Landesverband Bayern Positionspapier gegen 3.Start/Landebahn am Flughafen München
Die Piratenpartei Deutschland Landesverband Bayerns spricht sich gegen den aktuell geplanten Bau der 3. Startbahn am Flughafen München aus und unterstützt die Bürgerinnen und Bürger im Kampf dagegen. Sollten bei einer eventuellen Neuplanung des Bauvorhabens die Interessen und Bedenken der Bürgerinitiativen berücksichtigt werden soll dieses Positionspapier beim nächstmöglichen Landesparteitag der Piratenpartei Deutschland Landesverband Bayern erneut besprochen und abgestimmt werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Begründung
- 1.1 Argumente gegen eine 3. Start- und Landebahn am Flughafen München
- 1.2 Kapazitätsreserven am Flughafen München
- 1.3 Zumutbarkeit des Flugverkehrs für Mensch und Natur und ökologische Folgen
- 1.4 Nutzen und wirtschaftliche Effekte eines Drehkreuzflughafens (Hub) für die Region
- 1.5 Wachstumsbremsen für den Flughafen München
- 1.6 Sperrgrundstücke als konkreter Hinderungsgrund für den Bau einer 3. Startbahn
- 1.7 Ein Kuriosum bei der Startbahnplanung ist die Startbahnlänge
- 1.8 Konsequenzen aus den vorstehenden Fakten
- 1.9 Kurzbezeichnungen
- 1.10 Quellenverzeichnis
- 2 Beschluss
Begründung
Das Projekt "3.Startbahn" ist weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll deswegen gibt es enormen Wiederstand in der regionalen Bevölkerung. Dies lässt sich aktuell durch ca. 84.000 Einwendungen gegen dieses Projekt belegen. Für angrenzende Kreisverbände ist eine Position zu diesem Thema sehr wichtig um in die Kommunalpolitik einsteigen zu können. Dennoch ist dieses Projekt Landesthema da es um die Steuergelder aller bayerischen Bürger geht und dem Freistaat Bayern 51% der Flughafen München GmbH gehört.
Argumente gegen eine 3. Start- und Landebahn am Flughafen München
1. Auswirkungen der Finanzkrise und des gebremsten Wirtschaftswachstums:
1.1. Der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) schrieb in seinem Konjunkturbericht: „Da die Wirtschaftsleistung in 2009 um 5 % schrumpft, wird das Land bei gleichem Wachstum wie vor der Krise 5 Jahre brauchen, um das Niveau von 2008 wieder zu erreichen. Für die Rückführung der Neuverschuldung im Staatshaushalt werden 8 Jahre vergehen.“ (Süddeutsche Zeitung, 31.10.2009) Zusätzlich zur Neuverschuldung belasten neuerdings auch noch die Risiken der für Griechenland und den Euro-Schutzschirm übernommenen Bürgschaften in Höhe von ca. 160 Mio. € den Staatshaushalt und damit die Bonität der Bundesrepublik mit allen daraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen.
1.2. Die jährlichen Wachstumsraten des Welt-Ölverbrauchs und der Weltwirtschaft von 2004 bis 2007 werden nach der Krise bis 2025 und darüber hinaus nicht mehr erreicht. (HWWI Gutachten Januar 2010, 2.1.2 Bild 4 und 2.7 Bild 16).
1.3. Das “Trendwachstum” wird für die USA langfristig mit 2% und damit deutlich niedriger als im langjährigen Durchschnitt der Jahre 1990 bis 2008 prognostiziert. In diesem Zeitraum lag der Durchschnitt bei 2.8% (HWWI Gutachten 2010, 2.2.2 S.17). In dem gleichen Zeitraum 1990 bis 2008 betrug das Wirtschaftswachstum in der Bundesrepublik Deutschland im Durchschnitt 1,85 % (Statistisches Bundesamt Destatis). Im Basisszenario wird von 2009 bis 2025 ein durchschnittliches Wachstum von 1,6 % erwartet. (HWWI Gutachten 2010, Tab.3).
1.4. Intraplan musste aufgrund des HWWI-Gutachtens einräumen, dass die Luftverkehrsprognose aus dem Jahr 2006 so nicht zutrifft. Die Einwender beim Anhörungsverfahren im Jahr 2008/09 haben schon damals darauf hingewiesen, dass diese Prognose mehr Wunsch als Wirklichkeit war. Nun behauptet Intraplan erneut, mit der ergänzten Prog-nose richtig zu liegen. Im Grunde genommen werden die ursprünglichen Wachstums-erwartungen nur um 5 Jahre verschoben. Es stellt sich hier aber erneut die Frage, wie lange diese Voraussagen der Realität standhalten. Alles deutet darauf hin, dass auch diese ergänzte Prognose schon nach wenigen Monaten nicht mehr zu halten sein wird.
1.5. Die Intraplan Consult GmbH hat unter dem Titel „Ergänzende Szenariobetrachtungen zur Luftverkehrsprognose 2020 für den Flughafen München“ eine revidierte Prognose der Passagierzahlen, der Luftfrachtmengen und der Flugbewegungen für den Flughafen München bis zu den Jahren 2020 und 2025 vorgelegt. Diese Prognose ist nach den Ergebnissen einer gründlichen Analyse als erheblich zu hoch einzustufen. Dies geschieht einmal durch falsche Anwendung der im HWWI-Gutachten gelieferten Wirtschaftsdaten, zum anderen durch das Herunterrechnen des Einflusses der vom HWWI prognostizierten gestiegenen Kerosinpreise auf die Flugkosten um die Hälfte, sowie durch die Verwendung von falschen Umrechnungsfaktoren der Wirtschaftsdaten und der Flugkosten auf die Nachfrage (M.Besch: Stellungnahme vom 25.5. 2010).
