Bundesparteitag 2011.2/Antragsfabrik/Programmänderung 077
Inhaltsverzeichnis
Antragstitel
Wahlrechtsvorschlag von Mehr Demokratie e.V. ins Wahlprogramm Antragsteller
Antragstyp
Programmänderung Antragstext
Der Bundesparteitag möge beschließen den Vorschlagstext von Mehr Demokratie e.V. für ein Bundestagswahlrecht ins Wahlprogramm für die nächste Bundestagswahl aufzunehmen. Dieser lautet wie folgt:
Neue Fassung
Grundlegende Reform nötig
Das Ergebnis der Bundestagswahl 2009 hat gezeigt, dass im nun entstandenen Fünfparteiensystem auch die Lösung, die Überhangsmandate in einem Bundesland mit den Sitzen anderer Landeslisten zu verrechnen, nicht mehr gewährleisten kann, Überhangmandate vollständig zu vermeiden. Wenn die stärkste Partei bei unter 35 Prozent liegt und trotzdem fast drei Viertel aller Wahlkreise gewinnt, dann funktioniert das herkömmliche Wahlrecht mit hälftigem Anteil an Direktmandaten aus Einmandatswahlkreisen schlicht nicht mehr so, wie es eigentlich sollte. Es ist auch deshalb an der Zeit, eine grundlegende Reform des Bundestagswahlrechts anzugehen, die sich nicht auf die Vermeidung von negativem Stimmgewicht beschränkt. Dies ist gleichzeitig eine gute Gelegenheit, den Bürgern endlich mehr Einfluss auf die personelle Zusammensetzung des Bundestags zu geben. Abgesehen von den wenigen Wahlkreisen, die umkämpft sind und in denen es auf das Wählervotum ankommt, bestimmen die Parteien allein, wer für sie in den Bundestag einziehen darf. Die Wähler haben auf die Personenauswahl kaum Einfluss. Das ist eine unbefriedigende Situation. Im Folgenden werden mögliche erste Schritte einer Wahlrechtsreform skizziert, die auf den bestehenden Strukturen des Bundestagswahlrechts basiert, aber ein erhebliches Mehr an Demokratie bietet und gleichzeitig den Anforderungen eines Fünfparteiensystems gerecht wird. Mehrmandatswahlkreise Die Bundesrepublik ist seit 2002 in 299 Wahlkreise eingeteilt, in denen jeweils ein Abgeordneter direkt gewählt wird. Wir schlagen vor, dass zukünftig in jedem Wahlkreis drei bis fünf Abgeordnete direkt gewählt werden. In solchen Mehrmandatswahlkreisen könnte jede Partei mehrere Kandidaten aufstellen. Um die Zahl der Wahlkreisabgeordneten gleich zu halten, muss dann die Zahl der Wahlkreise entsprechend verringert werden. Der Vorteil der Mehrmandatswahlkreise Während bei Einerwahlkreisen die stärkste Partei bei den direkt gewählten Abgeordneten dominiert und es daher zu Überhangmandaten kommen kann, entspricht bei Mehrmandatswahlkreisen die Parteizugehörigkeit der direkt gewählten Abgeordneten stärker dem tatsächlichen Kräfteverhältnis der Parteien im Parlament. Statt einer Mehrheitswahl im Wahlkreis handelt es sich um eine „kleine Verhältniswahl“. Überhangmandate sind dadurch praktisch ausgeschlossen. In einem Einmandatswahlkreis werden in aller Regel nur Kandidaten der beiden großen Parteien gewählt. Kleine Parteien schaffen nur in seltenen Ausnahmefällen ein Direktmandat. Bei einem Wahlkreis mit fünf Abgeordneten reichen aber bereits rund acht bis 14 Prozent der Stimmen, um ein Mandat zu erlangen. Damit haben auch kleinere Parteien Chancen und sind motiviert, sich im Wahlkreis zu engagieren. Die geltende Grundmandatsklausel müsste dann angepasst oder ganz abgeschafft werden. Vorzugsstimme Den Wählern sollte auch bei der Listenstimme (Zweitstimme) die Möglichkeit gegeben werden, Personen zu wählen. Schon im Jahre 1976 wurde dies von der Enquete-Kommission „Verfassungsreform“ des Bundestags empfohlen, deren Vorschläge aber leider nie umgesetzt wurden: Eine Personalisierung des Wahlrechts bringe „eine echte Balancierung der Position der politischen Parteien bei der Kandidatenauswahl, ohne ihnen das Recht der Aufstellung der Kandidatenlisten zu beschneiden; diese Balancierung verhilft dazu, Wählereinfluss und Parteienmacht bei der Bestimmung der personellen Zusammensetzung der Volksrepräsentation in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen und die Wechselbeziehungen zwischen den politischen Parteien und ihrer Wählerbasis zu verstärken...