen den Bundesländern die Mittel.

Die Probleme setzen sich beim Strafvollzug fort: Die Begehung neuer Straftaten wird zwar während der Inhaftierung deutlich erschwert, allerdings wird selten eine positive Wirkung über die Dauer der Haft hinaus erreicht - im Gegenteil: Haftanstalten sind der primäre Ort, an dem sich Kriminelle vernetzen und Wissen austauschen. Zudem stehen die dabei entstehenden Kosten gerade bei Delikten der Kleinkriminalität (Beförderungserschleichung, Ladendiebstahl u.ä.) regelmäßig in einem absurden Verhältnis zu dem beim Delikt entstandenen Schaden.

Wir PIRATEN bekennen uns deshalb zum Primat der Prävention; dieses entspricht nicht nur mehr dem Menschenbild unseres Grundgesetzes, er ist auch effektiver. Allerdings entfaltet er nur langfristig seine Wirkung und steht nur in einem statistischen Verhältnis zum Erfolg: Es lässt sich zwar über die Kriminalitätsstatistik nachweisen, dass dieser Ansatz erfolgreich ist, jedoch nicht eine einzelne Maßnahme einer konkret vermiedenen Straftat zuordnen.

In Zeiten knapper Mittel spart die Politik gerne auch bei der Prävention. Das ist politisch verständlich, da durch die langfristige Wirkung der Prävention auch die Folgen mangelnder Prävention erst nach vielen Jahren sichtbar werden und deshalb anderen Verantwortlichen - im Idealfall auch noch einer andersfarbigen Regierung - zum Problem werden. Dennoch ist sparen an der Prävention falsch und erzeugt ein Vielfaches an Folgekosten. Wir fordern hier alle Politiker auf, langfristig sinnvoll zu agieren. Wir fordern aber auch die Menschen zu der erforderlichen Geduld auf - effektive Kriminalitätsbekämpfung braucht Zeit.

Wir wollen auch dem Missverständnis entgegen treten, dass flächendeckende Kameraüberwachung etwas mit Prävention zu tun habe. Kameras mögen vereinzelt bei der Aufklärung von Straftaten helfen, sie leisten aber keinen wahrnehmbaren Beitrag zur Vermeidung, allenfalls zur Verlagerung von Straftaten. Ihr Einsatz ist in den meisten Fällen nicht verhältnismäßig und daher abzulehnen.

Kriminalität ist vielschichtig - Prävention muss es auch sein

Kriminalität weist sehr unterschiedliche Erscheinungsformen auf und durchzieht so gut wie alle gesellschaftlichen Schichten. Es gibt zwar Korrelationen zwischen gesellschaftlichen Schichten und einzelnen Delikten - so wird man Erschleichung von Sozialleistungen eher bei Geringverdienern und Steuerhinterziehung vor allem bei Besserverdienenden finden - die Zuordnung von Kriminalität insgesamt zu einzelnen gesellschaftlichen Schichten ist jedoch immer eine bestenfalls verkürzte Beschreibung des Problems.

So vielschichtig, wie Kriminalität in ihren Erscheinungsformen ist, so vielschichtig muss auch der präventive Ansatz sein. Mit ein paar wenigen Maßnahmen lässt sich allenfalls Prävention für einige Delikte betreiben. Von daher lassen sich in diesem Programm auch nur einige Maßnahmen beispielhaft erläutern.

Prävention durch Aufklärung

Im einfachsten Fall erfolgt Prävention durch Aufklärung des Staates, was denn alles eine Straftat ist. Insbesondere Unterlassungsdelikte - gerade auch im Bereich des Arbeitsschutzes - werden häufig in Unkenntnis ihrer Strafbarkeit begangen. Wir PIRATEN fordern, dass sich hier der Staat nicht auf ein bequemes "Unkenntnis schützt vor Strafe nicht" zurückzieht, sondern aktiv Aufklärungsarbeit leistet.

Im Bereich von Tötungsdelikten könnte eine Aufklärung über die erfreulich hohen Aufklärungsraten dieser Delikte dazu beitragen, dass die dort ausgesprochenen Strafandrohungen mehr abschreckende Wirkung entfalten.

Prävention durch eine andere Sucht- und Drogenpolitik

Den vielleicht wirkungsvollsten Beitrag zur Prävention kann eine andere Sucht- und Drogenpolitik leisten. Es gibt keinen sachlich vernünftigen Grund, Konsumenten, Erzeuger und Händler von derzeit illegalen Drogen anders zu behandeln als die Konsumenten, Erzeuger und Händler von gesellschaftlich etablierten Drogen. Konsumenten von gesellschaftlich etablierten wie derzeit illegalen Drogen mögen psychisch krank sein und Hilfe benötigen, sie bedürfen aber weder der Strafverfolgung noch der Schikanierung durch die Polizei.

Die derzeitige Drogenpolitik ist die Ursache für die aktuell so hohen Preise von Drogen und damit zum weit überwiegenden Teil ursächlich für die Beschaffungskriminalität. Hier kann der Staat durch eine sinnvolle Sucht- und Drogenpolitik schnell und extrem kostengünstig einen großen Beitrag zur Kriminalitätsvermeidung leisten. Für die Details verweisen wir auf die sucht- und drogenpolitische Programmatik der PIRATEN.