1.6. Das HWWI betont in seinem Gutachten die Prognoseunsicherheit in der Einleitung ausdrücklich mit der Feststellung: „Da die Krise in Tiefe und Breite alle in den letzten 50 Jahren vorangegangen Krisen weit übersteigt, sind Projektionen besonders schwierig.“ Damit stellen die Wirtschaftswissenschaftler aus Hamburg jede längerfristige Vorhersage des Wirtschaftswachstums in Frage. Wie Recht sie damit haben beweisen die vielen Negativnachrichten seit Erstellung des Gutachtens (Griechenlandkrise, Spanienkrise, Ölmarktspekulationen durch dubiose Finanzprodukte, drohende Kreditkartenkrise, Goldman Sachs/Deutsche Bank, die Nachwirkungen der Flugverkehrsunterbrechungen durch die Vulkanasche in Europa, die neueste Steuerschätzung vom Mai 2010 mit ihren negativen Vorhersagen, Euro-Abwertung, Luftverkehrsabgabe). Dem steht im gleichen Zeitraum als einzige positive Nachricht ein bescheidenes Exportwachstum auf Grund eines schwachen Euros gegenüber. Das deutet darauf hin, dass eher das Szenario mit dem geringeren Wirtschaftswachstum aus dem HWWI-Gutachten greift und nicht das so genannte Basisszenario mit mittleren Wachstumsraten, dem vom HWWI die größte Eintrittswahrscheinlichkeit zugesprochen wird.
Kapazitätsreserven am Flughafen München
2.1. Die Fehleinschätzung der Wachstumserwartungen wird am Beispiel der Luftfracht besonders deutlich. In München werden im Vergleich zu Frankfurt gerade einmal ca. 10 % der Luftfracht befördert. Trotz des ohnehin schon niedrigen Niveaus ist die Luftfracht am Flughafen München im Jahr 2009 gegenüber dem „Boomjahr“ 2008 um 11,8 % zurückgegangen (Verkehrsberichte der FMG). Die Frachtflughäfen in Deutschland sind Frankfurt, Leipzig und Bonn/Köln. Nach dem Gutachten von Intraplan (2006) ist die Beifracht bei Großraumflugzeugen im Interkontinentalverkehr ein Wachstumsfaktor am Flughafen München. Wenn jedoch das Passagieraufkommen nicht mit der prognostizierten Dynamik wächst, kann auch die Beifracht logischerweise nicht wie erwartet zunehmen (LVP 5.2 Abb.5-9). Die von Intraplan vorhergesagte Zunahme des Frachtaufkommens um 254 % für die Zeit von 2009 bis 2025 am Flughafen München ((LVP/Erg. 2010 Tab. 2-8) ist nach den vorliegenden Fakten utopisch. Zu berücksichtigen ist bei der Fracht, wie im Passagierbereich, dass die in den letzten Jahren fehlende Kapazität am Flughafen Frankfurt in München eher Bedarf generiert hat, der nach Fertigstellung der 4. Startbahn nach Frankfurt zurückverlagert wird. Die in Frankfurt im ersten Halbjahr 2010 im Vergleich zu München deutlich höheren Wachstumsraten im Fracht- und Passagierbereich wie auch bei den Flugbewegungen bestätigen diese Feststellung (Münchner Merkur 12./13.06.2010). Demnach sind z.B. im Mai 2010 die Flugbewegungen in Frankfurt um 2,5 % gestiegen und in München um 1,9 % gefallen.
2.2. Im Jahr 2009 wurden am Flughafen München 32,6 Mio. Passagiere abgefertigt. Mit den beiden vorhandenen Start- und Landebahnen hat der Flughafen München bereits eine Kapazität von 50 Mio. Passagieren pro Jahr, wie der Geschäftsführer der Flughafen München GmbH (FMG), Dr. Michael Kerkloh in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk im Jahr 2004 stolz erklärte. Die FMG erwartet diese 50 Mio. Passagiere im Jahr 2020 und führt diese Zahl unter anderem als Rechtfertigung für den Bau einer 3. Start- und Landebahn an. Dies würde einen kontinuierlichen Anstieg der Passagierzahlen von 4 % pro Jahr bedeuten. Wachstumsraten der Passagierzahlen in dieser Größenordnung sind jedoch in München in naher Zukunft nicht mehr zu erwarten. Ein Indiz dafür ist, dass die Passagierzahlen im Boomjahr 2008, also noch ehe sich die gegenwärtige Krise auswirken konnte, nur mehr um 1,7 % angestiegen sind. Das langfristige Wirtschaftswachstum wird vom HWWI für die Bundesrepublik bei optimistischer Betrachtung auf 1,6 % jährlich geschätzt (siehe oben Ziffer 3). Der Flughafen München würde selbst bei einer Zunahme der Passagierzahlen um 2 % jährlich mit den beiden vorhandenen Bahnen frühestens im Jahr 2031 an die Kapazitätsgrenze stoßen. Dies ist jedoch wie oben begründet äußerst unwahrscheinlich. Somit wäre der Bau einer 3. Start- und Landebahn für die nächsten 15 bis 20 Jahre eine Baumaßnahme auf Vorrat, und das bei leeren Kassen! Die Schaffung von Überkapazitäten bedeutet nicht nur aktuell enorme ökologische und wirtschaftliche Kosten, sondern belastet die nachfolgenden Generationen und schränkt deren Gestaltungsspielräume massiv ein.
2.3. Bei ihren Wachstumsträumen verdrängen die verantwortlichen Politiker und die Manager der Flughafen München GmbH auch die Tatsache, dass mangels Kapazität in Frankfurt während der letzten Jahre ein Teil der Drehkreuzaktivitäten (=Hub) nach München verlagert wurde (LVP 5.1.1 S.97). Nach Fertigstellung der 4. Start- und Landebahn in Frankfurt werden schon auf Grund der zentralen Lage von Frankfurt Flüge dorthin zurückverlagert werden.
