Landesverband Bayern/Positionspapiere/POS-009

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Grundsätze: Politischer Standpunkt und Selbstverständnis

(1) Den Ursprung allen Rechts sehen die PIRATEN in dem Recht, was mit jedem Menschen geboren wird. Jeder Mensch hat sein natürliches Recht, sein Menschenrecht als Naturrecht, das dem durch soziale Normen geregelten gesetzten oder positiven Recht vorhergeht und übergeordnet ist. Als besondere Quellen des Naturrechts sehen die PIRATEN: Die individuelle Selbsterkenntnis und Orientierung des Gewissens, die Natur an sich und die Vernunft.

(2) Das politische Menschenbild der PIRATEN respektiert das Recht jedes Menschen: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen. - Die PIRATEN bekennen sich zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die Sitten einer Gemeinschaft ergeben sich aus der individuellen Moral der Mitglieder als fließende kollektive Übereinkunft darüber, was für die Mitglieder der Gemeinschaft als Sittengesetz verbindlich ist. Gemeinschaften als Gruppen von freien Menschen sowie ihre Sitten werden von den PIRATEN respektiert, solange sie die vorhergehende freiheitliche Gesellschaft aller Menschen akzeptieren und weiterführend respektieren.

(4) Der Begiff Freiheit ist für den einzelnen freien Menschen nicht bestimmbar. Erst in einer Gesellschaft von Menschen erfährt "Freiheit" Bedeutung; - dahingehend, daß die Freiheit des Einen sich immer an der Freiheit des Anderen manifestiert. Dieser freiheitliche Grundsatz ist es, der eine freiheitliche Gesellschaftordnung fordert.

(5) Demokratie ist wesentlich durch das unmittelbare Tun der Menschen bestimmt. Direkte Demokratie ist das Tun der Menschen an sich. Demokratie braucht Freiheit.

(6) Die PIRATEN bekennen sich zu dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Das Grundgesetz verfaßt das Staatswesen der Bundesrepublik Deutschland, das durch die bürgerliche Gesellschaft bestimmt wird. Die Individuelle Freiheit der Bürger ist wie ihre republikanische Freiheit hierfür Vorausetzung. Der so verfaßte demokratische und soziale Rechtsstaat Deutschland ist eine Herrschaftsform. So ist es unbedingt notwendig, der herrschenden Kraft den Anspruch der Individuellen Freiheit als Normative gegenüberzustellen.

(7) Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland als Ursprung einer freiheitlichen Gesellschaftsordung garantiert jedem einzelnen Bundesbürger seine Grundrechte, die sich aus den Menschen- und Bürgerrechten ergeben. Die PIRATEN sehen diese Grundrechte der Bürger als Schranken für das Staatswesen. Diese schützen jeden Menschen vor Übergriffen sowie Willkür der herrschenden Politik.

(9) Die PIRATEN sprechen sich gegen eine Einschränkung der Grundrechte durch die herrschende Politik aus und sehen das Grundgesetz - inbesondere die "Grundrechte" in ihrer ursprünglichen Form von 1949 als maßgeblich.

(10) Die PIRATEN setzen sich für einen stärkeren Schutz und eine stärkere Beachtung der Grundrechte ein. Sie beanspruchen die Grundrechte insbesondere auch gegen das Staatwesen sowie dessen Einrichtungen.

(11) Die Assoziation des Staatswesens an die bürgerliche Gesellschaft als sozialer Bundestaat stellt das Staatswesen gesetzlich gleich zu jedem einzelnen Bürger. Ebenso gleichgestellt sind die Bundesländer, die ebenso den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne des Grundgesetzes entsprechen. Der Gleichsetzung des Begriffes "sozialer Bundesstaat" bzw. "sozialer Rechtsstaat" mit "Sozialstaat" folgen die PIRATEN nicht. Der soziale Rechtsstaat hat jedoch insbesondere die Verpflichtung, Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die die Menschen an der Bildung bürgerlicher Gesellschaft hindern. Soziale Gerechtigkeit für die Menschen bedeutet, daß niemand aus der bürgerlichen Gesellschaft ausgeschlossen wird: Für den Rechtsstaat ist Jedermann gleichermaßen Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft.

(12) Die gesellschaftliche Aufgabe des sozialen Rechtsstaates ist die Ausübung von Recht.

(13) Die PIRATEN sehen in der Annährung an die Individuelle Freiheit der Menschen die normative Grundlage einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung.

(14) Die Politik der PIRATEN orientiert sich am Wohle der Allgemeinheit. Die Allgemeinheit wird jedoch nicht als Kollektiv verstanden, sondern als Jedermann - die Menschen, die die bürgerliche Gesellschaft bilden.

(15) Die PIRATEN respektieren die Gewaltenteilung des Staatsweses in die drei Staatsgewalten: die Legislative, Exekutive und Judikative. Das Zusammenspiel der drei Staatsgewalten setzt voraus, dass keine über die anderen die Oberhand gewinnt und sie beherrscht. Selbiges gilt für die föderative (vertikale) Gewaltenteilung.

(16) Analog zur Gewaltenteilung sehen die PIRATEN eine Gefahr in der Konzentration von politischer Macht. Sie fordern eine strikte Aufteilung von politischen Themengebieten und der sie betreffenden Definitionshoheit. Nur so ist es möglich, mehr Menschen an der Gestaltung teilhaben zu lassen und vielfältig polarisierenden Machtinteressen entgegenzuwirken.

