Bundesparteitag 2011.2/Antragsportal/Q108

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2011.2. Antragsseiten werden kurze Zeit nach Erstellen durch die Antragskommission zum Bearbeiten gesperrt. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich

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Tango-dialog-warning.svg Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag. Jedes Mitglied ist dazu berechtigt, einen solchen Antrag einzureichen.

Antragsnummer

Q108

Einreichungsdatum

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Antragstitel

Steuerungen des Marktes durch Staat und Bürger

Antragsteller

Antragstyp

Positionspapier

Antragstext

I. Motivation

Besitz und Einkommen sowie Verfügbarkeit von Produkten und Leistungen bestimmen wesentlich die sozialen, kulturellen und materiellen Möglichkeiten der Bürger. Alle Bürger sollten hier ähnliche Möglichkeiten haben. Kein Bürger sollte vom sozialen, kulturellen oder materiellen Leben ausgeschlossen sein. Hier sehen wir im Moment akute Probleme.


II. Markt und Wirtschaft

Der Markt soll materielle, kulturelle und zum Teil soziale Bedürnisse aller Bürger befriedigen. Der Markt ist ein zur Instabilität neigendes dynamisches System, das durch Angebot-Nachfrage-Rückkopplung gesteuert wird. Problematische Neigungen des Marktes (Monopolbildung, Ignorieren essentieller Bedürfnisse) werden momentan durch den Staat begrenzt, Zyklizität wird durch den Staat gesteuert damit das System stabil bleibt (Inflation/Deflation).


III. Aktuelle Probleme

1. Bildung von Konzernen

Um Kosten zu senken und den Markt besser zu beherrschen, neigen profitmaximierende Unternehmen dazu, sich zu größeren Unternehmen zusammenzuschließen. Die Existenz von Monopolen setzt durch Angebot-Nachfrage-Rückkoppelung den Wettberb außer Kraft, im entsprechenden Marktsegment sinkt die Qualität oder Preise steigen. Begonnene Konzernbildung wird beschleunigt, da Konkurrenten eines Unternehmens bei steigender Marktdominanz immer effektiver verdrängt werden.

2. Nicht-Bedienung existentieller Bedürfnisse

Sind wichtige Bedürfnisse nach bestimmten Produkten nur bei einer kleinen Gruppe von Bürgern vorhanden, können sie nicht rentabel bedient werden. Beispiele sind Nichtentwicklung von Arzneimitteln für seltene Krankheiten oder wissenschaftliche Zeitschriften, die für Einzelpersonen unerschwinglich sind.

3. Ungleichverteilung von Chancen/Möglichkeiten

Einkommen und materielle Chancen der Bürger sind vor allem zufällig bedingt (Herkunft/Geburt, Vermögen, sozialer Status, Verhandlungsgeschick). Einkommen ist meist wenig leistungs- oder verantwortungsbezogen. Der Markt neigt dazu, diese zufälligen Ungleichverteilungen zu verstärken.

4. Ungleichverteilung von Risiken

Die überwiegende Mehrheit der Produzenten ist in In hierarchisch strukturieren Unternehmen organisiert. In dieser Strukturform wird das Unternehmensrisiko auf alle Mitarbeiter verteilt, während Profit ausschließlich oberen Ebenen des Unternehmens zufließt. Dabei ist der Zugang zu oberen Ebenen einer Unternehmenshierarchie nur wenigen Bürgern möglich. Diese Chancen-Ungleichverteilung ist selbstverstärkend. Eine Extremform stellen "too-big-to-fail"-Unternehmen dar, bei denen das Risiko auf alle Bürger eines Staates verteilt wird.


IV. Möglichkeiten der Steuerung

1. Stärkung des Angebots

Finanzielle Unterstützung der Produzenten führt primär zur Effizienzsteigerung und nur sekundär zu mehr Produktion. Angestellte von Unternehmen werden trotz steigener Umsätze entlassen, was mehr Bürger von Teilhabe ausschließt und die Nachfrage senkt. Wir halten die Stützung der Produzenten (etwa durch Steuersenkungen) deshalb für eine ungünstige Steuerungsmaßnahme.

2. Stärkung der Nachfrage

Finanzielle Unterstützung der Konsumenten stärkt die Nachfrage und führt primär zu mehr Produktion. Der Marktumsatz steigt. Wir halten die Stärkung der Konsumenten (etwa durch finanzielle oder strukturelle Zuwendungen) für ein geeigneteres Steuerungsmittel. Am effektivsten läßt sich die Nachfrage bei Bürgern mit geringem Einkommen steigern, da zusätzliche Mittel hier sofort wieder im Markt umgesetzt werden. [Möglich wäre die Einführung einer vom Einkommen abhängingen "Solidaritätssteuer", die bei Einkünften über einem Mittelwert positiv, darunter negativ ist (d.h. der Bürger bekommt Geld).]

