Benutzer:Janonymous/Metatheorie der politischen Willensbildung
Inhaltsverzeichnis
Metatheorie der politischen Willensbildung
Die vorliegende Theorie integriert mehrere Theorien zu einer Metatheorie der politischen Willensbildung. Dazu gehören u.a. das Rubikon-Modell, die Theorie der Bewusstseinslagen, die Theorie der Handlungskontrolle, die PSI-Theorie(1) (2) sowie der Selbstorganisationsansatz(1) ,(2) in Form der Theorie der Prozessgestalten 1 2. Im Kern geht es dabei um eine fundamentale Systemkritik am derzeitigen Modell der repräsentativen Demokratie.
Merkmale entgegengesetzter Handlungsphasen & Bewusstseinslagen in der Metatheorie der psychologischen Willensbildung | CC BY-NC-SA 2.0 | by Jano Nymous
Basisannahmen
1. Die Metatheorie der politischen Willensbildung geht davon aus, dass eine selbstgesteuerte bzw. unkorrumpierte, innerdemokratische Willensbildung in Parteien in einer Demokratie geistig und praktisch nur realisiert werden kann, wenn das politische System (hier v.a. mit Blick auf Legislative und Exekutive) analog und transparent zu den Anforderungen in psychologischen Handlungsphasen und äquivalent zu der jeweiligen Logik natürlich ausgeglichener, selbstgesteuerter Informationsverarbeitung gestaltet ist.
2. Der Mensch hat zwei einander entgegengesetzte Bewusstseinsmodi, die ihn einerseits bei der Zielfindung und andererseits bei der Zielumsetzung unterstützen, also die der Selbstbestimmung / Empathie und der Zielerreichung / Handlungsfähigkeit zugrunde liegen.
3. In der Handlungsphase der Zielfindung bzw. der Willensbildung geht es um ein möglichst ergebnisoffenes, unvoreingenommenes, realitätsorientiertes Abwägen selbstrelevanter Ziele, deren Erfolgswahrscheinlichkeit und damit verbundener persönlicher Werte (realitätsorientierte Bewusstseinslage). Hier denkt der Mensch in Graustufen bzw. Wahrscheinlichkeiten und zwar möglichst kontextgebunden, d.h. er macht sich im Bestfall Gedanken darüber bzw. simuliert, in welcher Situation welche Ziele wie am besten erreicht werden können bzw. welches persönlich wichtige Ziel in der gegenwärtigen Situation am passensten oder am wahrscheinlichsten zu realisieren ist. Die Logik, die der Verarbeitungslogik zur Zielbestimmung am besten entspricht, ist die sogenannte Fuzzy Logik, in der ein (simulierter) Zielzustand mehr oder weniger wahr bzw. mehr oder weniger sinnvoll oder passend sein kann. Damit die Zielfindung möglichst in Übereinstimmung mit den persönlichen Bedürfnissen, Werten und Erfahrungen geschieht, bedarf es der Beteiligung entsprechender Gedächtnisstrukturen, die in der PSI-Theorie auch als Extentionsgedächtnis oder das "Selbst" bezeichnet werden. Dieses psychologische Subsystem kennzeichnet sich zudem durch eine ganzheitliche, hoch integrative und parallele Informationsverarbeitungsweise. Den Bewusstseinsmodus, den ein Mensch also für eine möglichst flexible, selbstgesteuerte Ziel- und Entscheidungsfindung braucht, gleicht einer „inneren Demokratie“, bei der viele Stimmen (Pluralismus) in Bezug auf eigene oder auch fremde Bedürfnisse, Gefühle und Werte gleichzeitig berücksichtigt und integriert werden. Hierbei ist das Ganze mehr als die Summe seiner Teile. Der Mensch ist in diesem Bewusstseinsmodus in der Lage, zu höchst kreativen, innovativen und unerwarteten Einsichten und Lösungen zu kommen, die im Bestfall mehrere selbstrelevante Ziele und Erfahrungswerte mit einmal berücksichtigen und kann dadurch sprichwörtlich aus sich selbst heraus optimale Lösungen generieren, die den Anforderungen der Gesamtsituation am besten entsprechen.
