BE:Squads/Abgeordnetenhauswatch/2011-01-27

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Achtung, dies ist ein Protokoll aus dem Brandenburgischen Landtag, nicht aus dem Abgeordnetenhaus!

Anhörung zur Polizeikennzeichnung, wegen eines Entwurfs der Brandenburgischen CDU(!)-Fraktion

Anmerkung:Peter Schaar und Erardo Rautenberg, Generalstaatsanwalt, waren nicht erschienen.

Hier sind Bilder der Anhörung.

Glietsch, Polizeipräs. Berlin

Eine durch ihn in Auftrag gegebene Studie anhand von eingestellten Verfahren wegen Polizeigewalt habe herausgestellt, dass in 12 Fällen die namentliche Identifizierung hilfreich gewesen sei, in 10 weiteren Fällen sei dies nicht auszuschließen. Ein Erlass dies auf freiwilliger Basis zu tun, sei von einem nicht unbedeutenden Teil der Polizei abgelehnt worden, dies sei vor allem auf emotionaler Basis geschehen. Fakten, die die Angst vor Repressalien untermauere, seien nicht bekannt. Er betont, dass Anonymität im Amt nicht möglich und auch nicht sinnvoll wäre. Auch an den Türen der Büros hängen Namensschilder. Der CDU-Vorschlag sei grundsätzlich geeignet.

Dagmar Hartge

Landesdatenschutzbeauftragte BRB: Kennzeichnung ist sinnvoll. Pseudonyme müssen so gewählt werden, dass man sie sich merken kann. Verdeckte Ermittler werden ausgenommen.

Hartmut Aden, HWR Berlin

Polizeikennz. gut, da sie identifizierbar macht und zugleich für Bürger und Beamte einen Präventiveffekt habe. Belege für Gefährdungen sind nicht bekannt. Generalverdacht besteht nicht, da Namensschilder in Verwaltungen üblich sind. Gerade bei geschlossenen Einheiten muss die Kennz. gut lesbar sein. Weitere Hinweise, um Verfehlungen zu vermeiden: Gruppen- und individualpsychologische Ursachenforschung, Entwicklung einer Fehlerkultur in der Polizeikultur, Stress- und Provokationsrestinzförderung & Abbau von Feindbildern in der Ausbildung.

Aden wies auch darauf hin, dass die Gewalt gegen Polizeibeamte in der Tat steigt, dies aber irrelevant für die Frage sei und macht dafür eher einen allgemeinen Anstieg des Gewaltpotentials in der Gesellschaft fest

Andreas Schuster, GdP

Ablehnung wegen 1. Würde des Polizisten, 2. Konflikt mit Art. 8 EMRK, 3. Interesse liegt nicht vor – weder wisschenschaftl. Untersuchung noch Bürgerbefragung, 4. Kenntnis über die Namen macht Missbrauch möglich, 5. Zahlen/Buchstabenkombinationen bei geschl. Einsätzen ist bereits über IMK geregelt, 6. Generalverdacht -> dann muss jeder Beamte, 7. Namen sind bereits ausreichend festgehalten durch Protokolle, Ausweisungsverpflichtung etc. Revierpolizisten sind mit Namen und Bild im Internet zu finden 8. Einsatz von Fremdkräften in BRB würde schwierig.
Des Weiteren ist die CDU unglaubwürdig, er zitiert die ablehnende Stellungnahme der Berliner CDU zu den Vorschlägen des Berliner Senats.
IMK-Studie: Polizeibeamte sind einer wachsenden Gewalt und Aggresionspotential ausgesetzt. In den letzten 5 Jahren sind die Zahlen stark angestiegen, besonders bei Demos (ca. Verdoppelung), familiäre Streitigkeiten usw. Zitiert Stellungnahme LMI gegenüber TAZ von 16.9.2009: Aktuelle Situation ist ausreichend.
Es gibt auch Beispiele pers. Repressalien, zB ein Schweinekopf vor einer Polizeiwache – er berichtet auch über pers. Erfahrungen in Form von Telefonterror.
Polizisten haben kein Vertrauen in die Justiz. (!)

Hr. Franke, DpolG im DBB

Anonymität ist für Polizisten im gew. Rahmen durchaus möglich, zB dass man die Nichtweitergabe der eigenen Daten über das Straßenverkehrsregister beantragen kann. Zugbegleiter dürfen auch mit Pseudonymen herumlaufen, Idee der Anonymität ist dass die Funktion des Beamten hinter der Person zurücktritt und eine stärkere Identifizierung möglich ist. Zweifel an der These dass Bürger Polizei misstraut, Vertrauen in die Politiker wird auch durch Namensschild nicht größer, es ist bekannt, dass Rechts- und Linksextreme die Namen von Polizisten – auch in illegalen Datenbanken – sammeln.

