Antrag:Bundesparteitag 2012.2/Antragsportal/PA140
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Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2012.2. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich
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Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag. |
Antragsübersicht | |
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Antragsnummer | PA140 |
Einreichungsdatum | |
Antragsteller |
[[Benutzer:Birgit Schmidmeier|Birgit Schmidmeier, Reinhard Schaffert, Norman von Sternberg, Wolf-Dietrich Trenner für die AG Gesundheitspolitik und AG Gesundheit]] |
Mitantragsteller |
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Antragstyp | Grundsatzprogramm |
Antragsgruppe | Gesundheit |
Zusammenfassung des Antrags | Die Piraten stellen den Menschen in den Mittelpunkt ihrer Gesundheitspolitik. Die umfassende Gesundheitsversorgung orientiert sich am Patientennutzen. Alle Bürger beteiligen sich nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit an der Finanzierung. |
Schlagworte | Gesundheitswesen, Gesundheitsbildung, Gesundheitskultur, Prävention, Inklusion, Gesundheitsversorgung, Selbstbestimmung, Finanzierung |
Datum der letzten Änderung | 05.12.2012 |
Status des Antrags | |
Abstimmungsergebnis |
AntragstitelGesundheitspolitik AntragstextDer Bundesparteitag möge beschließen folgenden Text in das Grundsatzprogramm an die Stelle vor der Drogenpolitik aufzunehmen: GesundheitspolitikDie PIRATEN stehen für eine zukunftsfähige und solidarische Gesundheitspolitik mit folgenden Zielen:
1. Bei den PIRATEN steht der Mensch im Mittelpunkt des Gesundheitssystems.Mit den PIRATEN steht im Gesundheitswesen das Wohl der Menschen im Vordergrund und nicht die Gewinnmaximierung. Gesundheitliche Bildung und Gesundheitskultur Die PIRATEN streben für alle Altersstufen und in allen Lebensbereichen die Förderung und Erhaltung von Gesundheit durch eine umfassende Gesundheitsbildung und freien Zugang zu neutralen Informationen an. Dazu zählt insbesondere die Einbeziehung der Gesundheitslehre in den Schulunterricht. Dabei wird ein Basiswissen über die Entstehung von Gesundheit, häuslicher Gesundheitsversorgung, Erster Hilfe, die Möglichkeiten eines eigenverantwortlichen, gesundheitsfördernden Verhaltens und die Grundzüge des Gesundheitssystems vermittelt. Es wird eine gesellschaftliche Diskussion angestoßen um eine Gesundheitskultur zu entwickeln, welche den respektvollen und menschenwürdigen Umgang mit Altern, Krankheit und Sterben fördert. Prävention Prävention zur Vermeidung von Erkrankungen ist eine zentrale Aufgabe des Gesundheitswesens. Dabei umfasst Prävention neben der Früherkennung von Krankheiten auch die Analyse und Veränderung von krankheitsfördernden Bedingungen in Umwelt, Gesellschaft und Beruf. Inklusion von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen Die PIRATEN betrachten krankheits- oder störungsbedingte Einschränkungen, chronische Erkrankungen oder Störungen sowie Behinderungen als Bestandteile des menschlichen Lebens und setzen sich deshalb für die Einbeziehung Betroffener am gesellschaftlichen Leben im Sinne der Inklusion ein.