Solange sich keine parlamentarische Mehrheit für eine andere Sucht- und Drogenpolitik findet, fordern wir zumindest eine massive Ausweitung der Drogensubstitution. Substitution hat nicht die Aufgabe, Süchtige zu disziplinieren, sondern sie vom Beschaffungsdruck zu entlasten und somit auch die Gesellschaft vor Beschaffungskriminalität zu bewahren.

Deshalb fordern wir, Substitution deutlich niederschwelliger, zu jeder Uhrzeit und unabhängig vom Beikonsum anzubieten. Die Vergabevorschriften sind von allen praxisfremden Vorschriften zu befreien, den behandelnden Medizinern sind deutlich größere Spielräume einzuräumen: Die Ärzte sollen ohne Sorge vor Strafverfolgung das tun können, was sie im Einzelfall nach bestem Wissen und Gewissen für richtig halten.

Prävention durch Chancen für alle

Wir PIRATEN streben eine Gesellschaft an, die vielfältige Chancen für alle anbietet. In Deutschland verlassen nach wie vor viel zu viele junge Menschen als Verlierer das Bildungssystem, ganz ohne Abschluss, oder ohne Abschluss, der ihnen gute berufliche Chancen eröffnet. Solche Menschen sind bei manchen Delikten, insbesondere bei der Klein- und Berufskriminalität, überrepräsentiert, und es spricht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass hier Kriminalität vermieden werden kann, indem alle Menschen mehr Chancen bekommen, indem das Bildungssystem so wenig wie möglich Verlierer zurück lässt.

Für die Details verweisen wir auf unsere bildungspolitische Programmatik. Bildung und Chancen für alle sind für uns ein Selbstzweck. Wir versprechen uns davon aber auch als erfreulichen Nebeneffekt eine Senkung der Kriminalität.

Repression muss der Prävention dienen

Wir PIRATEN fordern, dass sich auch der repressive Teil der Kriminalitätsbekämpfung dem Primat der Prävention unterordnet. Sühne und Bestrafung halten wir für wenig geeignete Kategorien der Strafverfolgung und des Strafvollzugs, das Hauptziel muss stets die Vermeidung von künftigen Straftaten sein.

Alternativen zu Haft- und Geldstrafen schaffen

Repression erfolgt derzeit primär über Haft- und Geldstrafen, beide Ansätze sind aus Sicht der Prävention kritisch zu betrachten. Geldstrafen mögen bei Delikten der Steuer- und Wirtschaftskriminalität der richtige Ansatz sein, sie versagen aber dort, wo Menschen mit kriminellen Handlungen ihr niedriges Einkommen aufzubessern versuchen. Durch die Geldstrafe wird die Einkommenssituation noch prekärer, was nicht im Sinne der Prävention sein kann. Geradezu absurd wird es, wenn dann Ersatzfreiheitsstrafen vollstreckt werden, weil Geldstrafen nicht bezahlt werden (können) - hier werden dann quasi ersatzweise die Steuerzahler bestraft, welche die hohen Kosten des Strafvollzugs tragen müssen.

Haftstrafen sind nicht nur aus Gründen der hohen Kosten bedenklich. Mit Haftstrafen verlieren Menschen ihre sozialen Bindungen und bekommen neue soziale Bindungen zu fast ausnahmslos Straffälligen (soziale Bindungen zum Strafvollzugspersonal sind selten). Die hier geknüpften Kontakte, das dabei ausgetauschte Wissen erleichtern quasi nie, künftig ein Leben ohne Straftaten zu führen.

Wir PIRATEN fordern, hier Alternativen zu schaffen, damit Gerichte Strafen verhängen können, die weniger der Allgemeinheit schaden und mehr der Resozialisierung dienen. Wir sehen zum Beispiel keinen vernünftigen Grund, warum das Instrumentarium aus dem Jugendstrafrecht (z.B. tatbezogene Sühneleistungen, Arbeitsleistungen, Freizeitarrest) nicht auch im Erwachsenenstrafrecht zur Verfügung stehen soll.

Strafrechtsreform

Strafrechtsreform reformieren

In den vergangenen Jahren wurde viel Zeit und Energie darauf aufgewandt, sogenannte Schutzlücken im Strafgesetzbuch zu identifizieren und zu schließen, oft auch unter dem Einfluss tagesaktueller Ereignisse, was dazu geführt hat, dass das Strafgesetzbuch in hoher Frequenz geändert wurde. Dies ist schon für Polizei und Justiz kaum zumutbar, schon gar nicht für den wenig rechtskundigen Bürgerinnen und Bürger. Wir PIRATEN fordern, lieber seltener das Strafgesetzbuch zu ändern, dann jedoch gründlich durchdachte, handwerklich saubere Reformen durchzuführen.

Alle Bestimmungen des Strafgesetzbuches sollen dahingehend gründlich geprüft werden, in wieweit sie geeignet, erforderlich und angemessen sind, das friedliche Zusammenleben der Menschen zu fördern. Strafrecht muss dem realen Rechtsgüterschutz dienen. Ein reines Moralstrafrecht lehnen wir PIRATEN ebenso ab wie die Bestrafung von Handlungen mit geringem oder fraglichen Unrechtsgehalt (z.B. das sogenannte Containern, also die Mitnahme von unverdorbenen Lebensmitteln aus Müllcontainern).

Um eine kontraproduktive Stigmatisierung durch Strafe generell zu verhindern, wollen wir alle Straftatbestände dahingehend überprüfen, ob sie sinnvoll und erforderlich sind. Heutige Straftatbestände, die nicht strafwürdiges Verhalten unter Strafe stellen, sollen zu Ordnungswidrigkeiten oder Antragsdelikten herabgestuft, im Strafrahmen gesenkt oder gänzlich straffrei gestellt werden.

Strafrecht muss dem realen Rechtsgüterschutz dienen

Strafwürdig sind nur solche Handlungen, die individuelle Rechtsgüter anderer Menschen, wie zum Beispiel Leben, Gesundheit oder Eigentum, verletzen oder erheblich gefährden.

Rein abstrakte Gefährdungsdelikte sollen darauf untersucht werden, ob konkrete, individuelle Rechtsgüter gefährdet werden (zum Beispiel körperliche Unversehrtheit, konkrete Menschenwürde), eine Gefährdung bewiesen ist (wie die verringerte/fehlende Fahrtüchtigkeit durch Trunkenheit) und die Gefährdung ein nennenswertes Ausmaß erreicht (also nicht nur in absoluten Einzelfällen zur Verletzung eines Rechtsguts führt). Falls diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, sollte eine Entkriminalisierung im Einzelfall angedacht werden.

Auch solche Delikte, bei denen es keine Opfer gibt, wie zum Beispiel Besitz und Kauf von Drogen durch volljährige Konsumenten, sollten straffrei sein, denn es ist nicht Aufgabe des Strafrechts, mündige Bürgerinnen und Bürger vor sich selbst zu schützen.

Keine Bestrafung bei nur geringem Unrechtsgehalt

Aber auch hier wollen wir überprüfen, ob nicht bestimmte Taten straffrei bleiben sollen, wenn diese nur einen geringen Unrechtsgehalt aufweisen, zum Beispiel weil nur ein sehr kleiner Schaden entstanden ist oder sie nicht sozialschädlich sind.

So ist beispielsweise fraglich, ob jemand, der weggeworfene Lebensmittel aus einer Mülltonne oder Gegenstände vom Sperrmüll holt, dafür bestraft werden sollte.

Zu den nicht sozialschädlichen Straftaten gehört das sog. „White-Hat-Hacking“, bei dem Hackende ohne Beauftragung testen, ob Firmen oder Behörden Sicherheitslücken in ihrem Computernetzwerk haben und diese bei Entdecken solcher Lücken darüber informieren. Auch Whistleblower (Personen, die auf Missstände aufmerksam machen) müssen häufig Straftaten begehen, um ihre Vorwürfe unter Beweis stellen zu können. Insbesondere solche, die private oder staatliche Geheimnisse schützen sollen (z. B. §§ 94, 95, 96, 109g, 203, 353b und 355 StGB), hier aber ausnahmsweise nicht schützenswert sind. Die Mitteilung solcher Geheimnisse im Rahmen des Whistleblowings sollte zumindest begrenzt auf den notwendigen Umfang legalisiert werden.

Abschaffung von bloßem Moralstrafrecht

Auch stellt sich die Frage, ob ein moderner Staat das Recht hat, bestimmte Moralvorstellungen durchzusetzen, indem er entsprechende Verhaltensweisen unter Strafe stellt, obwohl sonst kein Rechtsgut Anderer verletzt wurde. Beispiele hierfür sind die §§ 173 und 184 StGB, die den Beischlaf zwischen einwilligungsfähigen volljährigen Verwandten und die Verbreitung pornografischer Schriften, und sei es nur durch den Versand an einen willigen Empfänger, unter Strafe stellen. Diskriminierend ist auch § 183 StGB, der nur exhibitionistische Handlungen von Männern, nicht aber von Frauen und „transsexuellen Eichhörnchen“ unter Strafe stellt.

Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und des Rechtsstaats

Nicht abgeschafft werden sollen dagegen solche Verbote, die notwendig sind, um unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und den Rechtsstaat zu verteidigen. Deutschland muss wehrfähig gegen Bestrebungen bleiben, die sich gegen das Grundgesetz und die darin verbürgte verfassungsrechtliche Ordnung wenden, aber auch hier sollte geprüft werden, ob einzelne Bestimmungen des Strafgesetzbuches tatsächlich hierzu erforderlich sind, wie zum Beispiel das Verbot auf Deutschland zu schimpfen oder die Farben, die Flagge oder die Nationalhymne Deutschlands zu verunglimpfen. Hier sollten insbesondere die Meinungs- und Kunstfreiheit stärker berücksichtigt werden.

Verhängung von Strafen muss besonders gerechtfertigt sein

Das Strafrecht ist das schärfste Mittel des Staates gegen die Freiheit seiner Bürgerinnen und Bürger und sollte daher nur mit Augenmaß angewendet werden. Strafe sollte daher - wie die Juristen sagen - ultima ratio, also letztes Mittel sein, wenn es um die Einwirkung des Staates auf seine Bürgerinnen und Bürger geht. Haftstrafen greifen besonders empfindlich in das Grundrecht des Menschen auf Freiheit seiner Person ein und bedürfen daher auch einer besonderen Rechtfertigung. Als liberale Partei sollten wir an eine solche Rechtfertigung besonders strenge Maßstäbe anlegen. Hierfür wollen wir uns einsetzen.

Kein Verkaufsverbot für Alkohol

Ein nächtliches Verkaufsverbot für Alkohol lehnen wir ab. Wir halten das Verkaufsverbot für wirkungslos, da Alkohol auch auf Vorrat erworben werden kann oder das Verbot auf andere Art umgangen wird. Wir wollen die Aufklärung über die Gefahren des Alkoholkonsums bei allen Altersgruppen fördern.