2.4. Dr. Michael Kerkloh, Geschäftsführer der Flughafen München GmbH, verbreitet gerne den Eindruck, der Flughafen würde schon heute an seine Grenzen stoßen, da in den verkehrsstarken Tageszeiten nachgefragte Starts und Landungen (Slots) nicht mehr, wie von den Fluggesellschaften gewünscht, befriedigt werden können. Diese Wünsche können an keinem größeren Verkehrsflughafen uneingeschränkt erfüllt werden. Dies würde ja bedeuten, dass Flughäfen wegen weniger Stunden am Tag maßlos überdimensioniert werden müssten, um für ca. zwei Drittel der Zeit fast still zu liegen, wie man bereits am Terminal 1 des Flughafens München täglich beobachten kann. Im Übrigen sind nachgefragte Slots praktisch Wunschzettel der Fluggesellschaften, jedoch kein Indiz für die definitiven Starts und Landungen. Entscheidend sind die tatsächlich durchgeführten Flugbewegungen. Der Bau einer 3. Start- und Landebahn wäre nur über die tägliche Gesamtauslastung zu rechtfertigen. Diese beträgt lt. Schreiben der Deutschen Flugsicherung (DFS) vom 10.05.2010 bezogen auf einen Koordinationseckwert von 90 Flugbewegungen pro Stunde am Flughafen München derzeit nur 70 % der in der Kernzeit (ohne Nachtflugquote) möglichen 1440 Flugbewegungen pro Tag. Tendenz fallend! Die FMG hält selbst eine Gesamtauslastung von 91 % (das sind 480 000 Flugbewegungen pro Jahr) operativ für machbar (Ingo Anspach, Pressesprecher der FMG, Freisinger Tagblatt 15.05.2010). Mit dem oben erwähnten Schreiben widerlegt die DFS außerdem die von Dr. Michael Kerkloh wiederholt geäußerte Behauptung, der Flughafen stoße bereits heute bis zu fünf Stunden am Tag an seine Kapazitätsgrenzen. Eine zusätzliche flugplanorientierte Überprüfung des temporären Bewegungsprofils für die Kalenderwoche 15 bestätigt die Angaben der DFS. Damit ist diese Aussage des Flughafenchefs eindeutig als untaugliches Argument für eine 3. Start- und Landebahn enttarnt.
2.5. Die operative Effizienz des Flughafens München ist als Hub-Flughafen im europäischen Vergleich zu gering. München hat mit 16 Mio. Passagieren pro Start- und Landebahn den niedrigsten Ausnutzungsgrad und im Verhältnis zu Frankfurt und Heathrow die größten Kapazitätsreserven. München hat mit ca. 80 Passagieren pro Flugbewegung den niedrigsten Wert. Dies ist offensichtlich die Folge vieler Zubringerflüge mit kleinen Verkehrsflugzeugen, die es bei den Drehkreuzen Frankfurt und Heathrow in dieser Vielzahl nicht gibt. München hat noch eine freie Kapazität für 18 Mio. Passagiere, das entspricht mehr als der Auslastungsquote einer kompletten Start- und Landebahn im Jahr 2009 am Flughafen München. Im Gegensatz zu München können die Bahnen in Frankfurt und Heathrow nicht unabhängig von einander betrieben werden, was deren Wirkungsgrad einschränkt. Trotzdem sind diese beiden Flughäfen im Nutzungsverhältnis Passagiere/Startbahn deutlich effizienter als München (Luftverkehrskennzahlen im Geschäftsbericht der FMG 2008; A. Hoisl: Nutzungsvergleich europäischer Flughäfen, Freisinger Tagblatt 8.5.2009; Booz Allen Hamilton 2008: „Aero“-Dynamik im europäischen Flughafensektor). Am Flughafen London Heathrow sind mit zwei voneinander nicht unabhängig betreibbaren Startbahnen im Jahr 2008 67,1 Mio. Passagiere abgefertigt und 478 569 Flugbewegungen durchgeführt worden. Im Vergleich dazu wurden in München mit zwei unabhängig voneinander betreibbaren Startbahnen nur 34,5 Mio. Passagiere sowie 432 296 Flugbewegungen durchgeführt. Dies sind also 49 % weniger Passagiere und 10 % weniger Flugbewegungen als in Heathrow, wo die Kapazitätsgrenze jedoch noch nicht erreicht ist. Allein an diesem Vergleich wird erkennbar, welche Reserven neben den schon erwähnten Überkapazitäten bei einer effizienteren Nutzung des Zweibahnensystems am Flughafen München vorhanden sind. Am Rande sei noch vermerkt, dass die neue britische Regierung den Bau einer 3. Start- und Landebahn am Flughafen Heathrow unter anderem mit Rücksicht auf die betroffene Umlandbevölkerung und in Erwartung konkurrenzbedingter sowie wirtschaftlicher Wachstumsgrenzen gestoppt hat!
2.6. Die Auslastung der Flugzeuge ist mit nur 72.8 % des Sitzplatzangebotes noch steigerungsfähig (Luftverkehrskennzahlen im Geschäftsbericht der FMG 2008). In dem Gutachten der Intraplan Consult GmbH sind die Möglichkeiten der verbesserten Auslastung der Flugzeuge (Sitzladefaktor) nicht berücksichtigt worden.
