BE:Squads/Finanzen, Haushalt, Steuern/Geldpolitik
Wirtschaft Ein Einblick in etablierte Wirtschaftsordnungen bis hin zu neuen Wirtschaftsmodellen
Wir leben in einem Wirtschafts- und Finanzsystem, bestehend aus der Finanz- und Realwirtschaft, welches ewiges Wachstum voraussetzt und somit die fortschreitende Zerstörung der Welt und ihrer Bewohner (ob Menschen, Tiere oder Pflanzen) fördert. Öffentlich, theoretisch, sollen durch Wachstum, „Wirtschaftskrisen“ vermieden werden. Global, zurzeit Wirtschaftswachstum vorhanden, trotzdem ist eine globale wirtschaftliche Krise entstanden. Aus diesen und den folgenden Gegebenheiten heraus, stelle ich die These auf, dass der erhobene Zins, den Wachstumszwang herbeiführt. Schulden und Vermögen sind immer ausgeglichen. Dementsprechend müsste der auf eine Schuld angesetzte Zins, in einem gewissen Zeitraum, realwirtschaftlich erarbeitet oder durch neue Schulden gedeckt werden. Dadurch entsteht eine Schulden- und Wachstumsspirale.
Somit kurz zur Finanzwirtschaft : (aus Wikipedia) Die traditionelle Sichtweise betrachtet die finanzwirtschaftlichen Prozesse lediglich als Hilfsfunktion und hat daher primär die Aufgabe, geeignete Finanzierungsmöglichkeiten zur Sicherung eines finanziellen Gleichgewichts auszuwählen. Ein finanzielles Gleichgewicht bedingt die Zahlungsfähigkeit und die Schuldendeckungsfähigkeit eines Unternehmens zu jedem Zeitpunkt.
In der modernen Sichtweise werden alle betriebswirtschaftlichen Entscheidungen vor dem Hintergrund finanzieller Ziele bewertet. Produktion und Absatz haben nur aufgrund des durch sie bedingten Geldzu- bzw. Geldabflusses unternehmerische Bedeutung. Die Unternehmen verfolgen ausschließlich finanzwirtschaftliche Ziele und nutzen dabei keineswegs nur die innerbetrieblichen Anlagemöglichkeiten. Dadurch werden betriebliche Investitionen unterlassen, sobald es bessere externe Anlagemöglichkeiten gibt, die eine höhere Kapitalrendite erwarten lassen.
In der modernen Sichtweise der Finanzwirtschaft, die heutzutage global vorherrschend ist, ist m.E. , aufgrund der reinen Renditeverfolgung der Unternehmen, das Gleichgewicht zwischen Finanzen und Realwirtschaft gestört. Was sich aktuell in der derzeitigen Systemkrise hervorragend widerspiegelt.
Die Grundlage jedes ausgeübten Systems, ob nun Wirtschaft-, Finanz- oder Politiksystem beruht auf das Vertrauen in das System, da alle uns bekannten finanzwirtschaftlichen, politischen Ordnungen, rein theoretische Gebilde sind, die wissenschaftlich in Konkurrenz zueinander stehen.
Somit liegt es also an uns SELBST, welches System wir als das Wahre anerkennen und an der Masse der Menschen, welches System national oder global ausgeführt wird.
Würde es die Piratenpartei geben, wenn der Glaube, das Vertrauen in dieses System noch vorhanden wäre?
Vorhandene Wirtschaftsformen: (aus www.repititorien.de)
Grundformen nach dem Grad der Zentralisierung von Entscheidungen:
• Marktwirtschaft – freie Preisbildung auf Märkten
• Planwirtschaftlichen – staatliche Preisfestsetzung
nach der Eigentumsform: • Kapitalismus – Privateigentum an Produktionsmitteln • Sozialismus – Kollektiveigentum an Produktionsmittel
In diesen Wirtschaftsformen existieren kombinierte Mischformen.
Daraus ergeben sich dann die politischen und rechtlichen Formen als Wirtschaftsordnungen: (aus Wikipedia/Wirtschaft)
global ausgeübte Wirtschaftsordnungen:
• Freie Marktwirtschaft
• Soziale Marktwirtschaft (basierend auf dem Neoliberalismus bzw. Ordoliberalismus)[2] (aus Wikipedia)
Seit den 1950er Jahren hat sich der Begriff Soziale Marktwirtschaft auch als Bezeichnung für die Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland eingebürgert. Alle „Gründerväter“ stimmten darin überein, dass Marktwirtschaft an sich sozial sei, weil sie die Produktion nach den Wünschen der Verbraucher steuere, das Sozialprodukt gemäß der wirtschaftlichen Leistung des Einzelnen verteile, die Produktivität steigere und dadurch höhere Reallöhne sowie verbesserte Sozialleistungen ermögliche.[9] Die Soziale Marktwirtschaft versucht die Vorteile einer freien Marktwirtschaft, insbesondere eine hohe Leistungsfähigkeit und Güterversorgung, mit dem Sozialstaat als korrektiv zu verbinden, der mögliche negative Auswirkungen von Marktprozessen verhindern soll.[34] Zu ihren Gestaltungselementen gehören freie Preisbildung für Güter und Leistungen am Markt, Privateigentum an Produktionsmitteln und Gewinnstreben als Leistungsanreiz. Durch die Schaffung eines rechtlichen Rahmens sollen die persönlichen Freiheitsrechte, wie Gewerbe-, Konsum-, Vertrags-, Berufs- und Koalitionsfreiheit gewährleistet werden. Zugleich soll staatliche Wettbewerbspolitik den Wettbewerb sichern und private Marktmacht (Monopole, Kartelle) nach Möglichkeit verhindern. Der Grundgedanke besteht darin, dass die Marktwirtschaft ihre wohlstandsmehrende wie koordinierende Funktion nur entfalten könne, wenn sie durch eine strenge staatliche Ordnungspolitik auf den Wettbewerb verpflichtet werde. Der Staat soll durch aktive Eingriffe in die Wirtschaft das Marktgeschehen ergänzen und korrigieren (zum Beispiel durch sozialpolitische, konjunkturpolitische oder arbeitsmarktpolitische Maßnahmen), wenn dies im Allgemeinen Interesse für notwendig erachtet wird. Die sozialpolitisch orientierte Korrektur der Markteinkommen soll jedoch insoweit begrenzt sein, dass die Funktionsfähigkeit einer Wettbewerbswirtschaft nicht beeinträchtigt und die Eigenverantwortung und Initiative der Bürger nicht durch einen Versorgungsstaat gelähmt werden darf, die konkrete Grenzziehung bleibt aber offen. "Auch das für den Sonderfall prozesspolitischer Maßnahmen vorgeschlagene Kriterium der Marktkonformität bleibt im Einzelfall allerdings auslegungsbedürftig".
Neoliberalismus Unter dem Begriff werden verschiedene ökonomische und politische Konzepte subsumiert, die eine Neubelebung des Liberalismus in der Mitte des 20. Jahrhunderts anstrebten. Wie der klassische Liberalismus wendet sich auch die Mehrheit der Vertreter des Neoliberalismus gegen ein aktives Eingreifen des Staates in die Wirtschaftsprozesse, fordert jedoch eine staatliche Ordnungspolitik zur Förderung des Wettbewerbs durch Unterbindung einer Vermachtung der Märkte durch Oligopole und Monopole, mit der Betonung einer Interdependenz von wirtschaftlicher Freiheit und politischer Gestaltung.
