AG Geldordnung und Finanzpolitik/Grillfeste/KontrapapierRefinazierung

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Vorbemerkung Vorbemerkung:
Dies ist eine Meinung, die derzeit von dem Mitglied Keox vertreten wird und spiegelt nur die Meinung einiger Mitglieder der Piratenpartei oder der AG Geldordnung und Finanzpolitik wider. Wer Anmerkungen/Fragen hat schreibt diese bitte auf die Diskussionsseite zu diesem Artikel.



Das Positionspapier von Patrik wurde einfach übernommen und in grüner Schrift kommentiert.



Refinanzierung

„Kreditgewährung, die nicht aus eigenen Mitteln des Kreditgebers erfolgt; dieser muss sich die erforderlichen Mittel erst beschaffen. Häufigste Form der Refinanzierung ist die Inanspruchnahme des Notenbankkredits durch die kreditgebende Bank im Weg des Wertpapierverkaufs oder der Inanspruchnahme ständiger Fazilitäten.“

Quelle: Gabler

--> irrelevant

Anmerkung: Bereits in der Definition ist von den Sparern als Quelle der Refinanzierung keine Rede. Refinanzierung betrifft das Zentralbankgeld, auf das die Sparer nur in der Form des Bargeldes Zugriff haben. Die Bedeutung des Bargeldverkehrs ist aber heutzutage marginal.

--> Zum Thema Refinanzieren gehört auch das Vermeiden der Refinanzierung durch Zentralbankgeld

In einer "Bargeldwirtschaft" ist die Übertragung von Sichtguthaben und Zentralbankgeld - eben in der Form von Bargeld - strikt miteinander verbunden. Findet ein großer Teil aller Transaktionen bar statt, dann führt jede Übertragung zwangsweise zum Zu- oder Abfluss von Zentralbankgeld. Daher die hohe Bedeutung der Spareinlage in früheren Zeiten; ihr Zufluss verschaffte direkt Liquidität.

In einer "Buchgeldwirtschaft" ist diese enge Verbindung aufgelöst. Wird ein Sichtguthaben überwiesen, kommt es nicht zwangsläufig zu einer Übertragung von Zentralbankgeld, wie nachfolgend gezeigt wird - dies eröffnete den Banken einen Spielraum (den Interbankmarkt), den sie heute weidlich ausnutzen.

Einen guten Überblick über das Thema erhält man hier: Refinanzierung (.ppt) oder hier Datei:Refinanzierung.pdf.

Offenmarktgeschäfte (OMG)
Der Großteil des Geldbedarfs der Geschäftsbanken wird durch OMG gedeckt.
...
Innerhalb der OMG haben die befristeten Transaktionen die größte Bedeutung. Die EZB verlangt Sicherheiten von ihren Geschäftspartnern (meist Wertpapierpensionsgeschäfte). Die konkrete Durchführung der Offenmarktgeschäfte erfolgt über Tenderverfahren (Auktionen), wobei Geschäftsbanken ihre individuellen Gebote je nach Bedarf abgeben, anschließend erfolgt die Zuteilung.
...
Geldmarkt
Neben der kurzfristigen Refinanzierung über die EZB besteht für die Banken die Möglichkeit, auf dem Geldmarkt aktiv zu werden, welcher dem Austausch kurzfristiger Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den Kreditinstituten dient. Laufzeiten von unter einem Jahr werden dem Geldmarkt zugeordnet, längere Fristigkeiten werden auf dem Kapitalmarkt abgebildet.
...
Eigenfinanzierung
Die Refinanzierung kann jedoch nicht nur aus fremden Mitteln geschehen, sondern auch durch zur Verfügung stellen von neuem Eigenkapital (Eigenfinanzierung).
...
Sichteinlagen
Zu den Sichteinlagen zählen Kundeneinlagen auf privaten oder geschäftlichen Girokonten (Giroeinlagen), sowie Guthaben auf Tagesgeldkonten (Over-Night-Money). Diese Einlagen haben keine vereinbarte Laufzeit und Kündigungsfrist (bzw. unter 1 Monat) und sind eine der wichtigsten Refinanzierungsquellen für Banken.“

  1. Die Quelle zeigt also, dass es diverse Formen der Refinanzierung gibt.
  2. Der Großteil des Geldbedarfs wird über Offenmarktgeschäfte und dem Geldmarkt gedeckt
  3. Ob die Sichteinlagen wichtig sind, hängt von der Geschäftspolitik der Banken ab, die international sehr unterschiedlich ist (siehe auch Fakten).

--> Aus der zweiten Quelle geht hervor, daß Fremdfinanzierung durch Spar- und Termineinlagen und Anleihen stattfindet. An dieser Stelle sollte dieses Grillfest schon abgebrochen werden.


These

Es wird immer wieder darüber diskutiert, ob Sparen zur Refinanzierung der Kreditvergabe nötig ist.

Diese Vorstellung beruht auf der Praxis der Vergangenheit, bei der ein Großteil aller Zahlungen letztlich in Bar getätigt wurde. Damals musste sich eine Bank zwingend neues Bargeld besorgen, wenn jemand eine Zahlung leistete, weil diese schlussendlich immer mit einer Bargeldbewegung verbunden war. Eine wichtige Quelle der Refinanzierung waren die Bareinzahlungen der Sparer.

Als Buchgeld das Bargeld ablöste, wurde dieses Prinzip durch die Verwendung von Zentralbankkonten simuliert. Der Grundgedanke ist, dass bei einer Zahlung zwischen Geschäftsbanken anstatt Bargeld nun Buchgeld verschoben wird, aber letztlich sollte der Zwang zur Refinanzierung erhalten werden.

Aufgrund des wachsenden Interbankenmarktes wurde dieses Prinzip jedoch ad absurdum geführt; Banken brauchen heute nicht notwendigerweise eine Refinanzierung seitens des Nichtbankensektors, um Kredite vergeben zu können.

Nachfolgend wird gezeigt, dass zur Vergabe eines Kredits weder Sparen (Refinanzierung durch den Nichtbankensektor) noch Bargeld zwingend notwendig ist.

Ausgangssituation

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  • In der Ausgangssituation ist die Zentralbankbilanz dargestellt. Diese zeigt nur die relevanten Positionen, also den Bargeldumlauf sowie die Zentralbankkonten der Geschäftsbanken.
  • Um die Vorgänge innerhalb des Geschäftsbankensektors zu verdeutlich, sind zwei identische Bankbilanzen aufgeführt.
  • Um die Auswirkungen im Nichtbankensektor darzustellen, ist auch dessen konsolidierte Bilanz aufgeführt.

