AG Demokratie/Zwischenablage

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Diese Zwischenablage enthält Zwischenergebnisse der AG Demokratie, welche zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht in das Wiki überführt werden können, sich noch in einem frühen Entwurfsstadium befinden oder dem aktuellen Arbeitsstand der AG zu weit vorgreifen würden.

Mein Vorschlag für diese Seite ist, sie nicht im Diskussionsstil zu bearbeiten, sondern tatsächlich gemeinsam am Text zu feilen. Also nicht mit neuen Absätzen auf bestehende zu reagieren, sondern den bestehenden Text direkt zu ändern oder zu erweitern. Sollte eine vorherige Absprache ratsam erscheinen, geht das ja wunderbar auf der mailing list. Kaba 13:55, 24. Mai 2012 (CEST)

Weiter schlage ich vor, dass wir vorübergehend auch offene Fragen im Text festhalten; solange, bis wir eine befriedigende Antwort an die Stelle setzen können. Die Fragen sollten wir farblich abheben, z. B. lila ("purple"). Kaba 23:26, 24. Mai 2012 (CEST)

Vorschlag für einen Grundlagenbereich

Wir kommen langsam dabei weiter, unsere Themen zu strukturieren. :^) Wir sollten auf der Wiki-Seite einen Bereich für grundlegende Fragen einrichten - wie die Frage nach Pro&Contra Basisdemokratie.

Basisdemokratie - Diskussion, Klarstellung und pro & contra

Um unterschiedlichen Annahmen, Anforderungen und Wahrheiten in unseren Köpfen ihren schädlichen Einfluss zu nehmen, sollten wir den Begriff "Basisdemokratie" noch weiter auffächern. Reden wir hier gerade von Basis-Abstimmungen oder von Basis-Meinungsbildung? Beides fällt darunter, aber ggfs. sind unterschiedliche Anforderungen zu stellen!

Basis-

Zusätzlich ist vielleicht abzustimmen, wofür der Wortbestandteil "Basis" in diesen Begriffen für uns steht. Ich postuliere mal versuchsweise, dass wir damit die direkte Teilhabe der Personen, die die Basis bilden, an dem jeweiligen Prozess meinen; ohne die Einschaltung von Mittelspersonen. Wäre das Konsens?

Basis-Abstimmung

> Die Piratenpartei verpflichtet sich auf das Grundgesetz in der aktuellen  
> Fassung
> ein Argument für Basisdemokratie (was auch immer man darunter verstehen
> mag) wird immer wieder vorgebracht: die sogenannte "Weisheit der Vielen"
> oder kürzer auch "Schwarmintelligenz". Das Konzept ist zweifellos spannend
> und es gibt faszinierende Beispiele dafür, z.B. in dem Buch "The Wisdom of
> Crowds" von James Surowiecki [1].
>
> Mir scheint, dass viele Piraten, auch auf dieser Liste, fest davon
> überzeugt sind, dass Basisdemokratie damit (oder deswegen) auch einfach
> funktionieren "muss".
[...]
> was naive Hoffnungen auf
> die Schwarmintelligenz eher dämpfen dürfte.

Dass Entscheidungen durch Basis-Abstimmungen besser werden, wäre erst einmal gar nicht mein primärer Ansatz. Ein Parlament (das im Moment die Entscheidungen fällen soll) sollte idealerweise ja den Querschnitt der Wählerschaft abbilden. Damit könnte man im Groben erwarten, dass die Qualität der Entscheidungen in etwa gleich sein wird, egal ob sie nun vom Parlament oder von der Basis gefällt werden.

Oder anders: Basis-Abstimmungen werden sicherlich nicht fehlerfrei sein. Wenn man sich aber die momentane Qualität anschaut, kann man populistisch sagen: schlimmer kann's ja nicht werden. Aus Deinen Hinweisen, dass "Schwarmintelligenz" auch schlechtere Ergebnisse liefern kann, könnte man aber natürlich folgen, dass auch Basis-Abstimmungen in Einzelfällen schlechtere Ergebnisse liefern könnten.

Dieser Punkt ist bei Verlagerung der Macht an die Basis aber ja eh nicht der entscheidende! Das lässt sicher aber nach einem Einschub schlüssiger beschreiben...

richtig/falsch als Kategorie für politische Entscheidungen ?

> Man kann von einem Schwarm nicht erwarten, dass er "richtige" oder gar
> "moralische" *Entscheidungen* trifft.