Whistleblower in der öffentlichen Verwaltung und im privaten Sektor gesetzlich stärker schützen

Wir PIRATEN setzen uns für eine allgemeine und umfassende gesetzliche Regelung zum Schutz von Personen ein, die Fälle von Korruption, Insiderhandel oder Ethikverstößen öffentlich machen (sogenannte „Whistleblower“).

Im öffentlichen Sektor muss der im Beamtenrecht verankerte Schutz von Hinweisgebern auf Angestellte ausgeweitet werden.

Der Gesetzgeber soll darüber hinaus Unternehmen und öffentliche Stellen verpflichten, Hinweisgebersysteme einzurichten, um einen vertraulichen Kommunikationskanal zur Meldung von Straftaten und Ethikverstößen zu öffnen.

Abmahnwesen reformieren

Wir fordern eine Reform des gesamten Abmahnwesens mit dem gesetzlichen Verbot der Massenabmahnung, durchgehende Deckelung der Kosten für abgemahnte Privatpersonen und Einführung eines Erstattungsanspruch des zu Unrecht Abgemahnten bzgl. der Rechtsanwaltskosten. Des weiteren hat die Beweislast beim Abmahnenden zu liegen.


Sicherheit in Freiheit

Sicherheitsbewusstsein stärken

Die gefühlte Sicherheit ist eine wichtige Voraussetzung für unser persönliches Wohlbefinden. Forschungsergebnisse zeigen aber, dass das hohe Maß an Sicherheit in Deutschland verbreitet unbekannt ist und dass das Kriminalitätsrisiko teilweise weit überschätzt wird. Wir wollen ein Programm zur Stärkung des Sicherheitsbewusstseins und zur sachlichen Information über Kriminalität in Deutschland auflegen, um verzerrten Einschätzungen und Darstellungen der Sicherheitslage entgegen zu wirken.

Systematische Evaluierung von Überwachungsbefugnissen und -programmen

Vor Kriminalität zu schützen ist eine wichtige staatliche Aufgabe. Sie kann nach unserer Überzeugung nur durch eine intelligente, rationale und evidenzbasierte Sicherheitspolitik auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse erfüllt werden. Um kluge Sicherheitsmaßnahmen fördern und schädliche Maßnahmen beenden zu können, wollen wir, dass eine dem Bundestag unterstellte Deutsche Grundrechteagentur alle bestehenden und neu zu schaffenden Befugnisse und Programme der Sicherheitsbehörden systematisch und nach wissenschaftlichen Kriterien auf ihre Wirksamkeit, Kosten, schädlichen Nebenwirkungen, auf Alternativen und auf ihre Vereinbarkeit mit unseren Grundrechten untersucht (systematische Evaluierung). Auf dieser Grundlage können wir sodann Grundrechtseingriffe aufheben oder verhindern, wo dies ohne Einbußen an Sicherheit – also ohne Einfluss auf die Kriminalitätsrate – möglich ist oder wo sich der Eingriff als unverhältnismäßig erweist. Wir wollen auch auf Maßnahmen verzichten, deren Effizienz so gering ist, dass die dadurch gebundenen Mittel an anderer Stelle mehr zu unserer Sicherheit beitragen können.

Privatsphäre rechtstreuer Bürger achten

Zur Bewahrung unseres historischen Erbes an Freiheitsrechten und zur Sicherung der Effektivität der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung treten wir dafür ein, dass eine staatliche Informationssammlung, Kontrolle und Überwachung künftig nur noch gezielt bei Personen erfolgt, die der Begehung oder Vorbereitung einer Straftat konkret verdächtig sind. Zum Schutz unserer offenen Gesellschaft und im Interesse einer effizienten Sicherheitspolitik wollen wir auf anlasslose, massenhafte, automatisierte Datenerhebungen, Datenabgleichungen und Datenspeicherungen verzichten. In einem freiheitlichen Rechtsstaat ist eine derart breite Erfassung beliebiger unschuldiger Personen nicht hinnehmbar und schädlich.

Freiheitspaket verabschieden

Unnötige und exzessive Überwachungsgesetze der letzten Jahre wollen wir mit einem „Freiheitspaket“ wieder aufheben, darunter

• die Übertragung exekutiver Polizeibefugnisse einschließlich Online-Durchsuchung auf das Bundeskriminalamt,

• gemeinsame Dateien von Polizeien und Geheimdiensten,

• die flächendeckende Erhebung biometrischer Daten sowie deren Speicherung in RFID-Ausweisdokumenten,

• die lebenslängliche Steuer-Identifikationsnummer,

• das elektronische Bankkontenverzeichnis,

• die verpflichtende elektronische Gesundheitskarte,

• die Überwachung von Wohnungen, von Ärzten, Rechtsanwälten, Geistlichen,

• Abgeordneten und anderen Vertrauenspersonen,

• den Identifizierungszwang für Handy- und Internetnutzer,

• das Verbot anonymen elektronischen Bargeldes (Zahlungskarten) über 100 Euro sowie

• die Auslieferung von Personendaten an die USA und andere Staaten ohne wirksamen Grundrechtsschutz,

• die flächendeckende Protokollierung aller unserer Telefon- oder Internetverbindungen (Vorratsdatenspeicherung) gleich für welche Dauer,

• die Vorratsspeicherung von Flug-, Schiff- und sonstigen Passagierdaten,

• die systematische Überwachung des Zahlungsverkehrs oder sonstige Massendatenanalyse (Stockholmer Programm der EU),

• den Einsatz von Überwachungsdrohnen sowie

• den Einsatz von Rasterfahndungs-Software in Online-Netzwerken.