--> Zustimmung

Kreditvergabe

GS 2.jpg
  • In einem ersten Schritt kommt ein Kreditvertrag zwischen einer Geschäftsbank und einer Nichtbank zustande, dadurch erhöhen sich die Forderungen bei der Geschäftsbank und die Verbindlichkeiten bei der Nichtbank.
  • Danach schreibt die Geschäftsbank der Nichtbank den Betrag als Sichteinlage gut, somit erhöht sich die Passivseite der Geschäftsbank und das (Geld-)Vermögen der Nichtbank.
  • Die Geldmenge (Sichteinlagen zzgl. Bargeld) im Nichtbankensektor hat sich also erhöht - dies bezeichnet man als Geldschöpfung.
  • Hierzu war weder eine Einzahlung noch irgendeine sonstige Zentralbankgeldbewegung notwendig.

--> Zustimmung

Zahlung (virtueller Zwischenschritt)

GS 3.jpg
  • Nun verwendet der Kreditnehmer sein Geld, um etwas zu bezahlen.
  • Der Bestand an Sichteinlagen der überweisenden Bank sinkt also, während der Bestand an Sichteinlagen der empfangenden Bank steigt.
  • In diesem Fall würde sich das Eigenkapital der überweisenden Bank erhöhen, weil bei unveränderter Höhe der Aktiva die Verbindlichkeiten gesunken sind, während bei der empfangenden Bank das Gegenteil passiert.
Anmerkung: die Verkürzung des Eigenkapitals der GB1 lässt sich nicht farblich darstellen
  • Natürlich würde das keine empfangende Bank akzeptieren, deshalb muss es einen Ausgleich geben.
  • Hierzu war weder eine Einzahlung noch irgendeine sonstige Zentralbankgeldbewegung notwendig.
  • Dieser Vorgang hat keine Auswirkung auf die Geldmenge im Nichtbankensektor.

--> Zustimmung

Ausgleich durch Zentralbankguthaben

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  • Der klassische Weg ist eine Überweisung von Zentralbankgeld von der überweisenden Bank zur empfangenden. Auf diese Weise kommt es bei der überweisenden Bank zu einer Bilanzverkürzung ohne Wirkung auf das Eigenkapital, während es bei der empfangenden Bank zu einer Bilanzverlängerung kommt.
  • Dieser Vorgang simuliert den Vorgang des Bargeldtransfers aus früheren Zeiten. Im "Bargeldzeitalter" liess sich der Kreditnehmer üblicherweise den Betrag als Bargeld auszahlen, tätigte seine Zahlung in Bar und der Empfänger zahlte den Betrag bei seiner Bank wieder ein
  • In diesem Fall änderte sich nicht die Sichteinlage der Geschäftsbanken bei der Zentralbank, sondern schlicht der Bargeldbestand auf der Aktivseite und die Sichteinlage der Nichtbank auf der Passivseite.
  • Da aber sowohl Bargeld als auch die Zentralbankkonten eine Forderung gegen die Zentralbank darstellen, ist dieser Vorgang äquivalent.
  • Dieser Vorgang hat keine Auswirkung auf die Geldmenge im Nichtbankensektor.

--> Zustimmung

Ausgleich durch den Interbankenmarkt

  • Nun sind die Geschäftsbanken aber dazu übergegangen, nicht mehr auf die Überweisung von Zentralbankgeld zu bestehen; statt dessen geben sie sich gegenseitig Kredite.
GS 4.jpg
  • In diesem Fall hat also die GB1 (als empfangende Bank) der GB2 (als überweisender Bank) einen Kredit gegeben und daraus resultiert eine Forderung der GB1 gebenüber der GB2 (F,GB2), während die GB1 nun eine Verbindlichkeit gegenüber der GB2 in selber Höhe hat hat (VB, GB1).
Anmerkung: Man kann den Vorgang auch anders herum sehen; eigentlich müsste die GB2 der GB1 parallel zur Übertragung der Sichteinlage auch Zentralbankgeld in selber Höhe überweisen, tut es aber nicht. Damit entsteht automatisch eine Forderung der GB1 gegen die GB2 (F, GB2) und entsprechend eine Verbindlichkeit der GB2 gegenüber der GB1 (VB, GB1).
  • Wie man sieht, wird auf diese Weise das Eigenkapital der Banken nicht berührt und es hat eine Refinanzierung unabhängig von den Nichtbanken stattgefunden.
  • Dieser Vorgang ist absolut nicht außergewöhnlich, sondern entspricht heutzutage dem Regelfall, wie auch die Bundesbank einräumt:

„Häufig läuft das darauf hinaus, dass der Kunde sein Guthaben an den Kunden einer anderen Bank überweist. ... Für die Kredit gebende A-Bank bedeutet dies, dass die Sichteinlage des Kunden, das selbstgeschaffene Buchgeld, abfließt – und dass sie den Kredit nun „refinanzieren“ muss. Im einfachsten idealtypischen Fall wird ihr dazu die B-Bank einen Kredit gewähren – viele Geschäftsbanken haben untereinander entsprechende Vereinbarungen. Die B-Bank gewährt dann beispielsweise einen täglich kündbaren „Tagesgeld“-Kredit, für den sie der A-Bank einen Zins ... in Rechnung stellt.“

Quelle: Bundesbank (Seite 75)

  • Hierzu war weder eine Einzahlung noch irgendeine sonstige Zentralbankgeldbewegung notwendig.
  • Dieser Vorgang hat keine Auswirkung auf die Geldmenge im Nichtbankensektor.

--> Zustimmung, wobei ich solche Interbankkredite aber nicht als Regelfall bezeichnen würde

Clearing

  • Diese Geschäfte finden natürlich in beiden Richtungen statt, und die sich daraus ergebenden gegenseitigen Verbindlichkeiten werden regelmäßig aufgerechnet (siehe auch Clearing).