Kann man politische Entscheidungen überhaupt mit "richtig" und "falsch" bewerten? In Einzelfällen vielleicht schon, aber im Allgemeinden IMHO nicht! Soll "der Staat" (also die Gemeinschaft) einem Bürger ohne Arbeit Sozialhilfe, ALG, Harz27, ein BGE oder nix zahlen? Was ist da eine richtige und was eine falsche Antwort? Diese Kategorien taugen hier nicht. Mit politischen Entscheidungen will man auf ein bestimmtes Ziel hinarbeiten, eine bestimmte Wirkung erzielen. Es ist also eher die Frage, welches Ziel / welche Wirkung intendiert ist. Damit gelangt man zu der Frage, wem eine bestimmte Entscheidung nutzt,

An dieser Stelle kann man die Qualität richtig/falsch dann vermeintlich doch wieder ansetzen, indem man fragt, ob die Entscheidung geeignet ist, das angestrebte Ziel auch zu erreichen. Aber zum Einen muss das Ziel dafür ehrlich, nachvollziehbar und messbar benannt sein und zum anderen liegt es fast immer in der Zukunft, so dass seine Erreichung erst im Nachhinein festgestellt werden könnte.

Ein schönes Beispiel gab es gestern in Hessen: da wurden zwei Posten, die in unserem System definiert sind (Minister) neu besetzt. Die Zuordnung von Personen zu solchen Posten ist in meinen Augen eine politische Entscheidung. Der (zu dieser Entscheidung gar nicht befugte) Entscheider hat in den Medien klar gemacht, welches Ziel er mit der Umbesetzung verfolgt: Es geht nicht um das Wohl des Volkes, nicht um besonderen Sachverstand oder besondere Fähigkeiten der betreffenden Personen, sondern darum, die Chancen der FDP bei den nächsten Wahlen zu erhöhen.

Man sieht: die Entscheidung läßt sich nicht global als richtig oder falsch bezeichnen. Es lässt sich momentan noch nicht einmal sagen, ob sie richtig im Sinne der Zielvorstellung sein wird. Es lässt sich nur darauf schauen, mit welchem Zweck sie verknüpft ist.

Interessenslagen von Basis und Vertretern

Das führt uns zurück zur Basis-Abstimmung, hier liegt der wichtige Unterschied zwischen einer Parlaments- und einer Basisentscheidung! Die Basis wird das entscheiden, was sie für sich selbst für am besten hält. Die Parlamentarier entscheiden für ihren eigenen Vorteil. Es gibt kein Problem, solange sich die Interessen decken. Nur wenn die Interessen auseinanderlaufen, fällt das Parlament Entscheidungen zum vermeintlichen Nachteil des Volkes. Die Piratenpartei verpflichtet sich auf das Grundgesetz in der aktuellen Fassung.

Sehen wir uns auf theoretischer Ebene die Fälle an, wo die Interessen sich decken. Sicherlich, das Volk wird für sich auch mal "falsch" entscheiden (in dem Sinne, dass es mit der Entscheidung nicht erreichen wird, was es erreichen möchte). Aber auch das Parlament ist vor solchen Fehlern nicht gefeit! Man braucht sich nur einige Folgen der Extra3-Serie mit Stumpfi anzuschauen, um bestätigt zu bekommen, was für Vollpfosten dort Stühle besetzen. Ein klarer Qualitätsvorteil bei Entscheidungen durch ein solches Parlament ist für mich also nicht erkennbar.

Beeinflussung von Entscheidungen

Ein weiteres gängiges Gegenargument gegen Basis-Abstimmungen (Volksabstimmungen) ist die Beeinflussbarkeit der Massen durch Medien, die aktuelle Stimmungen ausnutzen oder gezielt verstärken. Das Argument als solches ist sicherlich nicht ganz von der Hand zu weisen; solche Effekte gibt es sicherlich. Aber auch hier hilft der Vergleich mit der aktuellen Situation weiter. Der Einfluss von Lobbys auf das Parlament (direkt oder indirekt ist hier egal) ist offenkundig, wenn auch nicht immer offensichtlich. Somit hat die Basis-Abstimmung auch hier wieder keinen Nachteil gegenüber Parlaments-Abstimmungen.

Beratung des Souveräns

Man wird vom Souverän (dem Volk) nicht erwarten können, in allen Fragen nur aus Experten zu bestehen. Das bedeutet, dass eine zu entscheidende Sachlage auch von einer Beratung begleitet werden muss.

Wie kann man nun sicherstellen, dass hier eine absolut neutrale Beratungsleistung erbracht wird? "Mehr Demokratie e.V." sieht vor, dass Befürworter und Gegner je ein Statement abgeben können. Aber ist das optimal? Sollte es eine Kommission geben? Sollte diese einen arbeitenden Unterbau haben?

praktische Umsetzung

(NB: Vielleicht gehört dieser Punkt nicht wirklich in einen Grundsatzbereich? Kaba 13:55, 24. Mai 2012 (CEST) )

Zum Schluss vielleicht noch ein kleiner Ausflug in die praktische Umsetzung. Vielen Dank an Dinu für seine Erinnerung an die Probleme mit Computer- gestützter Abstimmung (hatte ich kurz komplett verdrängt).

> 3b. Ich schlage daher vor: Einmal pro Zeiteinheit (alle 1,2,3 oder 4
> Jahre) den Fragenkatalog, der zur Abstimmung den Bürgern vorgelegt
> werden soll, per Briefwahlunterlagen an alle Wahlberechtigten zu schicken.

Das ist also das klassische Papierverfahren, das auch bei Volksabstimmungen zum Einsatz kommen soll, die bisher immer wieder vorgeschlagen werden. Anders ist hier erst einmal, dass Brief- anstelle Urnenwahl vorgeschlagen ist und mehrere Fragen auf einem Zettel zusammengefasst werden. Letzteres ist äußerst sinnvoll, Ersteres etwas problematisch, da Briefwahl aus guten Gründen (Manipulierbarkeit, Wahlgeheimnis) bisher nur als Ausnahme gilt. (vergl auch Wikipedia:Briefwahl, insbesondere die Abschnitte "Anfälligkeit für Wahlbetrug" und "Alternativen zur Briefwahl")

Problematischer an dem Vorschlag finde ich allerdings die Frage: Wer sucht denn die Themen für die Bürger aus? Das Parlament? Der Kanzler?

Das wäre IMHO alles falsch! Die Auswahl der Themen muss natürlich auch durch die Basis erfolgen. Durch die schon im Piratenwahlprogramm verankerten Volksbegehren lösen genau diese Frage: wenn ein bestimmter Anteil der Basis beantragt, über eine bestimmte Frage zu entscheiden, dann wird diese Frage auch an die Basis übergeben. Hier brauchen wir uns also gar nichts Neues überlegen.

Ich stimme Thomas auch zu, dass wir hier nicht unbedingt in aller Tiefe über die Schwierigkeiten und Lösungsmöglichkeiten für elektronische Tools für Basis-Meinungsfindung und Basis-Abstimmung diskutieren müssen.

Wenn ich das richtig verstanden habe, gibt es für diese elektronischen Tools eine eigene AG. Dort sollte die Diskussion in die Tiefe gehen. Dem steht aber nicht entgegen, dass wir uns hier über Grundzüge austauschen, auch diese Diskussion (in diesen Grundzügen) in unserem Wiki ansprechen und versuchen, die andere AG mit diesen Denkanstößen etwas zu befruchten.

Basis-Meinungsbildung

Verfassung - Grundlegendste Demokratie im Staat

Ein Volk, das sein Selbstbestimmungsrecht wahrnimmt schafft als Volkssouveränität die demokratische Legitimation des Staates in Form einer Verfassung. (1)

Ein Volk steckt mit der Verfassung einen Ordnungsrahmen ab um das Zusammenleben im Staat zu regeln und dauerhaft zu ermöglichen. Dabei werden Rechte und Pflichten der einzelnen Individuen und Verfassungsorgane festgelegt. Auch das Volk als Souverän gibt sich Rechte und Pflichten, an die es solange gebunden ist, bis es sich für eine andere Verfassung entscheidet. Um sich eine neue Verfassung zu geben, genügt eine Volksabstimmung mit einfacher Mehrheit. Die Volksabstimmung kann vom Volk jederzeit herbeigeführt werden.

Begriffsvorklärungen

Um über die Verfassung diskutieren zu können ist eine zumindest grundlegende Kenntnis der Bedeutung einiger Begriffe nötig, die nicht unbedingt geläufig sind. Die Begriffsvorklärungen sind möglichst einfach gehalten, eine gewisse Unschärfe wird für einen schnellen Überblick in Kauf genommen. Ausführliche Definitionen sind im Internet und in der Fachliteratur bei Interesse heran zu ziehen.

- Völkerrecht: Koordinationsordnung zwischen gleichrangigen Staaten

- Staat: Umfaßt Gebietshoheit, dazugehöriges Volk, Machtausübung und rechtliche Verfasstheit als Ordnungsrahmen

- Verfassung: Enthält die höchsten Ordnungsnormen eines Staates

- Verfassungsorgan: Rechten und Pflichten der handelnden Personen und Einrichtungen des Staates sind von der Verfassung vorgegeben. Das Volk gehört nicht zu den Verfassungsorganen, sondern steht als Souverän allein über der Verfassung.

- Selbstbestimmungsrecht der Völker: Jede Nation hat das Recht, frei, also unabhängig von äußeren Einflüssen über ihren politischen Status, ihre Staats- und Regierungsform und ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung zu entscheiden. (vgl. Wilson)

- Volkssouveränität: Höchste Staatsgewalt. Eine Errungenschaft der Aufklärung war, das eine Verfassung vom Volk als einzigen über der Verfassung stehenden Organ ausgehen sollte.

