NRW:Arbeitskreis/Verbraucherschutz/Arguliner LTW2010 NRW
Inhaltsverzeichnis
- 1 Arguliner Verbraucherschutz LTW 2010 NRW
- 1.1 Allgemein & Präambel
- 1.2 Stärkung der Verbraucherpolitik
- 1.3 Gesunde und sichere Ernährung
- 1.4 Transparenz im Gesundheitswesen
- 1.5 Versorgungssicherheit und Transparenz auf den Energiemärkten
- 1.6 Transparenz beim Konsum
- 1.7 Ausbau der Verbraucherrechte in der digitalen Welt
- 1.8 Die Förderung selbstbestimmter Verbraucher durch Transparenz (Information) und Bildung
- 1.9 Kollektive Rechtsdurchsetzung stärken durch Einführung des Verbandsklagerechts im Verbraucherbereich
Arguliner Verbraucherschutz LTW 2010 NRW
Allgemein & Präambel
Ist der Verbraucherschutz überhaupt ein Landesthema?
- Ja, Verbraucherschutz ist prinzipiell Ländersache. Verbraucherzentralen unterliegen den jeweiligen Landesregierungen. Verbraucherschutz hat mit dem prinzipiell erschwerenden Umstand zu kämpfen, dass er an sich zwar Ländersache ist, die Rahmenbedingungen in Form von Gesetzen jedoch weitgehend Angelegenheit des Bundes sind, weil Bundesgesetze (z.B. Verbraucherinformationsgesetz, Finanzgesetze etc.). Deswegen ist es auch bei Landeswahlen i.d.R. unumgänglich, Bereiche (nämlich Gesetze) zu thematisieren, welche die Bundesebene betreffen - andernfalls sind oft keine signifikanten Verbesserungen erreichbar.
Wie kann verhindert werden, dass kleine Unternehmen durch strenge Verbraucherschutzbestimmungen stärker belastet werden als große, die sich ein Heer von Anwälten leisten können?
- Hier sind diverse Ansätze denkbar: neben einer Abstufung in Abhängigkeit der Unternehmensgröße ist prinzipiell auch in Einzelfällen die Aussetzung gewisser Vorschriften für Kleinstunternehmen denkbar. Entsprechende Parallelen existieren z.B. bei der Ausbildungspflicht von Unternehmen oder gar der VDS, wo Unternehmen, die eine gewisse Größe unterschreiten, von bestimmten Pflichten befreit sind. I.A. sind solche Ausnahmen mit Bedacht und Weitsicht einzusetzen, um Missbrauch zu verhindern. Prinzipiell sollte im konkreten Einzelfall derjenige Ansatz gewählt werden, der den besten Kompromiss aus den Zielen des Verbraucherschutzes und der Vermeidung von unzumutbaren Benachteiligungen für Kleinstunternehmen.
Stärkung der Verbraucherpolitik
Warum soll gerade der Verbraucherschutz mit in die Landesverfassung mit aufgenommen werden?
- Verbraucherschutz ist ein Thema welches einerseits wie kaum ein anderes nahezu die gesamte Gesellschaft ganz konkret betrifft, weil praktisch alle Verbraucher sind - andererseits existiert dennoch ein sehr großer Handlungsbedarf, welche leider in den vergangenen Jahrzehnten nicht angemessen berücksichtigt wurde. Im Gegenteil: immer wieder werden die berechtigten Verbraucherinteressen zum Schaden der Gesellschaft Unternehmensinteressen untergeordnet. Um diesem Missstand abzuhelfen und dem Verbraucherschutz den angemessenen Stellenwert zuzuweisen, den er de facto in der Gesellschaft einnimmt, stellt die Verankerung des Verbraucherschutzes in der Landesverfassung das wichtigste übergeordnete Ziel dar. Dadurch würde erreicht, dass generell bei allen Neuentwürfen von Landesgesetzen ein „Verbraucher-Check“ erfolgt, ob diese mit der Absicht des Verbraucherschutzes wesentlich kollidieren - sofern dies der Fall wäre, sind entsprechende Korrekturen am Gesetzentwurf vorzunehmen.
Warum wollt ihr den aktuellen Stand des Verbraucherschutzes prüfen?
- Viele Gesetze sind Jahrzehnte alt. Gerade die durch Unternehmen, Technologien und allgemeine Tendenzen (z.B. Globalisierung) gesetzten Rahmenbedingungen haben sich im Verbraucherbereich so rasant fortentwickelt, das u.U. Gesetze im Verbrauchersinne veraltet sind, weil sie entweder den neuen Bedingungen nicht gerecht werden oder gar völlig neue "Gefahren" entstanden sind, die zum Zeitpunkt der Gesetzesverabschiedung noch nicht einmal zu ahnen waren.