2.7. Entscheidend für die Auslastung eines Flughafens sind weniger die Passagierzahlen als die Flugbewegungen, also die Anzahl der Starts und Landungen. Die Flugbewegungen am Flughafen München sind schon vor der Krise im Jahr 2008 nur noch um 0,1 % gestiegen und im Jahr 2009 mit – 8,2 % regelrecht eingebrochen. Im Januar 2010 - einem Monat ohne Schnee- und Streikprobleme - sind die Flugbewegungen zum bereits niedrigen Niveau des Vorjahres nochmals um 5,6 % gefallen. Bis einschließlich Mai 2010 haben die Flugbewegungen nunmehr 17 Monate in Folge abgenommen und liegen damit bereits 10,7 % unter dem Niveau von Mai 2008 (Verkehrsberichte der FMG für 2008, 2009, 2010). Somit wird die ergänzte, bereits nach unten korrigierte Luftverkehrsprognose von Intraplan widerlegt. Wo soll hier ein Bedarf für den Bau einer weiteren Start- und Landebahn sein?
Zumutbarkeit des Flugverkehrs für Mensch und Natur und ökologische Folgen
3.1. Die Bundesregierung will dem Klimaschutz beim Ausbau des Flughafen-Systems in Deutschland Rechnung tragen (Flughafenkonzept 2009 der Bundesregierung, S. 87). Anspruch und Wirklichkeit würden beim Bau einer 3. Start- und Landebahn aber in einen deutlichen Widerspruch geraten.
3.2. Die Menschen in der Region um den Flughafen können den zusätzlichen Betrieb einer 3. Start- und Landebahn gesundheitlich nicht mehr verkraften. Die geplante Bahn läge in unmittelbarer Nähe von dicht besiedelten Wohngebieten. In der Ab- und Anflugschneise liegen auch Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser und Hochschulen. Der Aufenthalt im Freien wäre für Tausende von Bürgern und ihre Kinder nicht mehr zumutbar. Der Flug- und Bodenlärm rund um die Uhr ist für viele Menschen bereits jetzt kaum zu ertragen. Das zurzeit geltende Lärmschutzgesetz, das die Grundlage für die Planungen am Flughafen München liefert, wird mit seinen zulässigen Lärmgrenzen dem Grundrecht der Menschen auf körperliche Unversehrtheit nicht gerecht. In erster Linie werden durch dieses Gesetz die Lärmverursacher geschützt, nicht jedoch die vom Lärm Betroffenen. Namhafte Wissenschaftler und wissenschaftliche Institutionen bestätigen den unzureichenden Schutz des Menschen im Gesetz, so das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, das Umweltbundesamt, die Hyena-Studie zum Medikamentenkonsum im Bereich von Flughäfen, sowie die Untersuchungen des führenden Psychoakustikers Prof. Dr. Maschke. Das Lärmgutachten zum Planfeststellungsantrag berücksichtigt mit den darin ausgewiesenen Lärmkonturen (Isophonen) die von der Internationalen Flugsicherung IFS vorgegebene Abdrehroute nach Norden bei Weststarts nicht. Damit sind die von der FMG bisher genannten Werte zum äquivalenten Dauerschallpegel für die südlichen Stadtteile Freisings zu niedrig angesetzt und somit falsch. Die aus ärztlicher Sicht anzustrebenden Lärmwerte von LAeq 55 dB(A) am Tag (nach dem geltenden Lärmschutzgesetz sind 60 dB(A) zulässig) und 45 dB(A) nachts (nach dem geltenden Lärmschutzgesetz sind 50 dB(A) zulässig) sind als kumulierter Wert aus Straßenverkehr + Zugverkehr + Luftverkehr sowie anderen Lärmquellen zu verstehen.
3.3. Die Gefährdung von Freising durch die von der Internationalen Flugsicherung IFS für die 3. Start- und Landebahn aus Sicherheitsgründen geforderten Abdrehstarts nach Norden und die damit bei Westwind verbundenen Tiefflüge über dicht besiedeltes Gebiet der Stadt Freising steht im Widerspruch zu § 6 Ziffer 2 des Luftverkehrsgesetzes, wonach ein Planungsvorhaben abzulehnen ist, wenn durch dessen Verwirklichung die öffentliche Sicherheit gefährdet ist. Diesen Gefährdungstatbestand versucht die Flughafen München GmbH mit dem Hinweis zu entkräften, das Abflugverfahren sei noch gar nicht festgelegt. Die Regeln der Internationalen Flugsicherung sind in Bezug auf den Abstand von Startbahnen (der Abstand Nordbahn zu 3. Startbahn betrüge nur 1180 m) sicherheitsrelevant und daher wohl kaum verhandelbar. Eine Lex-MUC kann es sicherlich nicht geben! Tiefflüge über eine Stadt mit einer mehr als tausendjährigen Geschichte gefährden außerdem durch die dabei auftretenden Spitzenschalldrücke den Bestand historischer Bauten und Kulturgüter, ganz abgesehen vom Absturzrisiko. Die Regierung von Oberbayern als Genehmigungsbehörde wäre gut beraten, das Planfeststellungsverfahren (PFV) solange auszusetzen, bis die Ab- und Anflugverfahren in Verbindung mit der geplanten 3. Start- und Landebahn zweifelsfrei geklärt sind. Die Nichteinhaltung dieser Reihenfolge wäre ein wesentlicher Verfahrensfehler, der bei späteren rechtlichen Auseinandersetzungen von Seiten der Gegner einer 3. Start- und Landebahn geltend gemacht werden könnte. Das Absturzrisiko von Flugzeugen ist in keiner Weise vernachlässigbar. Es ist unstrittig, dass die meisten Abstürze beim Start bzw. beim Landeanflug passieren. Dementsprechende Unfallereignisse in der internationalen Zivilluftfahrt während der zurückliegenden 10 Jahre beweisen, dass diese Gefahr stets und latent vorhanden ist. Auch am Flughafen München gab es bereits diverse Unglücke und Beinaheunglücke.