- Republik: Das höchste Amt im Staat ist nicht vererbbar.

- Demokratie: Herrschaft des Volkes

-- Direkte Demokratie: Das Volk stimmt selbst über Sachfragen ab.

-- Repräsentative Demokratie: Das Volk wählt Volksvertreter, die dann Entscheidungen treffen.

- Föderalismus: Der Staat besteht aus kleineren autonomen teilsouveränen Einheiten.

- Bundesstaat: Staat besteht aus einer föderalen Vereinigung von Ländern.

- Volle Selbstregierung (fulle measure of self - government) nach Winston Churchill : Prinzip der Selbstbestimmung der Nationen (Völker von Wilson) (2)

- obsolet: so veraltet das etwas überflüssig ist und nicht angewendet wird (z.B. ist eine Schreibmaschine obsolet, wenn man einen Computer hat)

- Volk: Keine einheitliche Definition vorhanden: Im weiteren Sinne ist ein Volk eine Gemeinschaft, die für sich eine Identität und ein Territorium beansprucht.

- Nation: Keine einheitliche Definition vorhanden: Die Begriffe Volk und Nation vermischen sich teilweise. Als Unterschied kann gelten, das eine Nation zusätzlich einen gemeinsamen Ordnungsrahmen beansprucht und diesen tatsächlich in Form eines Staates mit Verfassung durchsetzt.

Ein Ausgleich der Dreiheit ,,Volk - Individuum - Verfassungsorgane" als Idealzustand einer Verfassung

Bei einer idealen Verfassung würde sich ein Ausgleich der Rechte und Pflichten von Volk - Individuen - Verfassungsorganen im Staat als erste Gewaltenteilung einstellen. Wo dabei die Grenzen von Rechten und Pflichten gezogen werden und welche Organe geschaffen werden, ergibt sich aus den Umständen in der die Gemeinschaft lebt und der Gemeinschaft selbst.

Erste Gewaltenteilung:

- Minderheiten und Einzelpersonen müssen vor einem totalitären Zugriff des Volkes oder der Verfassungsorgane durch Rechte geschützt sein. Allerdings haben sie auch Pflichten zu erfüllen um die Gemeinschaft zu erhalten, Volk und Verfassungsorgane zu kontrollieren und eventuell Verfassungsklage zu erheben.

- Das Volk hat als Souverän das ultimative gesetzgebende Recht, muß aber die Rechte der Einzelnen in der Verfassung schützen, dem Staat eine Gewaltenteilung geben und sich dieser auch selbst beugen, bis es sich entschließt der Gemeinschaft eine neue Verfassung zu geben.

- Die Verfassungsorgane sind die Diener der Verfassung. Sie werden eingesetzt um diese zu bewahren und die Bestimmungen, die ihnen gegeben wurden, durchzuführen. Innerhalb der Verfassungsorgane bedarf es wiederum der Gewaltenteilung und des Ausgleichs an Rechten und Pflichten.

Verfassungssituation der Bundesrepublik Deutschland

Laut des Grundgesetzes ist die BRD:

- eine Republik. Über das höchste Amt im Staat wird mittelbar durch die Volksvertreter bestimmt.

- eine rein repräsentative Demokratie, was es unter den Staaten sehr selten gibt.

- ein föderal organisierter Bundesstaat. In den Ländern gibt es einige direkt demokratische Elemente.

- Die Verfassungsorgane der BRD sind zur Zeit: Bundestag, Bundesrat, Bundespräsident, Bundesregierung (+Bundeskanzler = Regierungschef), Bundesverfassungsgericht, Gemeinsamer Ausschuss, Bundesversammlung

Unklarheiten / Probleme

Die besondere Geschichte Deutschlands mit den zwei verlorenen Weltkriegen, der daraus entstandenen Weltnachkriegsordnung, der Wiedervereinigung Deutschlands durch den Beitritt der DDR zur BRD und die begonnene europäische Einigung haben eine besondere Verfassungssituation in Deutschland geschaffen, die manche Probleme, oder zumindest Unklarheiten aufwirft.