„die gegenseitige Auf- und Verrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen Geschäftspartnern. Grundsätzlich werden zwei Methoden unterschieden: beim Nettoclearing werden nur die Beträge zwischen den Teilnehmern ausgetauscht, die sich aus der Saldierung von Forderungen und Verbindlichkeiten ergeben; beim Bruttoclearing erfolgt eine solche Saldierung nicht, sondern jede Zahlung wird einzeln ausgeführt.“


GS 6.jpg
  • In einem ersten Schritt macht die GB1 also genau das selbe, wie vorher die GB2
    1. Die GB1 vergibt einen Kredit an eine Nichtbank (Kreditvergabe)
    2. Die Nichtbank überweist den Betrag von GB1 zu GB2 (Zahlung)
    3. Die GB1 (überweisende Bank) nimmt einen Kredit bei der GB2 (empfangende Bank) auf (Ausgleich durch den Interbankenmarkt)
    4. Beide Bilanzen sehen nun gleich aus
  • In einem zweiten Schritt werden nun die gegenseitigen Forderungen aufgerechnet und verschwinden aus der Bilanz ebenso wie die dazugehörigen Verbindlichkeiten.
  • Durch die Aufrechnung gegenseitiger Forderungen dehnt sich die Summe der Forderungen nicht immer weiter aus, sondern sie wird regelmäßig soweit wie möglich reduziert; übrig bleiben ggf. nur Residualposten, die durch Überweisung von Zentralbankgeld ausgeglichen werden.
  • Im Ergebnis sehen die Bilanzen beider Banken trotz Überweisungen einfach so aus als hätten sie den Nichtbanken einen Kredit gegeben; das Clearing neutralisiert sozusagen die Refinanzierung.
  • Es sei an dieser Stelle angemekt, dass die Kunden der Bank durchaus auch Fonds (MFIs) sein können; in diesem Fall finden alle Vorgänge innerhalb der Finanzsektors statt.
  • Hierzu war weder eine Einzahlung noch irgendeine sonstige Zentralbankgeldbewegung notwendig.
  • Dieser Vorgang hat keine Auswirkung auf die Geldmenge im Nichtbankensektor.

--> Zustimmung

Schlussfolgerung

  1. Banken können Kredite vergeben, ohne dass zuvor etwas eingezahlt werden müsste.

--> das stimmt zwar, gilt aber nur kurzfristig und nicht langfristig und auch nur für eine geringe Kreditsumme

  1. Der Bargeldbestand oder -verkehr ist in diesem Zusammenhang vollkommen irrelevant.

--> das stimmt, sofern nur ein einzelner Kredit isoliert betrachtet wird. Langfristig ist der Bargeldbestand oder -verkehr hochrelevant (dazu gehören natürlich auch das unbare ZB-Geld)

  1. Die Refinanzierung einer Überweisung ist nicht notwendig, solange eine Bank genügend Zentralbankgeld hat - in diesem Fall kommt es einfach zu einer Bilanzverkürzung (ZB-Geld runter, Sichteinlagen runter).

--> das stimmt

  1. Geschäftsbanken können sich gegenseitig refinanzieren, hierzu sind keine Spareinlagen notwendig.

--> das stimmt zwar, gilt aber nur in eingeschränktem Maße und zwar nur dann wenn sich die Zuflüsse und Abflüsse von ZB-Geld langfristig ausgleichen

  1. Durch die Aufrechnung verschwindet die "Refinanzierung" übrig bleibt die Bilanzverlängerung durch die Kreditvergabe.

--> das stimmt zwar, gilt aber nur in eingeschränktem Maße und zwar nur dann wenn sich die Zuflüsse und Abflüsse von ZB-Geld langfristig ausgleichen


Hiermit ist widerlegt, dass Sparen - i.S.v. Einzahlungen durch den Nichtbankensektor - vor oder nach der Kreditvergabe notwendig wäre. Der Bankensektor kann sich in beliebiger Höhe selbst refinanzieren.


--> es wurde nur widerlegt, daß eine Bank für einen einzelnen Kredit keine Sparer benötigt und daß Banken bei sich langfristig ausgleichenden Zu- und Abflüssen von ZB-Geld kein zusätzliches ZB-Geld benötigen, aber das kann nur durch Refinanzierung durch Sparer geschehen


Hier folgen einige Erläuterungen:


Unterschied zwischen Brutto- und Netto-Giralgeldschöpfung

GiralgeldschöpfungBruttoNetto.png



Die Sparguthaben stehen stellvertretend für alle Verbindlichkeiten von Banken gegenüber Nichtbanken, also vorallem auch Terminguthaben und Bankschuldverschreibungen. Die Auswirkungen von "Sparen" trifft immer dann zu, wenn aus täglich fälligen Verbindlichkeiten von Banken gegenüber Nichtbanken nicht täglich fällige Verbindlichkeiten werden. Die Folgen von "Entsparen" dagegen treten beim umgekehrten Fall auf, wenn also nicht täglich fällige Verbindlichkeiten von Banken gegenüber Nichtbanken zu täglich fälligen Verbindlichkeiten werden.

Warum nehmen Banken noch Spar- und Terminguthaben von Nichtbanken an?:

Da Banken Guthaben von Nichtbanken nicht brauchen, um Kredite durch Giralgeldschöpfung vergeben zu können, erscheint es unsinnig, daß die Banken Zinsen auf Guthaben bezahlen. Warum tun sie es dennoch?

Es gibt einen Hauptgrund der allein genommen ausreicht um Banken zu zwingen Sparzinsen zu zahlen:

Wenn eine Bank damit anfinge ihren Kunden keine Guthabenzinsen mehr zu bezahlen, würden die Nichtbanken ihre nicht täglich fälligen Forderungen gegenüber dieser Bank auflösen, das heißt in Sichtguthaben (Giralgeld) umwandeln lassen um sie anschließend zu anderen Banken zu überweisen, wo sie Zinsen bekämen. Das hätte bei der betroffenen Bank einen Abfluss an unbaren Zahlungsreserven zur Folge, der nicht durch Zuflüsse ausgeglichen werden würde.

Im folgenden werden mehrere mögliche Szenarien vorgestellt. Es wird anhand von Bilanzen gezeigt was passieren könnte, falls sich eine einzelne Bank, eine Monopolbank oder alle Banken (nach gemeinsamer Absprache) entscheiden sollten ab einem bestimmten Zeitpunkt keine Guthabenzinsen mehr zu bezahlen.


Eine einzelne Bank zahlt keine Guthabenzinsen mehr

Dieses Szenario gilt stellvertretend für alle Fälle, bei denen mindestens eine Bank weiterhin Guthabenzinsen anbietet.

Eine einzelne Bank deren Bilanzsumme 10% des gesamten Bankensektors ausmacht zahlt ab einem bestimmten Zeitpunkt keine Guthabenzinsen mehr. Die Bank würde also keine neuen Sparguthaben mehr annehmen und die bestehenden Sparguthaben würden spätestens nach Ablauf der vertraglichen Frist in Sichtguthaben umgewandelt werden. Wie würden die Kunden dieser Bank reagieren? Früher oder später würden alle Kunden ihre Sichtguthaben zu anderen Banken überweisen und dort gegen Guthabenzinsen in Sparguthaben umwandeln lassen.

