BY:Landesparteitag 2012.1/Antragsfabrik/Begriffsklarstellung "faschistisch"

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Pictogram voting wait blue.svg Dies ist ein eingereichter/eingereichtes Positionspapier für den BY:Landesparteitag 2012.1 von wigbold.

Bitte diskutiere den Antrag, und bekunde Deine Unterstützung oder Ablehnung auf dieser Seite. Der Antragstext darf nicht mehr verändert werden! Eine Übersicht aller Anträge findest Du in der BY:Landesparteitag 2012.1/Antragsfabrik.

Positionspapier Antrag Nr.
P04
Beantragt von
wigbold
Titel 
Begriffsklarstellung "faschistisch"
Antrag

Bezugnehmend auf §1 Abs.1 der Bundessatzung beantrage ich hiermit für die Piratenpartei Bayern folgende Klarstellung des Begriffes "faschistisch" sowie Indikatoren für faschistische Bestrebungen in einem politischen/staatsbildenenden Kontext festzustellen:


Begriffsklarstellung "faschistisch"

"Faschistisch" sind Bünde, die sich über Einzelne hinwegsetzen, Einzelne für ihren Bund auf Basis ihrer Macht vereinnahmen sowie als Bund Macht über andere ausüben. Der Zusammenhalt des Bundes ist geprägt von einer totalitären Ethik. Der Anspruch des Machterhalts fordert die Erhaltung des Bundes mit jedem Mittel.


Indikatoren für faschistische Bestrebungen, politischer Kontext:

Folgende Indizien können vermehrt zutreffend auf faschistische Bestrebungen hinweisen.

  • Totalitätsanspruch (totalitäre Auffassung vom Primat der Politik)
  • Führung durch Eliten bzw. Führer
  • Militarisierung von Politik
  • kulturstiftende Ideologie - auf Mythen basierend mit Riten und Symbolen vermittelt (politische Religion)
  • korporative, hierarchische Organisation der Wirtschaft
  • Funktionshierarchisches Gesellschaftsmodell
  • Vorstellung einer "neuen Ordnung", welche die parlamentarische Demokratie zerstört
  • antiideologischem Ideologie mit pragmatischem Charakter - Ideologie gegen materialistische, liberale, marxistische und konservative Weltanschauungen
  • Assimilation der bürgerlichen Gesellschaft und Organisationen (Gleichschaltung aller gesellschaftlichen Kräfte)
  • Völkischer Nationalismus
  • ausgeprägtes Denken in sich ausschließenden Kategorien
  • Aufhebung der Trennung zwischen Privatem und Öffentlichem
  • absolute Unterordnung des Bürgers unter den Staat
  • Überwachung, Kontrolle und Unterdrückung von Dissens und Opposition
  • fortwährenden Revolution: andauernde Agitation der gesamten Gesellschaft (Massenmobilisierung)
  • politisches System, das auf der Symbiose von Partei und Staat beruht
  • Technokratie / Expertokratie
  • Bestimmung sozialer Nutzbarkeit von Menschen
  • imperialistische Expansion zur Schaffung einer neuen (Welt-)Ordnung
Begründung

Um Faschismen begegnen zu können, ist eine klare Aussage zu finden, was "faschistisch" ist. Gleichermaßen sind Indikatoren für Faschismus zu benennen.

Um nicht blind für moderne Faschismen zu werden. ist "faschistisch" in soweit zu differenzieren, daß Nationalsozialismus eine Ausprägung von Faschismus ist: Ein Bund, der den Nationalsozialismus aus einer totalitären Ethik begründet, sich selbst als Staat bzw. Nation bestimmt und politisch Jedermann für sich je nach Nützlichkeit vereinnahmt, entrechtet, vernichtet.

Eine phänomenologische Geschichtsschreibung des "Faschismus" und daraus entwickelte Faschismustheorien sind für eine unmittelbare kritische Reflektion des eigenen politischen Handelns zu umfangreich und zu komplex. Die wissenschaftliche Theorie ist auch eine akademische und keine verantwortende Interpretation von "Faschismus" und ermöglicht so nur schwer die unmittelbare Selbstkritik.