Historisch

Nach dem 2. WK wurden beiden deutschen Staaten (und Japan) unter Einfluß der Siegermächte Gesetze mit Verfassungsrang (Grundgesetz) gegeben in der gemeinsamen Hoffnung, das deutsche Volk zu erziehen, das es dereinst sein volles demokratisches Selbstbestimmungsrecht erlangen würde. Niedergelegt wurde dieser Auftrag in der UN Charta Art. 73, 74 (Verantwortung bis Völker die volle Selbstregierung erreicht haben) und die Konsequenzen bei Scheitern an der Aufgabe in Art. 53, 107 (Feindstaatenklausel, Recht auf Angriff)

Die Aufgabe der Siegermächte wäre gelöst gewesen, wenn die betroffenen Völker ihre Volkssouveränität wahrgenommen hätten und sich unbeeinflusst eine Verfassung als demokratischen Ordnungsrahmen per Volksabstimmung gegeben hätten.

Die einzige staatsweite Volksabstimmung in einem deutschen Staat fand in der DDR am 06.04.1968 über die neue Verfassung statt. Diese Abstimmung war aber weder frei noch geheim. Die Ereignisse um den Mauerfall am 09.11.1989 können als mündliche und praktische Umsetzung (,,Wir sind das Volk, Wir sind ein Volk") des Selbstbestimmungsrecht des Volkes in der DDR angesehen werden. Allerdings erfolgte die Wiedervereinigung am 03.10.1990 lediglich durch den Beitritt der DDR zur BRD. In den 2 + 4 Verträgen wurde die Grundlage für eine volle Souveränität Deutschlands gelegt. Die von den Bürgerrechtsbewegung der DDR geforderte Ausarbeitung einer Verfassung wurde aber schließlich von der Regierung der BRD abgelehnt.

Durch die Akzeptanz der Ablehnung einer Volksabstimmung seitens der BRD Regierung zeigte das deutsche Volk eventuell, das es noch immer nicht die volle Selbstregierung erlangt hat. Denn nur das Volk als Souverän kann über sein Bedürfnis nach einer Verfassung bestimmen, nicht eine Regierung.

Bis heute sind die Art.53, 73, 74, 107 der UN Charta in Kraft. Es wurden lediglich Art. 53 und 107 in der UN Resolution 50/52 als obsolet bezeichnet. Zudem verzichteten die Alliierten mit § 7, Abs.1 des 2+4-Vertrags auf das Weiterwirken ihrer Besatzungsrechte.

Bis heute ist aber die Rechtslage nicht völlig geklärt, wie ein Kommentar unter Artikel 25 GG in älteren Versionen des GG (Hinweis auf Umstrittenheit der deutschen Auslegung der Art.53,107 UN Charta) und auch Artefakte wie die Fremdeinlagerung der Goldreserven der BRD belegen. Auch in Japan wurde nach dem 2. WK bis heute keine Volksabstimmung durchgeführt.

Man könnte also sagen, das die BRD zwar ein souveräner Staat ist, aber das deutsche Volk weiterhin kein souveränes Volk ist, bzw. nicht die volle Selbstregierung erlangt hat, nach dem Verständnis der Aufklärung bzw. auch Churchills und Wilsons.

Jedenfalls ist die Legitimation des Grundgesetzes der BRD schwach, da es nicht durch eine Volksabstimmung bestätigt ist.

Aktuell

Kluft zwischen Verfassungswirklichkeit und Text des Grundgesetzes

Die gelebte Verfassungswirklichkeit entfernt sich immer mehr vom Text des Grundgesetzes. Zunehmend werden Bestimmungen nur mehr formal ausgeführt oder dem Sinn des Grundgesetzes zuwider ausgelegt. Die starke Stellung der Parteien führt zu einer zunehmenden Verrechtlichung und Bürokratisierung aller Lebensbereiche. Die schwache Stellung des Volkes als Souverän und Kontrollorgan im Grundgesetz und fehlende Sanktionsmöglichkeiten bei Übertretungen der Staatsorgane erweisen sich zunehmend als Schwachpunkte.

Umsetzung des Rechts auf Volksabstimmungen

Die Gründungsväter konnten die technische Entwicklung der letzten Jahrzehnte nicht voraussehen. Insbesondere die technischen Möglichkeiten von Computern und Internet könnten auch in einem Flächenstaat wie Deutschland dazu beitragen, direktere Formen von Demokratie zu ermöglichen. Da die Parteien die Möglichkeit des Grundgesetzes bisher nie genutzt haben, das Volk in Abstimmungen an der Staatsgewalt zu beteiligen, wie Art. 20 (2) GG nahelegt und das Volk seinerseits kein Mechanismus an die Hand gegeben wurde seine Rechte umzusetzen, geht auch hier die Kluft zwischen dem Text und der Wirklichkeit des Grundgesetzes immer weiter auseinander.

Eingriffe ins Selbstbestimmungsrecht des Deutschen Volkes

Die immer weiter gehende europäische Einigung führt über die Grenzen des Grundgesetzes hinaus. Die jüngsten Beschlüsse des Parlaments zum ESM, Fiskalpakt und Bankenunion delegieren zentrale Hoheitsrechte an europäische Institutionen. Nach dem Selbstbestimmungsrecht der Völker ist nur das Volk als Souverän berechtigt über solche Fragen zu entscheiden.

