BY:Positionspapiere/POS-053

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GEMA Reform

Antrag

Förderung einer grundlegenden Reform der GEMA

Eine angemessene und alle Mitglieder umfassende Vertretung in den satzungsgebenden GEMA Gremien, sowie eine gerechte Ausgestaltung der bisher angewandten Verteilungsschlüssel hinsichtlich einer fairen Vergütung und Verteilung der Erlöse aus öffentlichen Aufführungsrechten, mechanischen und sonstigen Vervielfältigungsrechten, Geräte- und eventuellen Flatrateabgaben ist dringend erforderlich um einen modernen gesellschaftlichen Auftrag der GEMA gerecht zu werden.

Im Rahmen einer globalen Wettbewerbsfähigkeit muss es die GEMA ihren Mitgliedern in Zukunft gestatten, lizenzfrei einzelne Werke und Werkteile dem CC für alle Nutzungsarten zuzuführen, sowie Aufführungen des eigenen Repertoires im virtuellen und realen Raum lizenzzahlungsbefreit zu veranstalten.

Daraus resultiert auch das Recht des Urhebers, seine Werke im Internet auf Portalen zu veröffentlichen, welche die GEMA bisher durch rechtliche Verfügungen vom Netzzugang gesperrt hat. Um dies zu gewährleisten, erfordert auch das Verlagsrecht eine Revision im Sinne einer stärkeren Selbstbestimmung des Urhebers.

Die GEMA muss sich von den Stereotypen der Kulturklassifizierung in E (Ernste Werke) und U (Unterhaltung) sowie dem in der Erlösstruktur höher gewerteten Begriff des Standardwerkes trennen, denn in einer kreativen Netzwelt sind nicht nur die Grenzen, sondern auch die Kulturauffassungen fliessend.

Wir fordern die Abschaffung der GEMA Vermutung zu Gunsten eines offenen und transparenten Systems der vom Urheber bestimmten Einzeichnung von Werken innerhalb des Wahrnehmungsvertrages.

Begründung

Die GEMA vertritt als wirtschaftlicher Verein die Rechte von in Deutschland eingetragenen ungefähr. 60 Tsd. Musikern und Textdichtern sowie angeschlossener Urhebern über internationale Verwertungsgesellschaften (BIEM/SACEM/ASCAP/TEOSTO u.v.a.). Sie sammelt per Inkasso Beträge für die Bereiche öffentliches Aufführungsrecht (Konzerte, Gastronomie, öffentlich. Beschallung, Radio, Fernsehen, Internet), mechanische Vervielfältigung (Tonträger), Geräteabgabe (Datenträger, PCs, Drucker) sowie moderne Musikdaten übertragende Vertriebswege ein. Sie verteilt diese nach verschiedenen Schlüsseln und Spartenunterscheidungen. Diese Abrechnungs- und Einzeichnungsmodalitäten der GEMA stammen aus dem letzten Jahrhundert und sind größtenteils unter der Anleitung großer Medienkonzerne entstanden, die als Verwerter von dieser einseitigen auf Charthits bezogenen Bewertung partizipierten. Die GEMA Klassifizierungen von Werken werden durch Gremien bestimmt, die überwiegend durch ordentlicher Mitglieder besetzt sind. Diese rekrutieren sich aus dem Mitgliederstamm von Komponisten und Textdichtern, die ein gewisses Jahreseinkommen an GEMA Tantiemen überschreiten, also dem saturierten Establishment der Kulturindustrie angehören und überwiegen in der Gewichtung ihres Stimmrechtes jenes der angeschlossenen Mitglieder. Direkte Abstimmungen der Mitgliederbasis wie z.B. per Briefwahl, wie in anderen Verbänden üblich, werden bei der GEMA nicht praktiziert. Die direkte Beteiligung und Mitbeschlussfassung des Großteils der Mitglieder wird ausgeschlossen.

Als Gegenwartskunst lebt moderne Musikkultur von ihrer hohen Fluktuation - besonders im Zeitalter des digitalen Wandels. Die Diversifizierung des Kulturguts Musik hat seit Anfang der 90er Jahre rapide zugelegt. Massenkulturgut verliert stetig an Gewicht gegenüber der Vielzahl von Subströmungen, die gerade durch das Internet das größt mögliche Informationsfenster zum Konsumenten gefunden haben. Der Konsument von heute sieht das Angebot von Massen- bis Nischenprodukt als gleichwertiges Kontinuum, aus dem er nach aktueller Gemütslage und Geschmack auswählen kann. Entsprechend ist der Massenmarkt in Mikromärkte zerfallen, den großen Plattenfirmen stehen in kleine Produktionsfirmen und Künstler AGs auf Augenhöhe gegenüber, die Dank des digitalen Wandels im Internet ein Medien gefunden haben, das ihren schmaleren Werbebudgets entspricht aber auch in Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit den alten und trägen Marketingtools (Anzeigen-, Fernseh- und Radiokampagnen, Plakatierungen, etc.) der großen Konzerne überlegen ist.

Das bisherige PRO Abrechnungsverfahren, welches den größten Teil der Erlöse verteilt, trägt dieser Entwicklung nicht Rechnung. Es verzerrt Verteilungssätze zu Ungunsten einer kleinteiligen Urheberschaft, trägt so zur Besitzstandswahrung der etablierten Verwerter bei und verhindert einen gerechten Wettbewerb. Ebenso lässt die Verteilung der Erlöse aus der Abgabe für Medien (CD Rohlinge etc.) sowie Drucker, Computer etc. zu wünschen übrig. Die ursprüngliche Idee, durch die Gebühr auf den Rohling den Raubkopierer indirekt doch bezahlen zu lassen, wird durch die Abrechnung dieser erwirtschafteten Beträge konterkariert, denn die meisten Medien werden für GEMA freies Material wie Datensicherungen etc. verwendet und der Großteil dieser Erlöse wird dem PRO Verteilungsschlüssel zugeführt, welcher proportional den Urheber aus dem Longtailsegment benachteiligt.

Da der Großteil der Urheber heute als Direktvermarkter agiert, dürfen sie sowohl in ihrer kreativen als auch monetären Entwicklung nicht durch restriktive GEMA Forderungen in ihrer Entfaltung behindert werden. Da der digitale Wandel hin zu einer Informationsgesellschaft mit freier Nutzung von informellen Gütern im Netz neue Verfahren zur Erfassung, Bewertung und Ausschüttung von urheberrechtlich begründeten Erlösen erfordert, besteht dringender Reformbedarf der Institution GEMA, da sie ihren Auftrag aus dem UrhWahrnGes. bezieht. Das betrifft sowohl die gesetzlich festgeschriebene Verpflichtung aus dem Urheberwahrnehmungsgesetz sowohl die grundlegende Revision der GEMA Satzung, der Verteilungsschlüssel und der Zusammensetzung der Kontrollgremien.

Vertiefung:
[1] http://brunokramm.wordpress.com/2011/12/15/diezweiklassen/
[2] http://brunokramm.wordpress.com/2011/12/21/kulturbremse-gema/
[3] http://brunokramm.wordpress.com/2011/12/07/die-zwei-gesichter-der-gema/

Beschluss

Dieser Antrag wurde auf dem Landesparteitag Bayern 2012.1 in Straubing als P48 angenommen (Protokoll).