EU-Wahlprogramm 2009
Diese Seite dokumentiert einen frühereren Entwurf für ein EU-Wahlprogramm. Dieses wurde zwar nie beschlossen, aber soll zu Dokumentationszwecken hier aufbewahrt werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Grundlagen
- 2 Entwurf Wahlprogramm
- 2.1 Präambel - Frieden und Freiheit in Europa
- 2.2 Demokratisches Europa
- 2.3 Digitales Europa - Chancen der Informationsgesellschaft ergreifen
- 2.4 Fortschrittliches Europa
- 2.5 Umweltschutz
Grundlagen
Auf dem Bundesparteitag zur Ausarbeitung beschlossene Themen
Unter EU-Wahlprogramm_2009/Status_der_Ausarbeitung befindet sich eine Zusammenstellung der einzelnen Themen und deren Ausarbeitungsstand. Es wäre fein, wenn Änderungen im Programmentwurf dort nachgetragen würden.
EU-Aufbau / Demokratie und Wahlrecht
- Forderung: Gewaltenteilung in der EU (Abschaffung Exekutivföderalismus)
- Wahl (nicht Ernennung!) oberster Richter auf Lebenszeit durch EP
- Überprüfung und ggf. Reduktion der gesetzgeberischen Kompetenz der EU auf sinnvolle Bereiche
- Bürgereingaben (wurde ursprünglich unter dem Punkt „Subsidiarität“ beschlossen)
- Volksabstimmung als Bürgerentscheide (wurde ursprünglich unter dem Punkt „Subsidiarität“ beschlossen)
- Forderung: unmittelbare und gleiche Wahlen
EU-Verfassung
- Wenn EU-Verfassung, dann nur vom Volk direkt legitimiert, vom Umfang des GG
- Verfassung muß einfach und verständlich sein, sowie transparent erarbeitet werden.
- Ablehnung des Lissabon-Vertrages und verwandter Vorhaben
- „Keine Verfassung von oben, sondern nur von unten!“
Militär
- keine EU-Armee (nur National-Armeen)
- kein bewaffnetes EU-Militär (National-Armeen von Staaten der EU oder der EU selber) außerhalb der EU ohne UN-Mandat
- gemeinschaftliche Ächtung von Angriffskriegen
- keine Angriffskriege
- Abrüstung von Atomwaffen
- Ächtung von Uranmunition
- keine EU-weite Militärplanung
- keine Armee in Polizeifunktion
Umweltschutz
- Europaweite Besteuerung von Flugtreibstoffen
- Förderung regenerativer Energien
- Unterstützung d. DESERTec-Energieprogramms oder alternative Konzepte
- Forschungsförderung für regenerativer Energien
- Förderung dezentraler Energieerzeugung
- Förderung Kraft-Wärme-Kopplung
- nachhaltiges Energiesparen fördern (z. B. Ampeln nachts aus, wo nicht nötig)
- nachhaltiger Umgang mit Ressourcen
- Ausstieg aus der Stromerzeugung durch Kernspaltung
- Beibehalten der Forschung im Bereich Kernenergie
- Lösung der Endlager/Entsorgungs-Problematik (inkl. Forschungsförderung)
- Kosten der Atomkraft realistischer bewerten
- kostenfreier öffentlicher Nahverkehr
- Förderung des öffentlichen Nah-Verkehrs
- Förderung des öffentlichen Fern-Verkehrs
- Förderung von Car-Sharing / Mitfahrgelegenheiten
- Verbot von genmanipulierten Pflanzen und Tieren (GVO) im Freifeld
- Verbot von genmanipulierten Pflanzen und Tieren (GVO) zur Nahrungsproduktion (kein “Gen-Food”)
- Einstufung von GVO als Gefahrenstoffe
Innere Sicherheit
- Eindeutige, gut sichtbare Identifikationsnummern von Polizisten bei Einsätzen zur Identifikation
- unbewaffnete Polizeistreifen statt Videoüberwachung
- gegen Videoüberwachung allgemein
- kein KFZ-Kennzeichen-Scanning
- Bessere Kontrolle von Polizei und Geheimdiensten
- Ablehnung von Schengen-SIS-II
- teilweise Revision von Schengen-SIS-I
- kein besserer Informationsaustausch zwischen Polizeien, solange kein europaweiter einheitlicher Datenschutz auf hohem Niveau existiert
- Zustimmungspflicht des EP für Themen der inneren Sicherheit fordern
- keine Internierungslager (Gefängnis ohne Aburteilung)
- auch keine geheimen Internierungslager
- auch keine Internierungslager außereuropäischer Staaten
- Durchsetzung des Folterverbots
- Untersuchungsausschuß zu geheimen EU-Armeen (Gladio)
- Abbau von Echelon/Abhörzentralen auf EU-Boden
- Ablehnung von Angstmacherei vor Terror
- Rücknahme von Vorratsdatenspeicherung
- keine Vorratsspeicherung von Flug-, Schiff- und sonstigen Passagier-Daten (PNR: Passenger Name Records)
- keine Weitergabe von PNR
- Einrichtung einer unabhängigen europäischen Datenschutzbehörde mit Sanktions-Recht
- keine präventive Strafverfolgung (keine Aufhebung der Unschuldsvermutung)
- allgemeiner Informantenschutz
- europaweites Zeugnisverweigerungsrecht
- Einführung einer Miranda-Klausel (Rechtsaufkl. b. Verhaftung)
- Abschaffung der Beugehaft für Zeugen
- Einführung einer absoluten Poisonous-Tree-Doctrin
- transparente Gestaltung von Datenaustausch zwischen Polizeien der EU-Länder für den Betroffenen
- Schutz von Ermittlungsdaten vor automatischem Austausch zwischen Polizeien verschiedener Staaten
- Ausweitung des Persönlichkeits-Kernbereichs auf elektronische-Medien (z. B. Mail bei Webmailern, Laptop)
- Überprüfung/Aufhebung von Anti-Terror-Maßnahmen, die seit dem 11.9.2001 installiert wurden
Infrastruktur
- Netzneutralität (Daten werden inhalts- und herkunftsneutral übertragen)
- Trennung von Netzbetreiber und Inhalts-Erzeuger/Nutzer
- Wartung und Aufbau der Netze liegt in der Verantwortung der EU-Staaten
- diskriminierungsfreier Zugang zu Netzen als Grundlage für Wettbewerb
- unzensierter Zugang zu Netzen
- gegen Telecompaket (also keine Inhaltsfilterung, 3-strikes, …)
- Verstaatlichung aller Infrastrukturnetze mit natürlichem Monopol
- Verstaatlichung der Stromnetze
- staatliche Aufsicht uber alle Infrastrukturnetze
- nur gemeinnützige Netzbetreiber
- öffentlich kontrollierbare, transparente Aufsicht über Netze
- Förderung dezentraler Netze (z. B. Mesh-Netze für WLAN)
- “Jegliche Wettbewerbsverzerrung durch die Beeinflussung der Infrastruktur aufgrund privatwirtschaftlicher Interessen Weniger auf Kosten der Gesellschaft muss vermieden werden.”
- hohe Versorgungssicherheit, Effizienz und Nachhaltigkeit
- Breitband-Internetzugang auch zur Daseinsvorsorge zählen
- Standardisierung von Netzprotokollen und Zugängen mit offenen Standards (für alle Netze)
Subsidiarität
- Subsidiarität nach unserer Vorstellung (Entscheidungen so nah am Bürger fällen, wie möglich)
- regelmäßige Überprüfung durch geeignete Stelle
Soziales und Gesundheit
- Europaweite Krankenversicherung (unter Erweiterung des Versicherungsschutzes)
- Abschaffung von Pharmapatenten
- rechtsverbindliche Patientenverfügungen, Patiententestament und Pflegeverfügung
- kostenlose Vorsorgeuntersuchung (z. B. ab 30 oder früher?)
- umlagenfinanzierte Rente
Bildung und Forschung (nicht abgestimmt)
Die Einzelnen Punkte wurden dem BPT leider nicht mehr zur Abstimmung vorgelegt. Es handelt sich um ein bloßes Brainstorming. Bitte diskutiert auf der Diskussionsseite, welche Punkte aufgenommen werden sollen und welche nicht.)
- Open Access
- mehr Mitbestimmung (Demokratisierung der Bildungseinrichtungen)
- mehr Forschungszusammenarbeit innerhalb der EU
- mehr Forschungszusammenarbeit mit dem EU-Ausland
- Lernen von Zuhause (z. B. Vorlesungsmitschnitte online)
- kostenlose (Erwachsenen-)Bildung / Weiterbildung ( kein Büchergeld, kostenloses Schulessen, keine Studiengebühren)
- mehr Lehrer
- kleinere Klassen
- Punkte aus dem Wiki (Themendiskussion und AG Bildung)
- Erweiterung des Sprachangebots auf Sprachen der Nachbarländer
- Förderung bilingualen Unterrichts
- Ethikunterricht
- Förderung von Medienkompetenz und Ausstattung
- Bildung statt einer Ausbildung (für Schüler + Berufsschüler)
- Bildung statt einer Ausbildung (für Alle)
- “OpenSource”-Lehrbücher/-material (vgl. Wikibooks.org)
- Laptop für jeden Schüler (z. B. Netbooks)
Kernthemen
Über unsere Kernthemen haben wir am BPT kaum diskutiert und es wurden auch keine Inhalte des Wahlprogramms beschlossen (es wurden nur Punkte beschlossen, die von einer auf dem BPT gewählten AG ausgearbeitet werden sollten).
Verlags- und Urheberrecht (Copyright)
- Copyright in der Uppsala-Deklaration
- EU-weit gültiges Urheberrecht
- Abgeleitete Werke immer erlauben
- Nichtkommerzielle abgeleitete Werke erlauben
- Copyright an Werken erlischt bei Tod des Autors/Künstlers
- nichtkommerzielle Vervielfältigung erlauben
- Abschaffung der GEMA-Vermutung
- GEMA 2.0 (GEMA 2.0)
- Kulturflatrate (Unter „Alternative“ Kulturflatrate )
- :Private Kopie und private Weiterverteilung ist generell Kostenlos
- :keine Subvention seitens der verwaltung für irgendwelche Kunstbelange
- :Natürliche und juristische Personen erhalten die Möglichkeit, einen festgelegten Prozentsatz ihrer zu zahlenden Steuer (nicht mit Steuerlast verwechseln) statt an das Finanzamt zu zahlen, diesen Anteil als Mäzen zu vergeben.
- Offenlegung von und offene Verhandlungen über das „Anti-Counterfeiting Trade Agreement“ (ACTA)
- bitte ergänzen
Patentwesen
- Patente in der Uppsala-Deklaration
- Keine Trivialpatente
- Keine Patente auf Software
- Keine Patente auf das Leben,z. B. Saatgut und Gene
- bitte ergänzen
Privatsphäre und Datenschutz
- Bürgerrechte in der Uppsala-Deklaration
- EU-weites Fernmeldegeheimnis (inkl. elektr. Kommunikation) nach Art. 10 GG
- EU-weites Verbot der Vorratsdatenspeicherung
- wirtschaftliche Anreize für den verantwortungsbewussten Umgang mit personenbezogenen Daten schaffen
- Verbot aller Geheimdienste und Gründung eines Sonderkommandos, das dieses Verbot mit jedem Mittel, das nötig ist, durchsetzt.
- bitte ergänzen
OpenAccess
- Durch EU-Mittel geförderte Werke müssen allen frei zur Verfügung gestellt werden
- Initiativen, die wissenschaftliche Arbeiten frei zur Verfügung stellen, sollen unterstützt werden
- Es müssen Anreize geschaffen werden, dass Universitäten und Wissenschaftler ihre Arbeiten bevorzugt in OpenAccess-Zeitschriften veröffentlichen
- Europas Universitäten sollten geschlossen mit den etablierten Wissenschaftsverlagen über bessere Bedingungen verhandeln (wie 2008 von der Max-Planck-Gesellschaft bei Verhandlungen mit Springer vorgeführt)
- bitte ergänzen
Tranzparenz des Staatswesens
- Einführung einer Bürgerlobby (z. B. zufällig ausgewählte Freiwillige werden als Lobbyisten nach Brüssel eingeladen) (dieser Punkt wurde auf dem BPT unter „Subsidiarität“ beschlossen!)
- transparente Lobbyarbeit (dieser Punkt wurde auf dem BPT unter „Subsidiarität“ beschlossen!)
- Förderung von NGO (dieser Punkt wurde auf dem BPT unter „Subsidiarität“ beschlossen!)
- bitte ergänzen
Entwurf Wahlprogramm
Hierbei handelte es sich um einen Entwurf für ein EU-Wahlprogramm. Dieses wurde nie beschlossen, aber zu Dokumentationszwecken sollen hier die Entwurfs-Inhalte festgehalten werden.
Präambel - Frieden und Freiheit in Europa
Im Zuge der Digitalen Revolution aller Lebensbereiche sind trotz aller Lippenbekenntnisse die Würde und die Freiheit des Menschen in bisher ungeahnter Art und Weise gefährdet. Dies geschieht zudem in einem Tempo, das sowohl die gesellschaftliche Meinungsbildung als auch die staatliche Gesetzgebung ebenso überfordert wie den Einzelnen selbst. Gleichzeitig schwinden die Möglichkeiten, diesen Prozess mit demokratisch gewonnenen Regeln auf der Ebene eines einzelnen Staates zu gestalten dahin.