Lösungsansätze

Alle Lösungsansätze setzen auf die Umsetzung des Selbstbestimmungsrechts der Völker. Es kann nicht sein, das eine politische Partei den Bürgern inhaltliche Vorgaben für eine Verfassung macht. Es geht vielmehr darum, dem Volk zu ermöglichen seine Rechte umzusetzen und Werkzeuge an die Hand zu geben um Demokratie zu leben.

Die Vorteile und Nachteile der möglichen Lösungen gilt es zu diskutieren, damit die Piraten zu fundierten Positionen gelangen können.

Grundgesetz bestätigen

Die einfachste Möglichkeit für das Volk wäre es das Grundgesetz per Volksabstimmung zu bestätigen, oder die nötigen Änderungen für eine weitere europäische Einigung einschreiben zu lassen und dann das Grundgesetz als Verfassung zu bestätigen.

Vorteil: Einfache Umsetzung

Nachteil: Gegen diese Möglichkeit spricht, das zwar die Legitimationsprobleme, die sich historisch und aktuell ergeben gelöst wären, aber die anderen Probleme die sich zunehmend in der Verfassungswirklichkeit zeigen, nicht angegangen würden.

Neue Verfassung ausarbeiten

Wenn das Volk sich eine neue Verfassung gibt, wären die Legitimationsprobleme ebenfalls gelöst und die Schwachpunkte des Grundgesetzes könnten einer Korrektur unterzogen werden, während die Vorteile beibehalten werden könnten.

Will das Volk diese Verfassung nicht wie in früheren Jahrhunderten von einer kleinen Gruppe Menschen ausarbeiten lassen, sondern die technischen Möglichkeiten unserer Zeit nutzen um die Verfassung tatsächlich aus dem Volk heraus zu erstellen, bedürfte es dazu neuer Werkzeuge in Form von Programmen und Mechanismen, die eine solche Form von direkter Demokratie ermöglichen. Die Piraten bekennen sich in ihrem Grundsatzprogramm dazu direkte Demokratie zu ermöglichen und sind demnach dazu aufgerufen, mit dem Volk solche Werkzeuge für direkte Demokratie zu erarbeiten.

Die Piraten arbeiten bereits an Werkzeugen für direkte Demokratie, die auch für die Ausarbeitung einer Verfassung benützt werden können.

Praktische Umsetzung

In verschiedenen Umfragen kam jüngst zum Ausdruck, das das Volk als Souverän des Staates Volksabstimmungen über die anstehenden Probleme wünscht. (ARD Deutschlandtrend 05.07.2012: 71% pro Volksabstimmung; Emnid Umfrage für BILD am Sonntag vom 06.11.2011: 71% pro Volksabstimmung) Bereits daraus ergäbe sich der Auftrag an die Staatsorgane durch größere Befragungen diesen Wunsch zu erhärten und die Durchführung der Abstimmung vorzubereiten.

Aber es fehlt bisher an einer Möglichkeit diesen Wunsch einzufordern.

Verfassungsausarbeitung einfordern

Nach unserem Grundgesetz bleibt dem Volk nach Art.146 nur die Ausarbeitung einer neuen Verfassung, will es seinen Wunsch nach Volksabstimmungen durchsetzen.

Die Piraten können zusammen mit anderen Gruppen und Parteien, die sich zum Selbstbestimmungsrecht des Volkes bekennen eine entsprechende Kampagne für eine Verfassungsausarbeitung durchführen.

Verfassungsausarbeitung beginnen

- Die Bürger können unter Angabe ihrer Personalausweisnummer eine schriftliche Abstimmung nach Art. 20 GG (2) über die Ausarbeitung einer Verfassung durchführen, auch ohne das Verfassungsorgane dafür besondere Gesetze erlassen hätten. Die Ausarbeitung könnte dann beginnen, wenn eine einfache Mehrheit der Bürger für die Ausarbeitung erreicht wäre.

Vorteil: Starke Legitimation für die Ausarbeitung der neuen Verfassung

Nachteil: Der Abstimmungstext selbst müßte abgestimmt werden, was nur nach einer entsprechenden Kampagne unter Vermittlung der an einer Ausarbeitung interessierten Gruppen und Parteien geschehen könnte.

- Sobald Pläne von Parteien bekannt werden, ihrerseits eine Verfassung auszuarbeiten und dem Volk lediglich zur Abzeichnung vorzulegen, oder eine unzureichend scheinende Beteiligung des Volkes vorzunehmen, könnte aus dem Volk heraus ein Gegenentwurf erarbeitet werden.

