AG Geldordnung und Finanzpolitik/ThemaSparen
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Vorbemerkung: Dies ist eine Meinung, die derzeit von dem Mitglied Patrik vertreten wird und spiegelt nur die Meinung einiger Mitglieder der Piratenpartei oder der AG Geldordnung und Finanzpolitik wider. Wer Anmerkungen/Fragen hat schreibt diese bitte auf die Diskussionsseite zu diesem Artikel. |
Inhaltsverzeichnis
These
Eines der am meisten diskutierten Themen neben der Frage des Zinses ist wohl die Frage, welchen volkswirtschaftlichen Effekt das Sparen hat.
Die Kritik am Sparen geht zum einen auf den Keynesianismus zurück, dessen populäre Interpretation besagt, dass das "Sparen" zu einem Nachfrageausfall führt, der letztlich darin resultiert, dass weniger produziert wird als theoretisch möglich und so in der Folge Arbeitslosigkeit entsteht und sich verfestigt.
Zum anderen folgen die Kritiker meist Gesell, der feststellte, dass "nicht verrottendes" Geld unnatürlich sei, und aufgrund dieser Eigenschaft bevorzugt gelagert wird anstatt für Transaktionen verwendet zu werden. Dieses "Horten" führt im Ergebnis dazu, dass weniger nachgefragt wird als theoretisch möglich und so in der Folge Arbeitslosigkeit entsteht und sich verfestigt.
Ich denke, dass es sich im ersten Fall um eine Fehlinterpretation handelt, während sich im zweiten Fall das zugrunde liegende Modell überholt hat.
Ich möchte dies in der Folge erläutern und nachweisen, dass Sparen in unserer heutigen Wirtschaft kein grundsätzliches Problem ist.
Das Basismodell
Als Basismodell soll eine Insel dienen, auf der Menschen leben, die ganz überwiegend vom Kornanbau leben - daneben gibt es ein paar Handwerker, Händler, usw.
In der Mitte der Insel soll ein Berg stehen, in dem sich eine Goldmine befindet. Die Goldmine gehört dem König, und nur er darf Gold herausgeben. Das Gold wird in der königlichen Burg gelagert und von finsteren Gesellen strengstens bewacht.
Das Klima auf der Insel ist zumeist recht angenehm, aber dann und wann fegt ein Sturm über die Insel, der im schlimmsten Fall die gesamte Ernte vernichtet. In normalen Jahren sind die Bedingungen so gut, dass die Bevölkerung Überschüsse erwirtschaften kann.
Auf der Insel ist die Wirtschaft relativ einfach, die meiste Zeit des Jahres verbringen die Bauern auf ihren Feldern und probieren möglichst viel Ertrag aus dem Acker zu ziehen.
Einmal im Jahr - nach der Ernte - findet in der königlichen Burg der große Markt statt; da kommen alle zusammen, um ihre Waren und Dienstleistungen bestmöglich zu verkaufen. Der Markt geht so lange bis keiner mehr handeln will, dann verlassen alle die Burg und widmen sich wieder ihren Feldern.
Auf dieser Insel gibt es keine Großgrundbesitzer, die Ackerfläche verteilt sich relativ gleichmäßig auf viele kleine Gehöfte, so dass alle Bauern am Jahresende mehr oder weniger die selbe Menge Korn anbieten können - entscheidend für den Absatz sind also die Qualität des Korns und der Preis.
Als Referenzgut für alle Waren und Dienstleistungen hat der König Goldmünzen ausgegeben. Sämtliche Austauschverhältnisse lassen sich also in Goldmünzen ausdrücken. Außerdem haben sie den Vorteil, dass sie nicht verkommen und ewig gelagert werden können, bis sie wieder gebraucht werden.
Anhand dieser Insel, will ich verschiedene Ansätze erklären. Dabei geht es mir nicht darum, jeden einzelnen Aspekt zu beleuchten, sondern ich will in Kürze und allgemein verständlich die wesentlichen Grundannahmen darstellen, insbesondere in Bezug auf das Sparen.
Folgende Modelle will ich vorstellen:
- Die Klassiker
- Die Keynesianer
- Gesellianer
Ich erlaube mir die Freiheit, meine jeweilige Interpretation an das Ende jeden Abschnitts zu stellen.
Die Klassiker
Der Ansatz geht davon aus, dass die Bauern langfristig orientiert sind und danach streben ihren Gewinn zu maximieren. Der Gewinn ist die Differenz dessen, was sie für ihr Korn am Markt in Gold erhalten und was sie andererseits zur Herstellung des Korns zahlen müssen.
Verwendung
Für das Korn gibt es folgende Verwendungsmöglichkeiten:
- für die nächste Saat einlagern
- selbst verbrauchen
- für schlechte Zeiten speichern
- verkaufen
Für die nächste Saat einlagern
Die Bauern denken langfristig. Sie wissen, dass sie in den Folgejahren nur dann ernten können, wenn sie auch säen können. Sie wissen auch, dass ihr Ernteertrag der Folgejahre von der Menge aus Aussaat abhängt, wobei ihre Felder natürliche Grenzen haben. Ihnen ist auch bewusst, dass bei jeder Lagerung etwas verrottet. Deshalb legen die Bauern nach jeder Ernte zunächst einmal die Menge Korn zurück, die sie unter den gegebenen Umständen für das Folgejahr voraussichtlich brauchen werden.
Selbst verbrauchen
Im Allgemeinen wird des Marktpreis für Korn höher sein als die Herstellkosten; die billigste Art sich zu ernähren, ist für die Bauern also ihr Korn selbst zu verbrauchen. Deshalb werden sie dieses üblicherweise auch tun.
Vorsorgen
Von dem was dann übrig bleibt, werden die Bauern einen Teil einlagern, denn es kursieren Horrorgeschichten über Hungersnöte, die immer wieder stattfanden, wenn die Stürme die ernten vernichtet hatten. Denen, die nicht vorgesorgt hatten, ging es sehr schlecht und nicht wenige starben.
Verkaufen
Was nun noch übrig ist, wird auf dem Markt verkauft, und zwar möglichst alles. Das Gold dient dann dazu, andere Waren und Dienstleistungen zu erwerben; was übrig bleibt kann zuhause gelagert werden bis es für etwas verwendet wird. Einige sparen auch systematisch, um in der Zukunft größere Anschaffungen zu machen.
Sparen
In diesem Modell gibt es also zwei Sorten von Sparen:
- Gold sparen
- Korn lagern
Spararten
Qualitativ unterscheiden sich beide "Spararten" hinsichtlich folgender Merkmale:
- Wird Korn gespeichert, dann verliert man regelmäßig einen Teil bei der Lagerung, bei Gold ist dies nicht der Fall
- Die Entscheidung wie viel Korn einzulagern ist, wird gefällt, bevor es verbraucht oder verkauft wird, während beim Gold nur der Anteil zurückgelegt wird, der zuvor nicht für Waren und Dienstleistungen ausgegeben wurde.
Sparmotive
Beide Arten haben unterschiedliche Motive.
Während "Gold sparen" dazu dient Mittel zurückzulegen, die "bei Gelegenheit" verwendet werden können oder einem langfristigen Plan folgen, bspw. irgendwann eine Scheune zu bauen, dient die Aufbewahrung von Korn unmittelbar der Sicherstellung der nächsten Ernte sowie der Vorsorge im Falle von Knappheit.
Hinsichtlich der Sparmotive kann man also unterscheiden zwischen
- Zuführung einer späteren Verwendung, bspw. Aussaat oder Bau einer Scheune
- Sicherheit, bspw. im Falle einer Missernte oder steigender Preise
Konsequenzen
Welche Folgen hat Sparen unter diesen Bedingungen?
- Korn
- Es wird sichergestellt, dass im nächsten Jahr gesät werden kann
- Es wird sichergestellt, dass keiner verhungert, wenn die Ernte ausfällt
- Gold
- Es wird Vorsorge getroffen, falls die Preise der Waren und Dienstleistungen steigen
- Es werden Mittel zurückgelegt, um zukünftige Maßnahmen umzusetzen, die den Ertrag steigern
- Es werden Rücklagen gebildet falls zukünftig ungeplante Anschaffungen gemacht werden müssen
Meine Interpretation
Insgesamt hat Sparen unter diesen Bedingungen fast nur Vorteile. Einen negativen Effekt kann man natürlich konstatieren: Wenn in einem Jahr die Ernte nicht so üppig ausfällt und man davon ausgeht, dass die Vorsorge für das kommende Jahr relativ fix ist, dann bedeutet das natürlich, dass die niedrigere Ernte sich voll auf den Verbrauch auswirkt.