Die Globalisierung des Wissens und der Kultur der Menschheit durch Digitalisierung und Vernetzung stellt deren bisherige rechtliche, wirtschaftliche und soziale Rahmenbedingungen ausnahmslos auf den Prüfstand. Nicht zuletzt die falschen Antworten auf diese Herausforderung leisten einer entstehenden totalen und totalitären, globalen Überwachungsgesellschaft Vorschub. Die Angst vor internationalem Terrorismus lässt Sicherheit vor Freiheit als wichtigstes Gut erscheinen – und viele in der Verteidigung der Freiheit fälschlicherweise verstummen.
Informationelle Selbstbestimmung, freier Zugang zu Wissen und Kultur und die Wahrung der Privatsphäre sind die Grundpfeiler der zukünftigen Informationsgesellschaft. Nur auf ihrer Basis kann eine demokratische, sozial gerechte, freiheitlich selbstbestimmte, globale Ordnung entstehen.
Die Piratenpartei Deutschland versteht sich als Teil einer europäischen und weltweiten Bewegung, die den freien und selbstbestimmten Bürger in den Mittelpunkt politischen Handelns stellt. Sie steht für ein friedliches Miteinander der Völker in Europa und der Welt. Wir treten deswegen am Sonntag, den 7. Juni 2009 zur Europawahl an, um auf parlamentarischer Ebene für ein demokratisches, bürgernahes Europa zu streiten und um die Menschen- und Bürgerrechte und die kulturelle Vielfalt im Informationszeitalter zu verteidigen. In unserem Wahlprogramm zeigen wir pragmatische Lösungen und alternative Zukunftsvorstellungen auf.
Demokratisches Europa
EU-Aufbau - Gewaltenteilung und dezentrale Entscheidungen statt maßloser Bürokratie
Die EU muss nach streng demokratischen Grundsätzen aufgebaut sein. Die Wahlen zu Volksvertretungen müssen allgemein, unmittelbar, gleich, geheim und frei durchgeführt werden. Das Gleichgewicht der Kräfte muss nach dem bewährten Prinzip der Gewaltenteilung in Exekutive, Legislative und Judikative hergestellt werden und dem Bürger Möglichkeiten der Einflussnahme einräumen.
Entscheidungen, die auf unteren Ebenen gefällt werden können, sollen regional entschieden werden. Das Prinzip der Subsidiarität muss gestärkt werden. Die gesetzgeberische Kompetenz der EU muss überprüft und auf sinnvolle Bereiche reduziert werden. Dazu ist eine Kontrollinstanz notwendig, deren Befugnisse über einfache Empfehlungen hinaus gehen.
Die obersten Richter der europäischen Gerichte sollen auf Lebenszeit durch das Europaparlament gewählt werden. Da die Verwaltung den rechtsstaatlichen Ansprüchen genügen muss, wird eine oberste Instanz benötigt, die von jeder natürlichen oder juristischen Person angerufen werden kann. Die Ernennung auf Lebenszeit ist wichtig, damit die Richter von Beeinflussung Dritter unabhängig sind und sich voll Ihrem Amt widmen können.
Die Piratenpartei fordert Bürgereingaben und Volksabstimmungen auf EU-Ebene: Dem Bürger muss Gehör verschafft werden, um die Kluft zwischen Bürger und Verwaltung zu schmälern. Wir wollen Bürgereingaben ermöglichen, deren Bearbeitung transparent verfolgt werden kann.
EU-Verfassung - EU als freiwillige Kooperation souveräner Staaten
Die Piratenpartei unterstützt den Einigungsprozess zwischen den europäischen Staaten und sieht die europäische Zusammenarbeit als wichtige Grundlage einer soliden wirtschaftlichen Entwicklung und nachhaltigen Friedenspolitik.
Die Institutionen der europäischen Gemeinschaft sollten als Plattform zur Verständigung und Zusammenarbeit zwischen den Staaten dienen und nicht als Macht- und Herrschaftsinstrument über souveräne Regierungen missbraucht werden.
Freiwilligkeit und Einstimmigkeit bei der fortschreitenden Integration sind dabei unverzichtbare Grundsätze, um die Souveränität der Staaten zu erhalten und das Selbstbestimmungsrecht der Völker zu achten.
Die Piratenpartei lehnt daher den Lissabon-Vertrag als aktuellen Entwurf einer Verfassung für die EU ab. Nur eine Verfassung, die von jedem Volk in einer Abstimmung ausdrücklich angenommen wird, kann eine so grundlegende rechtliche Veränderung rechtfertigen. Eine Volksabstimmung in nur einem Land legitimiert den Vertrag nicht.
Ein Verfassungsentwurf muss auf wenige Kernbereiche beschränkt sein. Er muss im Volltext lesbar und klar und allgemein verständlich formuliert sein. Außerdem muss er in allen Amtssprachen der Mitgliedsstaaten vorliegen. Da dies für den mehrere hundert Seiten füllenden Lissabon-Vertrag nicht erfüllt ist, lehnt ihn die Piratenpartei auch deswegen ab.
Transparenz des Staatswesens - Lobbyismus aufdecken und Bezüge offenlegen
Die politische Arbeit wird in den Nationalstaaten und insbesondere auch auf EU-Ebene stark von Lobbyinteressen gesteuert. Unternehmensvertreter nehmen unbemerkt Einfluss auf Politiker und arbeiten sogar an Gesetzen mit.
Abhängigkeiten zwischen Unternehmen und Politikern müssen aufgedeckt werden. EU-Abgeordnete sollen ihre Nebentätigkeiten und die gegebenenfalls daraus resultierenden Einkünfte veröffentlichen. EU-Abgeordnete der Piratenpartei werden mit gutem Beispiel vorangehen und dies mit dem Einzug ins Parlament offenlegen. Dem Bürger muss klar ersichtlich sein, welche Interessen hinter Gesetzesinitiativen stecken und wer, wie und wann auf den Gesetzgebungsprozess Einfluss genommen hat.
Da ein Großteil der politischen Entscheidungen durch die Mitglieder der Europäischen Kommission herbeigeführt werden, soll die Offenlegung von Nebentätigkeiten auch für die vorgeschlagenen und gewählten Kommissare Teil ihrer Transparenzverpflichtung werden.
Zu einer transparenten EU gehören neben den Regelungen zu Lobby- und Nebentätigkeiten von Parlamentariern und Kommissaren auch die gelebte Verpflichtung, Entscheidungsfindungsprozesse für den Bürger wahrnehmbar und nachvollziehbar öffentlich zu machen, wie auch Verordnungen, Diskussionspapiere und Vertragswerke so zu gestalten, dass diese so kurz wie nötig, so sprechend wie möglich und für den Bürger verständlich gehalten sind.
Gleichzeitig müssen die Interessen der Bürger besser vertreten werden. Zudem sollen Nichtregierungsorganisationen gefördert werden, die für die Rechte und Interessen der Bürger eintreten.
Wir lehnen geheime Ausschüsse ab und wollen verhindern, dass erneut Abstimmungen in fachfremden Ausschüssen stattfinden. Einen Fischereiausschuss, der über Belange der Inneren Sicherheit abstimmt, wird es mit uns nicht geben. Außerdem dürfen Abstimmungspakete keine Abstimmungen über Fremdthemen enthalten. So waren zum Beispiel beim Telecom-Paket, bei dem es eigentlich um Verbraucherschutz ging, Abstimmungen zum Thema Urheberrecht versteckt.
Die PIRATEN treten ein, für eine nachvollziehbare und transparente Politik und Verwaltung auf EU-Ebene.
Europaweit einheitlich fordern die europäischen Piratenparteien:
Die EU und Ihre Mitgliedsstaaten sollten sich an die höchsten demokratischen Standards halten. Deshalb sollten solche Prinzipien wie transparente Staatsführung, schnelle und gerechte Gerichtsverfahren und die Redefreiheit stets beachtet werden. In diesen Tagen und in dieser Zeit ist es wesentlich, den gesetzlichen Schutz der Bürger vor willkürlichen Staatszugriffen weiterhin durchzusetzen. Die EU spielt eine wichtige Rolle dabei, Licht in das Dunkel der Verletzung von Bürgerrechten zu bringen.
Eine demokratische Gesellschaft braucht einen transparenten Staat und keine gläsernen Bürger. Die Bürger müssen die Möglichkeit haben, sich frei und unbeobachtet zu versammeln, und ihre Meinung ohne Furcht vor staatlicher Überwachung ausdrücken zu können. Um dies in die Informationsgesellschaft zu übertragen, muss das Recht auf anonyme Kommunikation ausgebaut werden. Deswegen muss das Korrespondenzgeheimnis auf digitale Kommunikation ausgeweitet werden.
Digitales Europa - Chancen der Informationsgesellschaft ergreifen
Privatsphäre und Datenschutz - Überwachungsstaat und Datenkraken zurückdrängen
Der Schutz der Privatsphäre und der Datenschutz gewährleisten Würde und Freiheit des Menschen, die freie Meinungsäußerung, demokratische Teilhabe und in der Folge unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaftsform, die in der Vergangenheit auch unter Einsatz zahlloser Menschenleben erkämpft und verteidigt wurde.
Jeder einzelne Schritt auf dem Weg zum Überwachungsstaat mag noch so überzeugend begründet sein - doch als Europäer wissen wir aus Erfahrung, wohin dieser Weg führt. Diesen Entwicklungen stellen wir uns entschieden entgegen und sagen dem Überwachungsstaat den Kampf an.
Vertrauliche Kommunikation - Briefgeheimnis ausweiten, Unschuldsvermutung beibehalten, Vorratsdatenspeicherung abschaffen
Das Recht auf Wahrung der Privatsphäre ist ein unabdingbares Fundament einer demokratischen Gesellschaft. Die Meinungsfreiheit und das Recht auf persönliche Entfaltung sind ohne diese Voraussetzung nicht zu verwirklichen.
Systeme und Methoden, die der Staat gegen seine Bürger einsetzen kann, müssen der ständigen Bewertung und genauen Prüfung durch gewählte Mandatsträger unterliegen. Wenn die Regierung Bürger beobachtet, ohne dass sie eines Verbrechens verdächtig sind, ist dies eine fundamental inakzeptable Verletzung des Bürgerrechts auf Privatsphäre. Jedem Bürger muss das Recht auf Anonymität garantiert werden, das unserer Verfassung innewohnt. Die Weitergabe personenbezogener Daten vom Staat an die Privatwirtschaft hat in jedem Falle zu unterbleiben.
Das Briefgeheimnis soll erweitert werden zu einem generellen Kommunikationsgeheimnis. Zugriff auf die Kommunikationsmittel oder die Überwachung eines Bürgers darf Ermittlungsbehörden nur im Falle eines begründeten und konkreten Tatverdachtes erlaubt werden, dass dieser Bürger ein Verbrechen plant oder begangen hat. In jedem Fall ist ein richterlicher Beschluss erforderlich. In allen anderen Fällen muß der Staat annehmen, seine Bürger seien unschuldig. Diesem Kommunikationsgeheimnis muss ein starker gesetzlicher Schutz gegeben werden, da Regierungen wiederholt gezeigt haben, dass sie bei sensiblen Informationen nicht vertrauenswürdig sind.
Speziell eine verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung von Kommunikationsdaten widerspricht nicht nur der Unschuldsvermutung, sondern auch allen Prinzipien einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft. Der vorherrschende Kontrollwahn stellt eine weitaus ernsthaftere Bedrohung unserer Gesellschaft dar als der internationale Terrorismus und erzeugt ein Klima des Misstrauens und der Angst. Flächendeckende Videoüberwachung öffentlicher Räume, fragwürdige Rasterfahndungen und zentrale Datenbanken mit unbewiesenen Verdächtigungen sind Mittel, deren Einsatz wir grundsätzlich ablehnen.
Informationelle Selbstbestimmung - Kontrolle über eigene Daten erlangen
Das Recht des Einzelnen, die Nutzung seiner persönlichen Daten zu kontrollieren, muss gestärkt werden. Dazu müssen insbesondere die Datenschutzbeauftragten völlig unabhängig agieren können. Neue Methoden wie das Scoring machen es erforderlich, nicht nur die persönlichen Daten kontrollieren zu können, sondern auch die Nutzung aller Daten, die zu einem Urteil über eine Person herangezogen werden können. Jeder Bürger muss gegenüber den Betreibern zentraler Datenbanken einen durchsetzbaren und wirklich unentgeltlichen Anspruch auf Selbstauskunft, Korrektur, Sperrung oder Löschung der Daten haben. Ausgenommen davon sind Fälle, in denen ein öffentliches Interesse zur Erfüllung der staatlichen Aufgaben vorliegt.
Erhebung und Nutzung biometrischer Daten und Gentests erfordern aufgrund des hohen Missbrauchspotentials eine besonders kritische Bewertung und Kontrolle von unabhängiger Stelle. Der Aufbau zentraler Datenbanken mit solchen Daten muss unterbleiben. Generell müssen die Bestimmungen zum Schutze personenbezogener Daten die Besonderheiten digitaler Daten, wie etwa mögliche Langlebigkeit und schwer kontrollierbare Verbreitung, stärker berücksichtigen. Gerade weil die Piratenpartei für eine stärkere Befreiung von Information, Kultur und Wissen eintritt, fordern wir Datensparsamkeit, Datenvermeidung und unabhängige Kontrolle von personenbezogenen Daten. Wenn diese nämlich für wirtschaftliche oder Verwaltungszwecke genutzt werden, können sie die Freiheit und die informationelle Selbstbestimmung des Bürgers unnötig einschränken und den Eindruck der Überwachung hervorrufen.