Eine Zeitreise mittels zeitgenössischer Literatur bietet eine Sichtweise auf den "Faschismus" der Betroffenen. - So wurde schon früh angemerkt, dass die Begriffsherkunft nichts über inhaltliche Ziele aussage. So schrieb Fritz Schotthöfer bereits 1924 in "Il Fascio. Sinn und Wirklichkeit des italienischen Fascismus". Frankfurter Societäts-Druckerei, Frankfurt am Main 1924, S. 64:

"Der Faschismus hat einen Namen, der an sich nichts sagt über den Geist und die Ziele der Bewegung. Ein Fascio ist ein Verein, ein Bund, Fascisten sind Bündler, und Fascismus wäre etwa Bündlertum."

Schotthöfers Darstellung von "Faschismus" läßt dessen Initialisierung als faschistische Bestrebung erkennen. Obige Klarstellung im Sinne totalitärer Bünde ermöglicht innerparteiliche Selbstkritik sowie eine Selbstreflektion der Mitglieder im Bezug auf "faschistische Bestrebungen" und den Konflikt mit der Parteisatzung.

Phänomentologisch beobachtete Indizien können zudem eine Orientierung im Bezug auf Politik geben. Folgende Personen schafften die inhaltlichen Quellen für die obigen Indikatoren faschistischer Bestrebungen: Fritz Schotthöfer, Emilio Gentile, Hannah Arendt, George Orwell


Dieser Antrag soll den Begriff "faschistisch" klarstellen und so eine selbstkritische Reflektion der PIRATEN und ihrer Mitglieder im Bezug auf die angestrebte Politik sowie die Parteiorganisation ermöglichen.






Unterstützung / Ablehnung

Piraten, die vrstl. FÜR diesen Antrag stimmen

  1. wigbold
  2. Oliver T. Vaillant Statt "Bund" würd' ich Gruppe schreiben, ansonsten ist die Def prima.
  3. Gondrino
  4. ValiDOM
  5. ...

Piraten, die vrstl. GEGEN diesen Antrag stimmen

  1. Korbinian wgen NWO-verschwörungsgeschwurbel am ende, und inhaltlich teilweise problematisch. davon angesehen brauchen wir nicht bekannte und definierte begriffe nicht als piraten nochmal "offiziel" umdefinieren. mir ist nicht klar was dieser antrag konkret bringen soll. 16:30, 4. Mär. 2012 (CET)
  2. Michael Ceglar wie im Diskussionsbeitrag beschrieben
  3. cmrcx
  4. Simon90L
  5. Arif

Piraten, die sich vrstl. enthalten

  1. Deuxcvsix Definitionsklärungen gehören für mich ins Lexikon, ich verstehe nicht, was der Mehrwert einer 'Piratigen' Definition von Faschismus ist. @Deuxcvsix: Ermöglicht uns, den inflationären Mißbrauch der Bezeichnung zumindest partei-intern zu vermindern; z.Zt. wird jeder als "Faschist" bezeichnet, der eine Individualmeinung hat und diese auch aus der Sache heraus begründet (z.B. als "Satzungs-"Faschiten") --Roguemale 12:51, 27. Feb. 2012 (CET) ah, ja? sprache soll hier von oben herab vordefiniert werden? liberalismus anyone? sprache entsteht, sie wird nicht definiert. o.O --Korbinian 21:54, 7. Mär. 2012 (CET)
  2. #Ansgarhone: Der Antrag unfalls nicht alle totalitären-ideologischen Systeme.
  3.  ?
  4. ...

Diskussion

Bitte hier das für und wieder eintragen.