Man könnte natürlich darauf spekulieren, dass die nächste Ernte schon gut werden wird und die Reserven angreifen, aber ein rational handelnder langfristig orientierter Bauer wird dies wohl nur tun, wenn die Lager so gut gefüllt sind, dass für das Folgejahr in jedem Fall genug übrig bleibt.
Sparen ist im klassischen Sinne also nicht nur schlau, sondern gradezu essentiell, in einigen Situationen sogar existenzsichernd.
Daher lautet die Grundregel: In schlechten Zeiten muss man also tendenziell den Gürtel enger schnallen. Der Verbrauch richtet sich nach der Ernte und der Höhe der Ersparnis.
Keynesianismus
Was Keynesianismus ist, darüber gibt es fast so viele Ansichten wie Ökonomen. Ich will hier kein Proseminar über alle keynesianischen Strömungen machen, sondern ich will es bewusst sehr kurz halten.
Tatsache ist, dass Keynes die Grundannahmen der klassischen Ökonomen in Zweifel gezogen hat, weil ihr Modell die große Depression in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts nicht erklären konnte und ihre vorgeschlagenen Maßnahmen wirkungslos blieben.
Gemäß den Klassikern konnte es langfristig keine nennenswerte Arbeitslosigkeit geben, weil der Preismechanismus früher oder später den Markt für Arbeitskräfte räumen musste. Tatsächlich konnte man aber beobachten, dass über längere Zeit eine hohe Arbeitslosigkeit vorherrschte, die auch die öffentlichen Haushalte belastete, weil die Einnahmen wegbrachen. Man probierte dieses Problem durch Ausgabenkürzungen zu lösen, aber insgesamt wurde die Situation nicht besser.
Keynes schlug also vor, dass der Staat in dieser Situation das Gegenteil machen solle, indem er über größere Ausgaben die Nachfrage erhöht, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln.
Ich will die Logik auf das Basismodell anwenden.
Die Ausgangssituation
Die Situation auf der Insel wird leicht modifiziert. Am Anfang waren alle Höfe relativ gleich groß. Nach ein paar Generationen hat sich die Situation dramatisch verändert.
Ungleichverteilung
Einige Bauern waren erfolgreicher als andere, diese haben mit der Zeit immer mehr Gold angespart und waren irgendwann in der Lage, anderen Bauern, die weniger gut gewirtschaftet haben - oder zuwenig gespart hatten und in schlechten Jahren in Notlage gerieten - die Höfe abzukaufen. Es gibt nun also Großbauern, die weit mehr produzieren als sie selbst verwenden können, und andere, die gar kein eigenes Land mehr haben und bei den Großbauern als Knechte arbeiten müssen.
Die Großbauern bezahlen ihre Knechte mit Gold. Natürlich wollen die Großbauern weiterhin ihre Gewinne maximieren, was zur Konsequenz hat, dass sie ihren Knechten möglichst wenig bezahlen, um die Kosten niedrig zu halten.
Die Konsumquote
Einerseits haben die Großbauern mehr Erträge als sie selbst je verbrauchen könnten, andererseits kriegen die Knechte grade so wenig Lohn, dass sie ihre Kornration kaufen können. Es gibt jetzt also ein Spektrum unterschiedlich wirtschaftsstarker Insulaner.
Tendenziell kann man beobachten, dass die Bauern umso mehr selbst verbrauchen je größer ihre Höfe sind, gleichzeitig steigt aber auch ihr Überschuss. Jeder hat dabei natürlich einen Grundbedarf, den er auf jeden Fall erfüllen muss, wenn er nicht verhungern will. Sparen können nur die, die mehr ernten oder kaufen können als sie selbst verbrauchen müssen oder wollen.
Im Gegensatz zu früher definiert jetzt also nicht mehr die Rücklage, wie viel verbraucht wird, sondern bei den Großbauern wird nun der Überschuss eingelagert, der nicht verbraucht wird. Die Knechte haben gar keine Möglichkeit zur Bildung von Rücklagen.