3.4. Obwohl der Anteil des Flugverkehrs nur ca. 2 % am gesamten Verkehrsaufkommen beträgt, verursacht er ca. 10 % des globalen Treibhauseffektes (nach Daten des UBA von Dr. Anton Hofreiter MdB). Es geht dabei um die Wirkmechanismen von CO2 und NOx sowie Wasserdampfemissionen von Flugzeugen in großen und niedrigen Höhen (W.J.G.Bräunling: Schadstoffemissionen von Flugzeug-Triebwerken, S.562).
Nutzen und wirtschaftliche Effekte eines Drehkreuzflughafens (Hub) für die Region
4.1. Im Jahr 2008 stiegen 36 % der Passagiere um, ohne den Transitbereich zu verlassen (Geschäftsbericht FMG 2008). Nach dem Bau einer 3. Start- und Landebahn soll der Anteil der Umsteiger auf 47 % steigen (LVP 2020 Tab. 5-1, Stand 17.3.2010). Dies würde also bedeuten, dass mehr als eine Bahn ausschließlich für Umsteiger benötigt würde. Die bayerische Wirtschaft und die Bevölkerung profitieren von diesem Drehkreuz so gut wie nicht. Sie tragen nur die finanziellen Lasten. Die Umlandkommunen werden mit den Infrastrukturproblemen und den sozialen Folgen allein gelassen. Die Menschen im Umland haben täglich 19 Stunden lang den Lärm und die Verschmutzung ihrer Atemluft zu ertragen. Hauptnutznießer dieser Drehkreuzkoalition sind die Luftverkehrsgesellschaften, zuvorderst die Lufthansa, und die FMG.
Wachstumsbremsen für den Flughafen München
5.1. Die weitere Zunahme der „Billigflieger“ führt am Flughafen München zu Kostendeckungsproblemen. Die FMG ist nach eigenen Aussagen „an Luftverkehrsgesellschaften, die an den Flughafen nichts zahlen wollen“ nicht interessiert (Münchner Merkur vom 28./29.11.2009). Als Konsequenz daraus werden diese Low-Cost-Carrier auf Nachbarflughäfen mit günstigeren Flughafengebühren ausweichen. Die Ryan Air hat mit dem gewählten Standort am Flughafen Memmingen bereits ein deutliches Zeichen gesetzt. Die FMG versucht krampfhaft, dieses Problem nicht öffentlich zu machen und hofft auf eine kurzfristige Wende der andauernden Rückwärtsentwicklung am Flughafen. Die für Januar 2010 geplante Erhöhung der Flughafengebühren um 3,5 bzw. 4,5 % ist mit Rücksicht auf den wirtschaftlichen Druck, dem die Airlines ausgesetzt sind, auf 01.04.2010 verschoben worden (M. Kerkloh, Münchner Merkur 14.12.2009). Damit bestätigt die FMG die oben geschilderten Aussagen als zutreffend. Die Lufthansa und die Flughafen München GmbH sind entgegen der landläufigen Meinung nicht nur Geschäftspartner, sondern auch Konkurrenten. Während die Lufthansa möglichst geringe Start- und Landegebühren zahlen möchte, muss die FMG nach Vorgabe der Gesellschafter kostendeckende Gebühren verlangen. Die Start- und Landegebühren in Frankfurt steigen in den Jahren 2010 und 2011 um insgesamt 12,5 %. München wird hier nachziehen müssen. Dass sich die Lufthansa als wichtigster Geschäftspartner der FMG neuerdings neben ihren Tochtergesellschaften ebenfalls bei den Billigfliegern einrichten will (Münchner Merkur, 18.11.2009), verbessert die Geschäftsaussichten am Flughafen München sicher nicht. Die Lufthansa geht davon aus, dass ihre Töchter LH Cargo, BMI und Austrian Airlines frühestens im Jahr 2012 Gewinne erwirtschaften werden. Dass in Verhandlungen mit der FMG Kompromisse eingegangen werden, ist allein schon auf Grund der Struktur der Lufthansa als Aktiengesellschaft, die ihren Eigentümern gegenüber zu Gewinn verpflichtet ist, nicht zu erwarten.
5.2. Der Ölpreis ist positiv mit der Wirtschaftsentwicklung korreliert. Das heißt, bei Wachstum der Wirtschaft steigt der Ölpreis schon auf Grund des erhöhten Bedarfs automatisch. Daraus folgt, dass der Anteil der Kosten für Kerosin an den Betriebskosten der Fluggesellschaften steigen wird. Da die Fluggesellschaften sehr knapp kalkulieren müssen und in der Wirtschaftskrise Einsparmöglichkeiten z.B. bei Personal und Fluggerät weitgehend ausgeschöpft wurden, werden die Ticketpreise voraussichtlich steigen, was die Nachfrage reduziert. Der Zusammenhang von Ticketpreis und Nachfrage ist durch die Entwicklung im Billigflugbereich belegt (DLR Low Cost Monitor 2/2009). Die von der Bundesregierung angestrebte Luftverkehrsabgabe wird ebenfalls nicht ohne Auswirkungen auf die Flugpreise bleiben und damit das Passagierwachstum unabhängig von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung dämpfen.
5.3. Die IATA (International Air Transport Association) sieht in Europa einen schrumpfenden Markt. Der vom FMG-Geschäftsführer Dr. Kerkloh so gerne zitierte weltweite Aufschwung im Luftverkehr geht an Deutschland vorbei (IATA Pressroom).