Ordoliberalismus Der Ordoliberalismus ist ein Konzept für eine marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung, in der ein durch den Staat geschaffener Ordnungsrahmen den ökonomischen Wettbewerb und die Freiheit der Bürger auf dem Markt gewährleisten soll.[1] Der Ordoliberalismus hält eine Rahmenordnung für nötig, da der vollständig freie Markt dazu tendiere, sich selbst aufzulösen.[23] Anbieter schließen sich zusammen, bilden Kartelle und sprechen Preise ab. Die Anbieter könnten so den Wettbewerb - und damit die Funktionsfähigkeit des Marktes - einschränken (Vermachtung des Marktes). Der Schädigungswettbewerb könne ein Übergewicht gegenüber dem Leistungswettbewerb erlangen. Aus dieser Analyse leitet der Ordoliberalismus Aufgaben des Staates und Teile des Ordnungsrahmens ab. So müsse der Ordnungsrahmen Kartell- und Wettbewerbsgesetze enthalten, Markttransparenz und freien Marktzugang fördern. Da die Idealvorstellung des vollständigen Wettbewerbs (Polypol) laut dem Ordoliberalismus auf Angebots- und Nachfrageseite nicht möglich ist, wurde sie abgelöst durch die Vorstellung des funktionsfähigen Wettbewerbs. Diese kalkuliert mit ein, dass in einer dynamischen Wirtschaft innovative Unternehmer durch Neuerungen zunächst auch erhebliche Marktvorteile gewinnen können. Marktungleichgewichte können um solcher Innovationen willen in Kauf genommen werden, in der Erwartung, dass sie durch weiteren Wettbewerb abgebaut werden. Die Entstehung von stabilen Oligopolen oder Monopolen soll durch die ordoliberale Rahmengesetzgebung verhindert werden; zum kontrollierten, schrittweisen Abbau von Monopolen, die durch frühere ordnungspolitische Fehler entstanden sind, müssen Regulierungsbehörden installiert werden. Marktversagen ist im ordoliberalen Denkansatz überall dort möglich, wo versäumt wurde, rechtzeitig die richtige Ordo zu errichten.
• Wohlfahrtsstaat (Skandinavisches Modell) (aus Wikipedia)
Wohlfahrtsstaat bezeichnet einen Staat, der weitreichende Maßnahmen zur Steigerung des sozialen, materiellen und kulturellen Wohlergehens seiner Bürger ergreift.
Im Anschluss an Esping-Andersen werden drei verschiedene Grundtypen unterschieden: Der liberale Wohlfahrtsstaatstyp ist durch einen hohen Anteil von staatlichen Leistungen geprägt, für die eine Bedürftigkeitsprüfung Voraussetzung ist. z.B. die USA (→ Sozialversicherung (Vereinigte Staaten)), Kanada und Australien.[14] Der konservative Wohlfahrtsstaatstyp ist auf eine viel stärkere Gewährung von sozialer Sicherheit bei Aufrechterhaltung von Statusunterschieden ausgerichtet. z.B. Deutschland (→ Sozialversicherung (Deutschland)), Österreich (→ Sozialversicherung (Österreich)) und Frankreich.[15] Im sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaatstyp ist Universalität das oberste Gestaltungsprinzip. Soziale Sicherheit wird hier also der gesamten Wohnbevölkerung gewährt. Auch besteht ein hoher Dekommodifizierungsgrad, es ist also in hohem Maße ein marktunabhängiges (insbesondere arbeitsmarktunabhängiges) Leben möglich, ebenso ist das Modell auf Unabhängigkeit von familiärer Unterstützung ausgelegt. In diesem Modell besteht eine höhere Umverteilungswirkung als in den beiden anderen Modellen. Beispiele für sozialdemokratische Wohlfahrtsstaaten sind z.B. Dänemark, Schweden (→ Schwedischer Wohlfahrtsstaat), Norwegen.[16] In Anlehnung an Leibfried wird bisweilen auch als vierter Wohlfahrtsstaatstyp der rudimentäre Wohlfahrtsstaatstyp benannt. Es handelt sich hierbei um ärmere, weniger industrialisierte Länder mit geringerem Durchschnittseinkommen, wie z.B. Spanien, Portugal und Griechenland. Hier ist das System Sozialer Sicherheit nur teilweise entwickelt und es besteht kein Anspruch auf Wohlfahrt. In diesen Ländern hat nicht-staatliche Unterstützung durch die Familie oder die Kirchengemeinde noch eine wichtige soziale Funktion.[17] Zuletzt wird auch der postsozialistische Wohlfahrtsstaat als eigener, allerdings sehr heterogener Typus diskutiert, der in den transformatorischen politischen Systemen Osteuropas vorherrscht (z. B. Polen).[18] Charakteristisch für postsozialistische Staaten ist die Kombination liberaler, konservativer und sozialdemokratischer Elemente, ohne dass ein bestimmtes Grundprinzip der ersten drei Modelle dominiert.[19]
• Planwirtschaft (aus Wikipedia)
Die heutigen Unternehmen benötigen durch die Angebote der Finanzwirtschaft kaum noch Produktivität, worauf sich aber die meisten etablierten Wirtschaftsordnungen beziehen.
daraus theoretisch neu entwickelte Wirtschaftsordnungen:
• Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik Memorandum 2012 – Punkte aus der Kurzfassung
(Problembetrachtung in TNR und Lösungsansätze in Arial)
• Eine Kompensation der außenwirtschaftlichen Impulse kann nur in einer Stärkung der Binnennachfrage liegen, da der Außenhandel als Wachstumstreiber aufgrund der international aufgelaufenen Verschuldungssituation tendenziell nicht mehr wie in der Zeit vor der Krise zur Verfügung steht.
• Die Forderungen der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik umfassen ein öffentliches Ausgaben- und Umbauprogramm, eine Arbeitszeitverkürzung,
Regulierungen zur Eindämmung der Finanz- und Eurokrise, ein Steuerkonzept und die Demokratisierung der Wirtschaft.
• Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik fordert ein öffentliches Investitions-, Beschäftigungs- und Umbauprogramm im Umfang von 110 Milliarden Euro jährlich. 75 Milliarden Euro davon sind für öffentliche Investitionen vorgesehen. Schwerpunktinvestitionen sind: das Bildungssystem, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine Energiewende zur Stärkung alternativer Energiequellen, der Städtebau, das öffentliche
Verkehrsnetz sowie die soziale Infrastruktur. Diese Ausgabenpolitik würde zwar dafür sorgen, dass die Staatsausgaben stärker wachsen als die Gesamtwirtschaft. Infrastrukturinvestitionen zugunsten ökologisch besserer Lebens- und Produktionsverhältnisse für künftige Generationen zahlen sich aber bereits heute aus. Außerdem werden die wirtschaftliche Entwicklung und die Lebensqualität nachhaltig gesteigert.
• In der neoliberalen Entwicklungslogik ist ein Rückbau des Staates das Ziel. Dazu gehört vor allem auch ein Abbau der öffentlichen Beschäftigung. Dieser Trend muss gestoppt und umgekehrt werden. Der reguläre öffentliche Dienst hat sich wieder an der Sicherstellung einer guten öffentlichen Daseinsvorsorge statt an einem Spardiktat zu orientieren. • Zusätzlich muss ein öffentlich geförderter Beschäftigungssektor aufgebaut
werden, in dem jenseits öffentlicher Verwaltungslogik Beiträge zur Befriedigung gesellschaftlicher Bedarfe geleistet werden. Auch in diesem Bereich müssen ausschließlich sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse mit einer existenzsichernden Entlohnung angeboten werden.
• 17 Milliarden Euro werden für die Anhebung der Sätze für das Arbeitslosengeld II benötigt. Diese Anhebung verbessert in einem ersten Schritt die soziale Lage der Betroffenen und fördert den privaten Konsum. Darüber hinaus muss das System der sozialen Sicherung grundsätzlich reformiert werden. • Das Ziel ist „Gute Bildung für alle“.
Bildung ist ein Instrument zur umfassenden individuellen Entfaltung, die Menschen zur gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Partizipation befähigt.