2. Die PIRATEN streben eine am Patientennutzen orientierte Gesundheitsversorgung an.Die Beschwerden der Patienten schnell und wirksam zu erkennen, zu heilen, ihre Leiden zu lindern und sie bei Bedarf zu pflegen, ist Aufgabe der Gesundheitsversorgung. Mit dem Patienten im Mittelpunkt werden der menschliche Kontakt und die Zuwendung zum Patienten sowie seine Bedürfnisse aufgewertet. Der Verbesserung der wertschätzenden Kommunikation zwischen allen Beteiligten kommt eine besonders hohe Bedeutung zu. Es sind geeignete Infrastrukturen und Anreize zu schaffen, um das Gesundheitssystem am Behandlungsergebnis und am Patientennutzen auszurichten. Der selbstbestimmte Patient Der Mensch ist im Gesundheitssystem so weit wie möglich selbstbestimmt. Seine Würde und Autonomie sind zu respektieren. Im Rahmen seiner Möglichkeiten entscheidet er über die Form, Intensität und Reichweite der Behandlung. Die Voraussetzung für eine selbstbestimmte Entscheidung ist die Transparenz des Leistungsangebotes und der Ergebnisqualität der Leistungserbringer. Die Kooperation zwischen Leistungserbringer und Patient wird gefördert. Die PIRATEN unterstützen Maßnahmen, die eine Verbesserung der Patientenaufklärung und der Einbeziehung des Patienten in Behandlungsentscheidungen und -abläufe zum Ziel haben. Darüber hinaus werden die PIRATEN auch nach der Einführung des Patientenrechtegesetzes den kontinuierlichen Ausbau der unabhängigen Patientenberatung voranbringen. Wirtschaftlichkeit Maßnahmen, die geeignet sind, die Versorgungsqualität zu erhöhen und in der Gesamtheit die Kosten zu reduzieren, werden von den PIRATEN unterstützt. Hierzu zählt beispielsweise die berufsgruppenübergreifende Zusammenarbeit zwischen allen im Gesundheitswesen Beteiligten. Eine nachhaltige Gesundheitspolitik zielt jedoch ausdrücklich nicht nur auf Kostensenkung. Vielmehr erreicht man tatsächliche Wirtschaftlichkeit häufig eher, wenn man mehr Geld für Qualität und Betreuung ausgibt, die sich dann durch niedrigere Folgekosten bezahlt macht. Freie Wahl Jeder Mensch hat die freie Wahl bei qualifizierten Leistungserbringern, nachweislich wirksamen Behandlungsmethoden und anerkannten Arzneimitteln. Die Versorgungsangebote sind von Seiten der Patienten ohne Beachtung von Sektorengrenzen frei wählbar. Die Leistungserbringer entscheiden, in welcher Form sie ihren Beruf ausüben - ob in niedergelassener Praxis, in gemeinschaftlicher Berufsausübung, innerhalb eines Medizinischen Versorgungszentrums oder als angestellter Arzt einer Institution. Ziel der Behandlung ist eine hohe Ergebnisqualität. Kommunale Anbieter In unterversorgten Gebieten erhalten Kommunen das Recht, hausärztliche Vertragsarztsitze zu übernehmen und dort Ärzte anzustellen. Zudem sollen mobile Arztpraxen Einzug in die Regelversorgung finden können. Palliative Versorgung Bei Patienten, bei denen am Lebensende oder bei schweren chronischen Erkrankungen keine Heilung mehr möglich ist, soll durch eine palliative Versorgung das Leiden gemindert werden. Ein qualifiziertes verbreitetes Angebot an pflegerischer und medizinischer Palliativbetreuung erleichtert Patienten den Weg am Lebensende und hilft Angehörigen bei deren Begleitung und Betreuung. Der Ausbau solcher Angebote ist weiter zu fördern. Fachkräftemangel Die Arbeitsbedingungen und Ausbildungskapazitäten im Gesundheitswesen sind so zu gestalten, dass dem Fachkräftemangel entgegengewirkt wird.
