AG Geldordnung und Finanzpolitik/Reform Lohn Einkommenssteuer
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Vorbemerkung: Dies ist eine Meinung, die derzeit von dem Mitglied Hetti vertreten wird und spiegelt nur die Meinung einiger Mitglieder der Piratenpartei oder der AG Geldordnung und Finanzpolitik wider. Wer Anmerkungen/Fragen hat schreibt diese bitte auf die Diskussionsseite zu diesem Artikel. |
Inhaltsverzeichnis
Reform der Lohn- und Einkommenssteuer
Die Piratenpartei fordert eine Reform der Einkommensteuer durch ein allgemein verständliches Steuersystem, das ohne Ausnahmen auskommt und für alle Einkommensarten gilt. Diese große Reform umfasst:
- Sockeleinkommen statt "Aufstocken"
- Personenbezogener Grundfreibetrag für alle statt unzeitgemäßem Ehegattensplitting
- Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von der Steuer abziehen statt absetzen
- Einheitliches Verfahren statt Sonderregelungen - Abschaffung diverser Ausnahmeregelungen
Erst durch die Kombination der vier Reformbestandteile gelingt die Gestaltung eines ausgeglicheneren Steuersystems bei gleichzeitiger Einführung eines Sockeleinkommens. Statt Einkommensklassen und -stufen soll nur noch eine Steuerformel für alle Einkommen gelten.
- Die Formel als Text: Steuer = ( max(zvE-Grundfreibetrag,0) / (zvE+f*Existenzminimum) ) * GA * zvE - KVB
- zvE: zu versteuerndes Einkommen
- f: Skalierungsfaktor, erlaubt die Anpassung der Steuerkurve (Vorschlag 0,3-0,8)
- Existenzminimum: als eine Faktor gegen die kalte Progression
- GA: Grenzabgabe, deckelt die Abgabenlast (Vorschlag: 55-60%)
- KVB: Summe der abziehbaren Kranken- und Pflegeversicherungsbeträge
- Das "max" in der Textform steht für Maximum; "max(zvE-Grundfreibetrag,0)" bedeutet, dass hier das zu versteuernde Einkommen abzüglich des Grundfreibetrags steht, aber das Resultat nicht niedriger als 0 wird (also nicht negativ wird).
Durch die Einführung der neuen Einkommensteuerformel lassen sich Mehreinnahmen erzielen, die an die Bürger als Sockeleinkommen zurückfließen. Dadurch erreichen wir eine bessere Umverteilung von oben nach unten. Verschiedene Sozialleistungen wie das Kindergeld werden durch das Sockeleinkommen ersetzt. Ergänzend bleiben Sozialleistungen aber weiter bestehen, sodass sichergestellt ist, dass Bedürftige keinesfalls schlechter gestellt sind als heute.
Ein Familienfreibetrag ersetzt das heutige Ehegattensplitting und ist personenanzahlabhängig, also für Kinder und Erwachsene in gleicher Höhe. Dieser Freibetrag orientiert sich am Existenzminimum und schließt die Lücke zum Sockeleinkommen. Die Freibeträge sind innerhalb der Familie übertragbar.
Das Sockeleinkommen wird durch Steuerfreibeträge bis zum Existenzminimum aller im Haushalt lebenden Personen ergänzt. Es wird allen Menschen bedingungslos und in gleicher Höhe ausgezahlt. Dadurch werden Familien und einkommensschwache Haushalte gestärkt.
Die Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung werden von der Steuerlast in voller Höhe abgezogen. Soweit dadurch für Geringverdienende eine negative Steuerlast entsteht ist diese auszuzahlen. Beiträge zu privaten Kranken- und Pflegeversicherungen werden höchstens bis zur Summe der Beiträge zu gesetzlichen Versicherungen angerechnet.
Die Steuerformel stellt sicher, dass Geringverdiener besser gestellt sind, als heute 450-Euro-Jobs, diese sollen daher entfallen.
Begründung
Unser Steuer- und Abgabensystem hat sich immer mehr zu einem Flickwerk gewandelt. Für empfundene Ungerechtigkeiten im System wurden immer mehr Ausnahmeregelungen geschaffen, die zwar in den konkreten Fällen zu einer Verbesserung der Situation geführt haben, aber dafür an anderen Stellen zu erheblichen Problemen führen. Das gilt auch für die Einkommensteuer, um deren Reform es in diesem Antrag geht.
Ein großes Problem ist der Übergang von Hartz IV zu einem regulären Beschäftigungsverhältnis. Hier wirkt sich insbesondere die Kürzung der Leistungen um 80 % des Zuverdienstes motivationshemmend aus, und fördert damit strukturell antisoziales Verhalten. Eine Reduzierung der Kürzung, also statt 80% nur 70% oder weniger, würde unsere Verwaltung nicht mehr bewältigen, da dies gleichzeitig bedeuten würde, dass noch viel mehr Menschen ein Recht auf ergänzende Sozialleistungen hätten.
⇒ Wir befürworten daher ein Einkommenssteuersystem, das jedem Bürger die Teilhabe in der Gesellschaft angemessen ermöglicht, ohne dass berufstätige Menschen auf zusätzliche Leistungen angewiesen sind, ein System, das auf übermäßige Kontrolle der einzelnen Menschen verzichtet. Die aufgezeigten Probleme wollen wir über einen Vertrauensvorschuss, ein bedingungsloses Sockeleinkommen, lösen, das im Idealfall zumindest das wohngeldunabhängige Existenzminimum abdeckt. Ergänzende und auch betreuende Sozialleistungen sollten nur noch Menschen mit besonderen Bedürfnissen( Kranke, Erwerbsunfähige, Betreuende oder Menschen, die aus anderen Gründen nicht am Erwerbsleben teilnehmen können)benötigen.
Durch das Ehegattensplitting werden überproportional hohe Einkommen begünstigt, die es gerade nicht nötig haben. Alleinerziehende werden hingegen strukturell benachteiligt.
⇒ Wir befürworten daher ein Einkommenssteuersystem, das konkrete Familiensituationen durch Freibeträge für alle Familienmitglieder berücksichtigt. Dazu wollen wir einen personenzahlabhängigen Freibetrag einführen, der das Splitting ablöst.
Die bestehende Beitragsbemessungsgrenze für die Kranken- und Pflegeversicherung bewirkt, dass sich gerade diejenigen dem solidarischen Finanzierungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung entziehen können, die es sich leisten könnten, einen Solidarbeitrag zu leisten.
⇒ Wir befürworten daher ein Einkommensteuersystem, in dem diese Versicherungen auf Steuerfinanzierung umgestellt sind, da dadurch gewährleistet wird, dass sich alle Einkommen, unabhängig von Art und Höhe gleichermaßen an der solidarischen Finanzierung der Krankenversicherung beteiligen. Höhere Leistungsansprüche aus den privaten Krankenversicherungen sollen von der Steuerfinanzierung ausgenommen werden. Die entsprechenden Beitragsanteile sind in diesen Fällen aus dem zu versteuernden Einkommen zu begleichen.
Erhebliche Probleme entstehen auch aus Sonderregelungen. Bspw. ist heute der Übergang von einem 400-Euro-Job zu einem regulären Beschäftigungsverhältnis schwierig, da hier zwei getrennte Steuersysteme und auch ein getrenntes Abgabensystem wirken. Bei der Krankenversicherung gibt es eine kaum bekannte Sonderregelung für Einkommen unter 800 Euro.
⇒ Wir befürworten daher ein Einkommenssteuersystem, in dem die Sonderregelungen weitestgehend abgeschafft sind und alle Einkommensarten gleichbehandelt werden. Geringverdiener sind durch die neue Steuerformel ebenso gut gestellt wie heute die 400-Euro-Jobs, ohne dass es dafür einer Ausnahmeregelung bedarf. Also:
- Sockeleinkommen statt Aufstocken
- Personenbezogener Grundfreibetrag statt Ehegattensplitting
- Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von der Steuer abziehen statt absetzen
- Einheitliches Verfahren statt Sonderregelungen
Alle vier Reformen gemeinsam werden mit nur einer einfachen neuen Steuerformel und dem Streichen diverser Ausnahmen verwirklicht. Lediglich die steuerliche Berücksichtigung der Beiträge zur privaten Krankenversicherung bedarf noch einer detaillierten Ausarbeitung oder alternativ dazu entsprechender Umgestaltungsforderungen an die Tarifgestaltung der privaten Krankenversicherer. Durch das Einarbeiten des Existenzminimums in die neue Steuerformel ist gleichzeitig ein Faktor gegen die "kalte" Progression integriert, so dass sich die Steuerformel automatisch mit der Neufestlegung des Existenzminimums an eine veränderte Kaufkraft anpasst.
Warum wollen wir diese vier Reformen in einem Schritt? Diese Reformen haben so viele Wechselwirkungen untereinander, dass die solide Gegenfinanzierung andernfalls in Kauf nehmen müsste, a) dass bestimmte Einkommensgruppen im mittleren Einkommensbereich relativ zu heute deutlich schlechter gestellt wären, oder b) dass wieder neue Sonder- und Ausnahmeregelungen zum Abfedern ergänzt werden müssten, die wir gerade nicht wollen.
Erst alle vier Änderungen gleichzeitig bewirken eine deutlich gleichmäßiger verteilte Abgabenlast im Vergleich zu heute. Es sind keine Ausnahmeregelungen mehr notwendig und die Verwaltung wird entlastet. Ausdrücklich gewollt ist eine Höherbelastung von Besserverdienenden, was vor allem durch die Umstellung der Krankenversicherung auf Steuerfinanzierung erreicht wird. Letztendlich führt die Umstellung zu einer Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze und bezieht alle Einkommen in die solidarische Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung ein.
Aus den genannten Reformschritten lässt sich ein Sockeleinkommen generieren, das hoch genug ist, um im ersten Schritt das Kindergeld zu ersetzen. Kinder werden deutlich besser gestellt als heute, da das Sockeleinkommen nicht, wie das heutige Kindergeld, mit dem Vorteil durch den Freibetrag verrechnet wird, sondern diesen ergänzt.