Die Konsequenz
Unter diesen Umständen ändert sich also die ursprüngliche Logik. Obwohl insgesamt in normalen Jahren mehr als genug Korn für alle geerntet wird, gibt es dennoch in jedem Jahr Leute, die mit knurrendem Magen herumlaufen, während andere einen Großteil ihrer Ernte einfach einlagern, weil sie nichts anderes damit anzufangen wissen. Das macht ja nun offensichtlich keinen Sinn. Wie ist dies zu erklären?
Das grundlegende Problem ist offensichtlich die Ungleichverteilung.
Die Großbauern können schlicht nicht soviel verbrauchen wie sie erzeugen. Was können sie nun mit dem Überschuss machen?
Wie zuvor können sie ihn verkaufen oder lagern, wobei verkaufen natürlich die erste Wahl ist. Nun haben die Großbauern aber ein Problem: Die anderen Großbauern kaufen kein Korn, denn sie haben ja selbst mehr als genug, als Käufer kommen also nur die Knechte in Frage. Nun ist es aber so, dass ihnen die Großbauern nur minimale Löhne zahlen, weil sie ihre Gewinne durch Kostenminimierung erhöhen wollen.
Das bedeutet, dass die Knechte nicht die gesamte Kornmenge abnehmen können, sondern sich grade nur so viel kaufen können, wie sie zum Überleben brauchen. Es bleibt also ein riesiger Überschuss, der von den Großbauern nicht wirklich gebraucht wird, und von den Knechten nicht gekauft werden kann.
Die Lösung
Damit wieder alle vernünftig leben können, müssen also die Knechte in die Lage versetzt werden, mehr Korn kaufen zu können. Wollen die Großbauern also mehr verkaufen, müssen sie im Gegenzug höhere Löhne zahlen.
Alternativ kann der König auch Steuern von den Großbauern einziehen, ihnen damit Korn abkaufen und dieses an die Knechte verteilen. Er kann hierzu natürlich auch neue Goldmünzen schlagen.
So oder so lässt sich die allgemeine Versorgung dadurch verbessern, dass jemand mehr Korn nachfragt, seien es die Knechte durch höhere Löhne, sei es der König durch höhere Ausgaben. In der Konsequenz ist die Verteilung des Kornes am Ende gleichmäßiger.
Meine Interpretation
Dieser Sachverhalt wird in der öffentlichen Debatte verquer dargestellt. Es werden einzelne Aussagen getätigt, die zwar allesamt nicht komplett falsch sind, aber zu einem falschen Schluss führen. Die Aussagen sind wie folgt:
- Leute mit hohem Einkommen sparen weit mehr als Leute mit geringem Einkommen
- Das, was (von ihnen) gespart wurde, wird nicht verbraucht
- Sparen ist die Ursache der schlechten Versorgung
- Je mehr nachgefragt wird, desto besser ist die Versorgungslage
- Man sollte möglichst wenig sparen, damit möglichst viel verbraucht werden kann
Es wird also der Anschein erweckt, dass das Sparen das eigentliche Problem wäre, dabei ist eigentlich die Ungleichverteilung der Einkommen ursächlich. Tatsächlich ist das ungleiche Einkommen aber letztlich auf die Ungleichverteilung der Vermögen zurückzuführen.
Schwundgeld
Einen anderen Ansatz verfolgte Gesell. Er sah letztlich das Problem in der Natur des Geldes, das einer "natürlichen Wirtschaftsordnung" widerspricht und so zu Fehllalokationen in Form überhöhter Sparquoten führt.
Horten
Während alles in der Natur mit der Zeit verrottet, bleibt Geld über sehr lange Zeit unverändert erhalten. Das galt damals für die Goldmünzen und heute umso mehr, da Geld nur noch Information ist - es "verrottet" schlicht nicht. Aufgrund dieses Umstandes wird es bevorzugt zur Wertaufbewahrung verwendet.
Dies führt aber in der Folge zu Problemen, da Geld eigentlich dafür gedacht ist, wirtschaftliche Transaktionen zu ermöglichen und zu erleichtern - es soll also zirkulieren bzw. umlaufen. Nur dann trägt Geld zur wirtschaftlichen Aktivität und damit zur Güterversorgung der Bevölkerung bei. Wenn es liegt, wird es nutzlos. Das ungenutzte Liegenlassen des Geldes bezeichnet man als "Horten".