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• Humane Marktwirtschaft (aus Wikipedia)
Die Humane Marktwirtschaft ist eine Weiterentwicklung der Sozialen Marktwirtschaft. Sie stellt den Menschen in einem ganzheitlichen Ansatz in den Mittelpunkt aller wirtschaftliche Aktivitäten und Betrachtungen. Dieses am Menschen orientierte Wirtschaftsmodell fokussiert weniger auf den Sozialausgleich am Ende des Marktprozesses, sondern auf
• Bildung, Aus- und Weiterbildung der Menschen zu gleichberechtigten und eigenverantwortlichen Akteuren in Wirtschaft und Gesellschaft, • Schaffung und Sicherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Menschen und Unternehmen als Marktteilnehmer, gemäß den Erkenntnissen der Freiburger Schule (Ordoliberalismus) • Nachhaltiges Wirtschaften mit Ressourcenschonung und stärkerer Berücksichtigung von Umweltbelangen sowie Wirkungszusammenhängen und Interaktionen zwischen Gesellschaft, Unternehmen, Mensch und Umwelt, gemäß der Human-Ökologie und • Weniger Denken und Handeln in rein quantitativen Kategorien des Geld-Ökonomismus sowie Turbo-Kapitalismus, sondern Umdenken in Richtung einer an den wahren Bedürfnissen der Menschen orientierten Wirtschaftsweise mit qualitativem Wachstum und Verteilungs- sowie Generationengerechtigkeit. Säulen
Schon Ludwig Erhard warnte 1963 vor den Fehlentwicklungen in der Sozialen Marktwirtschaft. Diese haben zu einer Überdehnung der Sozialsysteme geführt und gleichzeitig durch übermäßigen Abbau von Marktregulierungen und Aushöhlung der Grundsätze des Ordoliberalismus die Verschuldung Deutschlands mit derzeit (2011) circa 2 Billionen Euro dramatisch erhöht. Seit 1950 verdoppeln sich die deutschen Verbindlichkeiten statistisch alle 7,5 Jahre. Das hat zu einem "Pumpkapitalismus" Ralf Dahrendorf geführt, der bereits ganze Staaten an den wirtschaftlichen Abgrund geführt hat. Durch Schwächung des Mittelstands und immer größerer Spreizung zwischen „Reich und Arm“ droht langfristig auch eine Destabilisierung der Gesellschaft und damit Gefährdung der Demokratie.
Bildung
Gute Bildung ist Schlüssel und Voraussetzung für Lebenschancen, Freiheitsspielräume und ein menschenwürdiges Leben. Ein Umdenken der Politik vom „Wohlfahrtsstaatlichen Denken und Handeln“ am Ende des Markt- Prozesses (Reparaturfunktion für Ergebnisgerechtigkeit) zu einer massiven Steigerung finanzieller Mittel für Bildung, Aus - und Weiterbildung der Akteure des Marktprozesses (Investition in Chancengerechtigkeit) ist zentrale Aufgabe des Staates und somit Schlüssel für individuellen Erfolg und Wohlergehen in Wirtschaft und Gesellschaft. "Bildung ist Bürgerrecht". Ralf Dahrendorf
Ordnungsrahmen
Ordnungspolitik im Sinne der Freiburger Schule dient der Schaffung und Sicherung einer funktionsfähigen und menschenwürdigen Ordnung für Wirtschaft, Gesellschaft und Staat. Das bedingt einen starken Staat, der über den Einzelinteressen steht und den Ordnungsrahmen für den Leistungswettbewerb vorgibt sowie Monopole, Oligopole und ungerechtfertige Vorteile von Sonder- und Partikularinteressen verhindert. Innerhalb dieses Ordnungsrahmen – vom Staat überwacht und Verstöße sanktioniert – räumt eine Humane Marktwirtschaft den Menschen und Unternehmen möglichst große Freiheitsspielräume ein. Chancen und Gewinne müssen entsprechende Risiken und Haftungen gegenüber stehen.
Wertelandschaft
Der Marktprozeß vollzieht sich nicht im wertfreien Raum. Neben dem Regelwerk des Ordoliberalismus kommt Ethik und Moral eine weitere Schlüsselrolle zu. Humanität, Solidarität und Eigenverantwortung, basierend auf dem liberalen Ideal eines mündigen und selbstbestimmten Menschen sind wesentliche Prinzipien dieses ethisch orientierten Wirtschaftmodells. Ihnen kommt laut „State of the Future“ des „Millennium Projects“ die Schlüsselrolle der zukünftigen globalen Ökonomie zu. Gut geführte Familienunternehmen mit dem Leitbild des Ehrbaren Kaufmanns gelten als Prototyp einer gelebten Humanen Marktwirtschaft.
Humanismus und Menschenbild
Das Modell geht vom humanistischen Menschenbild aus: Der Mensch ist im Grunde gut, muss aber ganzheitlich mit allen Stärken und Schwächen gesehen werden und kann nicht auf einen nur auf kurzfristigen Erfolg und Profit fixierten Homo oeconomicus reduziert werden. Das Recht auf Freiheit im Wirtschaftsprozeß muss gepaart sein mit der Verpflichtung in § 14 des Grundgesetzes: "Eigentum verpflichtet...". Humane Marktwirtschaft bedingt nachhaltiges Wirtschaften und Verantwortung für Mitwelt, Umwelt und Nachwelt. Der Mensch darf also nicht nur als Individuum gesehen werden, sondern auch in seiner sozialen und gesellschaftlichen Bezogenheit. Mit entsprechender Ausbildung ist er fähig und bestrebt, sein Leben selbst zu bestimmen (Autonomie) und ihm Sinn und Ziel zu geben. Die Humane Marktwirtschaft versucht auf Walter Eucken’s Frage, „Wie kann der modernen industrialisierten Wirtschaft eine funktionsfähige und menschenwürdige Ordnung gegeben werden?“ eine Antwort zu geben. Oberstes Prinzip dieses Wirtschaftsmodells ist daher neben Effizienz und Funktionsfähigkeit auch und besonders der finale Zweck des Wirtschaftens und die Berücksichtigung des Menschen.
• Ökosoziale Marktwirtschaft (aus Wikipedia)
Die Ökologisch-soziale Marktwirtschaft, kurz: ökosoziale Marktwirtschaft ist eine wirtschafts-, umwelt- und gesellschaftspolitische Zielvorstellung, die ein nachhaltiges Wirtschaften und den Umweltschutz als politische Kategorien in die Soziale Marktwirtschaft mit einbezieht. Sie sieht sich als eine Weiterentwicklung der Sozialen Marktwirtschaft und soll einen Ausgleich zwischen ökonomischen und ökologischen Zielsetzungen bringen, indem sie Umweltschutz mit marktwirtschaftlichen Mitteln durchzusetzen versucht, statt ausschließlich mit Verboten und Geboten.