Urheberrecht
Das Urheberecht entfernt sich immer weiter vom Urheber und entwickelt sich hin zum Verwerterrecht. Musik- und Filmindustrie profitieren, während Nutzer kriminalisiert und Künstler entrechtet werden. Wir PIRATEN fordern für Privatleute ohne kommerzielle Interessen das Recht, Werke frei verwenden und kopieren zu dürfen. Der Einsatz von Maßnahmen, wie die DRM-Technologie oder ähnliche Kopierschutzmechanismen, die diese und andere rechtmäßige Nutzungen einseitig verhindern, soll untersagt werden. Abgeleitete Werke sind neue künstlerische Schöpfungen und müssen dem Kreativen grundsätzlich erlaubt statt verboten sein.
Wir stellen uns gegen eine weitere Ausweitung der Schutzfristen und fordern, dass diese soweit begrenzt werden, dass sie Ihren ursprünglichen Zweck erfüllen, nämlich zusätzliche Anreize für kulturelle Schaffensprozesse zu bieten. Eine Begrenzung auf einen Zeitraum deutlich unterhalb der Lebenszeit des Urhebers halten wir für geboten. Angesichts der Tatsache, dass bei der überwiegenden Mehrzahl von Werken der wesentliche Vermarktungsgewinn in den auf die Veröffentlichung folgenden Jahren anfällt, könnte dieser Zeitraum etwa zwischen 5 und 15 Jahren liegen. Damit fordern wir für Deutschland und Europa einen Ausstieg aus dem TRIPS-Abkommen in dieser Hinsicht.
Die für eine internationale Neuausrichtung des Urheberrechts zu verhandelnden Themen müssen der öffentlichen Debatte gestellt werden und dürfen nicht einseitig durch die Lobbyinteressen der Rechteverwerter geprägt sein.
Wir PIRATEN setzen uns für die Veröffentlichung von Lehrmaterialien unter freien Lizenzen und die bevorzugte Nutzung von freien Lehrmaterialien in der Bildung ein. Dies beinhaltet die Erstellung von Lehrmaterialien durch Lehrkräfte oder beauftragte Personen unter freien Lizenzen.
Europaweit einheitlich fordern die europäischen Piratenparteien:
Das Copyright steht längst nicht mehr in Verbindung mit der heutigen kulturellen Landschaft. Es hat sich zu einem Hindernis für die Kreativität, insbesondere für die Quellen der Kreativität entwickelt. Wir müssen zumindest folgendes am Copyright ändern:
- Copyright ist kommerziell
Copyright regelt nur kommerzielle Aktivitäten (Die lokale Gesetzgebung definiert "kommerzielle Aktivität" normalerweise ausreichend genau). Nichtkommerzielle Aktivität wird nie durch das Copyright geregelt.
- Ein auf das wesentliche reduzierter Monopolbegriff
Copyright ist ein geschäftlich begrenztes Monopol, welches sich innerhalb einer Generation auflösen sollte.
- Keine Medien- oder Hardwareabgaben
Keine Pauschalabgaben, die für Kopiermöglichkeiten kompensieren, sollten erlaubt sein - aber wir erlauben Regierungsstipendien für Künstler und ähnliches; diese stellen keine Kompensation dar. Auf diese Weise wird der Prozess offensichtlich unilateral, und die Copyrightlobby bekommt keinen impliziten Anspruch darauf, zu akzeptieren oder abzulehnen.
- Parlamente schreiben die Copyright-Gesetze, nicht die Lobby
Techn. Maßnahmen, die verhindern, dass Kunden Kultur im Rahmen des Gesetzes zu nutzen, wie die sog. DRM-Technologie, sind ungesetzlich.
- Abgeleitete Werke immer erlauben
Anstatt abgeleitete Werke, außer unter unklaren Ausnahmen der normalen Nutzung, zu verbieten, werden unter unserem Copyright abgeleitete Werke immer gestattet sein ( d.h. nicht vom ursprünglichen Copyright betroffen sein), mit Ausnahme derer, die durch das Gesetz genau bezeichnet werden (wie zum Beispiel die "Übersetzung eines Buches").
Patentwesen - Keine Patente auf Leben, Gene, Software und Geschäftsideen
Das heutige Patentsystem erfüllt in vielerlei Hinsicht nicht mehr seinen ursprünglichen Zweck, Innovationen zu fördern. Im Gegenteil: Es erweist sich immer öfter als Innovationshemmnis und behindert den technischen und ökonomischen Fortschritt in vielen Bereichen.
Wirtschaftlicher Erfolg ist in der Informationsgesellschaft zunehmend nicht mehr von technischen Erfindungen, sondern von Wissen und Information und deren Erschließung abhängig. Das Bestreben, diese Faktoren nun ebenso mittels des Patentsystems zu regulieren, steht unserer Forderung nach Freiheit des Wissens und Kultur der Menschheit diametral entgegen.
Wir PIRATEN lehnen Patente auf Software und Geschäftsideen ab, weil sie die Entwicklung der Wissensgesellschaft behindern, weil sie gemeine Güter ohne Gegenleistung und ohne Not privatisieren und weil sie kein Erfindungspotential im ursprünglichen Sinne enthalten. Die gute Entwicklung klein- und mittelständischer IT-Unternehmen in ganz Europa hat beispielsweise gezeigt, dass auf dem Softwaresektor Patente völlig unnötig sind.
Aus den gleichen Gründen dürfen Patente auf das Leben, inklusive der Patente auf Saatgut und Gene, nicht erteilt werden. Der Privatisierung der Biodiversität oder der Grundlage menschlichen, tierischen und pflanzlichen Lebens ist mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten.
Europaweit einheitlich fordern die europäischen Piratenparteien:
Das Patentsystem heute hat die Verbindung zu den ursprünglichen Intentionen verloren und sich zu etwas entwickelt, das Innovationen und ökonomischen Fortschritt in vielen Bereichen schadet.
Pharmazeutische Patente erheben viele ethische Bedenken, nicht zuletzt in Verbindung mit Menschen aus Entwicklungsländern. Sie sind auch eine treibende Kraft für die steigenden Kosten im öffentlich finanzierten Gesundheitssystem [in den Mitgliedstaaten]. Wir verlangen die Initiierung einer europäischen Studie über den ökonomischen Einfluß pharmazeutischer Patente[,] verglichen mit andern Systemen zur Finanzierung med. Forschung und Alternativen zum gegenwärtigen System.