4. In der Handlungsphase der Zielumsetzung bzw. Willensdurchsetzung geht es dem gegenüber darum, ein einmal gefasstes Ziel (Intention) hinsichtlich seiner Realisierung zu planen und gegen innere oder äußere Barrieren und konkurrierende Ziele umzusetzen. Dieser Bewusstseinsmodus wird daher auch realisierungsorientierte Bewusstseinslage genannt und kennzeichnet sich durch ein für Willenshandlungen typisches Schwarz-Weiß-Denken ("Jetzt oder nie", Entweder ich will, oder ich will nicht). Die hier vorherrschende Entweder-Oder-Logik entspricht der Binärlogik, es gibt nur eine Wahrheit, nämlich die, die der Zielerreichung dienlich ist (Monismus). Hierbei reduziert sich die Wahrnehmung auf ausschließlich ziel- und handlungsrelevante Objekte, zielirrelevante Gedanken und Stimmen werden ausgeblendet, abgeschirmt und unterdrückt. Man bekommt natürlicherweise in dieser Handlungsphase also einen Tunnelblick, bei dem alle zielirrelevanten Ideen und Reize ausgeblendet werden und sich die Aufmerksamkeit ausschließlich darauf richtet, wie man am besten das entsprechende Ziel erreicht und etwaige Barrieren überwindet. Im Vergleich zum Bewusstseinsmodus der Willensbildung, kennzeichnet sich der Bewusstseinsmodus des Planens und der Willensumsetzung durch eine selektive, stärker kontrollierte, sequenziell-analytische Verarbeitungsweise, durch die nacheinander bestimmte Teilziele und -handlungen geplant und umgesetzt werden. Dieser Bewusstseinsmodus wird in der PSI-Theorie mit dem Zustand einer "inneren Diktatur" gleichgesetzt, da alle Stimmen, die nicht unmittelbar hilfreich für die Zielverfolgung sind, unterdrückt werden. Die Wahrnehmung wird also durch das entsprechende Ziel oder die entsprechende Handlung versklavt. Wenn man bspw. Hunger hat, dann sieht man überall nur noch Objekte, die etwas mit Essen zu tun haben, alle anderen zielirrelevanten Reize werden ausgeblendet.
Typologie & inherente Systemkritik
Für die weitere Typenbildung werden zwei Basisannahmen aus PSI-Theorie/Theorie der Bewusstseinslagen und Rubikon-Modell miteinander kombiniert:
1. Der Mensch hat zwei einander entgegengesetzte, motivationale Bewusstseinsmodi, einen realitätsorientierten, pluralistischen Modus in der Zielbildungsphase (innere Demokratie, unvoreingenommenes Abwägen in Wahrscheinlichkeiten/Graustufen) und einen realisierungsorientierten, monistischen Modus in der Zielumsetzungs- bzw. -durchsetzungsphase, Unterdrückung zielirrelevanter Informationen), in dem man eher einen Tunnelblick hat und SW-Denken vorherrscht.
2. Eine optimale Selbststeuerungs- und Handlungsfähigkeit ist gegeben, wenn bei einem Individuum Handlungsphase mit dem entsprechenden Bewusstseinsmodus einhergehen. Entsprechende Abweichungen von der optimalen Passung von Handlungsphase und Bewusstseinsmodus gehen mit unterschiedlichen Mechanismen der Korrumpierung der Willensbildung und der willentlichen Effizienz einher.
Wenn man jetzt von den motivationalen Handlungsphasen und Bewusstseinslagen des Menschen ausgehend den Vergleich zu den gegebenen politischen Entscheidungssstrukturen und -prozessen zieht, dann erkennt man, dass es im aktuellen System der angeblich repräsentativen Demokratie unter dem Mehrheitsprinzip gar keine transparente, demokratische Zielbildungsphase gibt. Im Grunde widersprechen die Logik und die psychosozialen Auswirkungen des Mehrheitsprinzip sogar den Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung (siehe auch:Fundamentale Systemkritik am Mehrheitsprinzip).