Theorie
Die natürliche Umwelt wurde bis in die 1970er-Jahre gemeinhin als unbegrenzt verfügbares Gut angesehen. Seit dem Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome wisse man jedoch, dass die Menschheit vom „Kapital“ der Naturschätze und nicht von den „Zinsen“ der Erträge, welche uns die Natur schenkt[1] lebe. Die Umwelt ökonomisch als freies und öffentliches Gut zu betrachten, darin liegen die Ursachen für ökologische Fehlentwicklungen.[2] Deshalb sei eine Integration ökologischer Nachhaltigkeit in das gesamte Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, insbesondere in Hinblick auf die Generationengerechtigkeit, überfällig. Das Fundament der ökosozialen Wirtschaftsordnung ist eine leistungsfähige, innovative Marktwirtschaft. Die beiden anderen tragenden Säulen sind soziale Gerechtigkeit und ökologische Verantwortung. Der soziale Ausgleich sei die Voraussetzung für gesellschaftlichen Konsens, die ökologische Nachhaltigkeit für das Überleben der Zivilisation schlechthin. Daher sei eine Wirtschaftsethik vonnöten, welche u.a. die Christliche Soziallehre in das Modell einbringt. Die Ökosoziale Marktwirtschaft versteht sich als ein ordoliberales Konzept[3], das sich ausdrücklich auf die Soziale Marktwirtschaft bezieht, deren Errungenschaften jedoch durch die Globalisierung ausgehöhlt würden und die deshalb weiterentwickelt werden müsse.[1] Aufgrund des behaupteten Marktversagens grenzt sie sich von als "marktfundamentalistisch" bezeichneten wirtschaftspolitischen Konzepten ab, denen mangelnde Fähigkeit, Wirtschaft und sozialen Frieden in Balance zu halten, vorgeworfen wird. Abgelehnt werden auch sozialistische Wirtschaftstheorien wegen ihrer mangelnden Effizienz. Durch Lenkungsabgaben, eine verschärfte Umwelthaftung und andere Steuerungsinstrumente sollen die externen Kosten, die einer Volkswirtschaft aufgrund des einzelwirtschaftlichen Nutzungskalküls entstehen, in die einzelwirtschaftliche Kostenrechnung des Verursachers einbezogen werden. [4] So soll Umweltschutz betriebswirtschaftlich billiger werden als Umweltverschmutzung. Konkrete Forderungen sind die Schaffung ökologischer Kostenwahrheit (z.B. für Gemeingüter wie Luft, Wasser und Boden), Durchsetzung eines strikten Verursacherprinzips, Durchsetzung einer Ökosteuer und ökologisch orientierter Gesetze sowie klare Produktdeklaration mit wahren und vergleichbaren Angaben zu Ausbeutung von Arbeitskräften, Umweltzerstörung, Kinderarbeit, Gentechnik und Hormoneinsatz bei Lebensmitteln.[5] Als Ansatz zur Durchsetzung ihrer Ziele werden die Millenniumsziele der UNO unterstützt.[3] Teilweise sei das Konzept bereits erfolgreich in der Sozial- und Wirtschaftsordnung der EU verwirklicht.[3]
Grundlagen und Säulen-Modell
Um vorhandene Ressourcen ideal einzusetzen, sollen die Marktkräfte genutzt werden, die für den effektivsten Einsatz sorgen. Voraussetzung dafür ist, dass das Gut Umwelt einen Preis hat. Dadurch werden Produktionsmethoden, die die Umwelt stärker belasten, weniger rentabel. Die Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft, für die sich insbesondere die Stiftung für Ökologie und Demokratie e.V. einsetzt, bedeutet, dass mit der "Dynamik des Marktes gemäß dem Verursacherprinzip ökologischere Weichenstellungen getroffen werden" - so der Vorsitzende der Stiftung für Ökologie und Demokratie e.V., Hans-Joachim Ritter. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Umwelt mit Marktpreisen zu bewerten. Beispielsweise kann man eine begrenzte Zahl von Lizenzen zur Umweltbelastung ausgeben, die wie Aktien gehandelt werden können (Umweltlizenzen). Auch Steuern wie die CO2-/Energiesteuer (Energiesteuer/Ökosteuer) sind marktwirtschaftliche Instrumente der Umweltpolitik. Eine solche Steuerreform kann aufkommensneutral sein, um die Steuerbelastung nicht ansteigen zu lassen (Abgaben, Steuern). Im Modell er Ökologischen Marktwirtschaft wird grundsätzlich zwischen der Umweltnutzung auf der einen Seite und dem Energieverbrauch auf der anderen Seite unterschieden.
Erste Säule
Zentrale Idee der ersten Säule ist dabei, die Nutzung des Faktors Umwelt zu quantifizieren und als handelbares “Produkt” in einen Markt zu überführen. Die Umwelt soll der produzierenden Industrie nicht mehr kostenlos als freies Gut zur Verfügung stehen, sondern durch staatliche Gesamtmengenbeschränkung zu einem knappen Gut werden. Der Faktor Umwelt erhält so das, was alle knappen Güter auszeichnet: einen Preis.
Zweite Säule
Die zweite Säule ist die Besteuerung des Energie- und Energieträgerverbrauchs. Diese, insbesondere für die Erfassung des privaten Bereichs wichtige Steuer, verteuert den Verbrauch von Sekundärenergieträgern (Strom, Mineralöl, Heizöl, etc.). Es wird deutlich, dass also auch grundsätzlich zwischen privatem und unternehmerischen Umweltverbrauch unterschieden werden muss.
• Solidarische Ökonomie (aus Wikipedia)
Solidarische Ökonomie ist eine alternative Form des Wirtschaftens. Sie orientiert sich an bedürfnisorientierten, sozialen, demokratischen und ökologischen Ansätzen. Solidarökonomische Projekte sollen grundsätzlich im Dienste des Menschen stehen. Darüber hinaus basiert sie auf der Idee, dass jeder Mensch ein Teil der Gesellschaft und seine Arbeit damit ein entscheidender Bestandteil für den Fortschritt der Menschheit sei. Begriff und Ziele Der Begriff Solidarökonomie ist bewusst nicht eng eingegrenzt, um möglichst vielen Bereichen, sehr unterschiedlichen Konzepten, Theorien und Ansätzen Platz zu geben. Solidarökonomische Projekte bestehen derzeit vor allem in Lateinamerika, welches führend ist in der Kooperation der solidarökonomischen Betriebe, und in Europa. Zu diesen Projekten zählen unter anderem Open Source-Programme, Workshops und alternative Bildungseinrichtungen, Tauschbörsen, Sozialmärkte, selbstverwaltende Betriebe und Wohngemeinschaften. Die Projekte und Modelle haben in der Regel jeweils drei ähnliche theoretische und praktische Ziele:
• das soziale Ziel: Die Gemeinschaft soll demokratisch und sozial geordnet werden. Der Materialismus als Gesellschaftsordnung soll überwunden und das Individuum wieder in das geordnete, gesellschaftliche Leben integriert werden. • das politische Ziel: Mitbestimmung und Demokratie sollen erweitert werden. Die Solidargemeinschaft versteht sich als ein System von Werten und Normen, das vorsieht, dass der Mensch im Mittelpunkt des Bürger- und Staatsinteresses steht. • das wirtschaftliche Ziel: Lebens- und Arbeitsbedingungen sollen verbessert werden. Man soll nachhaltig und bedürfnisorientiert haushalten sowie den Umwelt- und Artenschutz ernst nehmen.
