Benutzer:Ike/Drei-Kammer-Modell
Inhaltsverzeichnis
Das Drei-Kammer-Modell als Variante der ständigen Mitgliederversammlung
Vorwort
Der Bundesparteitag in Bochum hat erneut gezeigt, dass eine Basisdemokratie mit jährlichen programmatischen Parteitagen nicht dazu geeignet sind, unseren Stau an sehr guten Anträgen wirksam abzuarbeiten. Als Alternative wurde insbesondere im Umfeld des BPT die ständige Mitgliederversammlung genannt. Diese hat jedoch u.A. den Nachteil, dass damit nur Positionspapiere, nicht aber Partei- oder Wahlprogramme beschlossen werden können.
Auf Basis der Arbeit von Crackpille ist - inspiriert durch Fridtjof - etwas entstanden, das viele unserer Probleme lösen könnte und dabei nicht die Nachteile der Delegiertenversammlungen der Altparteien hat, das Drei-Kammer-Modell.
Die Kammern
1. Kammer: Die Ideenschmiede
Die erste Kammer dient zum Entwickeln und Verbessern von Anträgen. Als Basis könnte LiquidFeedback oder eine im Funktionsumfang vergleichbare Software verwendet werden. Wichtige Voraussetzungen sind:
- Jedes Mitglied muss selber Anträge erstellen können, ohne dass es einer Kommission dazu bedarf
- Andere Mitglieder müssen in der Lage sein, Anregungen dazu zu erstellen
- Idealerweise sollte es möglich sein, darüber auch direkt im System zu diskutieren
Dieses System ist nicht anonym. Auf einem normalen Parteitag entspricht es dem Antragsteller und der Rednerschlange.
Die Siegerinitiative wird automatisch in die zweite Kammer eingereicht. Es ist zu überlegen, ein gewisses prozentuales Quorum zu errichten, damit nur Anträge eingereicht werden, die ein gewisses Interesse erlangt haben. Ggf. ist die grundsätzliche Möglichkeit dafür zu schaffen, damit reagiert werden kann, falls es zu Problemen kommt.
Eine zweite Möglichkeit der Einreichung von Anträgen besteht darin, sie von einem Parteitag einer Untergliederung beschließen zu lassen. Dieser müsste dabei eine Landesmitgliederversammlung sein, bzw. eine gewisse Mindestanzahl von akkreditierten Personen umfassen (100?), damit die Möglichkeit gegeben ist, dass der Antrag eine gewisse Qualitätshürde überspringen musste.
Eine dritte Möglichkeit könnte darin bestehen, dass ein Landesverband einen Antrag mit Hilfe eines landesspezifischen Systems entschieden hat. Beispielsweise nutzt Hessen ja das virtuelle Meinungsbild. So könnten mit der dritten Möglichkeit die Ergebnisse von virtuellen Meinungsbildern ebenso in die zweite Kammer eingereicht werden. Auch hierbei bedarf eines gewissen Quorums.
Die anderen Möglichkeiten existieren deswegen, damit es keinen Zwang zur Nutzung eines nur per Pseudonym oder Klarnamen nutzbaren Tools gibt.
2. Kammer: Die Entscheider
Die zweite Kammer entscheidet darüber, ob ein Antrag die Mehrheit der Mitglieder überzeugen kann. Sie basiert auf einem System wie zum Beispiel LimeSurvey. Anträge an die zweite Kammer werden gesammelt und einmal pro Monat in das System gestellt. Der Abstimmungszeitraum könnte dabei bei zwei bis drei Wochen liegen, dadurch sollte genügend Zeit sein, sich die Anträge anzuschauen, darüber zu diskutieren und dann darüber abzustimmen. Das System hat die folgenden Voraussetzungen:
- Man kann ausschließlich mit Ja/Nein/Enthaltung stimmen
- Man wird in regelmäßigen Abständen zu den Abstimmungen per Mail eingeladen
- Die Bedienhürden sind niedrig
- Die Nutzung erfolgt in den Grenzen der elektronisch machbaren Anonymität
War ein Antrag hier erfolgreich, wird er automatisch in die dritte Kammer eingereicht. Zu prüfen wäre auch hier ein Mindestquorum. Eventuell könnte man definieren, dass nur Anträge mit mindestens 2/3-Mehrheit in die dritte Kammer überwiesen werden, knappe Anträge könnten direkt als Antrag an die nächste Mitgliederversammlung gehen, da man davon ausgehen könnte, dass solche Anträge noch Diskussionsbedarf haben. Anträge, die laut unserer Satzung mindestens 2/3 erreichen müssen, könnten in der zweiten Kammer eine Mindestmehrheit von 3/4 für eine Überweisung an den Rat benötigen, ansonsten würden sie an die Mitgliederversamlung verwiesen.
Zusätzlich zur Meinungsabgabe über das Internet könnte parallel eine Briefwahl oder eine Stimmabgabe in einer Geschäftsstelle, bzw. bei dafür autorisierten Personen stattfinden. Die Stimmen würden dann auf die elektronisch ermittelten Stimmen addiert. Ein Mitglied müsste sich im Vorfeld entscheiden, welchen Weg der Abstimmung es nehmen möchte.