(17) Ein "Bürger" ist durch seine Freiheit definiert: Selbstständigkeit, Selbstbestimmung, Unabhängigkeit, Selbstverwaltung sowie Entscheidungs- und Handlungsfreiheit. Ein Bürger handelt frei in Verantwortung vor sich selbst und in Berücksichtigung des Anderen. Die Freiheit der Bürger selbst kann nicht durch das Staatswesen hergestellt sondern nur eingeschränkt werden. Die PIRATEN unterstützen die Selbstständigkeit der Bürger. Sie setzten sich für die Freiheit der einzelnen Menschen sowie menschlicher Gemeinschaften ein - ganz im Sinne einer kulturellen Vielfalt.

(18) Durch auf die Gesetzgebung wirkenden Lobbyverbände und eine unkritische herrschende Politik sehen die PIRATEN den bürgerbezug der Staatsbildung gefährdet. Die PIRATEN wollen der Öffentlichkeit eine bürgerbezogene Perspektive geben und den Bürgern eine Alternative zu den herrschenden Machtverhältnissen bieten. Sie sind kritisch gegenüber herrschenden Lehrmeinungen und Quasi-Standards.

Bürger, Information, Internet

(19) Den Verlust des Bürgerbezugs von Politik begleitet eine strukturelle sowie informationelle Gleichschaltung der Staatsgewalten durch die herrschende Politik. Die staatsrechtlich verankerte Gewaltenteilung wird untergraben. Die Vernetzung von Informationen bzw von Informationsmaschinen sowie die Formalisierung der Menschen in willkürliche Informationelle Strukturen raubt den Menschen ihre Individualität und ordnet sie einer dividuellen und so informationell beherrschbaren Masse unter. Die herrschende Politik implementiert so bewusst oder unbewusst eine übergeordnete systemimmanente Gewalt, die auf informationeller Fremdbestimmung aufbaut. Der Mensch wird als instanziertes Objekt einer Klasse mit programmierten Automaten verbunden. Die PIRATEN wollen dieser politisch motivierten Cyberkratie entgegenwirken, die einer Techno- bzw. Expertokratie entspricht und so im orwellschen Sinn eine Vorstufe des Faschismus darstellt.

(20) Eine Cyberkratie bestimmt die Menschen durch progammierte Steuerungsräume (Cyberspaces). Sie übt Kontrolle dadurch, daß sie den Freien Willen des Menschen beschränkt auf die Auswahl zwischen programmierten Optionen. Ein Mensch wird so zum gesteuerten, festgelegten Automaten.

(21) In diesem Sinne betrachten die PIRATEN besonders kritisch die Bestrebungen der herrschenden Politik, Informationsmaschinen der privaten bürgerlichen Gesellschaft mit denen der öffentlichen Einrichtungen zu vernetzen, bzw. Einfluß auf die Vernetzung und Datenhaltung der privaten Informationssysteme zu nehmen und sich Zugriff zu verschaffen. Besonders Partnerschaften öffentlicher und privater Einrichtungen mit dem Zweck der informationellen Vernetzung zur Kontrolle und Steuerung sehen die PIRATEN als Gefahr für die Individuelle Freiheit der Menschen bzw. als Gefahr für die Bürger.

(22) Das Recht auf Informationelle Selbstbestimmung, was sich aus den Individualrechten ableitet, muß insbesondere vom Staatswesen respektiert werden. Die zunehmende horizontale Vernetzung von Personeninformationen durch die Staatsräson führt zu politischer informationeller Willkür, d.h: Beliebige Datenmuster werden im Umkehrschluß auf Menschen bezogen. Die Menschen werden so beliebig vermasst - einer Masse zugeordnet. Sogesehen entsteht eine statistische bzw. systemische Mitte, die zum politischen Machterhalt gesetzgebend addressiert und mehrheitsdemokratisch genutzt werden kann: So werden die Minderheiten durch die modellierte /Normalität/ beherrscht.

(23) Die PIRATEN erkennen in der informationstechnologischen Vernetzung der Menschen einen besonderen Schwerpunkt ihrer Politik. Cyberspaces (Steuerungsräume) und Menschen treffen aufeinander.

(24) Die elektronische Vernetzung durch Kommunikationstechnik ist hierbei lediglich das neutrale Medium für die Kommunikation zwischen - und der Zugang zu den Cyberspaces.

(24) Es wird von den PIRATEN kritisch unterschieden zwischen staatlichen Cyberspaces, die als öffentliche Sache der Republik zugehörig sind und von der Politik bestimmt werden - und Cyberspaces der bürgerlichen Privatsphäre, die einer Öffentlichkeit lediglich zugänglich gemacht werden.

(25) Die PIRATEN wollen die politische Wahrnehmung des InterNet's als "interconnected networks" - miteinander verbundene autarke Netzwerke!

(26) Die PIRATEN wollen eine strikte Gewaltenteilung gerade im Bezug auf behördliche Informationsmaschinen bzw. Netzwerke und informationelle Strukturen.

(27) Die PIRATEN wollen Keine Informationelle /Partnerschaft/ zwischen privaten und öffentlichen Steuerungsräumen. Kein Austausch/Abgleich von Daten bzw. Datenstrukturen.

Beschluss

Dieser Antrag wurde auf dem Landesparteitag Bayern 2011.1 in Germering angenommen (Protokoll).