Unten sind die Bilanzen zu sehen, bevor Bank A aufhört Guthabenzinsen zu bezahlen.



WarumSparzinsenEinzelneBank.png



Bank A müßte normalerweise die anderen Banken zu denen die Kunden ihre Guthaben überweisen mit Zentralbankgeld bezahlen. Da Bank A aber nicht über genügend Zentralbankgeld verfügt gibt es für sie nur zwei Möglichkeiten. Entweder sie leiht sich Zentralbankgeld in Höhe der abfließenden Kundenguthaben von der Zentralbank oder sie verschuldet sich bei den anderen Banken. In den untenstehenden Bilanzen wird letztere Möglichkeit dargestellt. Bank A hat die Sichtguthaben und die Sparguthaben ihrer Kunden verloren. (In der Realität wären alle Verbindlichtkeiten von Bank A gegenüber Nichtbanken betroffen) Dieser Verlust wurde durch Kredite des restlichen Bankensektors ausgeglichen. Der restliche Bankensektor hat im Gegenzug neue Kunden hinzugewonnen und dementsprechend die Kunden-Sichtguthaben und -Sparguthaben erhöht. Auf der Aktivseite wurde dies durch Kreditforderungen gegenüber Bank A ausgeglichen. Natürlich verlangt der restliche Bankensektor von Bank A höhere Zinsen als er selbst an seine Kunden für deren Sparguthaben bezahlt. Unterm Strich hat Bank A also nun höhere Kosten als wenn sie ihren Kunden weiterhin Guthabenzinsen bezahlt hätte. Dieser absurde Zustand tritt deshalb in der Wirklichkeit auch nicht auf.



WarumSparzinsenEinzelneBankInterbankkredite.png



Theoretisch gäbe es für Bank A auch die Möglichkeit sich das nötige Zentralbankgeld direkt von der Zentralbank zu leihen. Aber warum sollte die Zentralbank darauf eingehen? Da alle Verbindlichkeiten von Bank A gegenüber Nichtbanken durch Zentralbankkredite ersetzt werden müssten, hätte das zur Folge, daß die Zentralbank von Bank A fast alle Forderungen gegenüber Nichtbanken als Sicherheiten annehmen müsste. Dann würde die Zentralbank fast alle Risiken eines privaten Unternehmens übernehmen. Auch dieser Zustand wäre einfach nur absurd.

Trotzdem werden die Auswirkungen solch einer Aktion der Vollständigkeit halber in folgenden Bilanzen dargestellt. Selbst wenn es dazu käme, würde Bank A davon höchstwahrscheinlich nicht profitieren. Denn wenn die Zinsen für die Zentralbankkredite höher wären als die Sparguthabenzinsen, hätte Bank A höhere Kosten. Der restliche Bankensektor könnte die zusätzlichen unbaren Reserven bei der Zentralbank gegen Zinsen (Einlagefazilität) anlegen, wodurch er Einnahmen hätte. Außerdem würde er Kosten sparen, weil er seine alten Zentralbankkredite tilgen könnte. Es könnte passieren, daß er für die neuen Sparguthaben nicht die üblichen Zinsen zahlen könnte, aber das hängt von der Höhe der Zentralbankzinsen ab.



WarumSparzinsenEinzelneBankZentralbankkredite.png



Eine Monopolbank zahlt keine Guthabenzinsen mehr

Im nächsten Szenario wird angenommen, daß durch laufende Fusionen irgendwann eine Monopolbank entstanden wäre. Nichtbanken hätten also nicht mehr die Möglichkeit im Inland ihre Guthaben zu anderen Banken zu überweisen.

Falls es sich dabei um eine geschlossene Wirtschaft handeln würde, könnten die Nichtbanken tatsächlich nicht mehr ausweichen. In den folgenden Bilanzen ist dieser Zustand dargestellt.



WarumSparzinsenMonopolbankGeschlosseneWirtschaft.png



Eventuell bestünde aber die Gefahr, dass Nichtbanken aus Trotz oder Frust ihre Sichtguthaben in bar abheben würden. Dann müsste die Zentralbank ausreichend Kredite geben, damit die Monopolbank nicht zahlungsunfähig wird. In diesem Fall müsste die Zentralbank wie schon oben in dem Szenario mit der einzelnen Bank Forderungen eines privaten Unternehmens als Sicherheiten akzeptieren, was sie im Übermaß aber ablehnen sollte. Und auch die Monopolbank könnte unterm Strich Verluste machen, falls die Zentralbankzinsen höher ausfallen sollten als die Guthabenzinsen für Sparer.



WarumSparzinsenMonopolbankGeschlosseneWirtschaftBargeldabhebungen.png



In der Realität würde sich die Monopolbank aber in einer offenen Wirtschaft befinden. Deshalb würden die Nichtbanken ihre Guthaben zu ausländischen Banken überweisen. Dann würde das gleiche wie oben beim Szenario mit der einzelnen Bank passieren. Die Monopolbank wäre gezwungen sich bei den ausländischen Banken zu verschulden. Dies wäre bei festen Wechselkursen wie im Euro auf jeden Fall so.



WarumSparzinsenMonopolbankOffeneWirtschaft.png



Bei festen Wechselkursen wie im Euro könnte sich die Monopolbank natürlich auch das benötigte Zentralbankgeld wie Bank A im Szenario einer einzelnen Bank von der nationalen Zentralbank leihen. Dann gäbe es aber auch die gleichen Probleme.



Bei flexiblen Wechselkursen ist es komplizierter. Vielleicht können wir darüber diskutieren.




Alle Banken zahlen keine Guthabenzinsen mehr

Falls sich alle Banken gemeinsam dazu entschließen keine Guthabenzinsen mehr zu bezahlen treten die gleichen Probleme wie im Szenario mit der Monopolbank auf. Auf Bilanzdarstellungen wurde deshalb an dieser Stelle verzichtet.






Auf den Anhang einzugehen halte ich für überflüssig

Anhang: Begrenzung der Kreditgewährung

Aufgrund der Tatsache, dass sich der Bankensektor selbst refinanzieren kann, und es daher keine prinzipielle Beschränkung der Kreditvergabe gibt, hat man Regularien eingeführt, um die Kreditvergabe und die damit einhergehende Giralgeldschöpfung dennoch zu begrenzen.