“. Die Personalisierung würde in Anlehnung an das bayrische Landtagswahlrecht so geschehen, dass die Wähler die Möglichkeit bekämen, einen Kandidaten auf der Liste der Partei, die sie wählen, anzukreuzen. Hierzu müssten alle Kandidaten der Landesliste im jeweiligen Bundesland auf dem Stimmzettel erscheinen. Für die Mandatszuteilung wäre dann nicht mehr die Reihenfolge der Kandidaten entsprechend der Listenaufstellung entscheidend, sondern die Anzahl der Personenstimmen, die die Kandidaten erhalten haben. Alternativstimme Die Fünf-Prozent-Hürde kann sinnvoll sein, um einer Aufteilung des Parlaments in zu viele Fraktionen vorzubeugen. Sie schränkt aber den Grundsatz der Wahlgerechtigkeit ein und hat den Nachteil, die Wähler von der Wahl einer neuen Partei abzuhalten, da sie davon ausgehen müssen, dass ihre Stimme häufig „verschenkt“ ist. In der Tat entfallen meist fünf bis zehn Prozent der Stimmen auf Parteien, die an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, so dass das Votum dieser Wähler keinen Einfluss auf die Zusammensetzung des Parlaments hat. Das kann verhindert werden, indem dem Wähler die Möglichkeit einer Alternativstimme eingeräumt wird für den Fall, dass seine eigentlich gewollte Partei an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert. Es könnte zum Beispiel ein zusätzliches Feld geben, in dem die Wähler eine weitere Partei ankreuzen. Dieses Kreuz gilt dann nur, wenn die zunächst gewählte Partei unter fünf Prozent bleibt. Die Wähler könnten aber auch die Möglichkeit bekommen, statt eines Kreuzes eine Zahl neben den Parteinamen zu schreiben. Sie könnten dann ihre erste Präferenz mit „1“ kennzeichnen, die zweitliebste Partei mit „2“ und so weiter. Wenn ihre erste Präferenz an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert, würde die Stimme für die zweite Präferenz gelten, scheitert auch die, für die mit „3“ gekennzeichnete Partei und so weiter. Wahlprüfung Auch in Sachen Wahlprüfung haben die jüngsten Wahlen dringenden Reformbedarf erkennen lassen. Dies betrifft zum einen Streitigkeiten im Wahlzulassungsverfahren vor der Wahl. Hier muss die Möglichkeit geschaffen werden, gegen die Entscheidungen der Wahlausschüsse noch vor der Wahl gerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen. Bei der nachträglichen Wahlprüfung darf nicht weiter das Parlament, dessen Wahl angefochten wird, in einem langwierigen Verfahren selbst über die eingegangenen Einsprüche entscheiden können, bevor ein unabhängiges Gericht angerufen werden kann. Wenn – wie nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein 2009 – ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Mehrheitsverhältnisse im Parlament bestehen, dann muss ein effektives Wahlprüfungsverfahren eine gerichtliche Entscheidung noch vor Konstituierung des neu gewählten Parlaments und Bildung einer neuen Regierung gewährleisten. Es bietet sich an, die Entscheidung über Wahlzulassungsbeschwerden vor der Wahl sowie über nach der Wahl erhobene Einsprüche in erster Instanz einem Senat des Bundesverwaltungsgerichts zu übertragen. Gegen dort zurückgewiesene Einsprüche sollte wie bisher die Beschwerdemöglichkeit beim Bundesverfassungsgericht offen stehen.Antragsbegründung
Das Bundestagswahlrecht ist lange überarbeitungswürdig. Die schwarz-gelbe Koalition hat dabei mit dem Versuch ihre Pfründe der Überhangsmandate zu sichern kläglich versagt das Wahlrecht grundsätzlich zu modernisieren. Der Vorschlag von Mehr Demokratie e.V. ist um längen besser und stellt in meinen Augen eine gute Balance zwischen Einfachheit, Fairness und Mächtigkeit dar.