Dieser Ableich würde zu einer Anpassung und/oder Korrektur derjenigen Gesetze führen, die unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes nicht mehr angemessen den Verbraucherinteressen gerecht werden. Die Gesamtheit der Verbraucher bilden die für die Wirtschaft existenziell notwendige Binnennachfrage - ein modernisiertes verbraucherschutzpolitisches Rahmenwerk besitzt großes Potenzial zur Steigerung dieser Binnennachfrage.
Was ist denn das Problem von Lobbyisten? Es ist doch richtig, dass die verschiedenen Interessensgruppen ihre Meinung sagen!
- Prinzipiell ja, jedoch muss hier dringend zwischen Theorie und Praxis unterschieden werden: In der Tat ist an sich (d.h. der Theorie) nichts dagegen einzuwenden, wenn sich die verschiedenen Interessensgruppen durch "Lobbyismus" "Gehör" verschaffen. Dagegen haben wir auch nichts, weil das so weit legitim ist. In der Praxis liegen die Probleme allerdings weit jenseits dieser legitimen Interessenvertretung: Kritisiert wird nämlich nicht, dass verschiedenen Interessensgruppen "nur Ihre Meinung sagen", sondern dass sich die Industrie bzw. Unternehmen aufgrund ihrer finanziellen und personellen Überlegenheit ganz massive Vorteile auf Kosten der Bevölkerung verschaffen - z.B. indem sie unmittelbar an der Formulierung von Gesetzen mitwirken, die sie betreffen. Indem bestimmte Einzelinteressen weit über ein angemessenes Maß hinaus berücksichtigt werden geraten u.a Gesetze etc. in eine derartige Schieflage, dass es zum Schaden der Gesellschaft gereicht. Man denke nur an den allerjüngsten "Coup" der FDP, die Hotelbesitzern die Mehrwertsteuern senkten - die Mindereinnahmen gehen zu Lasten der Gesamtheit der Steuerzahler und/oder gereichen anderen Stellen, wo dieses Geld dringender benötigt würde, zum Nachteil.
Teilweise wird dieses Problem des Lobbyismus noch gravierender gesehen: Die Kombination aus Lobbyismus und systematischer Meinungsmache gefährdet die Demokratie
Hier ein paar weiterführende Links:
- Bundesrechnungshof kritisiert Einsatz externer Berater in Ministerien
- finanznachrichten.de Bundesrechnungshof rügt Beraterpraxis in großer Koalition
- lobbycontrol.de Bundesrechnungshof rügt hohe Zahl externer Mitarbeiter im BMU
- sueddeutsche.de Rüge vom Bundesrechnungshof Gabriels fünfte Kolonne
- Artikelübersicht-Linkliste: Lobbyisten machen [direkt] Gesetze
Warum brauchen wir ein "Kompetenzzentrum" Verbraucherforschung? Muss jetzt für jede Kleinigkeit ein neues Expertenzentrum geschaffen werden?
- Bislang erarbeiten unterschiedlichste Stellen (Fachhochschulen und Universitäten etc.) Studien zu Verbraucherschutzthemen ohne voneinander zu wissen. Dies führt teilweise zu parallelen Arbeiten und behindert ein effektiveres Vorgehen, welches mögliche wäre, wenn transparent ein Überblick/eine Übersicht über die Gesamtheit aller diesbzgl. Studien, Umfragen, Arbeiten und Ergebnisse vorhanden wäre. Die Herstellung dieser Transparenz für Verbraucherforscher und Verbraucher soll Aufgabe eines Kompetenzzentrums Verbraucherforschung sein. In dieser Funktion kann es sinnvolle Standards zur Vergleichbarkeit entwickeln und die Ergebnisse allgemein verständlich aufarbeiten.
Was sind "Standardisierte Beobachtungsinstrumente zur Prüfung der Märkte aus Verbrauchersicht"?
- Noch keine Antwort.
Brauchen wir wirklich noch mehr Beratungsstellen?
- Noch immer existieren "weiße Flecken" auf der NRW-Karte, die Bereiche darstellen, wo trotz Bedarf kein Angebot zur Verbraucherberatung verfügbar ist. Darüber hinaus sind viele bestehende Beratungsstandorte aufgrund personeller Unterversorgung nicht in der Lage, den [mengenmäßig] hohen Beratungsbedarf zu decken.