Diese sind:

  • Die Mindestreserve
  • Die Eigenkapitalquote
  • Die Besicherung

Nachfolgend wird gezeigt, dass keine dieser Maßnahmen geeignet ist, die Giralgeldschöpfung zu begrenzen und auch durch diese Maßnahmen keine Einzahlungen von Zentralbankgeld seitens des Nichtbankensektors notwendig ist.

Mindestreserve

Ursprüngliche Idee

Eine Bank muss zu jedem Zeitpunkt in der Lage sein, ihren Kunden auf Wunsch ihre fälligen Einlagen in Bar auszuzahlen; insbesondere gilt dies für die täglichen fälligen Einlagen, also den Sichteinlagen bzw. Girokonten der Kunden (Nichtbanken).

Daraus könnte man nun ableiten, dass die Banken stets Liquidität in Höhe ihrer täglich fälligen Einlagen vorhalten müssten. Tatsächlich ist dies aber nicht der Fall. Die Banken wissen aus Erfahrung, dass es absolut unwahrscheinlich ist, dass zu irgend einem Zeitpunkt alle Einlagen gleichzeitig abgerufen werden - das kommt in der Praxis schlicht nicht vor, das ist ein rein theoretischer Fall. Der Bestand an Zahlungsmitteln kann also weit niedriger sein als die Sichteinlagen der Kunden.

Banken probieren stets ihren Bestand an Zahlungsmitteln zu minimieren, da er ihnen im Gegensatz zu anderen Aktiva keine Rendite bringt. Im Gegenteil, die Banken müssen für die Liquidität sogar Zinsen bezahlen. Um jedoch zu vermeiden, dass Banken es übertreiben und zuwenig Liquidität vorhalten, hat man die Mindestreserve eingeführt. Die Banken sind also per Gesetz gezwungen, einen gewissen Prozentsatz ihrer fälligen Einlagen in Form von Liquidität zu halten.

Dieser Aspekt ist heute aber in den Hintergrund getreten und wird stattdessen durch die Vorgaben des KWG (Kreditwesengesetz) und der LiqV (Liquididätsverordnung) geregelt.

Kontrolle der Geldmenge

Neben der Sicherstellung eventueller Zahlungsverpflichtungen hat die Mindestreserve aber noch eine zweite wichtigere Funktion; über die Festlegung des Mindestreservesatzes will man die Geldmenge steuern.

Das zugrundeliegende Prinzip ist einfach:

Wenn der Mindestreservesatz bei x% der Sichteinlagen liegt, können diese logischerweise nur das 1/x%-fache des Bestandes an Zentralbankgeld betragen. Liegt also die Mindestreserve bei 5%, dann wäre der Faktor 20.

Ausgehend von einer gegebenen Menge Zentralbankgeldes, kann man nun also die maximale Höhe der Sichteinlagen festlegen; diese ist umso höher, je niedriger der Mindestreservesatz ist.

Unterstellt man nun, dass die Banken nur die minimal vorgeschriebene Menge an Zentralbankeld halten, dann bedeutet das, dass sie theoretisch jedes Mal ihre Kundeneinlagen reduzieren müssten, wenn Zentralbankgeld abfliesst, und zwar um des 1/x%-fache des Fehlbetrages.

Da dies natürlich praktisch nicht möglich ist, bedeutet das im Umkehrschluss, dass die Bank einen Zahlungsmittelabfluss in irgendeiner Weise kompensieren muss.

Hierzu ein Beispiel:

Eine Bank hat 1oo Mio.€ an Sichteinlagen auf der Passivseite und entsprechend 5 Mio.€ Zentralbankgeld auf der Aktivseite ihrer Bilanz.

Nun überweist ein Kunde 1 Mio.€, die Sichteinlagen sinken also um diesen Betrag auf der Passivseite und gleichzeitig wird auf der Aktivseite der selbe Betrag vom Zentralbankkonto der überweisenden Bank zur empfangenden Bank umgebucht.

Nun beträgt das Zentralbankguthaben der überweisenden Bank nur noch 4 mio.€, welche für 80 Mio.€ Sichtguthaben ausreichend sind; die Bank hat jedoch noch Sichtguthaben in Höhe von 99 Mio.€ - ihr fehlen in diesem Moment also 0,95 Mio.€ an Zentralbankgeld.

Die Frage ist nun, woher die Bank das Geld beschaffen soll.

Kundeneinlagen

Die einfachste und intuitiv naheliegendste Lösung sind neue Kundeneinlagen.

Wenn die Bank 1 Mio.€ an neuen Sichteinlagen akquirieren kann, kommt alles wieder ins Lot. Parallel zur Überweisung erhält die Bank auch Zentralbankgeld, so dass die Ausgangssituation wieder hergestellt ist - die Sichteinlagen betragen 100 Mio.€, die Mindestreserve beträgt 5 Mio.€. (Alternativ könnte der Kunde auch direkt Bargeld einzahlen).

Aus diesem Grunde bietet die Bank also Zinsen auf Einlagen an, um neue Kunden anzulocken bzw. ein Abwandern der Bestandskunden zu verhindern.

Hieraus wird nun vorschnell der Fehlschluss abgeleitet, dass eine Bank einen Abfluss von Zentralbankgeld stets durch Hereinnahme neuer Kundeneinlagen ausgleichen müsste. Das ist jedoch nur eine von mehreren Möglichkeiten, und keinesfalls zwingend.

Kreditaufnahme

Eine weitere Möglichkeit der Refinanzierung besteht schlicht darin, sich das fehlende Geld zu leihen - sei es am Geldmarkt, sei es direkt bei der empfangenden Bank (siehe auch oben).

Da Liquidität den Banken keine Rendite bringt, sind die Geschäftsbanken bestrebt, ihren Überschuss zu verleihen und sei es zu minimalen Zinsen.

Wenn man davon ausgeht, dass die empfangende Bank vor der Überweisung ausreichend Liquidität hatte, so hat sie nun offensichtlich einen Überschuss. Ihre Sichteinlagen haben sich um 1 Mio.€ erhöht, womit die Mindestreserve um 0,05 Mio.€ ansteigen muss - sie hat aber im Zuge der Überweisung 1 mio.€ an Zentralbankgeld erhalten, also genau jene 0,95 Mio.€ zuviel, die der überweisenden Bank nun fehlen.

Was liegt also näher, als den Überschuss genau dieser Bank wieder zu leihen?

Und genau dies passiert regelmäßig, die empfangende Bank leiht der überweisenden Bank den Überschuss.