  • @Deuxcvsix Mehrwert?! - Nun gut: Die Schiedsgerichte hätten einen Anhaltspunkt bezogen auf §1 Abs.1 der Bundessatzung. Zudem wird es Mitgliedern möglich sein, faschistische Bestrebungen objektiv zu kritisieren bzw. selbstkritisch zu reflektieren. Es ist keine Definition von "Faschismus", sondern eine Begriffsklarstellung "faschistisch", die politisches Handeln im Sinne faschistischer Bestrebungen durch die PIRATEN subjektiv attributiert. Es gibt keine eindeutige Definition "Faschismus", da Faschismus keine eindeutige politische Ausprägung hat. Es gibt verschiedenste Erscheinungsformen - Faschismen, die sich aber alle durch ihre totalitäre auf ihren Bund bezogene jeweils unbestimmte Ethik gleichen. Der Antrag stellt verschiedenste Erscheinungsformen des Faschismus sowie die als grundlegend erkannte Übereinstimmung annährend klar. --wigbold
  • @Oliver T. Vaillant - Eine "Gruppe" unterscheidet sich vom "Bund" dadurch, daß die Mitglieder einer Gruppe untereinander die Möglichkeit zur Interaktion haben. Ein Bund hingegen ist eine Organisation, die keinerlei Interaktion von Menschen voraussetzt. Soziologisch kann man den "Bund" lediglich als "formelle Gruppe" bezeichnen, die eben durch eine formalisierte Ethik (formal gesetzte Ziele, Werte, Sitten, Normen) bestimmt wird. Es ist also nicht die Interaktion Einzelner, die einen Bund bestimmen, sondern der streng gesetzte formale Zusammenhalt, der den Bund herstellt.
    Weiterführend abschweifend: Für die PIRATEN ergibt sich mit dieser Erkenntnis z.B. ein besonderes Spannungsfeld in dem sie sich orientieren müssen: Formalismen mit dem freiheitlichem Anspruch von Transparenz sowie Gleichberechtigung fordern systemimmanente, verbindliche Rationalisierung sowie Digitalisierung des sozialen Menschen. So ist z.B. die Aufzeichnung und Auswertung von Daten sowohl Grundlage als auch Resultat von Formalisierungen[1], die letztendlich Menschen nicht von staatswegen unterordnen und bestimmen dürfen. Spätestens wenn Politik das Formale kulturstiftend zum Ritus erhebt[2] sollte man ins Denken kommen, insbesondere da Rituale durch Gewohnheit lediglich emotionale Sicherheit erzeugen und Menschen so vereinnahmen (sollen). - In Bezug auf "faschisisch" muß man also klarstellen, daß das Formale totalitär Alles umfaßt und so dann auch willkürlich alle Menschen bestimmt. --wigbold
    • "Gruppe" ist hier in sozialkybernetischem Sinn gemeint; durch die Interaktion wird gruppendynamische Einbindung bewirkt, weshalb der Einzelne in einer (sozialen) Gruppe gar nicht mehr anders wollen kann als der "Führer"; das Funktionsprinzip des Faschismus ist also Gruppendynamik - daher auch das Fascho-Primat des "Anpassen, Unterordnen, Einfügen". --Lou
  • Die Begriffsklarstellung ist keineswegs klarstellend sondern zu allgemein gehalten. "Faschistisch sind Bünde, die sich über Einzelne hinwegsetzen" gilt auch für demokratische Systeme, in denen sich die Mehrheit über die Minderheit hinwegsetzt, "Einzelne für ihren Bund auf Basis ihrer Macht vereinnahmen" wo vereinnahmen unklar ist, "sowie als Bund Macht über andere ausüben" macht der Staat demokratisch legitimiterterweise jeden Tag. "Der Zusammenhalt des Bundes ist geprägt von einer totalitären Ethik" trifft auf jede Religion zu. "Der Anspruch des Machterhalts fordert die Erhaltung des Bundes mit jedem Mittel." was heißt, daß nur Bombenleger Faschisten sind. Ich würde lieber über Menschenrechte und Demokratie argumentieren, denn die beiden mag der Faschist am allerwenigsten.
    • Ein demokratisches Staatwesen wie die Republik bezieht sich auf den Einzelnen und nicht auf den Bund: D.h. der Staat steht nicht über dem Bürger, sondern ist gleichberechtigt zum Bürger. Zudem ist es Unsinn daß jede Religion von einer totalitären Ethik geprägt ist. Deine Sichtweise zeigt aber deutlich, daß "Staat" als totalitär verstanden wird - daß sehe ich so nicht: Die Bürger bestimmen den Staat, und nicht der Staat die Bürger. --wigbold
  • Mit der Übernahme der Satzung von DIE PARTEI haben sich die PIRATEN hier ein ziemliches Ei gelegt, an genau dieser FDP-Persiflage entzünden sich heiße Debatten. Daher Bundesparteitag 2012.1/Antragsfabrik/Satzungsänderung 005, um klar und ohne Bullshit-Bingo zu definieren, was genau abgelehnt wird. Dieses Rad braucht seit 1952 nun wirklich nicht mehr neu erfunden zu werden. --Dingo 12:14, 5. Mär. 2012 (CET)
    • Es ist wesentlich für die PIRATEN als Organisation, daß sie dediziert totalitäre, diktatorische und faschistische Bestrebungen ablehnen![3] --wigbold
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