Anwendung Bisher sind verschiedene Neue Soziale Bewegungen entstanden. In ihnen engagieren sich Menschen gegen die Folgen des globalisierten Kapitalismus, gegen Ausgrenzung, Marginalisierung, Prekarisierung, Arbeitslosigkeit und Armut. Sie schließen sich kooperativ zusammen und versuchen den Aufbau einer Anderen Ökonomie. Deutschland Der Genossenschaftsgedanke lässt sich auf die bereits vom Mittelalter her bekannten Genossenschaften (Einungen, Gilden) zurückführen. Er reichte schon früh in die entstehende Arbeiterbewegung, aber auch in die Gewerkschaftsbewegung und den Anarchosyndikalismus hinein. Er wurde als soziale Bewegung in England und auf dem europäischen Festland ab Mitte des 19. Jahrhunderts von der Genossenschaftsbewegung in moderner Form wieder aufgenommen. Sie bediente sich dabei einer zweckrationalen und theoriegestützten Planung. Die Genossenschaftsbewegung ist als bedeutender Lösungsversuch derjenigen sozialen Probleme zu verstehen, die der im Wettbewerb sehr effiziente frühe Kapitalismus aufwarf. Nach Rückschlägen im 20. Jahrhundert, zum Beispiel der Zerschlagung der Genossenschaftsbewegung durch das NS-Regime, und Affären in den 1980er Jahren (z. B. Neue Heimat und Konsumgesellschaft „co op“) erfolgte zwischen 1968 und 1989 eine Gründungswelle im Bereich Alternativer Ökonomie.[1] Ein weiterer struktureller Rückschlag bildete die auf die Wende folgende Arbeit der Gewerkschaften gegenüber der Industrie in der (wiedervereinigten) Bundesrepublik. - Die gipfelte in der Gewerkschaftsfusion verschiedener Teilgewerkschaften in die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft verdi bis 2001, die gegenüber den Industriegewerkschaften die Versprechungen "runder Tische" zur Verbesserung der Ausbildungs- und Übernahmesituation im öffentlichen Bereich meinten gegenüber den Privatisierungen kompensieren zu können. Ein weiterer Faux-pas in diesem Sinne waren die Gründung von Privatgewerkschaften um den Einzelhandelsunternehmer Dieter-Schwarz im Jahr 2008. Hier ging es um die Kontrolle und Beobachtung von Mitarbeitern (und Kunden) vergleichbar der inzwischen insolventen Schlecker-Gruppe und amerikanischen Unternehmen wie Wal-Mart. Die dabei innerhalb der Gesellschaft zurückgedrängte Debatte um Mindeslohnbezahlung und Arbeitnehmerrechte ist eine Konsequenz aus der sozialpolitischen Diskrepanz, die die Liberalisierungspolitik seit den 1980/90er Jahren in der BRD kennzeichnet. Österreich In Österreich steht die Solidarökonomie noch am Anfang. Vom 20. bis zum 22. Februar 2009 fand in der Universität für Bodenkultur Wien der Kongress Solidarische Ökonomie statt. Er wurde von über 1000 Teilnehmern besucht. Kanada In Québec wurde vor 10 Jahren der Chantier de l’economie sociale gegründet. Stark betont wird die Bedeutung der Solidarökonomie für die Regionale Entwicklung. Auf Grund der direkten Beziehungen der solidarischen Betriebe zum Umfeld, in dem sie sich befinden, sollen neue Bedürfnisse schneller erkannt und interpretiert werden können. Der Chantier vertritt die rund 6200 solidarischen Betriebe im Gebiet mit etwa 65.000 beschäftigten Personen und pflegt Kontakte mit der brasilianischen Organisation, dem Fórum,[2] Charles Guindon vom Chantier war bei der nationalen Konferenz in Brasília anwesend, wo an einem gemeinsamen Projekt weitergearbeitet wurde. Die Problematik liegt bei der kanadischen Regierung, da sie nur Geld zur Verfügung stellt, wenn Kanada Entwicklungshilfe leistet. Die würde einem einseitigen Wissensaustausch entsprechen. Die solidarökonomische Geschichte hat in Kanada eine lange Tradition.[3] Argentinien Nach dem Zusammenbruch der Wirtschaft in Argentinien 2001 waren 20 % der argentinischen Bevölkerung arbeitslos und über 50 % verarmt. Massendemonstrationen, Straßenblockaden, Streiks und landesweite Fabrikbesetzungen waren die Folge. Die Betriebe wurden zuvor von ihren Besitzern aufgegeben. Gründe waren teilweise wirtschaftliche Probleme wegen der Wirtschaftskrise. Zusätzlich beabsichtigte Konkurse bzw. Insolvenzen um mit neuen Mitarbeitern woanders einen neuen Betrieb zu gründen. Andere investierten das aus dem Betrieb herausgezogene Kapital in anderen Branchen, vor allem im Agrarexport. Einige Fabrikeigentümer verließen das Land. Dies führte dazu dass viele Arbeiter begannen, Fabrikgelände zu besetzen und die Produktion wieder aufzunehmen. Teilweise wurden die Übernahmen mit den ehemaligen Besitzern ausgehandelt, ohne den Betrieb zu besetzen. Da in der überwiegenden Mehrzahl der Betriebe das Management und große Teile der Verwaltung zusammen mit den Besitzern den Betrieb verließen, wurden meist mehr als 50 % der Personalkosten eingespart. Dadurch wurden viele Betriebe wieder wirtschaftlich. Die Fabriken wurden mit dem Ziel der Existenzsicherung anstelle der Gewinnmaximierung fortgeführt. Heute befinden mehr als 200 Fabriken in den Händen von Arbeitern und sichern die Existenz von mehr als 10.000 Mitarbeitern. Als Rechtsform der Fabriken wurden meist Kooperativen gewählt. Sie sehen sich selbst als neue Generation der in Argentinien weitverbreiteten Kooperativen. Im Gegensatz zu traditionellen Kooperativen ist die Betriebsversammlung das firmeninterne Entscheidungsorgan. Jedes Mitglied hat eine Stimme. Die Betriebsversammlungen finden in der Regel mindestens einmal monatlich statt. Dort werden alle Firmen betreffenden Entscheidungen getroffen. Nur für das Alltagsgeschäft gibt es teilweise Untergruppen, die bestimmte Arbeitsbereiche wie Verkauf, Verwaltung usw. abdecken. Jedoch ist die Betriebsversammlung immer letzte Entscheidungsinstanz und Informationsorgan. Die Entwicklung war nicht so erfolgreich wie in Brasilien. Das Arbeitsentgelt dieser Betriebe ist in 52 % der Fälle gesunken. Die Arbeitszeiten blieben in der Regel gleich. Auch die rechtliche Situation dieser Betriebe ist in vielen Fällen noch immer nicht geklärt. In manchen Fällen konnten Räumungen oder Zwangsversteigerungen nicht verhindert werden. Einige dieser Betriebe baten daher um Verstaatlichung, wobei aber die Selbstverwaltung der Betriebe beibehalten werden sollte. Eine weitere Forderung an die argentinische Republik war die Schaffung eines Fonds, der den Kooperativen das notwendige Startkapital zur Verfügung stellen sollte. Damit sollte sichergestellt werden, dass Maschinen, Grund und Boden im Besitz der Unternehmung bleiben. Brasilien Paul Singer auf dem attac-Ratschlag in Gladbeck 2007 Besonders in Brasilien wird versucht, die Solidarökonomie in die Praxis umzusetzen. Während einer Wirtschaftskrise in den 1980er und 1990er Jahren gingen viele brasilianische Unternehmen in Konkurs. Arbeiter kauften und sanierten solche Firmen, um ihre Arbeitsplätze zu erhalten. Heute sind viele dieser Fabriken solidarökonomische Betriebe. Eines ihrer Mottos ist Outra economia acontece (eine andere Wirtschaft geschieht). Als maßgeblich für den Erfolg wird die Unterstützung durch Gewerkschaften und die Regierung angesehen. 1996 setze sich der gewerkschaftliche Dachverband Brasiliens Central Única dos Trabalhadores (CUT) für die Kooperativen ein. Die ANTEAG (Associacao Nacional dos Trabalhadores e Empresas de Autogestao e Participacao Acionara, deut. nationale Vereinigung der Arbeiter in selbstverwalteten Betrieben) und die 2003 gegründete SENAES (Secretaria Nacional de Economia Solidaria, deut. das nationale Sekretariat für die Solidarökonomie) sind für die Gründung neuer Kooperativen für den Zusammenschluss der Kooperativen zuständig. Das nationale Sekretariat hat dabei eine Schlüsselposition. Es besitzt derzeit den Status einer Abteilung des Arbeitsministeriums und wird seit 2003 von dem Ökonomen Paul Singer geleitet. Es repräsentiert die Bewegung für Solidarökonomie in Brasiliens mit allen Forderungen gegenüber staatlichen und privaten Institutionen sowie internationalen Organisationen. Weitere Hauptaufgaben des Sekretariats sind die Verbreitung von Informationen über das Konzept der Solidarökonomie und die politische und materielle Unterstützung der Kooperativen in ganz Brasilien. Seit 2004 verfügt das Sekretariat über ein eigenes Budget. Es wird für verschiedene Projekte verwendet:
• die Einrichtung von Foren und Zentren für Kooperativen, um die Interessen zu bündeln und somit den gemeinsamen Verkauf der Produkte zu ermöglichen, • die Vermittlung von Handelspartnern, Treffen oder Kursen, Beratung bei juristische Fragen • Hilfe bei der Organisation von Messen und Seminaren • Hilfe bei der Erstellung von Bilanzen und Statistiken • SENAES setzt sich auch für die Frage der gesetzlichen Regelungen ein, z. B. ob eine Kooperative offiziell als Rechtsform einer Gesellschaft anerkannt wird • das Erstellen von Richtlinien für die Solidarökonomie und die Beobachtung ihrer Durchführung
Die Kooperativen werden bei der Entwicklung einer Alternativen Wirtschaft durch Regierungsorgane, Intellektuelle, Universitäten und Genossenschaften unterstützt. Über 3000 alternative Betriebe, über 500 Unterstützungsorganisationen, mehr als 80 Städte und die öffentlichen Verwaltungen von sechs Staaten organisieren sich über das Brasilianische Forum für Solidarische Ökonomie.[4] Der Aufbau von Genossenschaften wird unterstützt durch Innovationswerkstätten, die an brasilianischen Hochschulen durchgeführt werden. Ein Beispiel ist die Innovationswerkstatt der Universität von São Paulo (USP) unter der Leitung von Paul Singer und Sylvia Leser de Mello. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt des SENAES ist die Stärkung der regionalen Wirtschaft. Dabei wird es von Kirchen, Gewerkschaften, Universitäten und Parteien landesweit unterstützt.[5][6] Forschung Solidarische Ökonomie ist in Deutschland bisher an der Universität Kassel[7] und an der Westfälische Wilhelms-Universität Münster[8] Gegenstand von Forschung und Lehre. In Deutschland haben Wissenschaftler der Universität Kassel im Jahr 2007 erstmals begonnen, unter dem Begriff „Solidarische Ökonomie“ alternative Wirtschaftsformen zu erheben, die darauf zielen, auf andere Weise zu produzieren, zu verkaufen, zu konsumieren und zu leben. Indem die Arbeit kollektiv, solidarisch und hierarchiefrei organisiert wird, verkörpere sie eine Strategie zur Bekämpfung sozialer Ausgrenzung. Für die Abgrenzung solcher Betriebe haben die Kasseler Forscher fünf Kriterien aufgestellt:
• Selbstverwaltung: Sie beinhaltet gemeinsamen Besitz und gemeinsame Entscheidungsprozesse • Ökologie: Ökologische Ziele und Sensibilität beim Nutzen von Material, Energie, Wasser und Boden. • Kooperation: Sie betrifft das gemeinsame Nutzen von Gütern durch verschiedene Betriebe. Auf diese Weise sollen sich zunehmend solidarische Netzwerke entwickeln. • Wirtschaftlichkeit: Bedingung ist, dass es sich um ein echtes Wirtschaftsunternehmen handelt, nicht um einen Wohltätigkeitsorganisation. • Gemeinwesenorientierung: Der Einsatz für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Gemeinschaft.[9]
• Postwachstumsökonomie
Niko Paech:
Grundzüge einer Postwachstumsökonomie
Als „Postwachstumsökonomie“ wird eine Wirtschaft bezeichnet, die ohne Wachstum des Bruttoinlandsprodukts über stabile, wenngleich mit einem vergleichsweise reduzierten Konsumniveau einhergehende Versorgungsstrukturen verfügt. Die Postwachstumsökonomie grenzt sich von landläufigen, auf Konformität zielende Nachhaltigkeitsvisionen wie „qualitatives“, „nachhaltiges“, „grünes“, „dematerialisiertes“ oder „decarbonisiertes“ Wachstum ab. Den vielen Versuchen, weiteres Wachstum der in Geld gemessenen Wertschöpfung dadurch zu rechtfertigen, dass deren ökologische „Entkopplung“ kraft technischer Innovationen möglich sei, wird somit eine Absage erteilt.
Entstehungsgeschichte
Das Konzept der Postwachstumsökonomie orientiert sich an einer Suffizienzstrategie und dem partiellen Rückbau industrieller, insbesondere global arbeitsteiliger Wertschöpfungsprozesse zugunsten einer Stärkung lokaler und regionaler Selbstversorgungsmuster. Enthalten sind zudem Ansätze der Geld- und Bodenreform.
Die Grundidee wurde an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg entwickelt und 2007 im Rahmen der Auftaktveranstaltung des Archivs für Geld- und Bodenreform“
http://www.sozialoekonomie.info/Archive/Archiv_Geld-_und_Bodenreform/archiv_gel d-_und_bodenreform.html erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Daran anknüpfend wurde eine seither regelmäßig stattfindende „Ringvorlesung zur Postwachstumsökonomie“ www.postwachstumsoekonomie.org ins Leben gerufen, die inzwischen zu einem europaweiten Forum und Netzwerk interessierter Personen aus Wissenschaft und Gesellschaft gediehen ist. Dieser Prozess wird von den beiden Oldenburger Ökonomen Niko Paech und Werner Onken moderiert. Darüber hinaus konnte das Konzept auf zahlreichen Konferenzen und Tagungen zur Diskussion gestellt werden.
Gründe für die Alternativlosigkeit einer Postwachstumsökonomie
1. Die Möglichkeit, in Geld und über Märkte transferierte Wertschöpfung systematisch von ökologischen Schäden zu entkoppeln, entbehrt jeder theoretischen und empirischen Grundlage.
2. Nach Erreichen eines bestimmten Niveaus bewirken Zunahmen des Einkommens bzw. Konsums keine weitere Steigerung des individuellen Wohlbefindens (Lebenszufriedenheit oder sog. „Glück“).
3. Die soziale Logik des Wachstumsimperativs, wonach Hunger, Armut oder Verteilungsungerechtigkeit durch ökonomische Expansion zu beseitigen sei, ist hochgradig ambivalent. Das Eintreten kontraproduktiver sozialer Effekte des wirtschaftlichen Wachstums ist nicht minder wahrscheinlich.
4. Wirtschaftswachstum stößt an ökonomische Grenzen. Das als „Peak Oil“ apostrophierte Phänomen einer zu erwartenden Ressourcenverknappung weitet sich absehbar dergestalt aus, dass von einem herannahenden „Peak Everything“ auszugehen ist. Insbesondere die explosionsartige Nachfragesteigerung von Aufsteigernationen wie China und Indien führt zu einer entsprechenden Verteuerung jener Ressourcen, auf deren bislang vermeintlich unbegrenzter Verfügbarkeit der materielle Wohlstand basierte.
Umsetzung
Der Weg zur Postwachstumsökonomie fußt auf fünf Entwicklungsschritten, die sich auf einen Wandel von Lebensstilen, Versorgungsmustern, Produktionsweisen und auf institutionelle Innovationen im Bereich des Umgangs mit Geld und Boden beziehen:
1. Entrümpelung und Entschleunigung. Es entspricht ökonomischer Logik in Reinform, sich klug jenes Ballasts zu entledigen, der Zeit, Geld, Raum und ökologische Ressourcen beansprucht, aber nur minimalen Nutzen stiftet. Eine solchermaßen begründete Suffizienzstrategie konfrontiert die Suche nach weiteren Steigerungen von Güterwohlstand und Komfort mit einer Gegenfrage: Von welchen Energiesklaven, Konsum- und Komfortkrücken ließen sich übervolle Lebensstile und schließlich die Gesellschaft als Ganzes befreien?
2. Balance zwischen Selbst- und Fremdversorgung. Wer von monetär basierter Fremdversorgung abhängig ist, verliert seine Daseingrundlage, wenn die Geld speiende Wachstumsmaschine ins Stocken gerät. Sozial stabil sind nur Versorgungsstrukturen mit geringerer Distanz zwischen Verbrauch und Produktion. Dazu zählt die Reaktivierung von Kompetenzen, manuell und kraft eigener Fertigkeiten Bedürfnisse jenseits kommerzieller Märkte zu befriedigen. Durch eine Umverteilung der Erwerbsarbeit ließen sich Selbst- und Fremdversorgung so kombinieren, dass die Geld- und Wachstumsabhängigkeit sinkt. Eigenarbeit, (urbane) Subsistenz, Community-Gärten, Tauschringe, Netzwerke der Nachbarschaftshilfe, Verschenkmärkte, Einrichtungen zur Gemeinschaftsnutzung von Geräten/Werkzeugen etc. würde zu einer graduellen De-Globalisierung verhelfen.