Damit kommt es bei der empfangenden Bank zu einem Aktivtausch (Zentralbankguthaben gegen Forderung), während es bei der überweisenden Bank zu einer Bilanzverlängerung kommt - das Zentralbankgeld erhöht sich um 0,95 mio.€ auf der Aktivseite und auf der Passivseite steht nun eine Verbindlichkeit in selber Höhe.

Offensichtlich hat sich die überweisende Bank in diesem Fall refinanziert, ohne dass es eines Zuflusses von Kundeneinlagen oder anderer Zentralbankgeldbewegungen bedurfte.

Ankauf von Vermögen

Weiterhin kann die überweisende Bank einen Vermögenswert, bspw. ein Wertpapier, durch einfache Gutschrift des Kaufbetrages erwerben. Diesen kann sie dann bei der Zentralbank in Pension geben und dafür neues Zentralbankgeld erhalten.

Wenn die Bank also Papiere im Werte von 1 Mio.€ erwirbt, kommt es zunächst zu einer Bilanzverlängerung - sowohl die Sichteinlagen als auch die Aktiva steigen um je 1 Mio.€. Die Sichteinlagen liegen jetzt also wieder bei 100 Mio.€, die Zentralbankguthaben aber immer noch bei 4 Mio.€, es fehlen also genau 1 Mio.€.

Die Geschäftsbank gibt die Papiere im Wert von 1 Mio.€ in Pension und erhält dafür 1 Mio.€ auf ihr Zentralbankguthaben gutgeschrieben, auf der Passivseite hat die Geschäftsbank nun eine Verbindlichkeit in Höhe von 1 Mio.€, da sie verpflichtet ist, bei Fälligkeit die Wertpapiere zurückzukaufen.

Offensichtlich hat sich die überweisende Bank auch in diesem Fall refinanziert, ohne dass es eines Zuflusses von Kundeneinlagen bedurfte.

Schlussfolgerung

  1. Es ist also deutlich geworden, dass auch die Mindestreserve keinen Liquiditätsbedarf erzeugt, der zwingend durch neue Kundeneinlagen refinanziert werden müsste.
  2. Es ist auch deutlich geworden, dass die Mindestreserve de facto ungeeignet ist, die Geldmenge zu begrenzen, da die Bank durch Ankauf von zentralbankfähigen Aktiva ihr Zentralbankguthaben und damit den Kreditrahmen immer wieder beliebig ausdehnen kann.
Anmerkung: Wie bereits eingangs erwähnt, bezieht sich die Refinanzierung ausschließlich auf den Bedarf an Zentralbankgeld. Würde der Mindestreservesatz also bei 0% liegen, entfiele der Refinanzierungsbedarf komplett. Tatsächlich halten die Banken aber immer mehr Zentralbankgeld als gesetzlich vorgeschrieben, um eventuellen Bedarfsspitzen gerecht werden zu können; wie hoch dieser Sicherheitsbestand ist, liegt im Rahmen des Ermessens der Geschäftsbank; daher erzeut eine Senkung des Bestandes oberhalb der Mindestreserve auch nicht unbedingt einen Refinanzierungszwang - insbesondere nicht in Form neuer Kundeneinlagen.

Eigenkapital

Ursprüngliche Idee

Ein weiterer Weg die Geldmenge zu begrenzen, ist die Festlegung einer Eigenkapitalquote.

Es wird also gesetzlich festgelegt, dass das Eigenkapital x% der Bilanzsumme ausmachen soll. Auch hier geht man davon aus, dass es einen gegebenen Bestand an Eigenkapital gibt, so dass die Menge aller Sichteinlagen ebenfalls begrenzt ist. Will die Bank also ihre Einlagen über das gegebene Maß hinaus ausdehnen, muss sie sich neues Eigenkapital besorgen. Auch hier gibt es mehrere Möglichkeiten, wie so etwas zustande kommen kann.

Geld von den Kunden anderer Banken

Klassischerweise nimmt man an, dass sich das Eigenkapital erhöht, indem neue Aktien verkauft werden und diese von neuen Aktionären gekauft werden.

Durch den Verkauf der Aktien fliesst der Bank neues Geld zu. Dieses erhöht den Bestand an Zentralbankgeld und auf dieser Grundlage können neue Kredite vergeben werden. Liegt die Eigenkapitalquote also bspw. bei 5% bedeutet das, dass die Einlagen das 19-fache des Eigenkapitals betragen können. Steigert die Bank also ihr Eigenkapital um 1 Mio.€, kommt es zu einer Bilanzverlängerung. Auf der Passivseite steigt das Eigenkapital um diesen Betrag, auf der Aktivseite steigt der Bestand an Zentralbankgeld in gleicher Höhe. Somit können die Einlagen nun um 19 Mio.€ ausgedehnt werden.

Die begrenzenden Faktoren sind in diesem Fall die angenommene begrenzte Verfügbarkeit freier Mittel, die die Bank anziehen kann, sowie der Widerstand der bestehenden Eigentümer, die einer Verwässerung ihrer Anteile nicht zustimmen.

Tatsächlich sind dies unrealistische Annahmen; es kommt so gut wie nie vor, dass eine Erhöhung des Eigenkapitals tatsächlich blockiert wird, und dass die Mittel begrenzt wären, ist schlicht falsch, wie im folgenden gezeigt wird.

Geld von den eigenen Kunden

Im einfachsten Fall verwenden die eigenen Kunden ihre Einlagen, um die Aktien zu erwerben.

In diesem Fall kommt es zunächst zu einem Passivtausch, ohne dass irgendeine Zentralbankgeldbewegung notwendig wäre. Nehmen wir also an, dass 1 Mio.€ von Sichteinlagen in Eigenkapital umgewandelt werden, an der Bilanzsumme hat sich a priori nichts verändert, aber die Bank darf nun weitere 19 Mio.€ an Einlagen hereinnehmen bzw. durch Kreditvergabe und Gutschrift die Sichteinlagen um 19 Mio.€ erhöhen. Es ist also schlicht falsch anzunehmen, dass Eigenkapital eine bestimmte Qualität hätte und nur begrenzt vorhanden ist; über das Mittel der Kreditvergabe kann die Bank ihr Eigenkapital beliebig ausdehnen, und zwar in folgenden einfachen Schritten:

  1. Kreditvertrag mit einer Nichtbank
  2. Gutschrift des Betrages auf eine Sichteinlage
  3. Kauf von Bankaktien durch die Nichtbank (Umwandlung von Einlagen in Eigenkapital)
  4. Sichteinlagen können ausgedehnt werden, zurück auf 1.
  • Der Versuch, die Kreditvergabe über das Eigenkapital zu begrenzen, ist also wirkungslos, weil die Kredite verwendet werden können, um neues Eigenkapital zu erwerben.
  • Hierzu sind weder Einzahlungen noch sonstige Zentralbankgeldbewegungen notwendig.

