Bundesparteitag 2012.1/Antragsportal/Programmantrag - 169
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Dies ist ein Antrag für den/die Bundesparteitag 2012.1. Die Antragsseiten werden kurze Zeit nach Erstellen durch die Antragskommission zum Bearbeiten gesperrt. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich |
Version Antragsformular: 1.05 AntragsnummerP169 EinreichungsdatumAntragstitelPositionspapier Volksentscheid über ESM-Vertrag AntragstellerLeifkuse AntragstypProgrammantrag Art des ProgrammantragsPositionspapier AntragsgruppeDemokratie AntragstextDer Bundesparteitag möge folgendes Positionspapier beschließen: Die Piratenpartei fordert einen bundesweiten Volksentscheid über die Ratifizierung des ESM-Vertrages. Durch die Zustimmung zum Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM-Vertrag) wird die Identität des Grundgesetzes geändert. Gemäß Artikel 146 des Grundgesetzes ist diese Identitätsänderung nur durch einen Volksentscheid möglich. Die Piratenpartei erklärt sich ausdrücklich für solidarische Finanzhilfeinstrumente innerhalb des Euroraums und diese sollen nicht durch einen Volksentscheid grundsätzlich verhindert werden. Durch den geforderten Volksentscheid sollen vielmehr die Stärken und Schwächen, sowie die Chancen und Risiken der geplanten Maßnahmen zur Eurorettung einer breiteren Erörterung und Aufklärung der Bevölkerung zugeführt werden. Die Piratenpartei steht für eine transparente Bürgerbeteiligung gerade in so entscheidenden Sachfragen wie diesen. Die Piratenpartei erkennt und respektiert die entstandene Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung durch die sich überschlagenden Ereignisse und Beschlüsse im Rahmen der Eurorettung. Wir sind der Ansicht, dass diese Verunsicherung durch eine umfassendere Information adressiert werden sollte. Es muss dabei sichergestellt werden, dass wirklich breite Teile der Bevölkerung in ihren Bedenken zu diesen entscheidenden Beschlüssen zur Eurorettung von der Politik abgeholt wurden. Eine nachweislich breite Zustimmung unter den Wählern durch einen Volksentscheid ist Garant dafür, dass die mit dem ESM geplanten Maßnahmen von weiten Teilen der Bevölkerung getragen werden. Nur so ist der Erfolg der Krisenmaßnahmen auch nachhaltig und die weitere wünschenswerte europäische Integration durch eine überragende Mehrheit der Bevölkerung gesichert. Dies ist eine Forderung aus unserem Grundgesetz und dieser sinnhaften Forderung sollte die Politik mit Respekt nachkommen. Die Piratenpartei verweist mit Ihrer Forderung nach einem Volksentscheid zum ESM auch auf die zahlreichen demokratischen Stimmen in Deutschland, wie dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, seines Vizepräsidenten, weiterer namhafter Staatsrechtler sowie großer Teile der anderen Parteien. Die Piratenpartei fordert daher die Bundesregierung dringend auf, im Rahmen des Ratifizierungsprozesses des ESM die entsprechenden Maßnahmen zur Durchführung eines Volksentscheides in die Wege zu leiten. AntragsbegründungZur geschützten Identität des Grundgesetzes gehört die Parlamentshoheit über die Einnahmen und Ausgaben des Staates. Diese Haushaltsautonomie garantiert den Einfluss der Bürger auf den Entscheidungsprozess in unserer Demokratie. Der ESM-Vertrag kommt einer bundesstaatlichen Haftungsunion sehr nahe, durch die Etablierung eines permanenten Finanzausgleichs zwischen solventen und überschuldeten Staaten. Der mögliche Verlust der Haushaltsautonomie des Bundestages im Falle des Eintritts eines umfassenden Haftungsfalls kann durch eine in einem ESM-Begleitgesetz festgelegte Zustimmungspflicht des Bundestages nicht ausreichend ausgeglichen werden. Denn in einem solchen Haftungsverbund wird sich stets die jeweilige Einzelfallentscheidung über die Maßnahmen des ESM als alternativlos darstellen und die Konsequenzen einer Ablehnung als nicht verantwortbar