Vorteil: Schaffung von Alternativen.

Nachteil: Mögliche destabilisierende Wirkung auf den Staat.

Ausgangspunkt für die Ausarbeitung einer Verfassung

Traditionell wurde jede neue deutsche Verfassung unter Rückgriff auf die vorherigen Verfassungen und deren Bestimmungen ausgearbeitet. Da ein totaler Bruch in der Gemeinschaft nicht erkennbar ist, wäre es folgerichtig, diesen Weg wieder zu gehen.

Das Grundgesetz kann als Ausgangspunkt für die Erarbeitung einer neuen Verfassung dienen. Jeder Artikel würde auf den Prüfstand gelegt. Es ergäben sich die Fragen ob Verfassungsorgane neu dazu kommen oder weg fallen, wie die Gewaltenteilung gestaltet werden soll und wie der Ausgleich zwischen Volk - Individuen - Verfassungsorganen hergestellt wird.

Position der Piratenpartei

Die Piraten bekennen sich in ihrem Grundsatzprogramm dazu mehr Demokratie zu wagen. Weiterhin hat sich die Piratenpartei in ihrem Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2009 zum Schutz der im Grundgesetz niedergelegten Grundrechte für die Bürger bekannt (Art. 1-19).

Allerdings besitzt das Thema Verfassung auch durch die beim Verfassungsgericht anhängige Klage gegen den ESM eine Eigendynamik. Die Piraten unterstützen diese Klage und auch deren Forderung nach einer Volksabstimmung über den ESM. https://lqfb.piratenpartei.de/pp/initiative/show/3073.html

Die Folgen dieser Basisentscheidung können bereits im September sichtbar werden, wenn das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung über den Eilantrag der Klageführer gegen den ESM und Fiskalpakt trifft. Sollten die Klageführer auch mit Unterstützung der Piraten obsiegen, dann könnte das bedeuten, das tatsächlich eine Volksabstimmung stattfindet.

Eine Volksabstimmung auf Bundesebene ist aber nach geltender Rechtslage eine Volksabstimmung über eine ,,neue" Verfassung. Somit haben die Piraten die Segel bereits gesetzt, aber den genauen Kurs noch nicht fest gelegt.

Quellen

(1) Vom Gesellschaftsvertrag oder Prinzipien des Staatsrechts, Autor Jean-Jacques Rousseau, (1762), Amsterdam

(2) Die Bedeutung des Volkes im Völkerrecht: Unter besonderer Berücksichtigung der historischen Entwicklung und der Praxis des Selbstbestimmungsrechts der Völker, (2000), Berlin, Duncker und Humblot, Autor Bernd Roland Elsner, S.79

Initiativenvorbereitung: Bundestagsabgeordnete - Nebentätigkeiten anrechnen und mehr Transparenz

Titel: Bundestagsabgeordnete - Nebentätigkeiten anrechnen und mehr Transparenz

Text:

Der nächste Bundesparteitag möge die folgende Forderung an eine geeignete Stelle in das Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2013 aufnehmen.

Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, dass

  1. alle Bundestagsabgeordneten regelmäßig darüber Auskunft geben müssen, wie viel Arbeitszeit sie mit Nebentätigkeiten verbringen; und
  2. alle Einkünfte, die ein Bundestagsabgeordneter neben seinem Mandat erzielt auf seine Abgeordnetenentschädigung [1] und die Geldleistungen seiner Amtsausstattung [2] angerechnet, d.h. von diesen abgezogen werden.

Das Abgeordnetengesetz [3] und die Geschäftsordnung des Bundestages [4] sehen vor, dass Abgeordnete neben ihren Mandaten zusätzlich beruflichen oder sonstigen Tätigkeiten nachgehen dürfen. Das ist sicherlich in vielen Fällen verständlich, in anderen weniger. Trotzdem haben die Wähler in allen Fällen das Recht, nachzuvollziehen, wie viel Energie die Abgeordneten in diese Nebentätigkeiten stecken. Die bisherigen Anzeigepflichten der Abgeordneten bleiben dabei unberührt.

Die Piratenpartei fordert eine Ergänzung von §44b, AbgGes um den neuen Punkt "2b. die Fälle eine Pflicht zur Anzeige der für Nebentätigkeiten aufgewandten Arbeitszeit oberhalb festgelgter Mindestzeiten;"

Abgeordnete des Bundestages erhalten eine Abgeordnetenentschädung und eine Amtsausstattung, die ihnen die unabhängige Ausübung ihres Mandates ermöglichen soll. Darüber hinaus erhalten sie unter gewissen Bedingungen Altersbezüge. Abgeordnete, die Teile ihrer Zeit aufwenden, um zusätzliche Einkommen durch Nebentätigkeiten zu erzielen, haben keinen höheren Finanzbedarf zur Sicherung ihrer Unabhängigkeit, als Abgeordnete ohne zusätzliche Einnahmen. Diese Zusatzeinnahmen können also schadlos verrechnet werden. Ebenso können die Altersbezüge entsprechend gemindert werden, da davon auszugehen ist, dass über die Nebentätigkeiten unabhängige Ansprüche erworben werden.