3. Ausnahmen von der Marktwirtschaft

Produzenten, die essentielle Güter oder Dienstleistungen bereitstellen, können oft nicht rentabel arbeiten. Solche Unternehmen sollten von der Marktwirtschaft ausgenommen werden. Wir sind der Meinung, daß Krankenhäuser, Universitäten, Schulen, staatlich und nicht unter Gesichtspunkten der wirtschaftlichen Effizienz geführt werden sollten. Ähnliche Überlegungen können auch für Bereitsteller von materieller (ÖPNV) und immaterieller (Internet) essentieller Infrastruktur gemacht werden, sowie für Kunst- und Kulturbetriebe. Weiterhin für geeignet halten wir Subventionen zur Stützung von Preisen bei essentiellen Produkten mit kleinem Markt.

4. Offenlegung von Produkten

Güter oder Dienstleistungen, die essentiell sind aber nur einen kleinen Markt haben, sind oft nicht rentabel herzustellen. Solche Produkte sollten offengelegt werden um mit wenig Aufwand von vielen Produzenten hergestellt werden zu können. Wir sind der Meinung, daß wichtige Arzneimittel, Genome von Agrarpflanzen, Software die im öffentlichen Bereich eingesetzt wird, offengelegt werden sollte. Um Entwicklungsaufwand von gewinnmaximierenden Unternehmen zu vergüten, kann der Staat hier als Kunde auftreten.

5. Verteilung der Risiken

Die Ungleichverteilung von Risiken und Profit ist schwierig zu unterbinden. Möglich wäre eine neue Unternemensform in der Rikiso und Profit zwingend unter allen Mitarbeitern ähnlich aufgeteilt wird. Diese könnte staatlich begünstigt werden. Too-big-to-fail-Unternehmen sollten nicht gestützt werden. Um Marktverwerfungen aufzufangen, sollten Mitarbeiter solcher Unternehmen und Mitarbeiter von Unternehmen, die wegen Insolvenz des Too-big-to-fail-Unternehmens in Insolvenz gehen, direkt unterstützt werden.

6. Verhindern von Monopolbildung

Um Monopolbildung zu verhindern ist bis jetzt das Bundeskartellamt tätig. Dieses kann seiner Aufgabe leider nur unzureichend gerecht werden, inspesondere bei multinationalen Unternehmen (Beispiel Microsoft im Desktopbereich für Betriebssysteme). Wir überlegen hier andere Ansätze, wie Monopolbildung verhindert werden kann.

7. Nachdenken über andere Steuerungsmechanismen

Insgesamt denken über andere Steuerungsmechanismen nach, da bisherige Mechanismen unzureichend sind. Insbesondere existieren keine automatischen Mechanismen, die die Instabilität des Marktes verhindern können.


V. Risiken

Aufgrund der unüberschauberer Parameterzahl des Systems Wirtschaft gibt es keine Testmöglichkeit für Veränderungen, die an diesem System gemacht werden. Weiterhin sind Einzelentscheidungen von einflußreichen Bürgern im Markt nicht analysierbar. Gängige Modelle zur Marktfunktionsweise sind zu vereinfacht (homo ökonomicus). Damit kann der Effekt von Steuern und strukturellen Begünstigungen nicht oder nur ungenügend vorausgesehen werden. Trotzdem sind alle Menschen von etwaigen Änderungen direkt betroffen. Steuerungsmaßnahmen vom Staat sind nur bewußt und manuell möglich. Diese sind häufig zu langsam und verursachen neben den gewünschten noch andere Effekte. Wir sind uns deshalb bewußt, daß alle Änderungen (und Nicht-Änderungen) ein hohes Risiko darstellen.

Antragsbegründung

Der Markt muß, um nicht zu kollabieren, durch den Staat gesteuert werden. Die Möglichkeiten der Steuerung sind verschieden zu bewerten. Dieses Papier soll den Standpunkt der Piraten zu verschiedenen Steuerungsmöglichkeiten wiedergeben.

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Datum der letzten Änderung

02.12.2011

Antragsgruppe

Wirtschaft und Finanzen

Status des Antrags

Pictogram voting question.svg Ungeprüft