AG Pflege/Für Berufsfremde

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Für Berufsfremde

Da den meisten Menschen, die nicht in der Pflege tätig sind, unsere Probleme nicht bewusst sind, möchte ich diese hier kurz und nur sehr grob umreißen.

Niveau

Pflege ist seit Jahrzehnten ein akademischer Beruf. Das bedeutet, schon die Grundausbildung, wird an einer Universität bzw. Hochschule absolviert. Nur in Deutschland nicht! Deutschland hängt im internationalen Vergleich nicht nur hinterher, sondern befindet sich pflegerisch im tiefsten Mittelalter. Auch die existierenden Modellstudiengänge haben daran bisher nichts geändert.

Ansehen

Das Ansehen dieses Berufsfeldes in der Gesellschaft, lässt sich als niedrig beschreiben. Wir erhalten anerkennendes Kopfnicken und alle finden es toll dass wir „so etwas“ machen. Aber irgendwie denken die Leute nur an Ausscheidungen und Tod, wenn sie versuchen sich unseren Beruf vorzustellen. Begriffe wie Pflegeforschung erscheinen ihnen völlig fremd, wenn nicht sogar absurd.

Dass die Leute betreffs Pflege nur an Ausscheidungen denken liegt auch an der Selbstdarstellung. Immerhin gibt es ja Ansätze, eine Öffentlichkeit zum Image der Pflegenden zu schaffen, wie z. B. http://www.gerechte-der-pflege.net/wiki/ Peinlich ist nur, dass Historiker die Seite finden, Pflegekräfte selten. Bereitschaft zur Mitarbeit bei Pflegepersonal = 0

Lobby

Die Pflege hat in Deutschland keine Lobby und ist nur schlecht organisiert. Es gibt einige Verbände, die aber mit wenig Mitgliedern meist auch noch gegensätzliche Interessen vertreten. Viele Pflegenden sind berufsbedingt sehr altruistisch eingestellt und fordern nicht ihre Rechte ein oder organisieren sich nicht. Oft haben sie auch berechtigte Angst vor Represalien der Arbeitgeber. Die meisten glauben sogar, es sei für sie verboten zu streiken. Wir stehen uns sozusagen selbst im Weg!


Mich stören zwei Dinge:

1. "Viele Pflegenden sind berufsbedingt sehr altruistisch eingestellt und fordern nicht ihre Rechte ein oder organisieren sich nicht." Treffender müsste es heißen: Viele Pflegenden werden zum altruistischen Verhalten ohne Ansehen der eigenen Person und Gesundheit gezwungen. 2. "Oft haben sie auch berechtigte Angst vor Represalien der Arbeitgeber. Die meisten glauben sogar, es sei für sie verboten zu streiken. Wir stehen uns sozusagen selbst im Weg!" Wir stehen uns nicht selber im Weg, wir haben erst gar keinen Weg. Widerstandsformen wie Streik sind für diese Berufsgruppe unrealistisch. Bisher sind machbare Widerstandsformen, die nicht auf Kosten der Betreuten gehen, aber Arbeitgeber oder Politik empfindlich treffen können, nicht einmal angedacht. Das mag daran liegen, dass beispielsweise Gewerkschaften nicht in der Lage sind, über ihre Fußspitzen hinweg zu sehen. Forderung durchsetzen - juchhu - also Streik. Was ein Streik für Betreute bedeutet, darüber scheinen sich Gewerkschaften nicht den Kopf zu zerbrechen. Es müssen andere Wege gefunden werden, sonst wird man das Pflegepersonal nie aktivieren können.

Fakt ist, dass das Pflegepersonal derart zersplittert ist, dass es auf den ersten Blick unmöglich erscheint, es zu einen. Fakt ist auch, dass gerade Pflegende bei privaten Trägern bereits um die Lampe fliegen können, wenn bekannt wird, dass sie gewerkschaftlich organisiert sind oder versuchen, einen Betriebsrat zu gründen. Fakt ist, dass bereits in der Ausbildung schwere Versäumnisse in den Fächern Berufskunde, Pflegegeschichte an der Tagesordnung sind, um jegliche Politisierung, Berufsstolz im Ansatz zu ersticken. Vorprogrammiert durch Lehrpläne, Stundenvorgaben und Prüfungsvorschriften. Sogar eine Agnes Karll, weiß Gott keine Revoluzzerin, erkannte bereits den Stellenwert der Pflegegeschichte.

Ich wehre mich ganz vehement gegen den Eindruck, die Pflegenden wären selber Schuld an ihrem Desaster. Weil es so nicht stimmt. Sie sehen sehr deutlich ihre Lage aber auch ihre humanitäre Falle. Protestiert wird schon lange - betrachtet man die Berufsaussteiger. Bei keiner anderen Berufsgruppe ist die Politik und staatliche Eingriffe derart gefordert wie in der Pflege. Von der derzeitigen Politik haben Pflegende nichts zu erwarten. Das zeigt die Altenpflegedeform - äh Altenpflegereform. Das war für die Pflegenden ein Schlag ins Gesicht ohnesgleichen.