Patente auf das Leben (inkl. Patente auf Saatgut und Genen ) und auf Software sollen nicht erlaubt sein.
Fortschrittliches Europa
Open Access - Öffentliches Wissen teilen
Wissenschaft und Forschung sind zentrale Bausteine einer erfolgreichen Europäischen Union. Heute lassen sich wissenschaftliche Großprojekte oft nur noch im Verbund von mehreren Staaten finanzieren.
Mit öffentlichen Geldern geförderte Arbeit muss aber auch der Öffentlichkeit zugute kommen. Noch immer sind viele wissenschaftliche Erkenntnisse nur gegen Bezahlung erhältlich, und das, obwohl dank moderner Technik die Reproduktion der Werke praktisch kostenlos erfolgen kann. Dieses Problem ist auch vielen Wissenschaftlern bewusst, die daher zunehmend dazu übergehen Arbeiten als Open-Access-Publikationen zu veröffentlichen und damit einen dauerhaften kostenfreien Zugang zu den Ergebnissen ihrer Forschung sicherzustellen. Diesen Trend möchten die PIRATEN unterstützen, da wir glauben, dass ein leichterer Zugang zu Wissen zu erfolgreicherer Forschung und mehr Innovation führen wird.
Open Access heißt daher für uns auf EU-Ebene, dass mit öffentlichen Geldern geförderte wissenschaftliche Arbeit und daraus resultierende Publikationen für jeden Menschen kostenfrei zugänglich sein müssen.
Gleichzeitig muss eine Infrastruktur geschaffen werden, die digitale Archivierung und den dauerhaften einfachen Zugang zu Publikationen ermöglicht. Diese Aufgabe wird heute vorrangig von den etablierten Verlagen übernommen. Für Open-Access-Publikationen entwickeln sich entsprechende Mechanismen erst, oft in loser Kooperation von Bibliotheken und Universitäten. Derartige Initiativen wollen die PIRATEN auch mit EU-Mitteln unterstützen.
Innere Sicherheit - Bürgerrechte gegen Einschränkungen verteidigen
Die Bekämpfung der Kriminalität ist eine wichtige staatliche Aufgabe. Sie ist nach unserer Überzeugung nur durch eine intelligente, rationale und evidenzbasierte Sicherheitspolitik auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu gewährleisten. Um sinnvolle Sicherheitsmaßnahmen zu fördern und schädliche Maßnahmen beenden zu können, wollen wir alle bestehenden europäischen Befugnisse und Programme der Sicherheitsbehörden systematisch und nach wissenschaftlichen Kriterien überprüfen auf Wirksamkeit, Kosten, schädliche Nebenwirkungen, auf Alternativen und auf ihre Vereinbarkeit mit den Menschen- und Bürgerrechten.
Wir wollen, dass die Europäische Kommission und der Rat künftig jeden Vorschlag für neue Sicherheitsmaßnahmen noch im Entwurfsstadium von der Europäischen Grundrechteagentur auf diese Kriterien hin begutachten lassen. Nur durch einen solchen "Gesetzes-TÜV" kann weiteren verfassungswidrigen Angriffen auf unsere Grundrechte frühzeitig entgegen gewirkt werden. Der Grundrechteagentur müssen dafür alle nötigen finanziellen und personellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
Um den fortschreitenden Abbau der Bürgerrechte seit 2001 zu stoppen, fordern wir ein Moratorium für weitere Grundrechtseingriffe im Namen der inneren Sicherheit ein, solange nicht die systematische Überprüfung der bestehenden Befugnisse abgeschlossen ist.
Zur Gewährleistung der Freiheitsrechte und zur Sicherung der Effektivität von Gefahrenabwehr und Strafverfolgung treten wir dafür ein, dass eine staatliche Informationssammlung, Kontrolle und Überwachung künftig nur noch gezielt bei Personen erfolgt, die einer Straftat konkret verdächtigt sind. Zum Schutz unserer offenen Gesellschaft und im Interesse einer effizienten Sicherheitspolitik wollen wir auf anlasslose, massenhafte, automatisierte Datenerhebungen, Datenabgleichungen und Datenspeicherungen verzichten. In einem freiheitlichen Europa ist eine derart breite Erfassung beliebiger Personen ohne Anlass und Verdacht inakzeptabel.
Die europäische Sicherheitsforschung aus Steuergeldern wollen wir demokratisieren und an den Bedürfnissen und Rechten der Bürgerinnen und Bürger ausrichten. In beratenden Gremien wie dem Europäischen Forum für Sicherheitsforschung und Innovation (ESRIF) sollen künftig neben Verwaltungs- und Industrievertretern in gleicher Zahl auch Volksvertreter sämtlicher Fraktionen, Kriminologen, Opferverbände und Nichtregierungsorganisationen zum Schutz der Freiheitsrechte und Privatsphäre vertreten sein. Eine Entscheidung über die Ausschreibung eines Projekts soll erst getroffen werden, wenn eine öffentliche Untersuchung der Europäischen Grundrechtsagentur über die Auswirkungen des jeweiligen Forschungsziels auf unsere Grundrechte (impact assessment) vorliegt.
Die Entwicklung von Technologien zur verstärkten Überwachung, Erfassung und Kontrolle von Bürgerinnen und Bürgern lehnen wir ab. Stattdessen muss die Sicherheitsforschung auf sämtliche Optionen zur Kriminal- und Unglücksverhütung erstreckt werden und eine unabhängige Untersuchung von Wirksamkeit, Kosten, schädlichen Nebenwirkungen und Alternativen zu den einzelnen Vorschlägen zum Gegenstand haben.
Weil auch die gefühlte Sicherheit eine wichtige Voraussetzung für unser Wohlbefinden ist, wollen wir zudem erforschen lassen, wie das öffentliche Sicherheitsbewusstsein gestärkt und wie verzerrten Einschätzungen und Darstellungen der Sicherheitslage entgegen gewirkt werden kann.