Geld von der eigenen Bank

Obendrein lässt sich die Bilanzsumme problemlos ausdehnen, indem die Überschüsse einbehalten werden.

Steigt das Eigenkapital durch den Gewinn eines Jahres, bedeutet das, dass im nächsten Jahr die Einlagen um das 19-fache des einbehaltenen Gewinns gesteigert werden können. Der Vorstand einer Bank darf bis zu 50% des Gewinns einfach einbehalten (Thesaurierung). Hierzu bedarf es keiner Zustimmung der Eigentümer.

„Gewinnthesaurierung ist die Ansammlung und Einbehaltung von Gewinn, oft auch als Selbstfinanzierung bezeichnet.
...
Vorstand und Aufsichtsrat dürfen bei der Feststellung des Jahresabschlusses maximal die Hälfte des um einen Verlustvortrag und die Zuführung zur gesetzlichen Rücklage verminderten Jahresüberschusses in die freien Rücklagen einstellen. Die Satzung kann allerdings eine größere Zuführung erlauben, sofern die gesamten freien Rücklagen nicht über die Hälfte des Grundkapitals angewachsen sind. Über weitere zu thesaurierende Beträge kann die Hauptversammlung beschließen.“

Auch hier zeigt sich, dass das Eigenkapital keineswegs die Kreditvergabe begrenzt, im Gegenteil:

  1. Mehr Kredit bedeutet (im Allgemeinen) mehr Gewinn
  2. Mehr Gewinn bedeutet mehr Eigenkapital (Selbstfinanzierung)
  3. Mehr Eigenkapital bedeutet mehr Kredit, zurück auf 1.

Der Versuch, die Kreditvergabe über das Eigenkapital zu begrenzen, ist also wirkungslos, weil das Eigenkapital mit den Krediten mitwächst.

Schlussfolgerung

  1. Auch die Eigenkapitalquote ist nicht geeignet die Geldschöpfung zu begrenzen, da das Eigenkapital mit der Kreditvergabe mitwächst.
  2. Es ist nicht unbedingt Zentralbankgeld notwendig, um das Eigenkapital auszudehnen
  3. Auch diese Vorgabe erzeugt keinen Zwang zur Refinanzierung durch Zufluss von Kundengeldern in Form von Zentralbankgeld

Besicherung

Ursprüngliche Idee

Die Besicherung hat zwei Funktionen; einerseits soll sie den Gläubiger im Falle der Insolvenz des Schuldners vor einem Verlust schützen, andererseits dient sie auch dazu die Kreditgewährung zu begrenzen. Will jemand einen Kredit aufnehmen, muss er zunächst eine Sicherheit stellen, die dem Kreditbetrag zumindest entspricht. Wenn man also davon ausgeht, dass es eine begrenzte Menge an Sicherheiten gibt, bedeutet das automatisch, dass auch die Möglichkeiten der Giralgeldschöpfung durch Kreditgewährung beschränkt sind.

Nachfolgend wird gezeigt, dass es sich auch hierbei um einen Trugschluss handelt.

Nominale Bewertung

Dem Konzept der Sicherheit lag urspünglich sicher der Gedanke einer "dinglichen" Sicherheit zugrunde; sei es ein Haus, eine Fabrik, ein Feld, ein Wald oder ähnliches. Mit einigem guten Willen konnte man also sagen, dass zu einem Zeitpunkt die Gesamtmenge dieser Dinge gegeben ist und man folglich ein hartes Kriterium hatte, um die Gesamtsumme der Kredite - und damit des Geldes - zu begrenzen.

Allerdings liegt hier bereits ein Denkfehler vor, denn es unterstellt, dass die Dinge einen absoluten Wert hätten; tatsächlich werden sie aber nominal bewertet.

Nun gibt es einen grob kausalen Zusammenhang zwischen der Geldmenge und den Vermögenspreisen, den man empirisch immer wieder feststellen kann: Steigt die Geldmenge, steigen die Vermögenspreise.

Damit wird das Prinzip aber ad absurdum geführt, es entsteht ein Teufelskreis:

  1. Das vorhandenen Vermögen wird nominal bewertet
  2. Auf Grundlage dieses Vermögens werden neue Kredite vergeben
  3. Dieses Geld wird in Vermögen investiert
  4. Die Preise des Vermögens steigen, zurück auf 1.

Geht man nun davon aus, dass Banken auch Vermögen besitzen, führt also die eigene Kreditvergabe auf diesem Wege zu höherem Eigenkapital und so zu der Möglichkeit weitere Kredite auszugeben.

Gleichzeitig führt die höhere Bewertung des Vermögens zu der Möglichkeit mehr Zentralbankgeld zu beziehen, da die Bank nun mehr Sicherheiten stellen kann.

  • Nominal bewertetes Vermögen ist nicht geeignet, die Kreditvergabe zu begrenzen
  • Hierzu sind weder Einzahlungen noch sonstige Zentralbankgeldbewegungen notwendig.

Schöpfung von Sicherheiten

Neben der Tatsache, dass Sicherheiten an Wert gewinnen, gibt es auch noch die Möglichkeit, dass neue Sicherheiten geschöpft werden; dies soll exemplarisch anhand der Staatsanleihe erläutert werden.

Wenn ein Staat Anleihen emittiert, werden diese am Primärmarkt von ausgewählten Banken angekauft; die Banken kaufen die Anleihe und schreiben dem Staat den Kaufbetrag gut. Die Sichteinlagen sind also in selbem Maße gestiegen wie die Aktiva. Nun muss entsprechend auch die Mindestreserve erhöht werden. Es genügt hierzu, wenn die Bank einen Bruchteil der neuen Anleihen in Pension gibt und so neues Zentralbankgeld bezieht.

Schlussfolgerung

  1. Sicherheiten sind nicht geeignet, die Kreditvergabe zu begrenzen, da sie in beliebiger Höhe geschöpft werden können.
  2. Zur Refinanzierung der neuen Sichteinlagen können die neuen Sicherheiten verwendet werden.
  3. Hierzu sind weder Einzahlungen noch sonstige Zentralbankgeldbewegungen notwendig.