Vierfelderschema zur Typenbildung
x: Handlungsphase: Zielfindung/Willensbildungphase (erfordert Selbstzugang, unvoreingenommene Zielfindung & Kontextberücksichtigung) vs. Ziel-/Willensumsetzungsphase (erfordert Effizienz und Handlungskontrolle in der Zielumsetzung)
y: Bewusstseinsmodus: Denken in Graustufen/Facetten/Wahrscheinlichkeiten (Fuzzy Logik), kontextabhängig, unvoreingenommen, pluralistisch, ganzheitlich (innerdemokratisch) vs. Denken in Kategorien, Schwarz-Weiß-, Entweder-oder- bzw. Binär-Logik, voreingenommen/manipulativ im Sinne des Handlungsziels oder der Erwartung, Tunnelblick, selektive Aufmerksamkeit (innerdiktatorisch)
Wenn man die psychologischen Handlungsphasen und Bewusstseinslagen kombiniert, ergeben sich 4 Typen mit spezifischer Kongruenz/Inkongruenz von Hanldungsphase und Bewusstseinslage:
1. Demokrat: Bewusstseinsmodus stimmt mit Handlungsphasen überein
2. Diktator: denkt/führt ausschließlich schwarz-weiß und manipuliert die kollektive Willensbildung, Fremdsteuerung von oben (top down)
3. Zögerer: denkt fast ausschließlich in Graustufen, Handeln unter Unsicherheit, keine ausreichende Zielbindung, es fehlt die Initiative und die willentliche Effizienz bzw. Konsequenz in der Zielumsetzungsphase
4. Mitläufer: denkt in der Zielfindungsphase voreilig schwarz-weiß (hat stress- und/oder dispositionsbedingt keinen Selbstzugang und verwechselt daher eigene mit fremden Zielen) und in der Umsetzungsphase in Graustufen, lässt sich aber im Vergleich zum Zögerer von der Mehrheit mitziehen ohne eigenen Willensimpuls
Nach der Theorie der politischen Willensbildung hat der Typus des Demokraten eine adäquate Übereinstimmung im Denken bzgl. Bewusstseinslage und natürlicher Handlungsphase. Ein Diktator denkt schon in der motivationalen Phase der Willensbildung schwarz-weiß und erklärt vorgegebene Ansichten/Lösungen für alternativlos. Eine diskriminierende und machtorientierte Umsetzungslogik dominiert, manipuliert und verzerrt die Meinungs- und Willensbildung. Die Lösungssuche erscheint schon beendet, während also noch gar keine kollektive Entscheidung gefällt wurde. Jemand mit dem Muster des Zögerers denkt vornehmlich in Graustufen, tut dies also auch in der Phase der Willensumsetzung. Der Zögerer hat zwar noch Zugang zu seiner Bedürfnislage, zögert aber dann in der Umsetzung, grübelt und simuliert über mögliche Alternativen und Fehlentwicklungen. Ein Mitläufer dagegen denkt aus verschiedenen Gründen, z.B. aufgrund von Zeitdruck, Lageorientierung, Ablenkung oder kognitive overload bereits in der Willensbildungsphase schwarz-weiß, hat keinen Selbstzugang und verwechselt daher fremde bzw. externe Instruktionen und Erwartungen mit seinen eigenen Bedürfnissen und Zielen und es kommt zu keiner tiefgreifenden, sondern nur zu einer oberflächlichen Meinungs- und Willensbildung, die sich der weiteren willentlichen Steuerung durch das Subjekt entzieht.
Fazit
Es bedarf einer spezifischen Konstellation hinsichtlich der Kongruenz von innerer und äußerer/struktureller Logik, um freie/s und gewissenhafte/s Diskurse/Handeln zu befördern und geistiger Korrumption in einer Demokratie entgegenzuwirken.