Ich verstehe noch nicht ganz, warum wir jetzt auch Berater einsetzen sollen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist?
- Hintergrund: es existieren einige "schwarze Schafe" unter den Anbietern, die sich auf Menschen mit ganz bestimmten Migrationshintergründen spezialisiert haben (dann auch oft konkurrenzlos) und dort Verbraucher mit diesem Konzept "ködern". Für diese "übervorteilten" Verbraucher besteht eine große Kontakthürde zu deutschen Beratern. Muttersprachliche Kontaktpersonen als Vermittler würden diese Hürde signifikant vermindern.
Wie kann eine Überbürokratisierung in diesem Bereich verhindert werden?
- Es existieren diverse nichtstaatliche Verbraucherschutzorganisationen, - neben den Verbraucherzentralen sind dies z.B. die hier aufgeführten:Verbraucherschutz-NGO´s
Diese verfügen i.d.R. aufgrund eines breiten Erfahrungsschatzes eine viel größere Verbrauchernähe als Ämter und sollten sinnvoll in eine effiziente Verbraucherpolitik eingebunden werden.
Gesunde und sichere Ernährung
Es gibt doch schon Lebensmittelkontrollen. Warum gibt es hier Handlungsbedarf?
- Es gibt zwar Lebensmittelkontrollen - nur leider in viel zu geringer Anzahl: Immer wieder wird das Land von Lebensmittelskandalen heimgesucht. Weil viel zu wenig Lebensmittelkontrolleure vorhanden sind ist davon auszugehen, dass die öffentlich gewordenen Fälle nur die Spitze eines Eisbergs bilden und ein signifikanter Teil an groben Verstößen unentdeckt bleibt. Um diesem Missstand ein Ende zu bereiten, sind Recourcen für eine hinreichend marktdurchdringende Lebensmittelkontrolle freizugeben. Konkret : Umettikettierung, Einhaltung der Kühlkette (besonders wichtig für leicht verderbliche Waren wie Mett)
Wollt ihr eine "Nährstoff-Ampel" auf Lebensmittel einführen?
- Ja. Verbraucherschützer [1] und eine große Mehrheit der Gesellschaft [2] und Bundestagskandidaten [3] befürworten die "Lebensmittel-Ampel". Andererseits bildet allein der massive Widerstand der Lebensmittelindustrie ein schweres Indiz, dass die "Nährstoff-Ampel" ein gutes und erstrebenswertes Ziel darstellt. Weiterführende Linksammlung: http://wiki.piratenpartei.de/Verbraucherschutz/Verbraucherschutz-Linkliste#Ampelkennzeichnung
Wie wollt ihr für mehr Transparenz in der Nahrungsmittelindustrie sorgen? Stichwort Gammelfleisch?
- Hier kann prinzipiell das gesamte Arsenal an Möglichkeiten zur Herstellung von Transparenz genutzt werden. Neben der Veröffentlichung der Ergebnisse im Internet wären auch diverse Medien und Orte (z.B. Aushänge in Verbraucherzentralen, Rathäusern, Bürgerbüros und anderen Ämtern) zu nutzen. Der Schaffung von Transparenz muss allerdings zunächst einmal die Aufnahme des Ist-Zustandes - und zwar in einem möglichst breiten Rahmen - vorausgehen. Dazu ist die Ausweitung von Lebensmittelkontrollen unabdingbar.
Transparenz im Gesundheitswesen
Versorgungssicherheit und Transparenz auf den Energiemärkten
Transparenz beim Konsum
Warum brauche ich eine Energiekennzeichnung auf allen Haushaltsgeräten? Steht doch immer drauf wie hoch der Verbrauch ist!
- Es geht um eine Energiekennzeichnung über Haushaltsgeräte hinaus, d.h. auch Nicht-Haushaltsgeräte sollen derartig gekennzeichnet werden. Mit anderen Worten: analog zu entsprechenden Kennzeichnungen wie z.B. Kühlschränken oder Waschmaschinen soll mit einer klaren, allg. verständlichen Energiekennzeichnung für alle Verbrauchsgüter Transparenz des Energieverbrauchs geschaffen werden. Die damit hergestellte unmittelbare Vergleichbarkeit wird die Hersteller animieren, ihre Geräte diesbzgl. zu optimieren, wovon sowohl der einzelne Verbraucher als auch die Gesellschaft profitiert.
Ausbau der Verbraucherrechte in der digitalen Welt
Warum braucht der Datenschutzbeauftragte noch mehr Macht?