5.4. Der Kampf um Marktanteile unter den konkurrierenden Flughäfen wie Frankfurt, Berlin-Brandenburg, Amsterdam, Paris, London, Madrid und vor allem dem stark expandierenden internationalen Drehkreuz Dubai mit einer Ausbauplanung auf 120 Mio. Passagiere pro Jahr wird die Wachstumschancen am Flughafen München nachhaltig einschränken. Bei der Luftfracht sorgt der Flughafen Leipzig/Halle für zusätzlichen Konkurrenzdruck. Eine Fluggesellschaft kann unter verschiedenen Flughäfen auswählen. Hier stehen die Flughäfen Frankfurt und Berlin-Brandenburg International (ab dem Jahr 2012) in direkter Konkurrenz zu München. Die Lufthansa hat bereits deutlich zu erkennen gegeben, dass sie den Verkehr in Berlin ausbauen möchte. Für die umsteigenden Passagiere ist es unwichtig, wo sie umsteigen, um an ihr Ziel zu kommen. Flughäfen und Airlines konkurrieren um das Geld der Passagiere, das während der Reise ausgegeben wird, also z. B. Ausgaben in Lounges und an Bord der Fluggesellschaften oder Ausgaben in den Einkaufsbereichen der Flughäfen. Im Übrigen sind internationale Drehkreuzflughäfen in einem, zu großen Flächenstaaten vergleichsweise kleinen Land wie Deutschland, im Abstand von nur 400 km (Frankfurt - München) ein wirtschaftlicher Unsinn und nationale Geldverschwendung. Der Lufthansa ist es gelungen, die regionale Geltungssucht für sich zu nutzen, indem sie den Ausbau des ursprünglich und vernünftigerweise als Regionalflughafen geplanten Flughafens im Erdinger Moos zum Drehkreuz “aufgesponsert” und damit beide Airports zur Durchsetzung ihrer Unternehmensziele für sich erpressbar gemacht hat.
Sperrgrundstücke als konkreter Hinderungsgrund für den Bau einer 3. Startbahn
6.1. Die katholische Kirche und andere Organisationen halten Sperrgrundstücke auf Vorbehaltsflächen für die 3. Start- und Landebahn. Der Erzbischof von München und Freising Reinhard Marx ist kein Freund der 3. Startbahn. Er ließ durch seinen Finanzdirektor Domkapitular Klaus-Peter Franzl und seinen Pressesprecher Bernhard Kellner erklären, dass die Sperrgrundstücke Eigentum von Kirchenstiftungen sind, die der Rechtsaufsicht des Ordinariats unterliegen. Die betreffenden Pfarreien haben signalisiert, dass sie ihre Liegenschaften nicht abtreten und, wie ausdrücklich versichert wird, auch nicht tauschen werden (Freisinger Tagblatt 08.12.2009; Freisinger Wochenblatt 09.12.2009). Nach dem Luftverkehrsgesetz kann der Freistaat Bayern, der bei dem Projekt 3. Startbahn federführend ist, mit Zustimmung der beiden anderen Gesellschafter der FMG (Bundesrepublik Deutschland und Landeshauptstadt München) diese Kirchengrundstücke zwangsenteignen lassen. Das wäre nach der Säkularisation von 1803 dann der erste Fall einer staatlichen Enteignung von katholischem Kirchenbesitz in der Geschichte Bayerns. Die darauf folgende Landtagswahl dürfte für die CSU dann spannend werden. Selbst bundesweite Auswirkungen wären vermutlich nicht auszuschließen.
Ein Kuriosum bei der Startbahnplanung ist die Startbahnlänge
7.1. Nur 10% der am Flughafen München bewegten Flugzeuge benötigen lt. Dr. Kerkloh eine 4000 m lange Start- und Landebahn (Münchner Merkur 28./29.11.2009). Demnach ist also schon eine der beiden vorhandenen Pisten zu lang und hätte beim Bau des Flughafens kürzer und damit deutlich billiger sein können. Ein klassischer Fall von Großmannssucht und Steuergeldverschwendung! Damit noch nicht genug: Auch die 3. Startbahn ist mit einer Länge von 4000 m geplant!! Man will also nicht nur eine überflüssige 3. Start- und Landebahn bauen, sondern sie soll auch noch 1,5 km länger als nötig sein! Keiner der gerne als Vergleich herangezogenen Drehkreuzflughäfen wie Amsterdam und Heathrow hat drei Start- und Landebahnen à 4000 m. Abgesehen von den Mehrkosten, würden - falls die Landebahn überhaupt gebaut würde - ohne zwingenden Grund 90000 m² Fläche zubetoniert werden mit verheerenden ökologischen Folgen. Hauptsache, man gehört zum exklusiven Club der 3 x 4000er.Toll !!
Die FMG hat kein Geld, Schulden in Milliardenhöhe, erwirtschaftet seit Jahren keinen Gewinn, will aber ohne Steuergelder den Bau einer 3. Startbahn „aus eigener Kraft finanzieren“!
