BY:Positionspapiere/POS-040
Software in der öffentlichen Verwaltung
Inhaltsverzeichnis
Antrag
Bei Anschaffungen bezüglich Software und bei deren Nutzung sollen in der bayerischen Verwaltung interoperable Protokolle und Dateiformate zum Einsatz kommen.
Es ist eine Bewertung bezüglich Interoperabilität vorzunehmen.
Hierbei sind technische, juristische und wirtschaftliche Umstände zu berücksichtigen:
- keine gültigen, einschränkenden Softwarepatente oder ähnliche rechtliche Restriktionen
- ausreichende, frei verfügbare Dokumentation muss existieren
- eindeutige Standardisierung und Benennung ist Pflicht
- es muss eine ausreichende Beteiligung an der Weiterentwicklung möglich sein
Zwischen verschiedenen Stellen der öffentlichen Verwaltung sowie der öffentlichen Verwaltung und Dritten muss in Bayern die Nutzung offener Protokolle und Dateiformate möglich sein.
Dazu soll ein dokumentierendes Repository aus hierfür qualifizierten Lösungen aufgebaut werden, um mögliche Standards für alle transparent und einheitlich aufzuzeigen. Dies soll mindestens auf Landesebene erfolgen, besser noch wäre eine noch breitere Aufstellung auf Bundes- oder europäischer Ebene oder eine Kombination.
Ausnahmen sollen nur gemacht werden, wenn keine nutzbare Alternative zu herstellerspezifischen Angeboten existiert und die Schaffung einer solchen Alternative einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten würde oder wenn unzumutbare Migrationskosten entstehen würden.
Öffentliche Stellen sollen außerdem prüfen ob es Sinn macht Software und Schnittstellen selbst oder im Verbund zu entwickeln bzw. entwickeln zu lassen. Aus öffentlichen Geldern entwickelte Software muss quelloffen sein.
Bei vergleichbarer Eignung ist Software mit liberaler Lizenzierung zu bevorzugen, da diese auf Dauer eine bessere Kontrolle und Anpassbarkeit bietet und es ermöglicht zwischen Dienstleistern und Nutzungsmodellen zu wählen.
Über Interessenvertretung hinausgehende Kontrolle von Standardisierungs-Gremien oder Open-Source-Projekten durch staatliche oder kommunale Institutionen darf nicht angestrebt werden.
Begründung
Die Forderung, nur offene oder freie Software dürfe vom Staat eingesetzt werden, taucht immer wieder auf. Hier gibt es aber das Problem, dass dies in einigen wenigen Fällen große Probleme und Kosten verursachen würde, z. B. wegen Migration oder weil es überhaupt keine FLOSS-Pendants gibt. Das führt dann berechtigterweise z. B. zu schlechter Presse und in der Folge auch zu einem schlechten Ruf. Sinnvoller wäre es aber, auf die Verwendung von frei zugänglichen Dateiformaten und Protokollen zu setzen.
Der Ansatz hier ist, sich auf die entstehenden Abhängigkeiten zu konzentrieren. D. h. wir verbieten der Verwaltung nicht proprietäre Software, sondern sorgen für eine konstant gleichberechtigte Ausgangsstellung, die gleichzeitig Gefahren wie einen "Vendor-Lockin" verhindert.
Weitere Vorteile liegen darin, dass eine obligatorische Dokumentation und freie Nutzbarkeit konkurrenzfördernd ist, zudem wirkt eine solche Regelung passiv gegen die Bestrebungen, in Europa Softwarepatente für gültig zu erklären. Weiterhin schützt dies die Investition der Steuerzahler und ist eine gute Grundlage für Archivierung.
Es geht also nicht in erster Linie um die Software, die sollen sich die Leute vor Ort selbst aussuchen. Vorgeschrieben werden die Verwendung von frei nutzbaren, dokumentierten Dateiformaten und Protokollen. Damit soll sichergestellt werden, dass man in Zukunft die Software wechseln kann, Dateien und Programme weitergenutzt oder konvertiert werden können und auch anderen die Entscheidung gelassen wird, welche Software sie nutzen möchten.
Somit wird es verpflichtend, interoperable Schnittstellen (z. B. Formate) anzubieten. Es können also auch zusätzlich andere Optionen offeriert werden, müssen aber nicht.
In Anlehnung an unsere Position zum Thema "Open Access" soll von Steuergeldern entwickelte Software quelloffen sein.
Beschluss
Dieser Antrag wurde auf dem Landesparteitag Bayern 2012.1 in Straubing als P114 angenommen (Protokoll).