erweisen. Ein solcher Automatismus könnte eine souveräne und autonome Entscheidung des Bundestages über seine Ausgaben und Haftungen unmöglich machen. Angesichts der Euro-Krise fordert der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts Kirchhof die Einführung von Volksabstimmungen über die zentralen europäischen Fragen. Er erklärt ausdrücklich, dass wir endlich direkte Demokratie in der EU brauchen, weil sie sich weit von ihrer Bevölkerung und ihren Heimatregionen entfernt hat. Auch der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Voßkuhle erklärt, dass für eine Abgabe weiterer Kernkompetenzen an die Europäische Union nicht mehr viel Spielraum bestehe. Im Falle einer politisch gewollten Überschreitung weiterer Grenzen müsse Deutschland sich eine neue Verfassung geben, wofür ein Volksentscheid nötig wäre. In einem Interview zum Euro-Rettungsschirm Urteil erklärt Andreas Voßkuhle wörtlich: „Ohne das Volk geht es nicht! […] Aber unser Urteil stellt klar, dass der Bundestag seine Budgetverantwortung nicht durch unbestimmte haushaltspolitische Ermächtigungen auf andere Akteure übertragen darf. Und es dürfen keine dauerhaften Mechanismen begründet werden, die auf eine Haftungsübernahme für Willensentscheidungen anderer Staaten hinauslaufen.“ Die Verabschiedung dieses Antrags noch auf dem Bundesparteitag 2012.1 ist wichtig, da infolge des Zeitplans der Ratifizierung des ESM-Vertrages bis Juni 2012 eine Position der Piratenpartei später obsolet würde. Dieser Antrag ist eine Abwandlung des Programmantrags 080 „ESM Antrag“ des anonymen Mitglieds „Prototyp“ zum Bundesparteitag 2012.1. Eine Abwandlung ist nötig, um die Forderung nach einem Volksentscheid auf die korrekte rechtliche Grundlage abzustellen (Art. 146 GG in Verbindung mit der Haushaltssouveränität und nicht Art.125 AEU-Vertrag; siehe insofern den Gastbeitrag von Staatsrechtler Wolfgang Kahl in der FAZ weiter unten). Zudem sollte in der Begründung deutlicher herausgestellt werden, dass hier nicht entscheidende Krisenmaßnahmen durch „Formalien“ verhindert werden sollen, sondern vielmehr Ihr Erfolg durch einen breiten Konsens in der Bevölkerung sichergestellt werden muss. Die Piraten sollten auf diese Weise auch deutlich ihre Zustimmung zu einer weiteren europäischen Integration unterstreichen. Insofern ist dieser Antrag eine konsequente Fortführung des „Piratenappells pro Europa“ Q065 sowie der „Kritik an den demokratischen Defiziten bei der Entstehung des ESM-Vertrags“ vom Bundesparteitag 2011.2 http://wiki.piratenpartei.de/Bundesparteitag_2011.2/Antragsportal/Q065 und http://wiki.piratenpartei.de/Bundesparteitag_2011.2/Antragsportal/Q111 . Die Forderung nach einem Volksentscheid ist einer kategorischen Ablehnung des ESM-Vertrages vorzuziehen und entspricht dem Ideal der Piratenpartei nach einer unmittelbaren Bürgerbeteiligung am politischen Entscheidungsprozess. Ein Volksentscheid würde nicht wichtige Krisenmaßnahmen verzögern oder gefährden, sondern vielmehr sollte die gewonnene Zeit der bereits verabschiedeten Rettungsschirme genutzt werden, um einen breiten Konsens über die Chancen und Risiken des ESM und der mit ihm geplanten Maßnahmen zu erzielen.
Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts Kirchhof in FOCUS Online - http://www.focus.de/politik/ausland/eu/europaweite-volksabstimmungen-kirchhof-fordert-direkte-demokratie-in-der-eu_aid_711006.html Andreas Voßkuhle, Präsident, des Verfassungsgerichts in FAZ - http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/europas-schuldenkrise/im-gespraech-andreas-vosskuhle-mehr-europa-laesst-das-grundgesetz-kaum-zu-11369184.html Zum Obligatorischen Volksentscheid gem. Art 146 GG in Wikipedia - http://de.wikipedia.org/wiki/Volksentscheid#Obligatorische_Volksentscheide Liquid Feedback- Piratenpad- AntragsfabrikDatum der letzten Änderung11.04.2012 Status des Antrags |