8.1. Die nachstehenden Eckdaten aus den Bilanzen der zurückliegenden drei Jahre geben Auskunft über die Qualität der Betriebsergebnisse des Flughafens München und sprechen für sich. Auffällig ist vor allem, dass der Flughafen per Saldo wirtschaftlich nicht wächst, sondern schrumpft! Zum ausgewiesenen Fremdkapital muss man das Gesellschafterdarlehen in Höhe von 491 Mio. € noch hinzurechnen, um die extreme Gesamtverschuldung der FMG im Vergleich zum Anlagevermögen und der Bilanzsumme zu erkennen. Das Ganze bei einer Eigenkapitalquote von nur 15 % und liquiden Mitteln im Volumen der Tageskasse!! Die hohe Fremdverschuldung der FMG, Darlehensschulden in Höhe von 491 Mio. € bei ihren Gesellschaftern (Freistaat Bayern, Bundesrepublik Deutschland, Landeshauptstadt München) sowie der Mangel an Eigenmitteln führen voraussichtlich zu einem Rating, unter dem Kredite am Kapitalmarkt zu erschwinglichen Zinsen nicht angeboten werden. Um die 3. Startbahn zu finanzieren, wäre die Umwandlung der Gesellschafterdarlehen in Eigenkapital nötig, räumt der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzender der FMG selbst ein (Süddeutsche Zeitung, 29.07.2009). Da der Stadtrat der Landeshauptstadt München diese Umwandlung aber einstimmig abgelehnt hat, ist lt. Oberbürgermeister Ude vermutlich für mehrere Jahre eine Finanzierung nicht gesichert (Pressemitteilung OB Ude 13.01.2010). Im Gegensatz dazu hat Dr. Kerkloh in Sachen Finanzierung mit folgender Feststellung die Katze aus dem Sack gelassen: “Die Finanzierung der 3. Startbahn ist überhaupt kein Problem, denn die Banken laufen mir jetzt schon die Türen ein, obwohl der Planfeststellungsantrag noch gar nicht genehmigt ist!“ (Anhörung auf Einladung von Dekan Schlosser am 27.02.2010 in Freising-Neustift). Spätestens mit dieser Aussage wird klar, dass die FMG und die interessierten Banken auf staatliche Kreditbürgschaften spekulieren und damit den Steuerzahler über die Hintertür wieder einmal in Haftung nehmen wollen. Genau das muss aufgrund der Erfahrungen aus der Finanzkrise aber mit allen Mitteln verhindert werden. Von der Bayerischen Staatsregierung wurde den Vertretern der Startbahngegner bei einem Gespräch am 18.5.2010 in der Bayerischen Staatskanzlei erklärt: „Die FMG will jetzt ein Finanzierungskonzept für die 3. Start- und Landebahn erarbeiten“. Das heißt, die FMG weiß drei Jahre nach dem von ihr am 24.8.2007 gestellten Antrag auf Planfeststellung heute immer noch nicht, wie das Vorhaben zu finanzieren ist! Gleichwohl laufen Herrn Dr. Kerkloh „die Banken bereits die Türen ein“. Wie können Banken sich um die Vergabe von Krediten für ein Vorhaben bemühen, für das die Vorhabensträgerin noch nicht einmal ein Finanzierungskonzept hat? Im Hinblick auf den gewaltigen Schuldenberg der FMG und das wegen eines Stadtratsbeschlusses der Landeshauptstadt München bis auf weiteres nicht in Eigenkapital umwandelbare Darlehen ihrer Eigentümer in Höhe von zusätzlich 491 Mio. € wird das nunmehr angekündigte Finanzierungskonzept eine spannende Sache.
8.2. Bedingt durch die Lage zum Abfertigungsbereich, dem Schwellenversatz von 2100 m und ihrer parallelen Anordnung im Abstand von 1180 m zur vorhandenen Nordbahn ist die geplante 3. Start- und Landebahn von den Flugzeugen z.B. vom mittleren Vorfeld (V2T/V2a) aus je nach Abflug- oder Anflugrichtung nur über Rollwege zwischen 6 und 8 km zu erreichen. Vom alten Vorfeld (V1a/V1T) sind es ca. 8 und 10 km. Das bedeutet, dass jedes Flugzeug, das auf der geplanten Piste landen und wieder starten würde, insgesamt zwischen 14 und 18 km am Boden rollen müsste, um Vorfeld und Startbahn zu erreichen. Der damit verbundene Kerosinverbrauch und der dabei entstehende Bodenlärm wären im Vergleich zu anderen Verkehrsflughäfen der Welt beispiellos. Es gibt an keinem Verkehrsflughafen der Welt drei jeweils 4000 m lange, in einem Abstand von mehr als 1000 m parallel zu einander liegende und voneinander unabhängig betreibbare Start- und Landebahnen, wie sie in München geplant sind. Zur Vermeidung überlanger Rollwege und zur Reduzierung des Landverbrauchs sind an anderen Flughäfen mit zwei parallelen und schwellenversetzten Pisten in einem ähnlichen Abstand wie in München weitere Bahnen divergent und teilweise die vorhandenen Start- und Landebahnen sogar kreuzend angeordnet. Die Lage 5b der ohnehin überflüssigen, geplanten 3. Start- und Landebahn am Flughafen München ist der ehrgeizigen Absicht des Betreibers geschuldet, drei Start- und Landebahnen unabhängig betreiben zu können. Diesem Unternehmensziel sollen sowohl die Sicherheit der Stadt Freising, die Gesundheit der Umlandbevölkerung, wertvolle Naturräume, geschützte Tierarten als auch ein Maximum an Landverbrauch und Bodenversiegelung geopfert werden.