Grundrechtskonformität der Gesetzgebung stärken

In den letzten Jahren musste das Bundesverfassungsgericht immer häufiger Gesetze aufheben, die unsere Grund- und Freiheitsrechte verletzten. Zur Verhinderung verfassungswidriger Gesetze wollen wir einem Drittel des Deutschen Bundestages oder zwei Fraktionen das Recht geben, ein Rechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungskonformität eines Gesetzesvorhabens einzuholen. Der Bundespräsident soll darüber hinaus das Recht erhalten, bei verfassungsrechtlichen Zweifeln vor der Ausfertigung eines Gesetzes das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Nach dem Vorbild anderer Verbandsklagerechte wollen wir Bürgerrechtsorganisationen die Möglichkeit eröffnen, stellvertretend für die Allgemeinheit vor den Fachgerichten und dem Bundesverfassungsgericht gegen Grundrechtsverletzungen zu klagen. Weiterhin setzen wir uns dafür ein, dass mittels eines anzustrebenden Staatsvertrages zwischen dem Bund und den Ländern der 23. Mai als "Tag des Grundgesetzes" zum bundeseinheitlichen Feiertag erklärt wird. Damit die Politiker sich der Verantwortung, die sie tragen, wirklich bewusst werden.

Sicherheitsforschung demokratisieren

Die Sicherheitsforschung aus Steuergeldern wollen wir demokratisieren und an den Bedürfnissen und Rechten der Bürgerinnen und Bürger ausrichten. In beratenden Gremien sollen künftig neben Verwaltungs- und Industrievertretern in gleicher Zahl auch Volksvertreter sämtlicher Fraktionen, Kriminologen, Opferverbände und Nichtregierungsorganisationen vertreten sein. Eine Entscheidung über die Ausschreibung eines Projekts soll erst getroffen werden, wenn eine öffentliche Untersuchung über die Auswirkungen des jeweiligen Forschungsziels auf unsere Grundrechte (impact assessment) vorliegt.

Die Entwicklung von Technologien zur verstärkten Überwachung, Erfassung und Kontrolle von Bürgerinnen und Bürgern lehnen wir ab. Stattdessen muss die Sicherheitsforschung auf sämtliche Optionen zur Kriminal- und Unglücksverhütung erstreckt werden und eine unabhängige Untersuchung von Wirksamkeit, Kosten, schädlichen Nebenwirkungen und Alternativen zu den einzelnen Vorschlägen zum Gegenstand haben.


Waffen

Änderungen am Kriegswaffenkontrollgesetz

Wir PIRATEN setzen uns gemäß des UN-Instruments zum Markieren und Nachverfolgen von Schusswaffen (sog. Small Arms) für eine fälschungssichere Kennzeichnung der in Deutschland und in Lizenz im Ausland zu militärischen Zwecken produzierten oder importierten Schusswaffen ein, so wie dies für zivile Schusswaffen bereits im Waffengesetz geregelt ist. Durch eine fälschungssichere Kennzeichnung können über Drittländer erfolgte illegale Waffenexporte in Krisengebiete transparent nachvollzogen und die verantwortlichen Hersteller/Exporteure belangt werden. Gegen Drittländer, welche erwiesenermaßen Waffen in Krisengebiete weiterverkaufen, kann dann ein Exportverbot gezielt verhängt werden. Wir streben zur Umsetzung dieses Ziels eine schnelle Änderung des Kriegswaffenkontrollgesetzes an.

Waffenmissbrauch statistisch besser erfassen

Wir PIRATEN fordern detaillierte Zahlen zu Waffen in der polizeilichen Kriminalstatistik bezüglich Missbrauchsart, Typ und Herkunft. Diese Zahlen sollen explizit den Status der Waffen umfassen, das heißt ob diese legal, illegal oder frei waren. Aussagekräftige Statistiken sind notwendig, um über die Wirksamkeit und die Folgen der Waffengesetzgebung fundierte Aussagen treffen zu können.


Polizei und Justiz

Polizei

In den letzten Jahren wurden bei der Polizei und der Justiz aus Kostengründen Stellen abgebaut und teilweise versucht, diese durch technische Maßnahmen wie z.B. Kameraüberwachung zu ersetzen. Dieser Ansatz war von vorne herein zum Scheitern verurteilt. Spätestens seit der Kölner Silvesternacht 15/16 ist nun deutlich nachgewiesen, dass Kameras keine Polizisten ersetzen können.

Die Polizei steht wegen der Digitalisierung und der zunehmenden kulturellen Heterogenität der Bevölkerung vor zusätzlichen Herausforderungen. Dem soll durch eine Verbesserung der Aus- und Weiterbildung begegnet werden, gerade auch im Bereich der Sprachkenntnisse. Wir erwarten von der Polizei, dass sie auch in stressigen oder gefährlichen Situationen jederzeit das rechtsstaatlich Gebotene tut. Dann aber muss die Besoldung diesen hohen Erwartungen angemessen sein.