Einzelne konkrete Forderungen dazu sind:
- Durchsetzung des Folterverbots
- Bessere, wirksame Kontrolle von Geheimdiensten und Polizei national und europaweit
- Zustimmungspflicht des europäischen Parlaments für Themen der inneren Sicherheit
- keine Absenkung der Erfordernisse für den Informationsaustausch zwischen Polizeien der Mitgliedsstaaten, solange kein europaweiter einheitlicher Datenschutz auf hohem Niveau existiert
- Einführung einer Informations-/Auskunftspflicht gegenüber den Betroffenen beim Datenaustausch zwischen Polizeien der EU-Länder
- Rücknahme der europäischen Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung
- keine Vorratsspeicherung von Flug-, Schiff- und sonstigen Passagierdaten (PNR: Passenger Name Records)
- keine Weitergabe von solchen Passagierdaten an Dritte
- kein automatisiertes KFZ-Kennzeichen-Scanning
- Einrichtung einer unabhängigen europäischen Datenschutzbehörde mit Sanktions-Recht
- keine 'präventive' Strafverfolgung (keine Aufhebung der Unschuldsvermutung)
- keine Internierungslager (Gefängnis ohne Aburteilung) in Europa
- auch keine geheimen Internierungslager
- auch keine Internierungslager außereuropäischer Staaten auf europäischem Boden
- Untersuchungsausschuß zu geheimen EU-Armeen (Gladio)
- Abbau von Echelon-Abhörzentralen auf EU-Boden
- Ablehnung von Schengen-SIS-II, teilweise Revision von Schengen-SIS-I – diese europaweiten Datenbanksysteme werden ohne den erforderlichen gesetzlichen Hintergrund aufgebaut unter völliger Mißachtung von Datenschutzbelangen
- Stärkung des allgemeinen Informantenschutzes
- europaweites Zeugnisverweigerungsrecht
- Abschaffung der Beugehaft für Zeugen
- Einführung einer 'Poisonous-Tree'-Doktrin, die ein Beweisverwertungsverbot für auf illegalem Wege beschaffte Informationen darstellt. - Hiermit soll insbesondere dem massenhaften illegalen Abhören (etc.) entgegengewirkt werden.
- Einführung einer Miranda-Klausel (Rechtsaufklärung bei Verhaftung)
- Schutz von Ermittlungsdaten vor automatischem Austausch zwischen Polizeien verschiedener Staaten
- Eindeutige, gut sichtbare Identifikationsnummern von Polizisten bei Einsätzen zur Identifikation
- Verzicht auf Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen etc., Videoüberwachung generell verstärkt ersetzen durch unbewaffnete Polizeistreifen
- Ausweitung des Persönlichkeits-Kernbereichs auf elektronische-Medien (z. B. Mail bei Webmailern, Laptop)
- Überprüfung und ggf. Aufhebung der unter dem Namen 'Anti-Terror-Maßnahme' eingeführten Regelungen, die seit dem 11.9.2001 installiert wurden
Infrastruktur - Straßen-, Bahn- und Stromnetze offen, neutral und gemeinnützig betreiben
Die Piratenpartei ist der Ansicht, dass jegliche Wettbewerbsverzerrung durch die Beeinflussung von Infrastruktur aufgrund privatwirtschaftlicher Interessen auf Kosten der Gesellschaft vermieden werden muss.
Die Infrastrukturen sind nicht nur die Basis für die Marktwirtschaft, sondern für das generelle Miteinander der Menschen. Durch dieses zentrale Element des Zusammenlebens entscheidet sich, wer aktiv an der Wirtschaft und dem kulturellem Leben teilhaben kann. Aus diesem Grund muss für alles, was Infrastrukturen betrifft, Gemeinnützigkeit und Transparenz als Auflage vorgeschrieben sein. Dies gilt insbesondere für die Betreiber. Die jeweiligen EU-Staaten sind für Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit verantwortlich, um hohe Versorgungssicherheit, Effizienz und Nachhaltigkeit zu garantieren. Die Zugänge zur jeglicher Infrastruktur müssen sowohl für Produzenten und Anbieter als auch für Nutzer und Konsumenten unlimitiert und barrierefrei sein.
Durch gleiche Zugangsmöglichkeiten wird der freie Wettbewerb zwischen den verschiedenen privaten Anbietern gefördert.
Es ist durch geeignete, öffentlich kontrollierbare und transparente Kontrollinstanzen seitens der einzelnen EU-Staaten dafür Sorge zu tragen, dass die für Infrastruktur geltenden Regeln eingehalten werden. In Fällen, in denen diese Kontrollinstanzen versagen und Abhilfe auch nicht durch Auflagen, Verordnungen und Gesetze mit einem verhältnismäßigen und endlichen Aufwand erreicht werden kann, ist diese Infrastruktur zu verstaatlichen.
Straßen-, Schienen- und Stromnetze sowie Wasserwege gelten als natürliche Infrastrukturmonopole. Der Zugang zu diesen Teilen der Infrastruktur ist für unsere Gesellschaft überlebenswichtig, gleichzeitig sind sie durch ihre Singularität extrem anfällig für Wettbewerbsverzerrung. Nur wenn der Staat, als einzig öffentlich kontrollierbare Instanz, der Betreiber solcher Netze ist, kann sichergestellt werden, dass die von uns geforderten Ansprüche erfüllt werden.
Militär - Armeen zur Verteidigung der Staaten
Die Aufgabe des Militärs ist die Landesverteidigung. Auslandseinsätze können nur akzeptiert werden, wenn sie durch ein UN-Mandat gedeckt sind.
Die Erweiterungen des Aufgabenspektrums auf Auslandseinsätze, zum Teil auch ohne UN-Mandat, hat dazu geführt, dass die Bundeswehr auch in Angriffskriegen eingesetzt wurde. Die Piratenpartei sieht darin auch eine der Ursachen für Terrorismus weltweit.
Jeder EU-Nationalstaat innerhalb der europäischen Gemeinschaft ist für die äußere Sicherheit der Gemeinschaft verantwortlich. Größe, Beschaffenheit und Ausrüstung der Streitmacht die der Nationalstaat bereithält, liegt in dessen Ermessen.
Es ist deshalb nicht erforderlich, eine Streitmacht unter EU-Befehl aufzustellen, oder Teile der nationalen Streitkräfte unter EU-Befehlsgewalt zu stellen. Die Soldaten stehen in der Verpflichtung gegenüber ihrem Land, entsprechend hat auch das jeweilige Land die Verantwortung über Ihren Einsatz. Eine Übergabe dieser Verantwortung an die EU lehnt die Piratenpartei ab.
Bestrebungen, das Militär in Polizeifunktionen einzusetzen, müssen verhindert werden. Das gilt insbesondere auch für den Einsatz von Militär in anderen EU-Mitgliedsländern im EU-Inneren, wie es der Vertrag von Lissabon ermöglichen würde.
Der Einsatz von Massenvernichtungswaffen ist zu ächten. Darunter fällt auch der Einsatz von "panzerbrechender" Munition aus abgereichertem Uran, die die Bevölkerung in den Kampfgebieten auf lange Zeit radioaktiv belasten. Die Abrüstung von Atomwaffen muss international wieder aufgenommen und konsequent eingefordert werden.
Umweltschutz
Nachhaltige, dezentrale Energieversorgung
Die Piratenpartei setzt sich für eine Energiewende zu einer nachhaltigen, dezentralen Energieversorgung ein. Eine nachhaltige Energieversorgung ist weder mit fossilen Brennstoffen noch mit Kernenergie aus Kernspaltung möglich. Dementsprechend setzt sich die Piratenpartei für eine Versorgung mit vorwiegend regenerativen Energien ein.