Die Piratenpartei fordert einen neuen §14a, AbgGes: "Die nach §44b anzugebenden Einkünfte werden von den Leistungen nach §11 und §12 einbehalten und fließen wieder dem Bundeshaushalt zu."

.. Wie auf die Altersbezüge anrechnen? ..

Die Geschäftsordnung des Bundestages (insbesondere Anlage 1) ist entsprechend anzupassen, wobei

  • die erzielten Einnahmen und aufgewendeten Arbeitsstunden pro Quartal, angegeben für die einzelnen Monate, mit der üblichen Frist [5] anzuzeigen sind; die Einnahmen werden rückwirkend verrechnet;
  • die aufgewendeten Arbeitsstunden pro Nebentätigkeit kaufmännisch auf volle Stunden zu runden sind; die Bagatellgrenze liegt bei 10 Stunden pro Monat in der Summe aller Nebentätigkeiten;
  • die aufgewendeten Arbeitsstunden und die Einnahmen, jeweils mit ihrer Monatssumme, unter die Veröffentlichungspflicht [6] fallen;

Begründung:

Das Grundsatzprogramm sagt "Wir Piraten setzen uns für mehr Freiheit und Unabhängigkeit des einzelnen Abgeordneten in den Parlamenten ein." (Punkt 2.4) und detailiert dann in Richtung größeren Einfluss' der Wählerschaft.

Der Entwurf des Wahlprogramms für den Bundestagswahl 2013 enthält hierzu noch nichts.

Art. 48 (3) des GG bestimmt "Die Abgeordneten haben Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung.". In diese soll auch nicht eingegriffen werden, die Möglichkeit der Unabhängigkeit der Abgeordneten ist ein hohes Gut und dort zu schützen, wo sie vorliegt.

§44a AbgGes bekräftigt dies dadurch, dass es die Ausübung des Mandates für die Abgeordneten in den Mittelpunkt stellt, schränkt aber ein "Unbeschadet dieser Verpflichtung bleiben Tätigkeiten beruflicher oder anderer Art neben dem Mandat grundsätzlich zulässig."

Direkt an dieser Stelle setzt die erste Forderung an. Die Wähler sollen in die Lage versetzt werden, sich ein eigenes Bild darüber machen zu können, ob ein Abgeordneter sein Mandat wirklich in den Mittelpunkt seiner Tätigkeit stellt. Eine Aufstellung seiner Einzeltätigkeiten im Rahmen seines Mandates können sicherlich unter notwendige Schweigepflichten stehen; außerdem soll das Mandat frei ausgeübt werden können. Allerdings kann der Wähler Auskunft darüber verlangen, wie viel Zeit ein Abgeordneter mit seinen Nebentätigkeiten verbringt. Hieraus sind dann in begrenztem Maße Rückschlüsse auf sein Engagment für sein Mandat ableitbar.

Die zweite Forderung brücksichtigt, dass es verschiedene Gründe für Nebentätigkeiten neben einem BT-Mandat geben kann und dass deshalb Nebentätigkeiten nicht grundsätzlich verboten sind. Allerdings kann die Wählerschaft Nebentätigkeiten aus rein finanziellen Gründen nicht akzeptieren. Um hier die Attraktivität zu senken, sollen Abgeordnete aus Nebentätigkeiten keinen finanziellen Vorteil ziehen können; deshalb sind sie voll auf die Summe aus Abgeordnetenentschädigung und die geldlichen Teile der Amtsausstattung anzurechnen.

Die Unabhängigkeit der Abgeordneten wird durch diesen Schritt nicht gefährdet, da sie

  1. genau so viel Mittel zur Verfügung haben, wie alle ihr Kollegen und sie
  2. auch durch einen späteren potentiellen Verzicht auf die Nebentätigkeiten keinen finanziellen Nachteil erleiden werden (anders als jetzt).

Der zweite Punkt zeigt, dass sie Unabhängigkeit der Abgeordneten hierdurch sogar unterstützt wird.

[1] 
AbgGes, §11
[2] 
AbgGes, §12
[3] 
AbgGes, §44a
[4] 
...
[5] 
z.Z. drei Monate;vergl. §1 (6) der Anlage 1, BTGO
[6] 
§3 der Anlage 1, BTGO