3. Regionalökonomie. Viele Bedarfe ließen sich durch regionale Märkte, verkürzte Wertschöpfungsketten bis hin zu Konzepten wie Community Supported Agriculture (CSA) befriedigen. Regionalwährungen könnten Kaufkraft an die Region binden und damit von globalisierten Transaktionen abkoppeln. So würden die Effizienzvorteile einer geldbasierten Arbeitsteilung weiterhin genutzt, jedoch innerhalb eines ökologieverträglicheren und krisenresistenteren Rahmens.
4. Stoffliche Nullsummenspiele. Konsumansprüche, die sich nicht entrümpeln oder durch lokale/regionale Versorgungsstrukturen substituieren lassen, bilden die weiter zu minimierende Restgröße an industrieller und ggf. globalisierter Produktion. Die damit korrespondierenden Produkte und Infrastrukturen ließen sich über noch weitgehend unausgeschöpfte Möglichkeiten der Nutzungsdauerverlängerung oder Nutzungsintensivierung dergestalt optimieren, dass anstelle zusätzlicher materieller Produktion die Instandhaltung und Aufwertung bereits vorhandener Artefakte träte.
5. Institutionelle Innovationen. Zur Milderung systemimmanenter Wachstumszwänge ist eine Boden- und Geldreform nötig. So könnten Regionalwährungen mit einer zinslosen Umlaufsicherung versehen werden. Weiterhin wäre die noch immer fehlende Abschätzung, Zurechnung und Deckelung von Umweltbeanspruchungen dadurch zu beheben, dass der dehnbare Nachhaltigkeitsbegriff durch individuelle CO2-Bilanzen konkretisiert wird. Jede Person hätte ein Anrecht auf dasselbe jährliche Emissionskontingent (ca. 2 – 3 Tonnen), das allerdings handelbar wäre. Die Summe aller Kontingente dürfte höchstens der globalen Gesamtbelastung entsprechen, die mit der Einhaltung des Zwei-Grad-Klimaschutzziels vereinbar wäre.
Weitere Forschung
Den erweiterten Kontext einer wissenschaftlichen Analyse aller Fragestellungen und Begründungszuammenhänge rund um eine Ökonomie ohne Wachstum bildet die „Postwachstumsökonomik“, deren Objektbereich neben einer Fundierung der Postwachstumsökonomie auch die Erforschung relevanter Wachstumstreiber umfasst.
• Gemeinwohlökonomie, ein alternatives Wirtschaftsmodell von Christian Felber:
Laut einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung vom Juli 2010 wünschen 88 Prozent der Deutschen und 90 Prozent der ÖsterreicherInnen eine „neue Wirtschaftsordnung“. Die Gemeinwohl-Ökonomie beschreibt zentrale Elemente eines sozialeren, ökologischeren und demokratischeren Ordnungsrahmens für die Wirtschaft. Die in Österreich enstandene Idee breitet sich seit Oktober 2010 international aus. Dem Dogma der „Alternativlosigkeit“ des gegenwärtigen Wirtschaftsmodells wird ein konkreter und gangbarer Zukunftsweg entgegengesetzt, ohne in die historischen Extreme Kapitalismus und Kommunismus zurückzufallen. Bis Ende 2011 unterstützen fast 500 Unternehmen aus 13 Staaten die Initiative. 2012 werden rund 200 die Gemeinwohl-Bilanz, das Herzstück des Modells, erstellen. Regionale „Energiefelder“ und Umsetzungsgruppen bilden sich in immer mehr Staaten. Hier sind die – ständiger Diskussion unterworfenen – Eckpunkte:
1. Die Gemeinwohl-Ökonomie beruht auf denselben Grundwerten, die unsere Beziehungen gelingen lassen: Vertrauensbildung, Wertschätzung, Kooperation, Solidarität und Teilen. Nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen sind gelingende Beziehungen das, was Menschen am glücklichsten macht und am stärksten motiviert.
2. Der rechtliche Anreizrahmen für die Wirtschaft wird umgepolt von Gewinnstreben und Konkurrenz auf Gemeinwohlstreben und Kooperation. Unternehmen werden für gegenseitige Hilfe und Zusammenarbeit belohnt. Kon(tra)kurrenz ist möglich, bringt aber Nachteile.
3. Wirtschaftlicher Erfolg wird nicht länger mit (monetären) Tauschwertindikatoren gemessen, sondern mit (nichtmonetären) Nutzwertindikatoren. Auf der Makroebene (Volkswirtschaft) wird das BIP als Erfolgsindikator vom Gemeinwohl-Produkt abgelöst, auf der Mikroebene (Unternehmen) die Finanzbilanz von der Gemeinwohl-Bilanz. Diese wird zur Hauptbilanz aller Unternehmen. Je sozialer, ökologischer, demokratischer und solidarischer Unternehmen agieren und sich organisieren, desto bessere Bilanzergebnisse erreichen sie. Je besser die Gemeinwohl-Bilanz-Ergebnisse der Unternehmen in einer Volkswirtschaft sind, desto größer ist das Gemeinwohl-Produkt.
4. Die Unternehmen mit guten Gemeinwohl-Bilanzen erhalten rechtliche Vorteile: niedrigere Steuern, geringere Zölle, günstigere Kredite, Vorrang beim öffentlichen Einkauf und bei Forschungsprogrammen et cetera. Der Markteintritt wird dadurch für verantwortungsvolle AkteurInnen erleichtert; und ethische, ökologische und regionale Produkte und Dienstleistungen werden billiger als unethische, unökologische und globale.
5. Die Finanzbilanz wird zur Mittelsbilanz. Finanzgewinn wird vom Zweck zum Mittel und dient dazu, den neuen Unternehmenszweck (Beitrag zum allgemeinen Wohl) zu erreichen. Bilanzielle Überschüsse dürfen verwendet werden für: Investitionen (mit sozialem und ökologischem Mehrwert), Rückzahlung von Krediten, Rücklagen in einem begrenzten Ausmaß; begrenzte Ausschüttungen an die MitarbeiterInnen sowie für zinsfreie Kredite an Mitunternehmen. Nicht verwendet werden dürfen Überschüsse für: Investitionen auf den Finanzmärkten (diese soll es gar nicht mehr geben), feindliche Aufkäufe anderer Unternehmen, Ausschüttung an Personen, die nicht im Unternehmen mitarbeiten, sowie Parteispenden. Im Gegenzug entfällt die Steuer auf Unternehmensgewinne.
6. Da Gewinn nur noch Mittel, aber kein Ziel mehr ist, können Unternehmen ihre optimale Größe anstreben. Sie müssen nicht mehr Angst haben, gefressen zu werden und nicht mehr wachsen, um größer, stärker oder profitabler zu sein als andere. Alle Unternehmen sind vom allgemeinen Wachstums- und wechselseitigen Fresszwang erlöst.
7. Durch die Möglichkeit, entspannt und angstfrei die optimale Größe einzunehmen, wird es viele kleine Unternehmen in allen Branchen geben. Da sie nicht mehr wachsen wollen, fällt ihnen die Kooperation und Solidarität mit anderen Unternehmen leichter. Sie können ihnen mit Wissen, Know-how, Aufträgen, Arbeitskräften oder zinsfreien Krediten helfen. Dafür werden sie mit einem guten Gemeinwohl-BilanzErgebnis belohnt – nicht auf Kosten anderer Unternehmen, sondern zu deren Nutzen. Die Unternehmen bilden zunehmend eine solidarische Lerngemeinschaft, die Wirtschaft wird zu einer Win-win-Anordnung.
8. Die Einkommens- und Vermögensungleichheiten werden in demokratischer Diskussion und Entscheidung begrenzt: die Maximal-Einkommen auf zum Beispiel das Zehnfache des gesetzlichen Mindestlohns; Privatvermögen auf zum Beispiel zehn Millionen Euro; das Schenkungs- und Erbrecht auf zum Beispiel 500 000 Euro pro Person; bei Familienunternehmen auf zum Beispiel zehn Millionen Euro pro Kind. Das darüber hinaus gehende Erbvermögen wird über einen Generationenfonds als „Demokratische Mitgift“ an alle Nachkommen der Folgegeneration verteilt: gleiches „Startkapital“ bedeutet höhere Chancengleichheit. Die genauen Grenzen sollen von einem Wirtschaftskonvent demokratisch ermittelt werden.