- Die derzeitigen Kompetenzen beschränken sich auf Überwachung und Beratung der öffentlichen Stellen des Landes in Fragen des Datenschutzes. Das ist in Anbetracht der vielen Datenschutzskandale in der Wirtschaft eindeutig zu wenig. Mit Überprüfungen müssen Unternehmen nicht rechnen
Welche Aussage steht dahinter? Vor allem der Satz "Erforschung von sicheren Technologien: Die Erforschung von sicheren Technologien, Software und unternehmensinternen Abläufen." will sich mir nicht erschließen. Welche politische Forderung impliziert dieser Abschnitt?
- Sichere Technologien soll mittels des Beispiels Datenschutz erläutert werden: ständig werden in der Presse neuen - z.T. eklatante - Datenschutzpannen gemeldet. I.d.R. wird dann nur dieses Leck geschlossen ohne durch einen Blick auf die Allgemeinheit auch weitere Schwachstellen zu beheben. Hier setzt die Erforschung von sicheren Technologien an: über die Gesamtheit aller Datenschutzpannen kann eine qualitative und quantitative (Statistik) Auswertung erfolgen, welche die größten und wahrscheinlichsten Datenlücken offenbart. Darauf aufbauend kann eine Erforschung der Ursachen erfolgen, welchen schließlich in Leitfäden für "sichere" (absolute Sicherheit existiert nicht) Technologie münden könnte. Diese sind zunächst als Empfehlung zu sehen. Sollte es in einzelnen Unternehmen zu weitere Datenpannen kommen, die unter Beachtung der Leitfäden zu vermeiden gewesen wären, so könnte der dieser für die auffällig gewordenen Unternehmen zu einer verbindlichen Richtlinie werden.
Die Förderung selbstbestimmter Verbraucher durch Transparenz (Information) und Bildung
Es gibt doch schon eine Selbstverpflichtung der Industrie auf kostenpflichte Warteschleifen zu verzichten. Reicht das nicht?
- Trotz einer seit 2 Jahren bestehenden Selbstverpflichtung der Industrie bestehen weiterhin die früheren Missstände: entgegen der eigenen Verpflichtung entstehen nicht erst dann Kosten , wenn die Verbraucher auch tatsächlich mit einem Berater sprechen, sondern schon in der Warteschleife, wo ein Service nicht stattfindet. Auf diese Weise kann mit Untätigkeit (warten lassen) Geld generiert werden. Dies verführt geradezu zu Missbrauch. Gegen kostenpflichtige telefonische Beratungen ist an sich nichts einzuwenden, sofern denn auch tatsächlich eine Serviceleistung erbracht wird. Davon kann in der Zeit des Wartens in der Telefonschleife keine Rede sein. Da die Selbstverpflichtung wieder einmal nicht die gesetzten Erwartungen erfüllt hat ist zur Abhilfe des Missstandes eine gesetzliche Regelung in Form eines Verbots von kostenpflichtigen Warteschleifen erforderlich. Dies schiebt nicht nur Missbrauch einen Riegel vor, sondern führt auch zu mehr Transparenz und gerechterer Kostenverteilung.
Kollektive Rechtsdurchsetzung stärken durch Einführung des Verbandsklagerechts im Verbraucherbereich
Was ist überhaupt eine Verbandsklage und wofür ist sie gut?
- Als Verbandsklage wird laut wikipedia die Klage von Vereinen oder Verbänden bezeichnet, mit der diese die Verletzung der Rechte der Allgemeinheit geltend machen. Das Verbandsklagerecht kann ausschließlich von anerkannten Stellen wahrgenommen werden, um Missbrauch auszuschließen.
Eine Verbandsklage ist in gewissen Bereichen die einzig bestehende Möglichkeit, um den Gemeinschaftswillen durch die Vertretung von Verbänden dort verbindlich Gehör zu verschaffen, wo ansonsten überhaupt keine realistische Einflussnahme bzw. Interessenvertretung besteht. Diese Möglichkeit ist einer der wichtigsten und fundamentalsten rechtlichen Neuerungen - und auch hauptsächlich nur in den Bereichen Naturschutz (2002) und Umwelt (2006). Sammelklagen, die z.B. auch von Verbraucherzentralen geführt werden können, besitzen den Nachteil, dass die getroffenen Urteile ausschließlich Gültigkeit für die Klagenden und nicht die Allgemeinheit besitzen. Aus diesem Grund ist eine Ausweitung des Verbandsklagerechts auf den Bereich des Verbraucherschutzes nötig.