Entscheidend für die innere Sicherheit ist auch die Motivation, mit der die Polizei ihren Aufgaben nachgeht. Diese wird nicht dadurch angehoben, dass bei den ermittelten Tätern dann die Staatsanwaltschaft wegen Überlastung das Verfahren einstellt. Von daher wollen wir auch die Zahl der Richter und Staatsanwälte auf das erforderliche Maß anheben.

Die Polizei darf nicht als Instrument der Schikanierung politisch Andersdenkender missbraucht werden. Ihr Einsatz hat sich stets am rechtsstaatlich Gebotenem sowie am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (also der Eignung, der Erforderlichkeit und der Proportionalität) zu orientieren. Unsere Rechtsordnung kennt weder die Rache als legitimes Ziel noch die Gruppenbestrafung als erlaubtes Mittel.

Kennzeichnungspflicht für Polizisten

Wir PIRATEN setzen uns für eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte ein. Beamtinnen und Beamte im Einsatz bei Versammlungen sind zu verpflichten, von weitem sicht- und erkennbare Kennzeichen zu tragen. Die Kennzeichen sind pseudonym (zum Beispiel in Form einer Nummer) zu gestalten und dürfen von Einsatz zu Einsatz wechseln.

Es muss jederzeit auch im Nachhinein möglich sein, mit richterlichem Beschluss ein Kennzeichen einer Person zuzuordnen. Der Vorgesetzte ist für die wirksame Durchsetzung der Kennzeichnungspflicht und die korrekte Führung der Zuordnungen von Kennzeichen zu Personen verantwortlich.

Polizistinnen und Polizisten sind zu verpflichten, Verstöße durch andere Polizisten zu verhindern oder - falls dies nicht möglich ist - zu melden sowie den/die beteiligten Beamten zu identifizieren. Verletzungen dieser Pflichten (Tragen des Kennzeichens, korrektes Führen der Zuordnungsliste, Verhindern/Melden von Verstößen) sind zu sanktionieren.

Justiz

Angemessene Ausstattung der Gerichte gewährleisten

Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Gerichte materiell und personell so ausgestattet werden, dass alle anhängigen Verfahren innerhalb der gesetzten Fristen des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte abgeschlossen werden können.

Stärkung der Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften

Die Staatsanwaltschaften müssen ihre Aufgaben unabhängig von politischer Einflussnahme erfüllen können. Deshalb ist die bislang im Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehene Möglichkeit von Weisungen im Einzelfall seitens der Justizminister von Bund und Ländern abzuschaffen. Es soll aber weiter zulässig sein, fallgruppenbezogene Weisungen seitens der Ministerien an die Staatsanwaltschaften zu erteilen.

Umfassende Beweisverwertungsverbote

Wir PIRATEN setzen uns für die Schaffung umfassender Verwertungsverbote für illegal erlangte Beweismittel in Straf-, Ordnungswidrigkeiten- und Verwaltungsverfahren ein. Insbesondere wenn in die Grundrechte verdächtiger Bürgerinnen und Bürger oder Dritter eingegriffen wird, ist es für einen Rechtsstaat und seine Strafverfolgungsbehörden essenziell, nicht selbst das Gesetz zu brechen und dabei die Rechte seiner Bürgerinnen und Bürger zu missachten. Derzeit sind spürbare Konsequenzen für Strafverfolger allerdings nahezu ausgeschlossen, wenn Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen oder Telekommunikationsüberwachungen nachträglich für unzulässig erklärt werden. Selbst Zufallsfunde, die mit dem eigentlichen Anlass der Maßnahme nicht im Zusammenhang stehen, werden in solchen Fällen regelmäßig als vollwertige Beweismittel für weitere Verfahren anerkannt.

Wir sind der Meinung, nur ein vollständiger Ausschluss durch illegale Ermittlungsmaßnahmen erworbener Beweismittel aus allen Verfahren ist geeignet, der durch die regelmäßige Überschreitung der grundgesetzlich festgelegten Grenzen der Strafprozessordnung entstehenden schleichenden Aushöhlung der Bürgerrechte Einhalt zu gebieten. Dies schließt auch alle Beweise ein, deren Erhebung erst durch die Erkenntnisse der illegalen Maßnahme angeregt wurde. Es ist zu erwarten, dass die resultierende Disziplinierung zu einer erhöhten Sorgfalt der Einsatzkräfte bei der Wahl und Anwendung ihrer Instrumente und bei der Ausführung ihrer Arbeit führt, ohne dass es zu einer nennenswerten Beeinträchtigung der Ermittlungsarbeit kommt.

Kein fliegender Gerichtsstand bei Verstößen im Internet

Wir werden uns dafür einsetzen, dass für Klagen wegen Rechtsverstößen, die im Internet begangen wurden, der fliegende Gerichtsstand keine Anwendung findet, solange nach den übrigen Vorschriften ein deutsches Gericht zuständig ist. Die derzeitige Rechtslage, die bei Veröffentlichungen im Internet eine Klage überall dort zulässt, wo der entsprechende Inhalt abgerufen werden kann, widerspricht dem Sinn und Zweck der Regelung, da ein solcher Gerichtsstand die Auswahl des Gerichts nach Erfolgschancen erlaubt und so die Beklagten benachteiligt. Das lehnen wir ab und wollen eine verbraucherfreundliche Regelung schaffen.