Der Zins
Der übliche Versuch dieses Geld wieder zu aktivieren, ist der Zins. Der Zins ist also die Belohnung für den Geldbesitzer, dass er sein Geld der Wirtschaft wieder zur Verfügung stellt, indem er es bspw. zu einer Bank bringt, oder direkt in ein Unternehmen investiert.
Gesell sah hier das Problem, dass Besitzer großer Geldbestände irgendwann nicht mehr am Wirtschaftsleben partizipieren müssen, weil sie allein über den Zins soviel Einkommen haben, dass sie keiner weiteren produktiven Tätigkeit nachgehen müssen. Dies führt zu einer zunehmenden Ungleichverteilung des Vermögens und in der Folge des Einkommens, die letztlich dazu führen muss, dass der gesamte Wirtschaftskreislauf zusammenbricht - und zwar genau dann, wenn sich alles Geld in den Händen weniger (im Extremfall eines einzigen) befindet und die anderen nicht mehr einkaufen können.
Kurz gesagt führt ein Geldstau auf der Seite der Käufer zu einem Güterstau auf der Seite der Anbieter, so dass diese in der Folge weniger produzieren und die Einkommen sinken; je größer der Geldstau, desto schlimmer.
Die Umlaufsicherung
Gesell schlug daher vor, dass man als Umlaufsicherung einen negativen Zins einführen sollte, so dass Geld wieder "natürlich" wird, auch "verrottet" und es damit keinen Grund mehr gibt, genau jenes Gut, das eigentlich als Zahlungsmittel verwendet werden soll, als Wertanlage zu missbrauchen.
Weil jeder probiert sein Geld loszuwerden, bevor es einen Wertverlust erleidet, soll auf diese Weise die wirtschaftliche Aktivität angeschoben werden. Dieser negative Zins wird als "Umlaufsicherung" bezeichnet.
Sparen
Wenn es keine wertstabile Anlageform mehr gibt, ist der vernünftigste Weg sein Vermögen zu erhalten, es anderen zur Verfügung zu stellen. Nur durch die Verwendung kann überhaupt Mehrwert erzeugt werden, Nichtverwendung führt zwangsläufig zum Verfall.
So gesehen, ist also jede Form von "Sparen" unvernünftig, weil es allen Wirtschaftsteilnehmern die Möglichkeit nimmt, mit dem gesparten zusätzliches Einkommen zu erzielen. Sparen erzeugt also Opportunitätskosten.
Schwarzer Peter
Übertragen auf die Insel bedeutet das zum Beispiel, dass der König eine Goldsteuer einführt. Nachdem also die Ernte eingefahren wurde, sammeln sich alle in der Burg, um das Korn zu verkaufen und Waren und Dienstleistungen einzukaufen.
Auf der Insel kursieren 1000 Geldmünzen und bis dato war es so, dass alle ihre Goldsäckchen mit zum Markt genommen haben, um dort mit ihnen zu handeln. Es befanden sich also am Markttag alle Münzen in der Burg; im Verlauf des Tages wechselten sie fröhlich hin und her und am Ende des Tages waren die Münzen anders verteilt - es waren aber immer noch 1000. Diese wurden über das Jahr gehalten und beim nächsten Markttag wiederverwendet.
Die Sparquote lag also immer konstant bei 1000 Goldmünzen. Es kann auch gar nicht anders sein, denn die Münzen verschwinden ja nicht. Ein Einzelner kann seine Münzen vielleicht loswerden, aber im Ergebnis wird das gesamte Goldvermögen immer bei 1000 Goldmünzen liegen - egal, was die Insulaner tun!
Der König führt nun eine neue Regel ein: Wenn der Markt geschlossen wird, soll ein jeder, der durch das Burgtor geht, ein Zehntel dessen, was er an Gold im Beutel hat, an Steuern abführen.
Nun sind die Leute aber verwirrt - auf der einen Seite wollen sie ihre Waren und Dienstleistungen gerne anbieten, auf der anderen Seite geht aber natürlich derjenige als Verlierer vom Platz, der die meisten Goldmünzen hat - denn er zahlt am meisten Steuern, hat also die von ihm angebotenen Güter de facto zum Teil verschenkt. Was passiert nun?