Peggy Wölk, BDK

Empfehlung Visitenkarten stärker zu promoten, Erforderlichkeit ist nicht zu sehen, CDU bleibt schwammig im Entwurf und nennt keine Nachweise für die Erforderlichkeit, viele Einsätze werden in Zivilkleindung vorgenommen – auch weil die Bürger darum bitten, zB damit das Firmenimage nicht leidet, dies würde durch Kennzeichnung gefährdet. Polizisten sind auf der Wache außerhalb ihres Büros anonym – dem wird mit der Kennzeichnungspflicht nicht Rechnung getragen. Privatwachleute müssen auch Namen tragen, tun es aber nicht, weil es nicht kontrolliert wird.

Dr. Heide Sandkuhl, Deutscher Anwaltverein

begrüßt die Vorbemerkung, empfindet die Beschreibung des Verhältnisses der Polizei zum Dienstherr als Bankrotterklärung, sieht den Widerspruch zwischen der Beschreibung von Glietsch und Schuster als krass an, das öffentliche Interesse, das von Gewerkschaften nicht gesehen wird, existiert ganz offensichtlich, mindestens durch Art. 19, Absatz 4 GG Rechtsschutzgarantie, "staatliches Handeln ist nur so gut, wie es überwacht werden kann", Polizei ist und bleibt Teil der Gesellschaft und es droht der Rückfall in retardierte Zeiten, zitiert positive Berichte aus Spanien, Los Angeles, Kolumbien (Namen, Dienstgrad, Datum der letzten Beförderung), Australien, Puerto Rico, Kanada, UK, zitiert den Vorfall der G20 in England, wo Polizisten ihre Nummern verdeckten – 2010 hat Scotland Yard bestickte, unabnehmbare Schulterklappen eingeführt. Zitiert Fall, wo ein Mandant aufgrund Videomaterials unschuldig verdächtigt wurde und eine Nummer ihm geholfen hätte.

Monika Lüke, Amnesty International

beginnt mit einer Einführung: AI beschäftigt sich mit der Polizei, da diese Waffen tragen darf und damit für ein besonderes Gewaltverhältnis steht. Identifikation ist heute nicht immer möglich bei Überschreiten von Kompetenzen der Polizei. Durch Kennzeichnung wird Polizei eher als Partner wahrgenommen, das deeskaliert.
Gewalt gegen Polizei ist vor allem bei Demos, familiären Einsätze und unter Alkoholeinfluss und nicht allgemein. Studie von Pfeiffer zeigt, dass es sich sogar sehr stark auf große männliche Polizisten konzentriert. (Heiterkeit) Fazit: Viele strukturelle Gründe für die Kennzeichnung und keine zusätzliche Bedrohung für die Polizei.

Anja Heinrich, Humanistische Union

zahlreiche Gründe, wie Rechtssicherheit, Rechtsschutz, kein Misstrauensvotum, Grundpfeiler der Gewaltenteilung, Mechanismen die Kontrolle voraussetzen, Gewalt an Polizei ist nur vom Volk übertragen und muss daher transparent und nachvollziehbar sein. Prävention ist besonders wichtig, da sie der Grund ist dass Kennzeichnung im Interesse aller ist, auch der Polizisten. Präventive Wirkung tritt ein durch Deeskalation über Bürgernähe, Selbstreflektion der einzelnen Polizisten, Gewalt die sich auf den Polizisten als Repräsentanten des Staates richtet, kann so umgeleitet werden, da nun ein Name und ein Gesicht Zitiert Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Hamburg in den 90ern, dass Fehlverhalten selten durch ein schwarzes Schaf geschieht, sondern meistens strukturelle Ursachen hat. Nachvollziehbarkeit und Ausarbeitung wird verbessert und kann so auch zur einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Polizisten führen.
Ausnahmen: Verzicht nur, wenn der Zweck der Maßnahme nicht beeinträchtigt wird. Diese Ausnahmeregelung sollte eingeschränkt werden und auf nur sehr wenige Ausnahmen beschränkt werden. Der Zweck muss in einem konkreten Fall tatsächlich vereitelt sein. Man kann Personengruppen ausnehmen. Oder man beschränkt den Gesetzesentwurf auf die uniformierte Polizei. Alternative Kennzeichnung in Form von Nummer ist möglich. Sollte sich aber nicht daran orientieren, ob geschlossene Einheiten, sondern von der konkreten Gefahrenlage abhängig gemacht werden.
Werben für die Kennzeichnung ist sinnvoll. Aber von der HU aus scheint es schwierig, die Polizisten im Vorfeld zu überzeugen. Polizisten scheinen eher zu sagen, das Parlament solle das regeln.
Polizeikräfte aus anderen Bundesländern müssten vom Polizeigesetz BRB erfasst sein. Das heißt, das Dienstrecht des entsendenden Bundeslandes gilt, aber das Polizeigesetz des Einsatzlandes. Dies wird ein großer Vorteil sein, da man so die Polizisten aus anderen Bundesländern (Amtshilfe ist nach GG festgelegt) in eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit mit einbindet.