Um den Übergang zu regenerativen Energien zu beschleunigen will die Piratenpartei Forschung im Bereich regenerativer Energien sowie den Bau von entsprechenden Anlagen mit EU-Mitteln fördern. Dabei sollen dezentrale Ansätze bevorzugt behandelt werden, da wir Monopolstrukturen, wie sie zur Zeit bei Energieerzeugern üblich sind, abbauen möchten. Außerdem bietet eine dezentrale Versorgung noch weitere Vorteile, wie Ausfallsicherheit und höhere Effizienz durch Nutzung der Abwärme zum Heizen.
Eine lückenlose Versorgung durch regenerative Energien ist sehr viel einfacher und wirtschaftlicher sicherzustellen, wenn Europa zusammenarbeitet. Durch die verschiedenen klimatischen und geologischen Gegebenheiten sind in verschiedenen europäischen Staaten verschiedene regenerative Energieformen nutzbar. Die verschiedenen Energieformen sind verschiedenen Schwankungen im Tages- und Jahresverlauf unterworfen. Durch ein gemeinsames europäisches Hochspannungs-Gleichstromnetz könnten diese Schwankungen mit höchster Effizienz ausgeglichen werden und somit die Energieversorgung effizienter gestaltet werden. Derartige Projekte unterstützt die Piratenpartei daher explizit.
Auch bei der Nutzung regenerativer Energien werden Resourcen verbraucht, wenn auch in einem sehr viel geringeren Maße, als bei konventionellen Kraftwerken. Doch auch dieser Resourcenverbrauch verringert die Nachhaltigkeit, Forschung, die dazu führt, diesen zu verringern, soll deshalb ebenfalls gefördert werden.
Je weniger Energie verbraucht wird, desto weniger Resourcen müssen auch zur Energiegewinnung aufgebracht werden. Einsparmöglichkeiten gibt es viele. Je mehr davon umgesetzt werden, ohne die Lebensqualität zu verringern, desto besser. Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, dass die EU derartige Maßnahmen fördert, sowie Forschungen in diese Richtung unterstützt. Beispiele sind unter anderem: Wärmedämmung von Gebäuden, intelligente Steuerung des Energieeinsatzes, Stärkung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs, Stärkung des Schienenverkehrs, aber auch die Förderung von Hybrid- und Elektrofahrzeugen.
Kernforschung ja, Kernspaltung nein
Die Piratenpartei setzt sich für einen Ausstieg aus der Atomkraft ein. Dafür gibt es viele Gründe, die wichtigsten sind die ungeklärte Frage der Endlagerung, das geringe Rohstoffvorkommen sowie die Möglichkeit die Technik für militärische Zwecke zu missbrauchen. Natürlich muss die Forschung im Bereich der Endlagerung fortgesetzt werden, da bereits entstandene Abfälle sicher gelagert werden müssen. Diese Forschung sollte aufgrund des großen öffentlichen Interesses auch öffentlich gefördert werden. Außerdem müssen die Kosten der Atomkraft realistischer bewertet werden, es darf nicht sein, dass die Gesellschaft Kosten für Transporte und Sicherheit abfängt und somit Atomstrom subventioniert.
Gleichzeitig bietet die Kerntechnik, insbesondere die Kernfusion, aber interessante Chancen und Perspektiven um zukunftsfähige Energielösungen zu entwickeln. Deshalb soll die Forschung im Bereich Kernenergie fortgeführt werden.
Gentechnik - Für verantwortungsvolle Forschung, gegen Genpatente
Die grüne Gentechnik kann in Zukunft neue Möglichkeiten in der Landwirtschaft eröffnen. Sie birgt jedoch, wie jede Technologie, auch Gefahren für Mensch und Umwelt. Um Chancen nutzen zu können und Risiken verantwortungsvoll abschätzen zu können ist die wissenschaftliche Forschung unerlässlich. Unter diesem Gesichtspunkt, und unter der Betrachtung der Forschungsfreiheit, setzt sich die Piratenpartei für eine sichere und verantwortungsbewusste Erforschung der grünen Gentechnologie.
Gleichzeitig ist die Piratenpartei gegen Patente auf Lebewesen und Gene. Dies betrifft auch Gene auf Saatgut und die daraus resultierenden monopolartigen Strukturen auf dem Wirtschaftssektor der Biotechnologie.
Dies bedeutet insbesondere, dass Patente auf Lebewesen nicht mehr erteilt werden dürfen und bereits erteilte Patente dieser Art für nichtig erklärt werden.
Damit der selbstbestimmte Bürger frei entscheiden kann, ob er gentechnisch veränderte Lebensmittel zu sich nehmen möchte, müssen Lebensmittel, die entsprechende Bestandteile enthalten, eindeutig und unmissverständlich gekennzeichnet werden. Dies betrifft auch Lebensmittel, die nur indirekt auf gentechnische Erzeugnisse zurückgehen, wie z.B. Fleisch von Tieren mit gentechnisch verändertem Futter.
Verkehr - Verkehrsmittel richtig einsetzen
Der Verkehr als ein wichtiger Energie-Verbraucher kann wesentliche Beiträge zum Umweltschutz leisten, indem er effizienter gestaltet wird.
Einen Beitrag dazu leistet die Besteuerung von Flugtreibstoffen. Dadurch entfällt ein künstlicher Wettbewerbsvorteil des Flugverkehrs, so dass der tatsächliche Ressourcenverbrauch vergleichbar zu den konkurrierenden Verkehrsmitteln im Preis abgebildet wird.
Ein wichtiger Beitrag zum Umweltschutz soll auch durch eine bessere Nutzung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs gebracht werden: Die Piratenpartei will den öffentlichen Personennah- und -fernvehrkehr fördern, damit er gegenüber dem Individualverkehr auch für jeden einzelnen attraktiver wird. Gefördert werden soll dazu der Wettbewerb verschiedener Bahngesellschaften auf dem Schienennetz - das Schienennetz selbst muss in öffentlicher Hand verbleiben.
Im Öffentlichen Nahverkehr fordert die Piratenpartei Modelle, die die kostenlose Nutzung der Verkehrsmittel ermöglichen. Dies dient nicht nur dem Umweltschutz sondern auch der sozialen Gerechtigkeit, da Mobilität ein wichtiges Grundbedürfnis des Menschen ist. Außerdem dient es der Anhebung der Attraktivität und Erreichbarkeit der Innenstädte, die in den letzten Jahren einen immer höheren Leerstand der Geschäfte des Einzelhandels erlebt haben.
Weiterhin kann der Einsatz von Informationssystemen im Verkehr noch erheblich dessen Effizienz steigern. Hier sollten Mitfahrgelegenheiten und Car-Sharing Konzepte für eine bessere Auslastung der einzelnen Fahrzeuge genutzt werden.