3. Mit den PIRATEN wird das Gesundheitswesen über solidarische Beiträge finanziert und effizient organisiert.Finanzierung Alle Bürger beteiligen sich an der Finanzierung des Gesundheitswesens. Die individuelle finanzielle Leistungsfähigkeit wird berücksichtigt. Privilegien der Privaten Krankenversicherungsunternehmen sind im Interesse einer einkommens- und vermögensunabhängigen Gesundheitsversorgung abzuschaffen. Leistungskatalog Abwägungen zwischen den Interessen von Patienten auf Versorgung und denen der Allgemeinheit auf Beschränkung der Finanzierung auf wirksame, notwendige und wirtschaftliche Leistungen sind erforderlich. An Entscheidungen über den Leistungskatalog sind neben den Vertretungen der Selbstverwaltung auch weitere Vertretungen der wirtschaftlichen Interessen der Leistungserbringer und Kostenträger sowie Patientenorganisationen gleichberechtigt zu beteiligen. Die Versorgung mit medizinisch notwendigen Leistungen erfolgt unabhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Patienten und der Form der Versicherung. Längere Wartezeiten abhängig von der Versicherungsart sind nicht akzeptabel. Die qualitativen und quantitativen Unterschiede der Versorgung dieser Gruppen sind unabhängig zu erheben und öffentlich darzustellen. Informations- und Kommunikationstechnologie Die PIRATEN setzen sich dafür ein, dass die Bürger über alle sie betreffenden personenbezogenen Daten Kenntnis und Kontrolle erlangen können, die im Zusammenhang mit Erkrankungen und Behandlungen gespeichert werden. Um die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren des Gesundheitswesens zu erleichtern, setzen sich die PIRATEN für eine schnellere Etablierung offener Standards zur elektronischen Kommunikation ein. Der Datenschutz ist auf höchstem Niveau sicher zu stellen. Die Einnahmen und Ausgaben des Gesundheitssystems sind zeitnah, übersichtlich und nachvollziehbar darzustellen. Die Darstellung ist so vorzunehmen, dass der Anteil für unmittelbar dem Patienten zu Gute kommende oder an ihm erbrachte Leistungen transparent ist. Die Organisation des Gesundheitswesens erfolgt in allen Bereichen transparent, effizient und möglichst papierlos. Ein transparentes und faires Abrechnungssystem Gleiche Leistungen bei vergleichbarer Qualität werden grundsätzlich unabhängig von Art und Struktur des Leistungserbringers gleich und angemessen bezahlt. Bei Pauschalierungen des Abrechnungssystems ist zu berücksichtigen, dass Behandlungen von Patienten mit besonderem Aufwand angemessen berücksichtigt werden. Die PIRATEN befürworten eine Vereinfachung und Vereinheitlichung der Abrechnung von Leistungen im Gesundheitssystem. Wenn unterschiedliche Beträge für gleiche Leistungen bezahlt werden sollen, ist das zu rechtfertigen. Die PIRATEN setzen sich dafür ein, dass die Vergütung der Leistungserbringer im Gesundheitswesen angemessen, transparent und planbar ist. Qualität Alle Abläufe im Gesundheitswesen werden hinsichtlich der medizinischen Qualität und der Wirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung ethischer Gesichtspunkte durch unabhängige Institutionen wissenschaftlich begleitet. Die daraus abzuleitenden Maßnahmen sind umzusetzen, falls Verbesserungsbedarf festgestellt wird. Damit wird gewährleistet, dass die für die Gesundheitsversorgung vereinnahmten Gelder zuverlässig und sinnvoll zur Bedarfsdeckung aller Patienten verwendet werden. AntragsbegründungAllgemein: Dies ist der gemeinsame Antrag der AG Gesundheitspolitik und der AG Gesundheit. Die Piraten vertreten das Menschenbild eines freien und selbstbestimmten Bürgers. Daher muss auch im Gesundheitswesen der Mensch im Mittelpunkt stehen. An dem Menschen und seinen Bedürfnissen im Hinblick auf seine Gesundheit haben sich die Ziele und Aufgaben des Gesundheitssystems auszurichten. Demgegenüber wird bisher die Gesundheitspolitik über die Ressourcen definiert. Im Mittelpunkt der politischen Gesundheitsdiskussion stehen die Einnahmen (Themen wie Krankenkassen, Beiträge, Arbeitgeberanteil, Gesundheitsfonds, Bürgerversicherung, Steuerfinanzierung) und