Begründungserfordernis bei ablehnenden Entscheidungen erweitern

In allen Gerichtsverfahren sind Klagen und Anträge nicht allein mit standardisierten Formeln abzulehnen, sondern die Begründung muss nachvollziehbar erkennen lassen, warum das konkrete Vorbringen nicht zulässig und begründet gewesen sein soll.

Stärkung der Position des Ermittlungsrichters

Die Position des Ermittlungsrichters ist zu stärken. Insbesondere sind den Richtern vorbehaltene Beschlüsse, die einem Antrag der Staatsanwaltschaft oder Polizei stattgeben, sorgfältig und eigenständig zu begründen. Hierbei ist auch ausdrücklich auf die Eingriffe in die Rechte des Beschuldigten und Dritter einzugehen.

Gewährleistung einer 2. Instanz

Jede erstinstanzliche Entscheidung muss in einem Rechtsmittelverfahren unabhängig von der Höhe des Streitwertes überprüft werden können. Dadurch soll sichergestellt werden, dass einzelne Richter bei Verfahren, in denen sie die erste urteilende Instanz sind, keine willkürlichen Entscheidungen treffen können. So soll gewährleistet werden, dass Gerichtsverfahren Gerechtigkeit herstellen.

Kostenerstattung bei Verfahrenseinstellung

Wir setzen uns dafür ein, dass die Beschuldigten eines eingestellten Ermittlungsverfahrens die Kosten des Strafverteidigers und seine Auslagen ersetzt bekommen, so wie es bei einem Freispruch bereits geregelt ist. Damit wird es Beschuldigten ermöglicht, sich frühzeitig Rechtsbeistand zu holen, ohne sich der Gefahr auszusetzen, bei ungerechtfertigten Verfahren gegen sie, die Kosten tragen zu müssen.

Mehr Transparenz durch die Veröffentlichung aller Gerichtsentscheidungen

Wir PIRATEN fordern mehr Transparenz in der Justiz. Um das zu fördern, sollen alle gerichtlichen Sachentscheidungen für jedermann kostenlos und anonymisiert online einsehbar sein und bei besonderer Bedeutung für die Rechtsfortbildung auch im Rahmen eines Rechtsinformationssystems in gleicher Weise veröffentlicht werden. Bei berechtigten, überwiegenden und schützenswerten Belangen kann der Veröffentlichung durch Antrag eines Beteiligten widersprochen werden.

Protokollierungspflicht für Aussagen vor Gericht

In strafrechtlichen Hauptverhandlungen sind Einlassungen der Angeklagten und Beweisaufnahmen umfassend, dauerhaft und nachvollziehbar so zu dokumentieren, dass diese durch Akteneinsicht bewertet werden können. Das Gleiche gilt auch für Beweisaufnahmen in allen anderen gerichtlichen Verfahren.

Ton- und Videoaufzeichnungen von Vernehmungen und Gerichtsverhandlungen

Die Arbeit der Gerichte soll in Zukunft durch eine den gesamten Verlauf der Verhandlung erfassende Aufzeichnung in Ton oder Bild und Ton erleichtert und die Möglichkeiten der Nachprüfbarkeit erstinstanzlicher Urteile erweitert werden. Die so gefertigten Aufzeichnungen sind auf einem Datenträger zu speichern und zur jeweiligen Akte zu nehmen. Das Gleiche soll für polizeiliche und staatsanwaltschaftliche Vernehmungen im Ermittlungsverfahren gelten. Einsichtsrechte in diese Aufzeichnungen dürfen nur dem Gericht und den anderen Verfahrensbeteiligten und nur zu verfahrensinternen Zwecken zur Verfügung stehen.

Angemessene Entschädigung zu Unrecht Inhaftierter

Die Entschädigung für Opfer ungerechtfertigter Strafverfolgung muss auf einen angemessenen Satz erhöht werden. Des Weiteren ist für erlittene Nachteile eine weitgehende Folgenbeseitigung anzustreben, insbesondere ein Ausgleich für verlorene Zeiten in der Sozialversicherung und entgangenes fiktives Einkommen. Die derzeitige geringe Entschädigung von 25 Euro pro Hafttag ist unangemessen. Wir fordern eine gerechtere Entschädigung für vollständig oder zumindest im Wesentlichen für unschuldig befundene Personen. Es ist zudem unverständlich, dass von diesem Betrag ohne Rechtsgrundlage noch Verpflegungskosten abgezogen werden.


Keine Bundeswehr im Inneren

Wir PIRATEN lehnen den Einsatz der Bundeswehr im Innern ab. Ausgenommen sind rein humanitäre, unbewaffnete Einsätze zur Rettung von Menschen, Tieren und bedeutenden Sachwerten im Katastrophenfall.


Trennung von Staat und Religion

Das Grundgesetz garantiert die Freiheit der Religion. Diese Freiheit beinhaltet auch die Freiheit von Religion. In Deutschland sind inzwischen ca. 38% der Bevölkerung konfessionell ungebunden. Eine Trennung von Staat und Religion und die Neutralität des Staates gegenüber den verschiedenen Weltanschauungen sind Grundlage der Freiheit und Vielfalt von Religionen und Kulturen und Voraussetzung für ein friedliches und gleichberechtigtes Zusammenleben. Diese Trennung ist noch nicht vollzogen. Wir PIRATEN fordern daher eine umfassende und konsequente Durchsetzung der Trennung von Staat und Religion.