Datum der letzten Änderung
20.11.2011 |
Anregungen
Bitte hier Tipps zur Verbesserung des Antrages eintragen.
- das mit dem fünf-parteien system muss raus. aktuell sind 6 parteien im bundestag vertreten, mit den piraten könnten es 7 werden. --Korbinian 21:23, 20. Okt. 2011 (CEST)
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Diskussion
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Pro/Contra-Argument: ...
- dein Argument
- dein Gegenargument
Pro/Contra-Argument: ...
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Unterstützung / Ablehnung
Piraten, die vrstl. FÜR diesen Antrag stimmen
- Scriptor 11:48, 14. Okt. 2011 (CEST) Besonders interessant finde ich die Möglichkeit der Alternativstimme.
- --Jay Kay 17:52, 14. Okt. 2011 (CEST)
- dolle Sache! Nsim 18:57, 14. Okt. 2011 (CEST)
- Magnus R.
- Sikk 15:36, 17. Okt. 2011 (CEST)
- --Korbinian 21:19, 20. Okt. 2011 (CEST) kenn mich bei dem thema nicht aus, aber mehr demokratie ev vertrau ich da einfach mal. warte auf kritik daran --Korbinian 21:19, 20. Okt. 2011 (CEST)
- SpaceRat 00:25, 20. Nov. 2011 (CET)
Piraten, die vrstl. GEGEN diesen Antrag stimmen
- Spearmind 12:17, 15. Okt. 2011 (CEST) Da die Anzahl der Listenplätze hier nicht geändert werden soll, hätten wir also in Zukunft weniger (nämlich 60 bis 100) und ca. 3 bis 5mal so große Wahlkreise. Dazu hätten (extreme) Parteien beste Chancen auf ein Mandat, die in der Fläche nicht so breit aufgestellt sind.
- Andena
- Skypio Viel zu kompliziert, vor allem der Vorschlag mit der Alternativstimme. Da gibt dann Wahlzettel auf denen 20 Alternativstimmen drauf sind. Und dann noch für jede Alternativstimme die Vorzugsstimmen!?
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Piraten, die sich vrstl. enthalten
- MCS 16:12, 15. Okt. 2011 (CEST) Das ist ja ein sehr bunter Haufen an Forderungen. Im Grunde finde ich es sowieso problematisch, wenn die Piratenpartei vollends zum "Abnickhansel" von Vereinen wie "Mehr Demokratie e.V." oder "Netzwerk BGE" wird. Arbeite doch das ganze zu einem stimmigen Gesamtpaket aus oder trenne die einzelnen Punkte. Aber ob das jetzt vom "Mehr Demokratie e.V." Verein kommt ist mir schnuppe. Solche Vereine können viel fordern um Spendengelder zu sammeln, als Partei sollte man andere Maßstäbe ansetzen. Da Demokratie immer von den Spielregeln abhängig ist, und diese nie perfekt sein können, könnte ich persönlich auf diesen Antrag verzichten. Auch wenn die "5%-Sache" überlegenswert klingt (hoher bürokratischer Aufwand? Fehleranfällig wenn Wahlhelfer nicht mehr durchblicken bei den vielen Kreuzchen?)
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