9. Bei Großunternehmen gehen ab einer bestimmten Größe (zum Beispiel 250 Beschäftigte) Stimmrechte und Eigentum teil- und schrittweise an die Beschäftigten und die Allgemeinheit über. Die Öffentlichkeit könnte durch direkt gewählte „regionale Wirtschaftsparlamente“ vertreten werden. Die Regierung soll keinen Zugriff/kein Stimmrecht in öffentlichen Unternehmen haben.
10. Das gilt auch für die Demokratischen Allmenden, die dritte Eigentumskategorie neben einer Mehrheit (kleiner) Privatunternehmen und gemischt-besessenen Großunternehmen. Demokratische Allmenden (auch „Commons“) sind Gemeinwirtschaftsbetriebe im Bildungs-, Gesundheits-, Sozial-, Mobilitäts-, Energie- und Kommunikationsbereich: die „Daseinsvorsorge“
11. Eine wichtige Demokratische Allmende ist die Demokratische Bank. Sie dient wie alle Unternehmen dem Gemeinwohl und wird wie alle Demokratischen Allmenden vom demokratischen Souverän kontrolliert und nicht von der Regierung. Ihre Kernleistungen sind garantierte Sparvermögen, kostenlose Girokonten, kostengünstige Kredite und ökosoziale Risikokredite. Der Staat finanziert sich primär über zinsfreie Zentralbankkredite. Die Zentralbank erhält das Geldschöpfungsmonopol und wickelt den grenzüberschreitenden Kapitalverkehr ab, um Steuerflucht zu unterbinden. Die Finanzmärkte in der heutigen Form wird es nicht mehr geben.
12. Nach dem Vorschlag von John Maynard Keynes wird eine globale Währungskooperation errichtet mit einer globalen Verrechnungseinheit („Globo“, „Terra“) für den internationalen Wirtschaftsaustausch. Auf lokaler Ebene können Regiogelder die Nationalwährung ergänzen. Um sich vor unfairem Handel zu schützen, initiiert die EU eine Fair-Handelszone („Gemeinwohl-Zone“), in der gleiche Standards gelten oder die Zollhöhe sich an der Gemeinwohl-Bilanz des Hersteller-Unternehmens orientiert. Langfristziel ist eine globale Gemeinwohl-Zone als UN-Abkommen.
13. Der Natur wird ein Eigenwert zuerkannt, weshalb sie nicht zu Privateigentum werden kann. Wer ein Stück Land für den Zweck des Wohnens, der Produktion oder der Land- und Forstwirtschaft benötigt, kann eine begrenzte Fläche kostenlos oder gegen eine Nutzungsgebühr nutzen. Die Überlassung ist an ökologische Auflagen und an die konkrete Nutzung geknüpft. Damit sind Landgrabbing, Großgrundbesitz und Immobilienspekulation zu Ende. Im Gegenzug entfällt die Grundvermögenssteuer.
14. Wirtschaftswachstum ist kein Ziel mehr, hingegen die Reduktion des ökologischen Fußabdrucks von Personen, Unternehmen und Staaten auf ein global nachhaltiges Niveau. Der Kategorische Imperativ wird um die ökologische Dimension erweitert. Unsere Freiheit, einen beliebigen Lebensstil zu wählen, endet dort, wo sie die Freiheit anderer Menschen beschneidet, denselben Lebensstil zu wählen oder auch nur ein menschenwürdiges Leben zu führen. Privatpersonen und Unternehmen werden angereizt, ihren ökologischen Fußabdruck zu messen und auf ein global gerechtes und nachhaltiges Niveau zu reduzieren.
15. Die Erwerbsarbeitszeit wird schrittweise auf das mehrheitlich gewünschte Maß von dreißig bis 33 Wochenstunden reduziert. Dadurch wird Zeit frei für drei andere zentrale Arbeitsbereiche: Beziehungs- und Betreuungsarbeit (Kinder, Kranke, SeniorInnen), Eigenarbeit (Persönlichkeitsentwicklung, Kunst, Garten, Muße) sowie politische und Gemeinwesenarbeit. Infolge dieser ausgewogeneren Zeiteinteilung würde der Lebensstil konsumärmer, suffizienter und ökologisch nachhaltiger.
16. Jedes zehnte Berufsjahr ist ein Freijahr und wird durch ein bedingungsloses Grundeinkommen finanziert. Menschen können im Freijahr tun, was sie wollen. Diese Maßnahme entlastet den Arbeitsmarkt um zehn Prozent – die aktuelle Arbeitslosigkeit in der EU.
17. Die repräsentative Demokratie wird ergänzt durch direkte und partizipative Demokratie. Der Souverän soll seine Vertretung korrigieren, selbst Gesetze beschließen, die Verfassung ändern und Grundversorgungsbereiche – Bahn, Post, Banken – kontrollieren können. In einer echten Demokratie sind die Interessen des Souveräns und seiner Vertretung identisch – Voraussetzung dafür sind umfassende Mitgestaltungs- und Kontrollrechte des Souveräns.
18. Alle zwanzig Eckpunkte der Gemeinwohl-Ökonomie sollen in einem breiten Basisprozess durch intensive Diskussion ausreifen, bevor sie von einem direkt gewählten Wirtschaftskonvent in Gesetze gegossen werden. Über das Ergebnis stimmt der demokratische Souverän ab. Was angenommen wird, geht in die Verfassung ein und kann – jederzeit – nur wieder vom Souverän selbst geändert werden. Zur Vertiefung der Demokratie können weitere Konvente einberufen werden: Bildungs-, Medien-, Daseinsvorsorge-, Demokratiekonvent …
19. Um die Werte der Gemeinwohl-Ökonomie von Kind an vertraut zu machen und zu praktizieren, muss auch das Bildungswesen gemeinwohlorientiert aufgebaut werden. Das verlangt eine andere Form von Schule sowie andere Inhalte, z. B. Gefühlskunde, Wertekunde, Kommunikationskunde, Demokratiekunde, Naturerfahrenskunde und Körpersensibilisierung.
20. Da in der Gemeinwohl-Ökonomie unternehmerischer Erfolg eine ganz andere Bedeutung haben wird als heute, werden auch andere Führungsqualitäten gefragt sein: Nicht mehr die rücksichtslosesten, egoistischsten und „zahlenrationalsten“ Manager werden gesucht, sondern Menschen, die sozial verantwortlich und -kompetent handeln, mitfühlend und empathisch sind, Mitbestimmung als Chance und Gewinn sehen und nachhaltig langfristig denken. Sie werden die neuen Vorbilder sein.
Die Gemeinwohl-Ökonomie ist weder das beste aller Wirtschaftsmodelle noch das Ende der Geschichte, nur ein nächster möglicher Schritt in die Zukunft. Sie ist ein partizipativer und entwicklungsoffener Prozess und sucht Synergien mit ähnlichen Ansätzen. Durch das gemeinsame Engagement zahlreicher mutiger und entschlossener Menschen kann etwas grundlegend Neues geschaffen werden. Die Umsetzung erfordert intrinsische Motivation und Eigenverantwortung, rechtliche Anreize, einen ordnungspolitischen Rahmen sowie Bewusstseinsbildung. Alle Menschen, Unternehmen, Organisationen und Gemeinden können sich am Umbau der Wirtschaftsordnung in Richtung Gemeinwohl-Ökonomie beteiligen.
Weitere Infos: www.gemeinwohl-oekonomie.org
http://www.christian-felber.at/schaetze/gemeinwohl.pdf
Zusammengestellt von H.- Jo/Achim Weinberger, am 02.07.2012