Alle wollen ihr Gold loswerden, deshalb bieten die Käufer immer höhere Preise an, die Verkäufer hingegen wollen das Geld gar nicht haben - der Handel bricht zusammen. Es gibt ein Überangebot an Gold und einen Mangel an Waren. Das Gold ist der berühmte Schwarze Peter, den keiner haben will, aber an irgendwem bleibt er hängen.
Alle sehen ein, dass es so nicht funktioniert, das Gold hat seine Funktion als Zahlungsmittel eingebüßt. Niemand will es haben. Da beginnen die ersten, statt mit Gold mit Korn zu handeln. Statt also den Umweg über das Gold zu gehen, werden jetzt alle Preise in Korn ausgedrückt - es dauert eine Weile die Preise schwingen hin und her, aber im Laufe des Tages bildet sich ein Konsens und statt der königlichen Goldmünze ist nun das Scheffel Korn die de facto gültige Währung.
Die Inselbewohner nehmen es zähneknirschend hin, dass sie am Ende des Markttages ein Zehntel ihres Goldes abgeben müssen, für nichts! Letztlich ist die Goldsteuer nichts weiter als eine Form der Enteignung durch den König.
Zum nächsten Markttag werden sie ihr Gold gar nicht erst mitnehmen, um die Steuer zu vermeiden. Das Gold läuft also gar nicht mehr um, sondern bleibt in Truhen verschlossen zuhause.
Die Konsequenz
In der Absicht den Austausch zu befördern und den Handel zu beleben, hat der König eine Umlaufsicherung eingeführt. Leider hat er den gegenteiligen Effekt erreicht; die an sich sinnvolle Goldmünze wird nicht mehr verwendet und die Leute haben sich eine alternative Währung ohne Umlaufsicherung angeschafft.
An der gesamten Ersparnis hat sich nichts geändert - die Menge Korn, die gelagert wird, entspricht immer noch der Differenz zwischen der Ernte und dem was die Leute verbrauchen wollen. Nach dem Markt liegen 900 Münzen in irgendwelchen Kisten und nächstes Jahr werden es nur noch 810 sein. Der einzige Grund warum weniger gespart wird, ist die Tatsache, dass der König das Gold eingezogen hat - auf den Verbrauch wirkte es sich nicht aus.
Meine Interpretation
Der grundsätzliche Fehler an dem Konzept ist der Glaube, dass man Menschen allein durch Gestaltung des Zahlungsmittels zu mehr Ausgaben zwingen könnte.
Sämtliche Versuche der Beeinflussung sind bisher gescheitert. Der Mensch ist, wie er ist, und man kann sein Verhalten nur mit Gewalt zeitweilig verändern - Grundverhaltensmuster wird man nicht ändern können. Menschen wollen Rücklagen bilden. Und das ist auch rational, um auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren zu können bzw. um Notzeiten zu überbrücken.
Die Einführung einer Umlaufsicherung führt weder dazu, dass mehr verbraucht wird, noch dazu, dass mehr gehandelt wird. Der Grund ist eigentlich ganz einfach: Über die Bedürfnisse des Menschen entscheidet nicht das Zahlungsmittel, sondern der Mensch selbst. Wieviel er verbrauchen will, hängt nicht davon ab, wie sich sein Kontostand entwickelt. Wer satt ist, ist satt - er wird nicht mehr essen, nur weil er sonst Geld verliert.
Ist das offizielle Zahlungsmittel nicht hilfreich, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, wird er sich eine Alternative suchen.
Dass Menschen Geld verwenden, um zu sparen, liegt natürlich (auch) daran, dass es relativ wertstabil ist - zumindest bei einer harten Währung. Das ist aber nicht die Ursache, warum Menschen überhaupt sparen.
Es wird hier also Ursache und Wirkung verwechselt.
Saldenmechanik
Oftmals wird bei den Betrachtungen zum Thema Sparen vergessen, das "Große Ganze" zu betrachten.
Eine Einführung zum Thema Saldenmechanik ist hier zu finden.
Auch dieser Beitrag von Heiner Flassbeck ist lesenswert.