8.3. Bei Starts und Landungen von der geplanten 3. Start- und Landebahn nach Westen und bei Landungen in Richtung Osten würde das Trinkwasserschutzgebiet der Stadt Freising direkt sowie in niedriger Höhe überflogen und somit durch mögliche Flugzeugabstürze akut gefährdet. Es ist unstrittig, dass die meisten Abstürze bei Start und Landung passieren. Über 30 dementsprechende Unfälle in der internationalen Zivilluftfahrt während der letzten 10 Jahre beweisen, dass diese Gefahr stets und latent vorhanden ist. Dieses Gefahrenpotential mit untauglichen Mitteln klein zu reden oder wie von der GfL im Auftrag der FMG versucht, klein zu rechnen ist angesichts der hohen Zahl von Beinaheunfällen, von denen es auch am Flughafen München in seiner kurzen Geschichte ebenfalls schon eine Reihe gibt, bereits im Ansatz zurückzuweisen. Die Folgen für das Trinkwasser beim Absturz eines Verkehrsflugzeugs auf das Trinkwassereinzugsgebiet werden in einer Veröffentlichung des Bayerischen Landesamtes für Umweltschutz vom März 2004 wie folgt beschrieben: „Im Boden besitzen Kohlenwasserstoffe eine nicht unerhebliche Mobilität. Aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften können sie zwar nicht zur Grundwassersohle absinken, durch ihre – wenn auch geringe – Löslichkeit das Grundwasser aber erheblich verunreinigen“, also ungelöst versickern bzw. mit dem Lösch- und Regenwasser in den Boden eingewaschen werden. Ein voll betanktes Verkehrsflugzeug kann beim Start bis zu 200 000 Liter Kerosin (ein Gemisch aus Kohlenwasserstoffen) an Bord haben. Das entspricht in etwa dem Inhalt von vier großen Tanklastzügen, wie man sie für den Überlandtransport von Treibstoffen kennt. Beim Absturz eines Flugzeugs entzündet sich zwar das an Bord befindliche Kerosin, versickert aber zum größten Teil im Boden bevor es verbrennt und verunreinigt das Grundwasser dadurch großflächig und nachhaltig wie oben beschrieben. Zudem ist festzuhalten, dass die im Kerosin enthaltenen Isoakane, Alkene und Cycloalkene und ein breites Spektrum vom aromatischen Kohlenwasserstoffen nur schwer abbaubar sind (Annette Geller, Bayerisches Landesamt für Umweltschutz: Leitfaden zur Bodensanierung). Der Absturz eines Verkehrsflugzeugs etwa 4 km von der geplanten 3. Start- und Landebahn entfernt – über dem brunnennahen Trinkwasserschutzgebiet – hätte somit katastrophale Folgen für die Stadt Freising und ihre 46 000 Einwohner. Allein dieser zusätzliche Gefährdungstatbestand müsste bei der für das Vorhaben vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung zu einem negativen Ergebnis und somit zur Ablehnung des Planfeststellungsantrags führen. In den Antragsunterlagen findet sich nirgends ein Hinweis auf dieses externe Risiko.
Konsequenzen aus den vorstehenden Fakten
Alle angesprochenen Indikatoren, die Einbeziehung des Luftverkehrs in den Emissionshandel ab 2012, der bereits tobende Konkurrenzkampf unter den internationalen Großflughäfen sowie der Irrglaube an ein unbegrenztes Wachstum verbieten den Bau einer 3. Start- und Landebahn am Flughafen München. ”Das olympische Motto: Immer höher, schneller, weiter als grenzenlos zu betrachten ist falsch, irgendwo kommt das Wachstum zu einem Ende“. (Günter Pickert, Vorstand des Bayerischen Bankenverbandes, Münchner Merkur 28./29.11.2009). In diesem Sinne hat sich auch der ehemalige Bundespräsident Köhler 2009 in einer Rede in Augsburg geäußert. Mit der Verwirklichung dieses Vorhabens würden nur politische, persönliche und nationale Eitelkeiten zu Lasten aller Steuerzahler und der Umlandbevölkerung bedient.
Kurzbezeichnungen
Der Arbeitskreis Recherche um Dr. Bärbel Rott und Alfred Hoisl Freising den 13.7.2010 und der Bürgerinitiative "AufgeMUCkt".
Kurzbezeichnungen Name HWWI Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Institut FMG Flughafen München GmbH IFS Internationale Flugsicherung LVP Luftverkehrsprognose 2007 von INTRAPLAN PVF Planfeststellungsverfahren UBA Umwelt-Bundesamt GfL Gesellschaft für Luftfahrtforschung, Berlin LAeq äquivalenter Dauerschallpegel (Luftverkehrsgesetz)
Quellenverzeichnis
- Hamburgisches-Weltwirtschafts-Institut (HWWI), 2010, HWWI Policy Paper 1-26 des HWWI-Kompetenzbereiches Wirtschaftliche Trends: Gutachten zu den wirtschaftlichen Grundlagen für die Prognose des Luftverkehrsaufkommens am Verkehrsflughafen München
- Statistisches Bundesamt Destatis
- Intraplan Consult GmbH, 30.6.2006 :Luftverkehrsprognose 2020 (LVP) für den Flughafen
- Intraplan Consult GmbH, 10.3.2010: Ergänzende Szenariobetrachtungen zur Luftverkehrsprognose 2020 für den Flughafen München (LVP/Erg. 2010)
- Michael Besch: Stellungsnahme zu den ergänzenden Szenariobetrachtungen zur LVP 2020 für den Flughafen München, 25.5.2010 (eingereicht bei der Reg.v.Obb.)
- Flughafen München GmbH (FMG): Luftverkehrszahlen – Verkehrsberichte
- BR-ONLINE, Alpha-Forum, Sendung 25.3.2004, 20.15 Uhr: Gespräch mit Dr. Michael Kerkloh
- Geschäftsbericht 2008 der Flughafen München GmbH
- Booz Allen Hamilton 2008: „Aero“-Dynamik im europäischen Flughafensektor
- Willy J.G.Bräunling: Flugzeugtriebwerke, Springer, Stuttgart, 2001
- Eberhard Greiser; C. Greiser, Umwelt und Gesundheit 01/2010, Umweltbundesamt: Risikofaktor nächtlicher Fluglärm – Abschlussbericht über eine Fall-Kontroll-Studie zu kardiovasculären Erkrankungen im Umfeld des Flughafens Köln-Bonn.
- IATA Pressroom 13) DLR Low Cost Monitor 2/2009
- Annette Geller: Leitfaden zur Bodensanierung, Bay. Landesamt für Umweltschutz, März 2014
Beschluss
Dieser Antrag wurde auf dem Landesparteitag Bayern 2010 in Regensburg angenommen (Datei:LPTby2010-2-Protokoll.zip: 62. Positionspapier gegen 3. Start/Landebahn am Flughafen München (P04)).