SL:Politik/Arbeitspapiere/Energiewende - Ausstieg aus der Kernenergie
Dies ist ein vom Landesparteitag des Landesverbands Saarland angenommenes Arbeitspapier. Es stellt nur einen internen Diskussionsstand zum Zeitpunkt der Annahme dar, ist also keine offizielle Programmaussage der Piratenpartei. Eine Änderung oder Rücknahme ist trotz allem nur über einer Parteitagsbeschluss möglich, weshalb es für die Bearbeitung gesperrt ist. |
Titel
Energiewende – Ausstieg aus der Kernenergie Text
Kernenergie hat sich nicht zuletzt wegen der Katastrophe in Japan (Fukushima) als unkalkulierbare Gefahr herausgestellt. Sie ist nicht beherrschbar und über Generationen hinweg in höchstem Maße gesundheitsschädlich. Alternativen gibt es und diese können Kernenergie vollständig ersetzen. Aufgrund bekannter Defizite ist die Nutzung der Kernenergie zur Energiegewinnung nicht länger akzeptabel. Trotz größtmöglicher Sicherheitsstandards ist es erwiesenermaßen nicht auszuschließen, dass atomare Zwischenfälle geschehen können. Laut spekulativer Prognosen soll eine nukleare Katastrophe in der zivilen Nutzung der Kernenergie in 750.000 Jahren gerade einmal geschehen. Die Realität hat gezeigt, dass solche Prognosen falsch sind und bereits seit Nutzung von Kernkraftwerken zur Energiegewinnung (nicht einmal 50 Jahre) bereits etliche schwerwiegende Zwischenfälle registriert wurden (2 davon mit der höchsten Stufe 7: Tschernobyl und Fukushima). Unabhängig der Gefahren und Risiken während der aktiven Nutzung von Kernreaktoren, wo
diverse Gefahrenszenarien überhaupt noch nicht berücksichtigt werden (Flugzeugabstürze,
Sabotage, Anschläge), ist eine sichere Endlagerung der nuklearen Abfallstoffe nicht ansatzweise
gelöst. Hoch radioaktiv belastete Abfallprodukte werden unsachgemäß in Zwischenlagern
aufbewahrt, die zehntausende Jahre noch gesundheitsgefährdende Strahlung absondern. Das
eingelagerte Plutonium, konkret das Isotop Pu-239, hat eine Halbwertszeit von 24.110 Jahren [2].
Nach 10 Halbwertszeiten ist somit erwartungsgemäß weniger als 1‰ der ursprünglichen Menge
übrig. 10 Halbwertszeiten sind 241.100 Jahre. Für mindestens diese Zeit muss sichergestellt sein,
dass kein radioaktives Material austritt und ins Grundwasser gelangt. Zum Vergleich: Die
Pyramiden von Gizeh sind noch keine 5.000 Jahre alt. Manche befürchten, dass man zukünftig Atomstrom aus Nachbarländern teuer ankaufen müsste. (Es ist richtig, dass man mit dem Atomausstieg in Deutschland keinen direkten Einfluss auf die Energiepolitik der Nachbarstaaten hat.) Dass allerdings Länder wie Norwegen komplett ohne Atomstrom auskommen zeigt, dass diese Furcht gegenstandslos ist.. Die norwegischen Kapazitäten an sauberem Strom sollen 60 Kernkraftwerke ersetzen können (siehe Link zu Report Mainz [3]). Es steht außer Frage, dass sich der Energiebedarf eines verhältnismäßig bevölkerungsarmen Landes wie Norwegen kaum mit Deutschland vergleichen lässt, doch wenn sich bereits die am Netz verbliebenen Kernkraftwerke (derzeit 5) dadurch ersetzen lassen, ist dieser Vergleich irrelevant. In einem anderen Artikel [4] wiederum wird darauf aufmerksam gemacht, dass man die genannten Zahlen mit Vorsicht in der richtigen Relation betrachten muss. Jedes verlegte Seekabel kann jeweils nur ein Kernkraftwerk ersetzen. Das Beispiel Norwegen soll aufzeigen, dass ein vernüftiges Konzept notwendig ist, um Atomstrom sinnvoll ersetzen zu können und bildet lediglich eine Komponente eines notwendigen Gesamtkonzeptes. Natürlich wird auch versucht, die Bürger mit steigenden Energiepreisen einzuschüchtern, doch diese Einschnitte erleben wir auch mit Atomstrom jedes Jahr aufs Neue. Sicher kostet der Leitungsausbau Geld und muss finanziert werden, doch wurde dies zuvor, als ein Kernkraftwerk nach dem anderen errichtet wurde, nie in diesem Ausmaß angesprochen. Es ist schlichtweg ausgeschlossen, dass an den Standorten der jetzigen Reaktoren bereits ein Leitungsnetz existierte. Dezentraler Ausbau von Wind- und Solarenergie sowie Speicherkraftwerken könnte einen aufwendigen Leitungsausbau reduzieren. Weniger populistisch verweisen Kritiker auf Netzlastenausgleich und Anpassungsmaßnahmen, wohl in der Voraussicht, dass diese technischen Randprobleme durchaus lösbar sein werden. Das Thema "Energiewende" ist vielschichtig und kompliziert. Dass jedoch, ausgelöst durch die Katastrophe von Japan, inzwischen alle politischen Kräfte einen Atomausstieg unter unterschiedlichen Bedingungen anstreben, ist Grund genug für die Piratenpartei Saarland, eine eindeutige und klar definierte Position hierzu zu beziehen. Die Piratenpartei Saarland befürwortet einen schnellen Atomausstieg. Dieser darf allerdings nicht zu Lasten des Bürgers erfolgen. Die Piratenpartei Saarland bevorzugt daher einen angemessenen, aber dennoch zügigen sowie schrittweisen Atomausstieg bei der Energiegewinnung. Die Energiewende zwingt Forschung und Wirtschaft zum Umdenken. Das Ziel für die kommenden Jahre muss sein, ein schlüssiges Energiekonzept auf Basis umweltfreundlicher und effizienter Techniken zu entwickeln. Dezentralisierung wird dabei eine große Rolle spielen, möchte man auch Kernaspekte wie Unabhängigkeit und Wirtschaftlichkeit berücksichtigen. Im Saarland besteht zudem das länderübergreifende Problem mit Cattenom bzw. der möglichen Atomstromimporte aus dem Ausland. Einen Einfluss auf Energiekonzepte anderer Länder, insbesondere Frankreich, läßt sich nur ausüben, indem man ein erfolgreiches Energieversorgungsmodell ohne Kernenergie etabliert. Dies sollte Aufgabe der saarländischen Politik sein, da die Gefährdung durch Cattenom für diese Region einen erheblichen Risikofaktor darstellt. Ein schlüssiges Gesamtkonzept in der Energiepolitik kann wegweisend für die Zukunft sein, sodass auch andere Staaten motiviert werden, dem Beispiel Deutschlands zu folgen. Lobbygesteuerten Scheinargumentationen, die eine Energiewende blockieren wollen, ist mit Fakten zu begegnen, die nachweisen, dass ein Ausstieg möglich ist [5] [6]. Die Piratenpartei Saarland behauptet nicht, dass eine Energiewende einfach sein wird, doch im Sinne der Ideologie einer fortschrittsorientierten Gesellschaft muss man sich mit diesem Thema intensiv auseinandersetzen.
Beschlossen auf dem LPT
2011.2 |