Weltanschauliche und religiöse Neutralität des Staates

Der Status einer "Körperschaft des öffentlichen Rechts" für Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ist abzuschaffen. Von Artikel 137 der Weimarer Reichsverfassung sind die Absätze 5-6 ersatzlos aus dem Grundgesetz zu streichen. Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sind in privatrechtliche Institutionen umzuwandeln, die den allgemeinen vereinsrechtlichen Bestimmungen unterliegen. Das Kirchenrecht darf in der Rechtsprechung nur in dem Rahmen berücksichtigt werden, in dem auch Satzungen von Vereinen berücksichtigt werden.

Um die staatliche Neutralität gegenüber den Menschen aller Weltanschauungen und Religionszugehörigkeiten herzustellen, wird die Streichung jeglicher Gottesbezüge in den Verfassungen, Gesetzen und Verordnungen des Bundes und der Bundesländer gefordert.

Gesetze, die einem besonderen Schutz von Glaubensgemeinschaften dienen und somit eine Gleichberechtigung verhindern, sind zu streichen. Insbesondere ist der so genannte Blasphemieparagraph §166 StGB (Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen) ersatzlos zu streichen. Weiterhin sind Feiertagsgesetze zu streichen, die der Allgemeinheit aufgrund religiöser Auffassungen Verhaltensvorschriften auferlegen. Religiöse Symbole sind aus staatlichen Einrichtungen zu entfernen. In Eidesformeln ist jeglicher religiöser Bezug abzuschaffen.

Die weltanschauliche Neutralität gebietet es, keine religiösen Vertreter mittelbar öffentliche Gewalt ausüben zu lassen. In Kontrollinstanzen (wie Rundfunkräten, Ethikräten, Bundesprüfstellen, Schul-, Jugend- und Sozialausschüssen u.ä.) dürfen diese Gruppierungen daher keine eigenen Sitze erhalten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk darf nicht zur Missionierung benutzt werden. Es darf keine festen Zeitkontingente für Religionsgemeinschaften geben.


Forschung, Lehre und Bildung

Forschung und Lehre müssen rational, ergebnisoffen und undogmatisch betrieben werden. Insofern sollen in staatlichen Einrichtungen religiöse Lehren nur unter geschichtswissenschaftlichen und gesellschaftswissenschaftlichen Gesichtspunkten gelehrt und erforscht werden.

Freiheit und Vielfalt an kulturellen, religiösen und weltanschaulichen Sichtweisen in der Bildung kennzeichnen die modernen Gesellschaften. Die weltanschauliche Neutralität im gesamten Bildungsbereich ist eine notwendige Voraussetzung für die Inklusion aller Glaubensgemeinschaften.

Für die Besetzung von Lehrstühlen darf ausschließlich die Eignung und Qualifikation der Kandidaten ausschlaggebend sein. Konkordatslehrstühle sind abzuschaffen. Theologische Fakultäten in staatlichen Hochschulen und Universitäten sind abzuschaffen. Staatliche Zuschüsse zu kircheneigenen Universitäten und Hochschulen sind einzustellen.

Zu den Kernaufgaben der Schulen gehören die Vermittlung von Wissen und Ethik, die Anleitung zu kritischem Denken und die Förderung sozialer Kompetenzen. Die Vermittlung von religiösen und politischen Dogmen führt dagegen häufig zur Intoleranz gegenüber Andersdenkenden. Deshalb setzen wir uns dafür ein, den konfessionellen Religionsunterricht bundesweit, an allen staatlichen und staatlich geförderten Schulen, durch einen gemeinsamen weltanschaulich neutralen Ethik- und Weltanschauungsunterricht zu ersetzen.


Finanzierung und Subventionen

Der Verfassungsauftrag zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen (Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Weimarer Reichsverfassung) ist umzusetzen. Die auf historischen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Kirchen sind zu beenden.

Die Kirchensteuer ist abzuschaffen und der Staat darf keine Verwaltungsaufgaben für Religionsgemeinschaften übernehmen. Steuer- und gebührenrechtliche Sondervorteile (wie Freistellung von Grundsteuern, Grunderwerbssteuern, Verwaltungsgebühren, Gerichtskosten u. ä.) der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sind abzuschaffen.

Die Religionsgemeinschaften müssen Missionierung und Seelsorge ausschließlich aus Eigenmitteln bestreiten. Insbesondere ist die staatliche Finanzierung von Militär-, JVA- und Polizeiseelsorge einzustellen und durch einen weltanschaulich neutralen psychologischen Betreuungsdienst zu ersetzen.


Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen

Die private Lebensführung des Einzelnen darf kein Diskriminierungsgrund und kein Entlassungsgrund sein. Damit würden Kündigungsschutz, Mitbestimmung, Streikrecht, Koalitionsfreiheit und Arbeitnehmerrechte entsprechend dem Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht gelten. Deshalb sprechen wir uns dafür aus, § 118 (2) des Betriebsverfassungsgesetzes (Sonderregelung für Religionsgemeinschaften) zu streichen und § 9 des Allgemeinen Gleichberechtigungsgesetzes entsprechend den EU-Regelungen umzugestalten. Wir sprechen uns dafür aus, dass für überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanzierte Betriebe - etwa im Bereich des Sozial- und Gesundheitswesens - die Beachtung der Grundrechte und der Regeln des Allgemeinen Gleichberechtigungsgesetzes Voraussetzung für die öffentliche Förderung sein muss.


Datenschutz

Die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft darf von staatlichen Stellen nicht erfragt und nicht registriert werden.