Archiv:2009/Busted
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Am 24.6.09 fand im neuen Piratenbüro in der Andreasstr. 66 ein Workshop zum Umgang mit der Polizei statt, wobei auch auf IT-Spezifisches wie Beschlagnahme von Computern eingegangen wurde.
Folgende Empfehlungen bzw Anmerkungen kommen teilweise von dem vortragenden Rechtsanwalt Norbert Danne (http://hdmw.de), der auf Strafsachen spezialisiert ist und viel Erfahrung damit sowie mit der Berliner Polizei hat, teils von Teilnehmern des Workshops:
Festnahmen:
- Als Beschuldigter hat man das Recht, zu schweigen - und sollte davon _immer_ Gebrauch machen; auch wenn die Polizei (wie in US-Krimis) irgendwelche Vergünstigen in Aussicht stellt, wenn man "kooperiert" - derartiges Recht gibt es in Deutschland nicht.
- Keinen Widerstand gegen Polizei leisten - diese "hat immer Recht", Widersetzen ist dann ein eigener Straftatbestand "Widerstand", der von den Beamten gerne mit größerem Elan verfolgt wird als der eigentliche Anlass.
- Ein Strafverteidiger kann oft helfen und sollte ggf. per Telefon sofort kontaktiert werden, als Verhafteter hat man das Recht dazu, auch wenn die Beamten gerne "vergessen", darauf hinzuweisen.
- In Berlin gibt es eine Vereinigung der Strafverteidiger, die ein eigenes Notfall-Telefon unterhalten, das 7x24 h besetzt ist - Anfragen hier sind kostenlos: 0172-3255553
- Rechtsstaatliches Verhalten kann bei Polizeibeamten nicht zu 100% vorausgesetzt werden.
Zeugen:
- Als Zeuge einer Straftat ist man verpflichtet auszusagen.
- Diese Verpflichtung gilt aber _nicht sofort_ vor Ort, auch wenn die Polizei das teils so darstellt - daher stets "eine Nacht drüber schlafen", bevor man eine Aussage macht.
- Einer Vorladung zur Zeugenaussage der Polizei muss man nicht folgen, nur jener der Staatsanwaltschaft.
- Aus Zeugen werden schnell Beschuldigte, daher nur das Notwendigste sagen.
- Wenn man etwas vergessen hat, ist das schade - aber niemand kann gezwungen werden, sich an das zu erinnern, was er z.B. direkt nach einem Vorgang äußerte.
Hausdurchsuchung / Beschlagnahme:
- Bei einer Hausdurchsuchung ist von dem Richter anzugeben, wonach gesucht wird, das muss auch auf dem Durchsuchungsbeschluss stehen.
- Man kann die komplette Durchsuchung evt vermeiden, wenn man den Gegenstand freiwillig herausgibt.
- Finden die Beamten dann etwas anderes Verbotenes (polnische Knaller?), kann aus dem Zufallsfund trotzdem eine Strafanzeige werden (Ausnahmen bei Einspruch kommen vor, sind aber selten).
- Als Betroffener hat man das Recht, einen Zeugen hinzu zu ziehen (Nachbarn o.ä.).
- Auch auf das Eintreffen eines angerufenen Anwalts/Verteidigers muss die Polizei warten (was sie aber nicht immer "weiss").
- Gegenstände, die einem Nachbarn, Freund oder WG-Mitbewohner gehören, dürfen von der Polizei nicht mitgenommen werden; ein Kaufnachweis o.ä. ist dazu hilfreich.
- Bei Computer-Vorgängen kann man nicht auf die Kompetenz der Beamten zählen - etwa "Welche Datei suchen Sie denn?" - Es wird stets das ganze Gerät eingepackt, ggf auch Monitor, Drucker usw. - "Die verhalten sich wie Möbelpacker."
- Es empfiehlt sich, aus Prinzip alle Daten zu verschlüsseln (zB mit TrueCrypt).
- Ob auf dem Computer etwas Strafbares gefunden wird oder nicht: Es kann drei Monate oder mehr dauern, bis man ihn zurück bekommt. Eine Entschädigung wird nicht gezahlt.
- Wer von seinem Gerät beruflich abhängig ist, sollte wichtige Daten daher stets remote sichern, sowie ein Ersatz-Arbeitsgerät bei einem Freund o.ä. bereit halten.
- Es sind Fälle bekannt, wo ein Server nach Monaten der Beschlagnahme zurück geliefert wurde - und gemäß der Logdateien in dieser Zeit nicht einmal eingeschaltet worden war.
- Auch wer völlig unschuldig ist, kann von Beschlagnahmen betroffen sein, z.B. wenn sein Name in irgendeiner Kundendatei auftauchte, in der andere (vermutete) Straftäter standen.
Thematische Ergänzung: