Benutzer:Johannesponader/23Thesen
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Dieser Artikel ist keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern hier findet/fand eine offene Diskussion des Themas statt. Wenn Du meinst, diese Idee erweitern zu können, tu es, aber bitte beachte die Diskussionsregeln. Ist die Idee tragfähig und mehr als eine Einzelmeinung, so kann man das Ganze auch als Entwurf kennzeichnen. |
23 Thesen zum Sozialstaat 3.0
Momentan laufen im Netz und in der Presse zahlreiche Infos zum Modell "Sozialstaat 3.0" um. Die folgenden Thesen sollen deutlich machen, was das Modell ist, was es nicht ist, und wozu es dienen könnte:
1. Das Modell ist gegenüber dem heutigen Hartz-IV-System eine Verbesserung für die Bedürftigen.
2. Das Modell ist kein bedingungsloses Grundeinkommen im Sinne unseres Wahlprogramms. Das ist den Autoren bewusst. Es ist die Alpha-Version eines neuen Sozialstaats, nicht das final release.
3. Das Modell erfüllt auch die Forderungen aus unserem Grundsatzprogramm nicht vollständig. Das ist auch nicht Zweck des Modells.
4. Die Berechnung der Kosten für ein Grundeinkommensmodell ist dadurch erschwert, dass sich Auswirkungen der Umstellungen auf den Arbeitsmarkt, das Lohn- und Preisgefüge von unserem heutigen Standpunkt aus nur sehr schwer empirisch abschätzen lassen.
5. Daher müssen seriöse Berechnungsmodelle auch pessimistische Szenarien in Betracht ziehen, bei denen sich die zugrundeliegenden Parameter eher ungünstig entwickeln.
6. Zweck des Modells ist es, ein kurzfristig umsetzbaren Vorschlag zu liefern, der die Würde aller betroffenen Menschen verbessert und möglichst wenig finanzielle Risiken mit sich bringt.
7. Gleichzeitig bezweckt das Modell, Felder für Erfahrungen und empirische Untersuchungen zu schaffen, auf deren Grundlage die Einführung eines echten bedingungslosen Grundeinkommens leichter durchsetzbar ist.
8. Die Piratenpartei fordert u. a. die Abschaffung von Sanktionen im Hartz-IV-System. Wir halten Sanktionen für mit dem Recht zur Achtung der Menschenwürde in Artikel 1 und dem Verbot von Zwangsarbeit in Artikel 12 des Grundgesetzes unvereinbar. Die Sanktionen müssen daher umgehend ausgesetzt werden.
9. Im Rahmen unseres heutigen Wirtschaftssystems, das auf Erwerbsarbeit fußt, müssen genug Menschen zur Ausübung von Erwerbsarbeit motiviert sein.
10. Wenn Beziehern von Transferleistungen keine Sanktionen mehr angedroht werden, können sie auf diesem Weg auch nicht länger zur Arbeitsaufnahme motiviert werden. Sinn und Wertschätzung sind wesentliche Motivationen selbstbestimmten Arbeitens, doch zu diesen muss eine angemessene materielle Entlohnung hinzutreten.
11. Einem Bezieher von Sozialleistungen bleiben heute lediglich zwischen 10 und 15% des Zuverdienstes.
12. Diese Zuverdienstmöglichkeiten motivieren nicht zur Arbeitsaufnahme.
13. Wenn die Sanktionen ausgesetzt oder abgeschafft werden, müssen die Freibeträge für Zuverdienst erhöht werden, um zur Aufnahme von Arbeit zu motivieren. Auch das ist eine offizielle Forderung der Piratenpartei.
14. Wenn die Möglichkeiten für Zuverdienst erhöht werden, steigt die Zahl der Anspruchsberechtigten sprunghaft an, weil durch die höheren Freibeträge sehr viel mehr Menschen anspruchsberechtigt sind.
15. Sozialbürokratie und Sozialgerichtsbarkeit sind bereits jetzt an einer Grenze. Ein sprunghafter Anstieg der Anspruchsberechtigten kann innerhalb des heutigen Systems von der Sozialbürokratie und der Sozialgerichtsbarkeit nicht mehr verkraftet werden.
16. Daher ist eine unbürokratischere Abwicklung der Ansprüche nötig.
17. Unser derzeit diskutierter Ansatz ist es, den Regelsatz um ca. 70 Euro zu erhöhen, ihn unbürokratisch an alle auszuzahlen, und lediglich die Wohnkosten regional unterschiedlich nach individuellem Bedarf auszuzahlen.
18. Unser im Konzept enthaltenes Modul eines „Wohngelds“ ist ein überarbeitetes Wohngeld-Modell und nicht identisch mit dem, was heute als „Wohngeld“ ausgezahlt wird.
19. Das Modell ist also ein Vorschlag, wie sich nach Aussetzung von Sanktionen das Sozialsystem übergangsweise so gestalten ließe, dass die Arbeitsmotivation durch Zuverdienstmöglichkeiten erhalten bleibt und der Verwaltungsaufwand leistbar bleibt.
20. Würde es umgesetzt, dann hätte man ein bereits heute - ohne größere Systemwechsel in der Wirtschafts- oder Finanzordnung - finanzierbares Modell, anhand dessen die These: "Ohne Zwang geht ja keiner mehr arbeiten" überprüft werden kann bzw. Veränderungen in der Arbeitswelt, im Lohn- und Preisgefüge in Tendenzen durch praktische Erfahrung abgeschätzt werden können.
21. Diese Tendenzen und Erfahrungen erleichtern die wissenschaftliche Debatte verschiedener echter Grundeinkommensmodelle, genauso wie die breite politische und gesellschaftliche Debatte.
22. Die Entscheidung, ob und wenn ja welches Modell eines echten bedingungslosen Grundeinkommens langfristig umgesetzt werden soll, die nach unserem Wahlprogramm durch die Bevölkerung in einer Volksabstimmung getroffen werden soll, wird so auf eine fundiertere und informiertere Basis gestellt.
23. Bis zu dieser Entscheidung halten wir es daher für besser, ein Modell wie das unsere umzusetzen, als das heutige System beizubehalten.