3. Kammer: Die Legitimierer
Es wird ein neues Organ in die Satzung aufgenommen, genannt "Parteirat":
- Der Rat besteht aus Mitgliedern, die anteilig zur Mitgliedsanzahl der einzelnen Landesverbände auf den LPTs der jeweiligen LVs gewählt werden, die Größe des Rates ist dabei so zu wählen, dass jeder Landesverband mindestens ein Mitglied entsendet. Die Gesamtzahl der Ratsmitglieder sollte dabei zwischen 100-150 liegen. Es werden auch Stellvertreter gewählt, damit immer eine repräsentative Vertretung gewährleistet werden kann.
- Der Rat tagt einmal im Quartal mit physischer Präsenz, d.h. die Mitglieder des Rats müssen reisefreudig und -fähig sein. Eine Kostenerstattung findet nicht statt.
- Die Sortierung der Anträge auf der Tagesordnung richtet sich nach der erreichten Stimmenanzahl des Antrags in der zweiten Kammer und lässt sich durch die Versammlung nicht ändern.
- Der Rat hat kein Initiativrecht. Alles was sie tun können, ist die in der 2. Kammer erfolgreichen Anträge abzulehnen oder zu bestätigen.
- Die Anträge können dabei auch Programmanträge und auch Satzungsanträge sein. Dabei muss man aber die Einschränkung machen, dass nur Satzungsanträge entschieden werden könnten, die nicht den Parteirat oder die Mitgliederversammlungen betreffen.
- Ein vom Rat abgelehnter Antrag wird automatisch bei der folgenden Mitgliederversammlung eingereicht, außer der Antragsteller zieht ihn zurück.
Der Rat dient der rechtlichen Legitimierung von Anträgen. Erst dadurch erhalten sie - auch nach Parteienrecht - den Status eines Partei- oder Wahlprogramms. Rechtlich gesehen entspricht der Parteirat einer Delegiertenversammlung. Es gibt aber entscheidende Unterschiede zu einer Delegiertenversammlung einer Altpartei:
- Die Anträge können nicht im Wortlaut verändert werden.
- Alle Parteimitglieder hatten bereits in der zweiten Kammer die Möglichkeit, die Anträge zu entscheiden. Es können also keine Anträge eingebracht werden, die nicht von der Basis getragen werden.
- Der Rat löst die Mitgliederversammlungen nicht ab, sondern ergänzt sie.
- Der Rat hat keine Möglichkeit, einen Antrag zu verhindern. Er kann ihn maximal verzögern, da er ansonsten auf einer kommenden Mitgliederversammlung diskutiert und ggf. beschlossen werden könnte.
Der Rat dient aber nicht nur der rechtlichen Legitimierung. Er könnte auch dazu dienen, in der ersten oder zweiten Kammer übersehene Probleme zu erkennen und den Antrag ggf. deswegen abzulehnen. Als Beispiel sehe ich hier den Inklusionsantrag aus Bochum. Da der Rat nur über verhältnismäßig wenige Anträge zu entscheiden hat, kann eine bessere Vorbereitung laufen. Die Ratsmitglieder sollten sich hierbei auch im Vorfeld von den übrigen Parteimitgliedern beraten lassen. Wenn also plötzlich festgestellt würde, dass es Probleme mit einem Antrag gibt, könnte dann reagiert werden.
Es wäre ferner zu klären, ob es rechtlich möglich ist, festzuschreiben, dass Ablehnungen von Anträgen nur mit sinnvoller Begründung erfolgen dürfen. Ebenso wäre zu prüfen, ob eine namentliche Abstimmung durchgeführt werden könnte, damit die Ratsmitglieder sich später verantworten können.
Vorteile
Versammlungen mit 150 Teilnehmern sind vergleichsweise günstig durchzuführen. Dadurch können mehrere Versammlungen im Jahr erfolgen, ohne dass es zu finanziellen Problemen kommt. Außerdem ist eine Ratsversammlung durch die engen Schranken, die ihr aufgelegt werden, sehr effektiv. GO- und TO-Schlachten dürfte es kaum geben. Es wird auch nicht das Problem kurzfristig eingereichter, bzw. schlecht geschriebener Anträge geben. Lange Debatten sind ebenso nicht zu erwarten, außer bei in der zweiten Kammer nur knapp entschiedenen Anträgen.
Durch das Weiterbestehen der Mitgliederversammlungen besteht auch weiterhin die Möglichkeit, ohne die drei Kammern Anträge direkt an eine Mitgliederversammlung zu stellen. Diese Anträge würden dabei in altbekannter Weise durch die Mitglieder zunächst in der Tagesordnung sortiert und dann normal entschieden werden. Dadurch sollten qualitativ hochwertige Anträge kein Problem haben, behandelt zu werden.
Vergleich zur ständigen Mitgliederversammlung auf ausschließlicher Basis von LQFB
Die Vorteile sind:
- Höhere Repräsentanz durch die Verwendung unterschiedlicher Systeme für die erste und zweite Stufe
- Geringere Barrieren für die Teilnahme
- Geringere Gefahr der erfolgreichen Manipulation durch die Verwendung unterschiedlicher Systeme
- Anonyme Teilnahme ist möglich
- Wahl- und Parteiprogramme können damit beschlossen werden, nur dadurch erfolgt tatsächlich eine Entlastung der Parteitage, da eine rein softwarebasierte SMV ausschließlich unverbindliche Positionspapiere beschließen dürfte.