die Verteilung der Ausgaben (Bezahlung der niedergelassene Ärzte, Medikamente, Krankenhäuser...). Die Gesetzgebung im Bereich des Gesundheitssystems regelt bis auf wenige Ausnahmen in erster Linie Fragen der Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung, Begrenzung der Ausgaben und die Verteilung der Ausgaben unter den Leistungserbringern. Die Piraten lösen sich bewusst von dieser Diskussion sowie den festgefahrenen Positionen der Beteiligten und entwickeln stattdessen die Vorstellung eines Gesundheitssystems, das sich zuerst über seine grundlegenden Ziele und Aufgaben definiert. Zu 1.: Der Mensch im Mittelpunkt und Gesundheitsbildung Die Vermittlung gesundheitsrelevanter Themen soll präventives und gesundheitsförderndes Verhalten stärken. Weiterhin kann die Fähigkeiten im Umgang mit Krankheit, Alter und Tod unterstützt werden. Beispielsweise soll durch Vermittlung von Grundwissen die Fähigkeit zur Beurteilung der Behandlungsbedürftigkeit oder der Dringlichkeit bei einfachen Erkrankungen oder Beschwerden gefördert werden. Dies stärkt die Gesundheitskompetenz des Einzelnen und entwickelt damit die Voraussetzung für aufgeklärte, selbstbewusste und damit selbstbestimmte Patienten. Zusätzlich ist ein Rückgang der Inanspruchnahme bei leichten, prinzipiell selbst zu behandelnden Krankheiten und Verletzungen zu erwarten. Die Piraten stärken die Rolle der Prävention innerhalb des Gesundheitssystems. Die Vorbeugung von Krankheiten ist die bestmögliche Gesundheitsversorgung. Prävention ist für uns mehr als die Früherkennung von Krankheiten (Vorsorgeuntersuchungen) und die finanzielle Unterstützung als gesundheitsfördernd angesehener Verhaltensweisen (wie z.B. Fitnesskurse). Im beruflichen Umfeld beschäftigten sich die Berufsgenossenschaften zum Teil mit Verhältnisprävention, allerdings eher auf technischer Ebene (Arbeitsschutz). Die Piraten wollen den Auftrag des Gesundheitswesens auf eine umfassende Verhältnisprävention erweitern. Dazu gehört auch, bereits in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen Gesundheits- und Krankheitsfaktoren stärker als bisher als Teil des Bildungsauftrages zu verstehen. Zu 2. Gesundheitsversorgung orientiert sich am Patientennutzen Die Versorgungsstrukturen sind derzeit unflexibel und extrem reguliert. Starre Sektorengrenzen verhindern beispielsweise eine am Patienten orientierte kontinuierliche Behandlung aus einer Hand, selbst dort, wo dies deutlich effizienter und medizinisch sinnvoller wäre, als die derzeitige Verschiebung der Patienten zwischen den Sektoren. Die Regulierungen dienen dabei meist in erster Linie dem Schutz von Partikularinteressen der Anbieter und weniger der Kostendämpfung oder gar dem Interesse des Patienten. Dort wo Sektorengrenzen aufgehoben werden, ist dies auf Einzelfälle beschränkt und mit erhöhtem bürokratischem Aufwand verbunden. Zu 3. Solidarische Finanzierung und Organisation Für die Piraten steht an erster Stelle die Frage, wie viel unserer Gesellschaft die Gesundheit wert ist. Diese Frage muss zu allererst gesellschaftlich diskutiert werden. Erst dann können konkrete Formen der Finanzierung entwickelt werden. Gleichzeitig gibt es grundsätzliche Ziele zur Finanzierung des Gesundheitssystems. Diese Frage steht über allen weiteren Fragen und Einzelheiten der Finanzierung. Ein gesamtgesellschaftlicher Konsens oder zumindest die Darstellung der Positionen in der Gesellschaft erscheint den Piraten erforderlich. Jeder ist potentiell von Krankheit betroffen und auf das Gesundheitssystem angewiesen. Deshalb sollte sich auch grundsätzlich jeder an der Finanzierung des Gesundheitssystems beteiligen. Die Piraten halten die Berücksichtigung der individuellen Leistungsfähigkeit aus sozialen Gründen für erforderlich und auch für gerecht. Dennoch lässt diese Formulierung Spielraum für die Fantasie, in einem gesellschaftlichen und politischen Dialog neue Formen der Finanzierung anstatt der derzeitigen festgefahrenen Positionen zu finden. Diskussion
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