Fakten

Anteil der Einlagen

Anbei eine interessante Untersuchung der DB Research: Vor dem Comeback: Einlagen bei Banken, Feb 2012

„In Europa haben Einlagen einen Anteil von ca. 60% an der Refinanzierung von Banken. Die Hauptanbieter von Einlagen – die privaten Haushalte – halten um die 30% ihres Geldvermögens in Form von Einlagen.
...
Die Unterschiede zwischen einzelnen Volkswirtschaften beginnen bereits bei der grundsätzlichen Bedeutung der Einlagen für die Refinanzierung des Bankensystems. Der Anteil der Einlagen an den gesamten Verbindlichkeiten bei eher auf dem klassischen Geschäftsbankenprinzip beruhenden Bankenmärkten ist dementsprechend hoch, während stärker marktbasierte Systeme in größerem Ausmaß auch auf die Refinanzierung der Banken am Kapitalmarkt setzen.
...
Während Einlagen aus dem Euroraum in Finnland nicht einmal ein Drittel der Bilanzsumme ausmachen, stehen sie bei slowenischen Banken für über 70% der gesamten Passiva. Dänische, schwedische und auch italienische Institute wiederum finanzieren sich in erheblichem Maße über die Ausgabe verzinslicher Wertpapiere – im italienischen Fall insbesondere mittels sogenannter Retail-Bonds, die aus steuerlichen Gründen anstelle klassischer Einlagen bei Privatanlegern platziert werden.“

Es zeigt sich also, dass Banken nicht zwingend auf die Einlagen der Sparer zur langfristigen Finanzierung angewiesen sind. Während in Deutschland der Anteil der Einlagen bei ca. 56% liegt, macht er in Dänemark nur 25% der Bankbilanzsumme aus.

Die Tatsache, dass die Quote in Deutschland so hoch ist, ist also KEIN Beleg dafür, dass sie zwingend so hoch sein müsste - es geht auch anders.


Anbei noch eine Quelle der Bundesbank:

relevante Aktiva:

  • Kassenbestand: 15,9 Mrd.€
  • Kredite an Euro-Banken: 2.431 Mrd.€
  • Kredite an Euro- Nichtbanken: 3.741 Mrd.€
  • Aktiva gegen Euro-Ausland: 1.003 Mrd.€
  • Sonstige Aktiva: 1.295 Mrd.€

relevante Passiva:

  • Einlagen von Euro-Banken: 1.415 Mrd.€
  • Einlagen von Euro-Nichtbanken: 3.099 Mrd.€
    • darunter täglich fällig: 1.265 Mrd.€ (Sichteinlagen)
  • Passiva vom Euro-Ausland: 725 Mrd.€
  • Sonstige Passiva: 1.389 Mrd.€
  • Kapital: 488 Mrd.€
  • Bilanzsumme: 8.494 Mrd.€

Erkenntnis:

  1. Der Kassenbestand (Zentralbankgeld) beträgt nur 1,3% der Euro-Sichteinlagen
  2. Die Einlagen der Euro-Banken sind höher als die Euro-Sichteinlagen
  3. Die Kredite von Banken an Banken, machen 29% der Bilanz aus

Weitere Fakten: Bundesbanktabellen

Herkunft der Einlagen

Von wem stammen aber nun die Sichteinlagen?

„Wer sind nun die Gläubiger, die den Banken Geld in Form von Einlagen geliehen haben?
...
In den meisten Ländern stellen Nichtbanken-Einlagen von In- und Ausländern zusammengenommen rund 60% oder mehr des gesamten Einlagenbestands.“

In Deutschland werden 70% der Einlagen von Nichtbanken gehalten, der Anteil an der Bankbilanz liegt also tatsächlich bei 39%. In Finnland liegt der Anteil der Sichteinlagen bei 30%, davon werden 57% von Nichtbanken gehalten. Der Anteil an der Bankbilanz liegt also nur bei 17%.

Es ergibt sich also logisch, dass der Rest von Banken gehalten wird.

Anmerkung: Die Daten von DB Research scheinen auf den ersten Blick nicht zu den Daten der Bundesbank zu passen. Es muss untersucht werden, woran das liegt.

Schlussfolgerung

  1. Die empirischen Daten zeigen, dass Banken nicht zwingend auf die Refinanzierung durch Einlagen der Nichtbanken angewiesen sind.
  2. Ein bedeutender Teil der Einlagen wird von Banken gehalten.
  3. Wie hoch der Anteil der Einlagen ist, hängt lediglich von der Geschäftspolitik der Banken ab.

FAZIT

  1. Es ist gezeigt worden, dass Geschäftsbanken zahlreiche Möglichkeiten haben, eine Refinanzierung sicherzustellen, ohne auf Einzahlung seitens der Nichtbanken angewiesen zu sein
  2. Die Mindestreserve ist wirkungslos, da nicht die Zentralbankgeldmenge die Kreditvergabe bestimmt, sondern das Gegenteil der Fall ist
  3. Die Eigenkapitalquote ist wirkungslos, da das Eigenkapital mit der Kreditvergabe mitwächst
  4. Die Besicherung ist wirkungslos, da die Sicherheiten nach Wert und Umfang mit der Kreditvergabe zunehmen

Der Kardinalfehler unseres Geldsystems besteht darin, von einer statischen Ausgangssituation auszugehen und nicht zu berücksichtigen, dass es zwischen der Kreditvergabe und den vorgeblich limitierenden Faktoren Rückkopplungen gibt, so dass diese mit der Kreditvergabe auch anwachsen (endogene Größen).

Da Geschäftsbanken Giralgeld sowohl durch Kreditvergabe wie auch durch Ankauf von Vermögensgegenständen schöpfen können, haben sie es selbst in der Hand, wie dieses neue Geld verwendet wird. Auf diese Weise können sie je nach eigenem Bedarf auf den Wert oder Umfang ihrer Sicherheiten, auf das Eigenkapital oder die Mindestreserve einwirken.

Da unser Regelwerk auf der Annahme exogen vorgegebener Größen beruht, gibt es grundsätzlich nur zwei Arten das System wieder in den Griff zu bekommen:

  1. Das Geld muss auch für die Geschäftsbanken tatsächlich eine exogene Größe sein, oder
  2. Das Regelwerk muss so verändert werden, dass es die vorhandenen Rückkoppelungen berücksichtigt.

Die entscheidende Frage ist, ob wir das Geld an das Regelwerk oder das Regelwerk an das Geld anpassen wollen.